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Katharina Bäßler Katharina Bäßler

One Stop Shop

Steuern zahlen und zum Zahnarzt gehen sind zwei der wohl unbeliebtesten Dinge weltweit, sind aber dennoch nicht zu umgehen - und am Ende war es gar nicht so schlimm, wie man erst dachte. Viele Händler können von dem zum 01.07.2021 eingeführten One-Stop-Shop (OSS) profitieren. Dazu hier ein kurzer, aber dennoch recht umfassender Überblick.

Zu Gast: Dr. Roger Gothmann

Der OSS (One-Stop-Shop) ist zum 01.07.2021 online gegangen, eine zentrale Stelle, bei der alle bürokratischen und steuerlichen Schritte zusammenlaufen. Diese soll die Erhebung der Umsatzsteuer innerhalb der EU vereinfachen.

Was ist ein OSS - One Stop Shop

Der OSS soll zum einen den Umsatzsteuerbetrug bei Lieferungen aus Drittstaaten vorbeugen und zum anderen die Umsatzsteuer-Abfuhr vereinfachen, so dass Händler sich nicht mehr in jedem Land steuerlich registrieren müssen, was immerhin mit enormem Zeitaufwand, sprachlichen Barrieren und auch Kosten verbunden ist. Die Abgabetermine in den unterschiedlichen Ländern sind nicht einheitlich geregelt, und wie man schon bei Taxdoo-Kunden sehen kann, sie haben im Durchschnitt Steuerpflichten in sieben anderen EU-Staaten – man kann sich vorstellen, was das bedeutet.

Mit diesen ganzen Steuerpflichten müssen sie sich jetzt nicht mehr lokal registrieren, sondern sie können jetzt ihre Umsätze, die sie im Ausland erzielen, über ihren OSS, den sie in einem Land ihrer Wahl registrieren können, zentral erklären. Nebenbei bemerkt schneiden da die baltischen Länder bezüglich behördlicher Effizienz wohl recht gut ab.

Lieferschwellen

Bisher gab es die sogenannten nationalen Lieferschwellen, die, in wenige Worte gefasst, bei 100.000 € pro Jahr lagen, aber von den einzelnen Mitgliedstaaten individuell bis auf 35.000 € abgesenkt werden konnten, was mittlerweile auch fast alle EU-Staaten gemacht haben. Jetzt gibt es nur einen globalen Schwellenwert von 10.000 € pro Jahr, was bedeutet, erst wenn ich bei meinen grenzüberschreitenden Warenverkäufen über diesen Wert komme, bin ich mit jedem Paket, das ich egal in welchen EU-Staat versende, immer im Bestimmungsland steuerpflichtig.

Vereinfachung durch elektronische Schnittstellen bei Sendungen aus Drittländern

Bei Sendungen aus Drittländern in die EU ist zu beachten, dass ab dem ersten Cent immer Umsatzsteuer im Bestimmungsland fällig. Diese Durchführung wird vereinfacht, wenn diese Verkäufe über einen Marktplatz wie Amazon laufen, denn da wird ein bestimmter Teil der Steuerpflichten auf die Marktplätze selber übertragen, so dass diese einen Großteil der Umsatzsteuer für Drittlands-Händler direkt abführen und dem Marktplatz-Händler nur noch den Netto-Betrag auszahlen. Dieses gilt für alle elektronischen Schnittstellen, womit in der Regel ein solcher Marktplatz gemeint ist, die bezüglich mindestens einer der drei Kriterien (Zahlungskonditionen, Retouren-Konditionen, Artikellistung-Kondition) irgendwelche Vorgaben machen, sei es auch nur ein Minimum. Marktplätze, wie z.B. Shopify, auf den ersten Blick eine elektronische Schnittstelle, machen dem Händler bezüglich der o.g. Kriterien keinerlei Vorgaben und fallen somit nicht darunter.

Vorteile des IOSS

Die Einfuhrumsatzsteuer, eine Art Umsatzsteuer, die entsteht, wenn Produkte aus Dritt-Staaten eingeführt werden. Bestimmte Produkte bis zu einem Sachwert von 150 € kann ich über den IOSS melden, was bedeutet, dass keine Einfuhrumsatzsteuer anfällt, und weil diese Transaktionen auch vom Zoll befreit sind, verläuft die Bearbeitung schneller, wovon Händler und Kunde selbstverständlich profitieren. Unabhängig davon aber entsteht im Nachgang noch die Umsatzsteuer beim Verkauf an den Endverbraucher.

Fulfillment

Bei einem klassischen „Fulfillment-Fall“ liegt die Ware des Händlers in einem ausländischen Warenlager und wird dort lokal an den Endverbraucher verkauft, d.h. dieser lokale Verkauf muss weiterhin lokal über die Umsatzsteuererklärung deklariert werden, auch die Warenbewegung vorher dorthin muss lokal gemeldet werden, das nennt sich Innergemeinschaftliches Erbringen/Erwerben, was ebenfalls umsatzsteuerlich relevant ist.

Drop Shipping

Bei Drop-Shipping ist jetzt die Frage: wer ist für die sogenannte bewegte Lieferung zuständig? Die Vereinfachung im OSS oder IOSS gilt nur für die bewegte Lieferung, aber was ist mit der Unbewegten? Beauftragt der Händler, der in der Mitte steht, den Spediteur, die Ware an den Endverbraucher zu liefern, wird der auch von seinem OSS/IOSS profitieren. Hält er sich da aber komplett raus, ist er immer unmittelbar im Bestimmungsland steuerpflichtig, weil er diese sogenannte unbewegte Lieferung ausführt. Zusammengefasst: die Lieferung ist steuerpflichtig, wo die bewegte Lieferung, also die Lieferung des Suppliers, endet, d.h. Drop-Shipper werden von der Vereinfachung ab 01.07. nicht profitieren; sie werden in jedem EU-Staat lokal steuerpflichtig sein, wenn sie auch nur ein Produkt versenden.

Was macht Taxdoo?

Taxdoo versteht sich als Compliance Plattform für den Bereich E-Commerce mit Schwerpunkt Umsatzsteuer. Sie können Transaktionen im E-Commerce Bereich automatisch über Schnittstellen beziehen, umsatzsteuerlich bewerten, und wenn eine Steuerpflicht im Ausland besteht, diese direkt im Ausland bei den Finanzbehörden melden. Mittlerweile sind sie auch dazu übergegangen, diesen Service für Marktplätze selber anzubieten. Im Rahmen dieser One-Stop-Shops werden auch die Marktplätze zunehmend mehr Steuerpflichten bekommen, die früher dem Online-Händler oblagen. Auch dazu bietet Taxdoo Lösungen an. Zu erreichen ist Taxdoo unter taxdoo.com und es können Live-Demos in unterschiedlichen Sprachen gebucht werden.

Vorteile von Taxdoo

Bei Amazon kann Taxdoo zum Zeitpunkt des Verkaufs nicht eingreifen, falls der Händler einen inkorrekten Steuersatz hinterlegt hat. In dem Fall würde Taxdoo dann im Nachgang korrigierend eingreifen, aber beim Shop-System, wie z.B. dem Presta-Shop kann Taxdoo bereits zum Zeitpunkt des Verkaufs bereits zum korrekten Steuersatz übergehen. Und diese Steuersätze sind recht komplex, wenn man bedenkt, dass Kinderbekleidung in einem Land mit 0%, dieselben Artikel in einem anderen Land mit 27% versteuert werden, nur als kleine Nebenbemerkung zu den steuerlichen Herausforderungen.

Kontaktdaten und Links:

Dr. Roger Gothmann

Homepage: www.taxdoo.com

E-Mail:        info@taxdoo.com

Telefon: +49 40 3688 145-0

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Timestamps

00:00 - Intro

00:18   -   Begrüßung und Einleitung

00:50   -   Roger stellt sich und Taxdoo kurz vor

03:33   -   OSS und die neuen Regeln

05:18   -   FBA – Fulfillment bei Amazon kurz erklärt

08:33   -   Rundumschlag über die Thematik des OSS

10:40   -   Vereinfachung durch den OSS

14:35   -   Lieferschwellen

17:50   -   Wie hilft Taxdoo?

22:17   -   Anmeldung und Ablauf OSS

23:43   -   Rahmenbedingungen bei Sendungen aus Drittländern

25:45   -   Wer fällt darunter?

26:26   -   IOSS Import-One-Stop-Shop

28:20   -   Was in Richtung Import beim OSS relevant ist

30:34   -   Drop-Shipping und die Änderung ab 01.07.

34:15   -   Gesamtbewertung von Roger zu OSS und IOSS

35:27   -   Wie kann Taxdoo helfen, und wie kann ich Taxdoo finden?

36:26   -   Eine wichtige Frage und Verabschiedung

Mitschrift zu Folge 6 von Perspektive Ausland

Perspektive Ausland – Der Podcast aus London für alle Unternehmer, die es ins Ausland zieht. Ermöglicht durch freundliche Unterstützung der Steuerkanzlei St Matthew aus London.

00:18 - Begrüßung und Einleitung

Magnus: Herzlich Willkommen bei Perspektive Ausland, der Podcast für alle Unternehmer, die es ins Ausland zieht. Mein Name ist Sauerborn, außerdem mit dabei Sebastian Sauerborn als Gastgeber und Inhaber der Steuerkanzlei St Matthew in London.

Magnus: Heute sprechen wir über die Umsatzsteuer, bzw. welche Rolle One-Stop-Shops dabei spielen. Dafür begrüßen wir heute Dr. Roger Gothmann, der sich uns gleich einmal vorstellt und erzählt, was ihn zu diesem Thema gebracht hat und wie er jetzt mit unseren Steuern in Verbindung steht.

00:50 - Roger stellt sich und Taxdoo kurz vor

Roger: Ja, vielen Dank Magnus, vielen Dank Sebastian, dass ich heute bei euch zu Gast sein darf. Genau, ganz kurz zu mir, man kann es eigentlich in einem Satz zusammenfassen, seit dem Abitur habe ich mich eigentlich nur mit Umsatzsteuer beschäftigt, die etwas längere Fassung ist, ich hab‘ angefangen auf Seiten der, des Finanzamtes als Umsatzsteuersonderprüfer im schönen beschaulichen Mecklenburg Vorpommern, hab's da so anderthalb Jahre ausgehalten, dann hatte man eigentlich fast alles gesehen, ich bin dann für ungefähr zehn Jahre dann noch ans Bundeszentralamt für Steuern nach Bonn gewechselt, habe da mitgeholfen, diesen Umsatzsteuer-Amtshilfeaustausch mit zu koordinieren, also Information bezüglich Umsatzsteuer zwischen verschiedenen EU Staaten mit zu koordinieren, hab‘ das dann auch für zehn Jahre gemacht, bin dann wieder zurück nach Hamburg gegangen, hab‘ dann dort promoviert, und hab‘ da meine beiden Co-Founder kenngelernt, den Matthias und den Christian, und da ist quasi auch die Idee zu Taxdoo entstanden. Was machen wir bei Taxdoo? Wir sind mittlerweile ein Team von knapp 110 Leuten, und wir verstehen uns als Compliance Plattform für den Bereich E-Commerce. Und der Schwerpunkt ist natürlich Umsatzsteuer, d.h. wir können Transaktionen im E-Commerce Bereich, sei es, sie passieren auf Amazon, auf Ebay, oder auch in einem Webshop, wir können sie uns automatisch über Schnittstellen beziehen, wir können sie umsatzsteuerlich bewerten, und wenn eine Steuerpflicht im Ausland besteht, und das ist ja heute auch das Thema des heutigen Podcast, dann können wir diese Transaktion auch direkt im Ausland bei den Finanzbehörden melden. Das war bislang so überhaupt kein Geschäftsfeld. Mittlerweile sind wir auch dazu übergegangen, und das wird die Reform, über die wir heute reden auch zeigen, auch diesen Service für Marktplätze selber anzubieten, also Amazon und Co., d.h. wir werden sehen, dass im Rahmen dieser One-Stop-Shop, oder dieses E-Commerce Package auch die Marktplätze zunehmend mehr Steuerpflichten bekommen, die früher den Onlinehändlern oblagen, und dafür bieten wir mittlerweile auch Lösungen an.

Magnus: Genau, wunderbar, also wir gehen da auch in die Themen ja heute rein. Als Sebastian gesagt hat, äh, Magnus, wir sollten unbedingt eine Folge über One-Stop-Shop und Umsatzsteuerrecht allgemein machen, habe ich erstmal gedacht, okay, jetzt nicht das sexyste Thema, was es so gibt, aber es ist ja tatsächlich so, haben wir auch in unseren Podcast-Folgen immer wieder gemerkt, es gibt natürlich viele Unternehmer, die auch im E-Commerce Bereich aktiv sind, die sich dann damit auseinandersetzen. Sebastian, vielleicht kannst Du ein Wort dazu sagen, inwiefern Umsatzsteuer denn bei Deinen Mandanten oder den Personen, die bei Dir anfragen, immer wieder ein Thema ist.

Sebastian: Ja, ist natürlich absolute, natürlich immer ein Riesenthema die Umsatzsteuer, das ist ja ganz klar, und da natürlich auch hier auf verschiedenen Ebenen. Wir haben ja, unsere Mandanten sind hauptsächlich deutschsprachige Mandanten, die im Ausland leben und in Auslandsgesellschaften sitzen und damit Dienstleistungen erbringen oder E-Commerce, oder die E-Commerce-Business betreiben, das sind viele Mandanten z.B. in den USA oder auch in anderen europäischen Ländern,

03:33 - OSS und die neuen Regeln

Magnus: Sebastian lenkt dann auch gleich das Thema von Umsatzsteuer zu One-Stop-Shop und den neuen Regeln, die diese betreffen.

Sebastian: Und jetzt ist ja tatsächlich, wir nehmen das jetzt hier gerade auf, Anfang Juli, jetzt ist ja tatsächlich seit Anfang diesen Monats hier dieser OSS, dieser One-Stop-Shop online gegangen, wir kennen das ganze ja schon so ein bisschen von digitalen Dienstleistungen her schon seit fünf Jahren, wo es ja auch einen One-Stop-Shop gab, wenn man jetzt, was weiß ich, jetzt Software oder so was online verkauft hat, also ist man ja schon jetzt mit vertraut. Jetzt gilt das ganze natürlich auch für physikalische Güter. Ich lass das gleich jetzt mal am besten mal den Roger ein bisschen zusammenfassen, was da gilt, ist auf jeden Fall eine Riesenänderung, ja, das ist ja ganz klar, es ist verspätet eingeführt worden, wegen Corona, ja, aber ist auf jeden Fall auf verschiedenen Ebenen eine Riesenänderung. Und deswegen bin ich froh, dass wir heute darüber sprechen, also wie gesagt, es betrifft viele Leute, aber auch gerade Leute, die neu beginnen möchten. Es sind ja gerade viele dabei, z.B. so ein FBA Business oder so bei Amazon zu starten, ja. Äh, und die haben sich vielleicht zuletzt mit dem Thema vor zwei Jahren auseinandergesetzt, ja, und da ist jetzt auf jeden Fall sehr viel passiert, deswegen ist es auf jeden Fall sinnvoll, sich zum jetzigen Zeitpunkt damit neu zu befassen.

Magnus: Sebastian, da nimmst Du meinen Einstieg quasi von der Zunge. Ich möchte nochmal fragen, wenn wir jetzt mal vielleicht ausgehen von einem Unternehmer, der vor Corona gesagt hat, okay, ich will jetzt ein FBA Business vielleicht aufsatteln, will das ganze machen, sich dann hat irgendwie Unterstützung geholt, genau, vor anderthalb Jahren oder so was, das ganze über Corona hat liegenlassen, jetzt wieder starten möchte, dann können wir auf jeden Fall schon mal sagen, das, was er damals an Information hatte, ist im Prinzip alles hinfällig und jetzt muss er nochmal neu überlegen. Roger, könntest Du das so bestätigen?

05:18 - FBA – Fulfillment bei Amazon kurz erklärt

Roger: Ähm, das kann ich eigentlich so unterstreichen, in der Tat, wir können ja nochmal ganz kurz sagen, was heißt denn dieses FBA, und FBA sagt, und dieses Kürzel steht ja für "Fulfillment bei Amazon", d.h. ich verkaufe meine Produkte über den Marktplatz Amazon, der mittlerweile ja schon, ich will nicht sagen, eine Pole-Stellung hat, aber schon eine sehr dominante Stellung hat, der mit Abstand größte Marktplatz, zumindest hier in Europa. Und was macht Amazon, bzw. was hat diese Vormarschstellung untermauert? Äh, einfach der Aspekt, dass Amazon nicht nur seine Reichweite zur Verfügung stellt, also den Marktplatz selber, da tritt Amazon ja nur als Vermittler auf, sondern auch diese gesamte Logistik dahinter abbildet. Das bedeutet, ich als Händler muss mir nur noch überlegen, welche Produkte will ich verkaufen, source die vielleicht in China oder bei irgendeinem Supplier in Europa, schicke sie dann zu Amazon, und Amazon disponiert sie dann europaweit in verschiedenen ausländischen Warenlagern, so dass sie dann nach Möglichkeit schon am nächsten Tag, wenn der Kunde das Produkt bestellt, auch direkt beim Kunden sind.

Magnus: Somit muss der Händler selbst kein eigenes Lager mehr zur Verfügung stellen, sondern kann von den Vorteilen von Amazon profitieren.

Roger: Absolut, nä, und das führt natürlich auch dazu, dass auch viele junge Unternehmen gerade in diesen Markt strömen, weil halt die Investitionskosten, gerade zu Beginn, dadurch, dass Amazon ja viel abnimmt, eben sehr gering sind. Das heißt, ich kann quasi auf Knopfdruck, das sag' ich immer so gerne auf Knopfdruck auf die Logistik-Infrastruktur eines großen Handelskonzerns zurückgreifen, aber, und das ist ja auch der Punkt, der heute im Fokus steht, ich müsste, um das Ganze auch steuerlich abbilden zu können, eine Konzernsteuerabteilung fast unterhalten können, und das macht das ganze eben so komplex.

Magnus: Okay.

Sebastian: Und vielleicht noch eine Sache, wie soll ich sagen, ja genau, also, Amazon ist natürlich ein Riesenthema, ich weiß, eines, dass Amazon, ähm, was E-Commerce-Markt in Europa, ich weiß es aus den USA, da sind es über 50%, ja, also d.h. jeder über die Hälfte allen Umsatzes, E-Commerce allgemein USA oder über Amazon abzuwickeln ist natürlich schon wahnsinnig, ist, ja. Aber es gibt ja auch Leute, die jetzt außerhalb von Amazon, z.B. gerademal Drop-Shipping und so was anbieten. Drop-Shipping ist jetzt ja auch so‘ne Sache, die jetzt ja in den letzten, ja, also ist ja nichts neues jetzt natürlich, aber ist in den letzten zehn Jahren stark gekommen ist, wo man also z.B. sagt, also naja, ich hab' irgendwie ein paar Facebook Kampagnen, verkauf, was weiß ich, so irgendwelche Gadgets, was weiß ich, so elektrischer Schraubenzieher oder so was, ja, oder elektrischer Korkenzieher oder so 'ne Sachen, dann wird das direkt von China an den Kunden geschickt, der irgendwo in Deutschland ist, ja. Äh, war schon davor umsatzsteuerlich für manche abenteuerlich, die gesagt haben, naja, okay, muss gar keine Umsatzsteuer berechnen oder so ein Quatsch, ja, und jetzt ist es nochmal schwieriger geworden, ist dann nochmal ein weiterer Aspekt, der neben Amazon, FBA auch nochmal ein wichtiges Thema sein sollte heute.

Magnus: Das heißt für die gilt natürlich genauso jetzt die neue Regelung dieses One-Stop-Shop jeder Art von Drop-Shipping oder Onlinehandel oder auch normaler Handel im Prinzip, wenn ich in einem anderen Land tätig werde, dass ich dann umsatzsteuerpflichtig bin, auch als Ausländer.

Sebastian: Ja, und da, da gab’s ja immer sehr viel Missbrauch, äh, sagen wir jetzt mal hier, ohne bestimme Länder hier besonders hervorheben zu wollen, aber dass dort einfach viel Umsatzsteuerbetrug begangen wurde. Und deswegen wurde des jetzt sogar so geregelt, aber wie gesagt, da wird sicher der Roger jetzt gleich dazukommen, aber auch dass jetzt bei Importen außerhalb der EU, muss die Umsatzsteuer im Vorfeld letztlich schon bezahlt werden, zumindest bei kleineren Produkten, um dem im Grunde vorzubeugen. Also im Grunde so, ist das der Themenbereich, den wir heute mal besprechen wollen.

08:33 - Rundumschlag über die Thematik des OSS

Magnus: Um also diese einzelnen Regelungen und Änderungen zu verstehen, gibt uns Roger einen Rundumschlag über die Thematik des One-Stop-Shops.

Roger: Gerne, also die Reform an sich, die wir ja zum 01.07. gesehen haben, die ja eigentlich zum 01.01 dieses Jahres kommen sollte, aber dann ja nochmal um in halbes Jahr verschoben worden ist, hat eigentlich ja zwei Beweggründe. Der eine Grund ist, Sebastian hat das ja gerade angesprochen, dieser massive Umsatzsteuerbetrug bei Lieferungen aus Drittstaaten, das ist nicht nur China, das sind auch andere Drittstaaten, können wir ja gleich noch drüber reden, aber der zweite Grund, und da standen ja die redlichen Unternehmer immer im Fokus, die in Europa sitzen und auch gerne ihre Umsatzsteuer abführen, die hatten eben folgende Herausforderung. Das heißt, wenn sie ihre Produkte grenzüberschreitend verkauft haben, und das geht ja mittlerweile aufgrund der Reichweite der Marktplätze extrem schnell, aber auch wenn ich ein Händler bin, der nur da in seinem Shopify Shop verkauft, kann ich über gezielte Kampagnen auch eine enorme Reichweite aufbauen. Die hatten eben die Herausforderung, dass das europäische Umsatzsteuerrecht sagt, äh, eigentlich musst Du jeden Verkauf, der grenzüberschreitend stattfindet, an Privatpersonen, und das ist ja noch der Hauptteil des E-Commerce, immer im Bestimmungsland versteuern. Na, das bedeutet, wenn ich meine Produkte z.B. aus deutscher Sicht nach Frankreich verkaufe, muss ich mir Gedanken darüber zu machen, wie ich die Umsatzsteuer dann in Frankreich abführe. Und da, das war bislang so regelt, ich muss mich als Unternehmer an das dort zentral zuständige Finanzamt in Frankreich wenden, musste mich dort steuerlich registrieren, auf französischen Anmeldebögen und muss dann dort meine französische Steuermeldung abgeben.

Magnus: Ich muss mich also in den Ländern immer gut auskennen, die Sprache sprechen können oder das Geld haben, einen Fachanwalt bezahlen zu können.

Roger: Exakt. Und wenn ich da vielleicht nur für einen Staat gemacht hatte, könnte man das vielleicht noch handeln, aber wir wissen ja alle, der E-Commerce boomt, die Reichweiten boomen, das bedeutet, wir sehen es uns bei uns bei Taxdoo, im Durchschnitt hat ein Kunde bei uns Steuerpflichten in sieben anderen EU-Staaten, d.h. er müsste das mal sieben machen, und das große Problem ist, dieses ganze Verfahrensrecht, also wann gebe ich wo wie eine Umsatzsteuererklärung ab, ist leider nicht harmonisiert, also d.h. das ist wirklich ein Wildwuchs, und das war natürlich am Ende des Tages auch eine Barriere, oder ist eine Barriere gerade in einem Binnenmarkt wie der EU, den es ja eigentlich gar nicht geben soll.

10:40 - Vereinfachung durch den OSS

Magnus: Genau diese Barriere soll durch den One-Stop-Shop vereinfacht werden.

Roger: Das heißt, ich muss mich jetzt nicht mehr lokal registrieren, sondern ich kann quasi meine Umsätze, die ich jetzt in Frankreich erziele, die ich jetzt vielleicht in Polen erziele, dann in meinem Sitzstaat, z.B. Deutschland über den One-Stop-Shop zentral erklären. Allerdings, und äh, da sag' ich mal so gerne, hat mittlerweile auch die Technologie die Reglatorik wieder überholt, dass nur für bestimme Transaktionsarten, ja, d.h. wenn ich jetzt ein Online-Händler bin, der nur ein Zentrallager in Deutschland hat und von dort aus grenzüberschreitend verkauft, habe ich eine Vereinfachung, ich muss mich nicht mehr in diversen EU-Staaten steuerlich registrieren, sondern mache das über den One-Stop-Shop. Wenn ich aber in diesen Bereich für Fulfillment-bei-Amazon komme, dann muss ich mir Gedanken machen über zweigleisige Compliance-Struktur, ja, da können wir gleich nochmal drüber reden.

Magnus: Okay, aber das heißt, erstmal können wir festhalten, die Idee davon war, eine Vereinfachung zu erreichen, was sich ja erstmal sehr positiv anhört, oder?

Sebastian: Und vielleicht man sollte hier noch eben einfügen, dass diese Idee ja letztlich für digitale Dienstleistungen, für digitale Produkte jetzt schon seit glaub' ich 2015 oder so, ja, Recht und Gesetz ist, und dass dort auch schon ein Mini-Online-Shop, One-Stop-Online-Shop gibt und die Erfahrung eigentlich sehr positiv gewesen sind, ja. Und das hat den Gesetzgeber meiner Meinung nach weiter motiviert, okay, wir machen das jetzt auch für physikalische Produkte, weil es im Grunde so gut gelaufen ist, für digitale Produkte.

Magnus: D.h. Du hast auch Mandanten, Sebastian, die, äh, den One-Stop-Shop anwenden für digitale Dienstleistungen.

Sebastian: Ja, absolut, also wie gesagt so Software ist so das Klassische, wenn man irgendwelche Downloads bestellt oder irgendwelche Hostings oder irgendwelche automatisierten eben automatisierte, digitalisierte, da gibt’s ja so Produkte, wo jetzt kein, wo jetzt im Grunde relativ wenig Mitgliedschaften bei irgendwas, alle solche Sachen, sind wir alle von betroffen, auch schon heute.

Magnus: Gut, dann hört sich diese Vereinfachung ja erstmal sehr schön an, könnten alle jubeln, Roger, gibt's denn Grund durchgängig zu jubeln oder gibt's auch das eine oder andere neue Änderung, wo man sagen muss, okay, da werden manche Unternehmer vielleicht nicht ganz glücklich mit sein.

Roger: Ja, das ist eben die Herausforderung, nä, ich mein, diese Gesetzesreform braucht natürlich enormen Vorlauf, enormen zeitlichen Vorlauf, weil wann immer wir in der Europäischen Union unser Umsatzsteuerrecht ändern, müssen alle EU-Staaten einstimmig zustimmen. Naja, d.h. man kann sich vorstellen, wie lange dieser Abwägungsprozess, dieser Abstimmungsprozess ist, äh, d.h. wir haben schon viele, viele Jahre Vorlauf, und als diese Gesetzesinitiative aufkam, sah der Online-Handel noch ganz anders aus. Ja, da hatten wir vielleicht die Ebay-Seller, die haben ihre Produkte aus einem Zentrallager heraus verschickt, europaweit, die hatte man im Fokus, aber man hatte natürlich nicht im Fokus diese Cross-Border-Fulfillment-Strukturen. Das kann Fulfillment bei Amazon sein, das kann aber mittlerweile auch Zalando Fulfillment sein, also Zalando zieht da auch gerade stark nach, aber auch Ebay mittlerweile, mit Cross-Border-Fulfillment-Strukturen, d.h. mit Warenlagern im EU-Ausland. Und wann immer ich diese Warenlager nutze, damit meine Produkte natürlich möglichst schnell beim Endverbraucher sind, was ja auf dem Marktplatz immer, sag‘ ich mal, die beste Option ist, deswegen sag' ich jetzt mal, verkauft ja auf dem Marktplatz Amazon sehr pro-aktiv an die Händler, nutzt das doch bitte, ja, äh, bin ich natürlich aus diesem One-Stop-Shop-Verfahren wieder zum Stück raus, weil über den One-Stop-Shop kann ich eben nur Fernverkäufe melden, d.h. Verkäufe aus einem EU-Staat in einen anderen EU-Staat an Endverbraucher. Wenn ich aber jetzt so einen klassischen FBA Fall oder Zalando-Fulfillment-Fall vor Augen habe, da liegt meine Ware ja dann vielleicht in einem Warenlager in Italien und wird dort lokal dann an den Endverbraucher verkauft, d.h. diesen lokalen Sale, diesen lokalen Verkauf, den muss ich weiterhin lokal über eine lokale italienische Umsatzsteuererklärung deklarieren und selbst diese Warenbewegung vorher dorthin nach Italien muss ich auch lokal melden, das nennt man Innergemeinschaftliches Erbringen, bzw. Innergemeinschaftliches Erwerben, ja, auch das ist umsatzsteuerlich relevant und muss lokal gemeldet werden.

14:35 - Lieferschwellen

Magnus: Okay, also da hören wir schon mal einen wesentlichen Stolperstein, der wahrscheinlich doch viele Unternehmer trifft, wenn ich dann über FBA oder andere Varianten im Ausland aktiv bin und dort die Varianten nutze. Jetzt gab es ja vorher immer, oder habe ich gehört, immer die attraktiven Lieferschwellen, wo ich gesagt habe, ah ja, da falle ich ja nicht drunter - hat sich da auch irgendwas getan?

Roger: Genau, die Lieferschwellen sollten ja eigentlich unsere heißgeliebten kleinen mittleren Unternehmer, also unsere SMI ein bisschen beschützen, weil das Umsatzsteuerrecht, das ja noch weitgehend auf dem Stand von 1993 ist, hat ja dieses Bestimmungslandprinzip in sich, d.h. grundsätzlich soll jede grenzüberschreitende Transaktion immer im Bestimmungsland der Umsatzsteuer unterliegen. Damit jetzt nicht wirklich jedes kleine Unternehmen sich im Ausland registrieren muss, was ja oft mit Kosten verbunden ist, hat man gesagt, bis zu einer bestimmten Grenze an Umsätzen, könnt Ihr eure Umsätze weiterhin bei Euch im Sitzstaat versteuern. Ja, und diese Grenze, das waren eben diese Lieferschwellen. Man hat damals angefangen mit 100.000 €, das war der Default pro Jahr pro Staat, und wenn ein Mitgliedsstaat gesagt hat, diese Grenze ist mir zu hoch, da verliere ich zu viel an Umsatzsteuer, also aus Empfängerlandsicht, je höher die Grenze, desto weniger Umsatzsteuer nimmt der Staat ja ein, hatte er das Recht, diese Grenze auf 35.000 € netto pro Kalenderjahr abzusenken. Und das haben mittlerweile fast alle EU-Staaten gemacht, und ich würde mal sagen, ein Händler, der vielleicht einen Jahresumsatz von einer halben Million hat, was glaub' ich nicht viel ist für einen Online-Händler, der hat in der Regel vorher schon drei, vier Lieferschwellen überschritten gehabt.

Magnus: Diese Lieferschwellen fallen also gänzlich weg und werden durch den globalen Schwellenwert ersetzt, der Mikrounternehmen schützen soll.

Roger: Und zwar gibt es dann keine nationalen Lieferschwellen mehr, sondern nur einen globalen Schwellenwert von 10.000 € pro Jahr, d.h. wenn ich grenzüberschreitend Waren im Wert von weniger als für 10.000 € netto, egal in welchen EU-Staat verkaufe, kann ich es weiterhin bei mir im Sitzstaat versteuern, wenn ich über diese 10.000 € komme, bin ich quasi mit jedem Paket, das ich egal in welchen EU-Staat ich versende, sei es nach Malta, sei es nach Rumänien oder Lettland, immer im Bestimmungsland steuerpflichtig.

Sebastian: Diese Etsy-Shops, die so handgemachte Sachen verkaufen oder so, ja, wo es ja also durchaus möglich ist, dass man sehr, sehr geringe Umsätze hat.

Magnus: Wobei wir aber eher so im Bereich die Liebhaberei quasi stecken.

Sebastian: Ja ja, würde ich sagen, also ja, ist mein Eindruck, ja.

Magnus: Äh, und wie ist das insgesamt mit der, werden die einzelnen Transaktionen dann auch nachverfolgt, oder wie funktioniert das, weißt Du da was zu, Roger?

Roger: Ich muss mir natürlich dann auch Gedanken machen, welche Transaktion geht wohin, ist natürlich aus Händlersicht zum einen natürlich schon eine gewisse Herausforderung, weil viele Händler das über ihr IT System teilweise gar nicht abbilden können, also ich kenne viele Amazon-Seller, die kriegen einmal monatlich diese Auszahlung von Amazon, verbuchen die in Gänze, ja, d.h. die schauen sich gar nicht an, welche Transaktion ist jetzt nach Rumänien gegangen, oder nach Lettland gegangen, ja, ist schon eine große Herausforderung auf Händler-, aber auch auf Steuerberater-Seite, wenn ich als Steuerberater noch die Buchhaltung laufend übernehme und wird das Ganze, sag‘ ich mal, auch von Seiten der Finanzverwaltung überwacht, ja, grundsätzlich natürlich auch, weil, was wir auch sehen, ist, ist auch eine zunehmende Haftung auch der Marktplätze für nicht abgeführte Umsatzsteuer. Ja, da sehen wir, sage ich mal, Bewegung drin, wenn wir vielleicht gleich noch über Händler aus Drittstaaten reden, da ist es sogar noch krasser, da sind ja die Marktplätze sogar in der Steuerpflicht.

Magnus: Mhm, das heißt, die versuchen sich dort teilweise auch abzusichern.

Roger: Ja.

17:50 - Wie hilft Taxdoo?

Magnus: Um den Ablauf des ganzen Prozesses verdeutlichen zu können, lenkt Sebastian das Gespräch in einen konkreten Kontext.

Sebastian: Wenn man sich mal vorstellt, jemand hat jetzt irgend so ein System -Shopify oder sonst irgendwas, oder Woo-Commerce, und der hat jetzt einen relativ, also mal einen relativ kleinen Handel, ja, wie der Roger schon sagte, 500.000-1.000.000 und verkauft in alle EU-Länder, ja, mittlerweile ist mein Verständnis so, dass die meisten E-Commerce Plattformen, Amazon ja sowieso, aber auch die eigenen Online-Shops ja die Funktionalität, ja sagen wir mal die Berechnung der Steuer sowieso abdecken. Ja, d.h. da kann man irgend so eine Einstellung machen, dann berechnen die die Steuer, und dann hat man im Grunde dann am Ende, vermute ich, bin mir jetzt nicht sicher, kannst es vielleicht gleich nochmal klarstellen, Roger, irgendeinen Report wo steht, pro Land, so und so viele Umsatzsteuer ist jetzt abzuführen, und dann muss ich das dort irgendwie einpflegen und halt dann den entsprechenden Betrag, vermute ich mal, bezahlen. Ja, wäre gut, wenn Du dazu was sagen kannst, Roger, dann kannst Du da mal erklären, wozu Eure Software oder Eure Dienstleistung dann hier mit einfließt, ob das über API integriert wird in die E-Commerce Plattform wie Amazon oder wie das funktioniert.

Roger: Ja, genau, Sebastian, Du hast eben da einen wichtigen Punkt angesprochen, d.h. ja, es gibt die großen Marktplätze Amazon, Ebay, Zalando, die übernehmen dann auch die Steuerberechnung, wenn man das möchte, allen voran also Amazon über diesen sogenannten Steuerberechnungsservice, die muss der Händler aber buchen, und dann kann ich quasi in den Transaktionsdaten ja sehen, welcher Steuersatz wurde jetzt angewendet für meine Lieferung nach Rumänien, oder für meine Lieferung nach Frankreich, und kann mir dann auch diese Daten nehmen und dann quasi entsprechend zu Hause aufschlüsseln, sag ich so eine Software wie Taxdoo oder ich mach's auch irgendwie selber mit Excel, wie auch immer, und kann die Daten dann quasi ja über diesem One-Stop-Shop-Portal eben auch entsprechend melden. Sag' ich mal alle mittleren Marktplätze oder auch viele Shop-Systeme oder auch ERP-Systeme, die haben ja natürlich nicht so eine ausgefeilte Umsatzsteuerlogik, d.h. da muss ich oftmals auch selber überlegen, welcher Steuersatz greift denn, wenn ich jetzt Kinderschuhe nach Irland verkaufe. Ja, da ist nämlich Kinderbekleidung z.B: mit 0% Steuersatz, einer Zero-Rate versteuert, wohingegen das ganze vielleicht, wenn ich das nach Ungarn verschicke, mit 27% versteuert wird. Da fangen dann schon so die großen Herausforderungen an. D.h. wir haben natürlich in Europa dieses Steuersatz-Wirr-Warr, wir haben eine enorme Bandbreite an den Standardsteuersätzen, dann haben wir noch ermäßigte Steuersätze, und wenn ich quasi unterhalb dieser großen Plattform agiere, was ja viele Händler machen, weil sie sich ja auch breit aufstellen, keiner will ja nur komplett abhängig sein von Amazon oder Ebay oder Zalando, dann fangen da eben schon die Herausforderungen an.

Magnus: An dieser Stelle kann Taxdoo die Händler unterstützen.

Roger: Wir können bei Taxdoo, über EPI’s, die wir zu den Marktplätzen, zu IP Systemen haben, uns natürlich alle Transaktionsdaten ziehen, wir bewerten sie auch nochmal gesondert, können sagen welcher Steuersatz greift für welches Produkt und welchen EU-Staat und können dann natürlich entscheiden, muss das ganze lokal gemeldet werden, weil es vielleicht aus dem lokalen Fulfillment-Center heraus passiert ist, dann machen wir das automatisiert, und die restlichen Transaktionen, diese Fernverkäufe, können wir dann quasi über eine One-Stop-Shop-Schnittstelle an den One-Stop-Shop melden, sei es in Deutschland oder jedem anderen EU-Staat.

Magnus: Und das passiert automatisiert?

Roger: Genau, das passiert automatisiert?

Sebastian: Und Euer System ermöglicht es dem Online-Händler praktisch zum Zeitpunkt des Verkaufs schon die Umsatzsteuer zu berechnen, korrekt? Oder ist das alles im Nachhinein basierend auf historischen Daten?

Roger: Bei Amazon ist es natürlich so, da kann man zum Zeitpunkt des Verkaufs nicht eingreifen, das ist ein geschlossenes System, d.h. da würden wir dann gerade im Nachgang korrigierend eingreifen, wenn wir feststellen, okay, dieses Produkt wurde vielleicht falsch versteuert, weil der Händler auch vielleicht einen falschen Steuersatz bei Amazon hinterlegt hat, das ist grundsätzlich auch möglich. Bei dem Shop-System, wie z.B. Presta-Shop, da arbeiten wir in der Tat mit Plug-Ins und können quasi zum Zeitpunkt des Verkaufs eben auch zum korrekten Steuersatz übergehen.

Sebastian: Was dann sicherstellt, und das ist ja eben für den Händler immer am schlimmsten, wenn er jetzt irgendwie keine Steuer abführt obwohl er hätte abführen müssen, ja, und wird nimmt dem Kunden selbst dann keine Umsatzsteuer ab und stellt hinterher fest, oh, mein Gott, ich muss jetzt ja hier hinterher nachzahlen und hab' eigentlich die Umsatzsteuer gar nicht eingenommen erst und bin dann damit im Minus, sagen wir es mal so, ja.

Sebastian: Und macht Ihr das auch eigentlich "nur", also in Anführungszeichen, "nur" in der Europäischen Union oder auch in den USA mit Sales Tax?

Roger: Ne, wir bieten den Service z.Z. nur für die Europäischen Union und für Großbritannien und jetzt in den ersten Zügen schon für die Schweiz an, nä, also EU plus UK und Schweiz.

22:17 - Anmeldung und Ablauf OSS

Magnus: Okay, ich glaub' wir müssen hier zwei grundlegende Fälle ein bisschen unterscheiden, Roger, Du hattest es schon angesprochen, mit Drittland, wenn wir jetzt vielleicht erstmal den einfacheren Fall wählen und sagen wir sind irgendwie in der EU, wir haben einen Unternehmer, der ist in einem EU Land mit seiner Gesellschaft ansässig, was weiß ich, Malta, wo auch immer, und verschickt eben aber auch in andere EU-Länder, wie wäre das konkrete Vorgehen jetzt beim One-Stop-Shop von der Anmeldung bis zum Ablauf, kannst Du dazu was sagen, bevor wir dann im zweiten Schritt uns auch Drittländer anschauen.

Roger: Genau, bei Händlern mit Sitz in der EU, die müssen natürlich schauen, okay, komm' ich jetzt über diese 10.000 € Grenze, wo natürlich, sag‘ ich mal alle, die keine Liebhaberei betreiben, relativ schnell darüber kommen, äh, die sollten sich natürlich dann auch relativ schnell und fristgerecht für den One-Stop-Shop registriert haben und die brauchen dann natürlich auch entsprechende Prozesse im Hintergrund, die, sag‘ ich mal feststellen, welche Transaktion kann über den One-Stop-Shop gemeldet werden, welcher Steuersatz ist anzuwenden und welche Transaktion muss ich vielleicht noch weiterhin lokal melden, weil es z.B. über Amazon FBA oder Zalando-Fulfillments läuft.

Magnus: Und diese Meldung, kann ich die noch selber machen oder brauche im Grunde da auch schon irgendwie Unterstützung von Experten, die das machen?

Roger: Beim One-Stop-Shop hängt's natürlich immer, sag‘ ich mal, von der Transaktionsanzahl ab, d.h. wenn ich, sag' ich jetzt mal ein mittlerer Händler bin, der vielleicht nur ein paar hundert Transaktionen hat, kann ich mir dann auch selber, sag' ich mal, vielleicht einen Excel Makro zusammenbauen, bei den größeren Händlern Richtung 1.000, 10.000 oder Million Transaktionen brauch' ich sicherlich irgendwie einen automatisierten Prozess.

Magnus: Okay.

23:43 - Rahmenbedingungen bei Sendungen aus Drittländern

Magnus: Das heißt, in der EU wäre das alles ein bisschen klarer, ein bisschen einfacherer, aber wenn wir jetzt eben z.B. in Richtung Drittland gehen, wenn wir z.B. einen US-Unternehmer haben, der in die EU liefern möchte, was ändert sich hier, was sind da die großen, wichtigen Rahmenbedingungen, die er kennen sollte?

Roger: Genau, das wichtigste, das hatte Sebastian ja schon zu Beginn angesprochen, früher war es ja so, dass man gerade so diese kleinen Betragszahlen, also bis 22 € war der Betrag in Deutschland, da ist man eigentlich davon ausgegangen, da fällt gar keine Umsatzsteuer an, was aber eigentlich ein Trugschluss war, aber ich will das Fass jetzt nicht auch noch aufmachen, aufmachen, d.h. da ist dem Fiskus nicht nur in Deutschland, sondern europaweit sehr, sehr viel Umsatzsteuer durch die Lappen gegangen. Das waren natürlich Händler aus Drittstaaten, das kann USA gewesen sein, natürlich auch in großem Maße auch aus China, gar keine Frage, und da sag' ich mal wird es zum 01.07. so sein, dass ab dem ersten Cent bei Lieferungen aus Drittstaaten immer Umsatzsteuer anfällt, das ist ganz wichtig, ja. Das ist der eine Aspekt, und Händler aus Drittstaaten müssen dann in der Tat schauen, was sind ihre Vertriebskanäle. Wenn sie über ihren eigenen Webshop in die Europäische Union verkaufen, dann müssen sie sich selber Gedanken machen, wie führe ich jetzt meine Umsatzsteuer im entsprechenden Bestimmungsland ab, wenn noch ein Marktplatz dazwischengeschaltet ist, dann wird der unter gewissen Konditionen die Umsatzsteuer abführen müssen für den Händler aus China oder aus den USA. Ja, d.h. das ist so eine Art Betrugsmechanismus, weil die Händler kriegt man ja nicht gegriffen, es gibt ja kein Amtshilfeabkommen zwischen der EU und China, d.h. da überlagert man oder da überträgt man einen bestimmten Teil der Steuerpflichten auf die Marktplätze selber. D.h. Amazon und Co. werden einen Großteil der Umsatzsteuer eben für Drittlands-Händler direkt abführen.

Magnus: Und wie kann Amazon sicherstellen, dass sie sozusagen die Umsatzsteuer dann auch bekommen?

Roger: Äh, weil sie ja quasi Herr der Daten sind. D.h. ich rede hier über einen geschlossenen Kreislauf. Wenn ich jetzt im Bereich FBA bin, dann liegt ja die Ware direkt bei Amazon, Amazon kann ja das ganze Inventar überblicken, Amazon weiß ja wo geht welches Produkt hin, und Amazon nimmt ja sogar das Geld ein, d.h. aus diesem Bruttobetrag muss Amazon dann eben den entsprechenden Steuerbetrag einbehalten, ans Finanzamt abführen und leitet dann nur noch den Nettobetrag an den Händler ab.

25:45 - Wer fällt darunter?

Magnus: Je nach dem ist dieses Prozedere bei anderen Drop-Shipping Plattformen ähnlich.

Roger: Genau, also die Frage ist immer: wer fällt darunter? Der Gesetzgeber sagt: alle elektronischen Schnittstellen. Da gibt es quasi dann drei Kriterien, und davon muss mindestens ein Kriterium erfüllt sein. Und zwar muss diese Schnittstelle, also mit Schnittstelle ist in der Regel so ein Marktplatz gemeint, entweder die Zahlungskonditionen festlegen, entweder die Retouren-Konditionen festlegen oder auch festlegen, wie Artikel gelistet werden dürfen. Das heißt, so ein Shopify-Shop ist ja auf den ersten Blick auch erstmal eine elektronische Schnittstelle, macht aber gar keine Vorgaben, da bin ich als Händler komplett frei. Der fällt nicht darunter, aber natürlich jeder Marktplatz, der, sag‘ ich mal nur ein Minimum an Vorgaben macht.

26:26 - IOSS Import-One-Stop-Shop

Magnus: Okay, und gibt's da, wenn ich jetzt nur einen Shopify-Shop vielleicht hab', in Anführungsstrichen, gibt's da gewisse Vorgaben, zu welchem Zeitpunkt ich die Umsatzsteuerzahlungen zu leisten habe, schon im Voraus oder gibt es da keine konkreteren Regelungen?

Roger: Das hängt davon ab, und da kommen wir jetzt quasi schon zum Import-One-Stop-Shop, d.h. für bestimmte Produkte bis zu einem Sachwert von 150 €, die kann ich zukünftig, sag‘ ich mal, über den sogenannten Import-One-Stop-Shop melden. Was ist da die Vereinfachung? Die Vereinfachung ist, dass wenn ich diesen Import-One-Stop-Shop nutze, keine Einfuhrumsatzsteuer anfällt. Also Einfuhrumsatzsteuer ist auch so eine Art Umsatzsteuer, die entsteht immer dann, wenn Produkte aus Dritt-Staaten eingeführt werden. Unabhängig davon entsteht quasi im Nachgang auch noch einmal Umsatzsteuer, beim Verkauf an den Endverbraucher. Wenn ich jetzt aber diesen Import-One-Stop-Shop nutze, dann sind diese Transaktionen von der Einfuhrumsatzsteuer befreit, d.h. ich spar mir diesen Financial Gap, weil bei der EUS ist es so, also Einfuhrumsatzsteuer, die führ' ich erst ab beim Grenzübertritt und kann sie mir dann, weil ich ja Unternehmer bin und durch Umsatzsteuer nicht belastet werden darf, später vom lokalen Finanzamt wieder zurückholen und führe dann quasi in einem dritten Schritt Umsatzsteuer ab. Merkt man, macht eigentlich gar keinen Sinn, so ne Null da im Spiel, aber ich hab' ne Liquiditäts-Gap. Wenn ich diesen Import-One-Stop-Shop nutze, ist quasi diese Transaktion von der Einfuhrumsatzsteuer befreit. Und bei diesen Transaktionen ist es so, die muss ich monatlich melden, und hab' dann quasi noch einen Monat Zeit, diese Umsatzsteuer zu bezahlen über den Import-One-Stop-Shop. Gilt aber wie gesagt nur für Transaktionen bis 150 €, weil auch nur diese Transaktionen dann vom Zoll noch befreit sind.

Magnus: Okay, Sebastian, ...

Sebastian: Das führt dann auch zu einer schnelleren Bearbeitung, sag' ich jetzt mal, bei der Warenlieferung, bei der Verzollung, ja, weil eben dieses ganze Thema im Grunde schon, also ich mein' die Compliance ist mehr oder weniger schon vorgelagert und wird nicht dann beim Zoll erst, muss nicht beim Zoll erst geregelt werden.

28:20 - Was in Richtung Import beim OSS relevant ist

Magnus: Genau Sebastian, vielleicht kannst Du noch ein bisschen konkretisieren, was in Richtung Import beim One-Stop-Shop noch relevant ist, auch für Deine Mandanten.

Sebastian: Wir haben auf jeden Fall jetzt also auch Mandanten aus den USA, die von den USA aus nach Europa geschickt haben oder verschicken werden. Eben, bisher war es dort auch so, da gab es, es gab verschiedene Modelle, man konnte zum einen sagen, naja, also der Kunde kümmert sich einmal um die Einfuhrumsatzsteuer und zumal macht ja auch DHL und UPS machen eigentlich dann das ganze Handling, und letztlich braucht dann der Händler gar nicht sich da so groß darum zu kümmern. Ähm, ist das nach wie vor noch möglich, dass man das mehr oder weniger einfach an UPS und DHL delegieren kann und dann muss der Kunde sich um die Einfuhrumsatzsteuer bezahlen, bzw. die Verzollung, oder kann das nicht mehr gemacht werden, Roger?

Roger: Doch, äh, da wird es noch ein besonderes Verfahren geben, das ist quasi den Logistiker mit einspannend. Das ist allerdings zukünftig, oder ja mittlerweile schon, mit relativ hohen Haftungsrisiken verbunden, dass ich mir gar nicht so sicher bin, wie das in der Praxis jetzt umgesetzt werden wird, ob das noch so die große Nachfrage jetzt gibt. Wird sich über die nächsten Wochen jetzt zeigen.

Sebastian: Also wir haben auf jeden Fall etliche Mandanten, die jetzt auch schon im Vorfeld jetzt gar nicht unbedingt erst bei der Einführung hier von IOSS oder OSS bei Amazon früher gehandelt hatten, die mussten jetzt ja schon letztes Jahr im Grunde anfangen, sich eine Umsatzsteuernummer in der EU zu besorgen, äh, ansonsten hat Amazon die gesperrt, ja, also d.h. die konnten da gar nicht mehr auf Amazon verkaufen, wenn die aus einem Dritt-Staat-Land kommen, also das ist auf jeden Fall, äh, das ist auf jeden Fall dort schon passiert. Jetzt mit dieser weiteren Einschränkung hier, ich glaub', dass das von den meisten als etwas Positives gesehen wird. Wir hatten z.B. einen Mandanten, die haben solche, die haben so Druckerpatronen verkauft in Deutschland, ja, also, komplett legitim, äh, und die sind nicht untergegangen, ja, aber die sind fast untergegangen durch der Chinesen, die ja einfach die Sachen dort erstens mal gefälscht und zweitens mal komplett ohne Umsatzsteuer, d.h. 20% günstiger letztlich verkauft haben, ja, also ich glaub' dieses Änderung wird eigentlich von den meisten Mandanten von uns, die in dem Bereich tätig sind, auf jeden Fall begrüßt.

30:34 - Drop-Shipping und die Änderung ab 01.07.

Sebastian: Was nochmal interessant wäre, wäre jetzt nochmal hier zu klären, wie das denn jetzt funktioniert konkret, wenn ich jetzt bei Amazon oder aber über den einen Online-Shop, sondern beim Drop-Shipping letztlich. Drop-Shipping ist ja letztlich ein Streckengeschäft, ja, d.h. ich hab' letztlich zwei Transaktionen, einmal die Transaktion, wo ich als Händler beim Verkäufer aus China, sagen wir mal, den vorhin schon angesprochenen elektrischen Korkenzieher bestelle, und die zweite Transaktion ist, dass der das dann liefert letztlich an den Kunden in Deutschland, aber ich als Händler mit der Ware nie etwas zu tun habe, also ich hab' eine Facebook-Kampagne, verkauf' das Zeug dadrüber, nehm' das Geld ein, was hat sich denn jetzt dort bezüglich diesem Geschäftsmodell geändert?

Roger: Genau, da muss man jetzt genau hingucken und sagen, okay, wer ist denn jetzt für die sogenannte bewegte Lieferung verantwortlich, nä? Bei Drop-Shipments hab' ich immer so eine Lieferkette: Supplier -> Händler -> Endverbraucher, ja, und die Ware geht ja eigentlich unmittelbar vom Supplier an den Endverbraucher. Und, sag' ich mal, diese große Vereinfachung, One-Stop-Shop oder Import-One-Stop-Shop, die gilt natürlich nur für die bewegte Lieferung. In dieser Lieferkette gibt es aber eine sogenannte unbewegte und eine bewegte Lieferung, und die große Frage ist jetzt, wer beauftragt den Spediteur? Ist es der Supplier oder ist es der Händler, der in der Mitte steht. Wenn es der Händler selber macht, also sprich, den Spediteur beauftragt, die Ware an den Endverbraucher zu liefern, dann wird der in der Regel auch von seinem One-Stop-Shop oder seinem Import-One-Stop-Shop profitieren. Wenn er sich da komplett raushält, und das machen ja auch gerade viele, viele junge Dropshipper, die sagen, ich will quasi nur auf Knopfdruck meine Umsätze generieren, damit gar nichts zu tun haben, da wird es in der Tat so sein, die werden immer unmittelbar im Bestimmungsland steuerpflichtig sein, weil sie diese sogenannte unbewegte Lieferung ausführen. Ja, weil die Lieferung ist dort steuerpflichtig, wo die bewegte, also Lieferung des Suppliers endet. D.h. die werden von dieser ganzen Vereinfachung, die wir jetzt zum 01.07. sehen, gar nicht profitieren, sondern, weil sie in jedem EU-Staat lokal steuerpflichtig sein, dass sie auch nur ein Produkt versenden. Ich glaube, das ist vielen gar nicht bewusst.

Sebastian: Also interessant, ja, nee, interessant, das heißt, und das war bisher aber auch schon so, oder, das ist jetzt nicht etwas Neues, nur dass sie bisher, bisher hatten wir die Lieferschwellen.

Roger: Genau, wir hatten bisher die Lieferschwellen, oder wir hatten auch diese Kleinbetrags-, sag' ich mal, Regelung, ...

Sebastian: Ah, ja, ja.

Roger: Wo ja dann auch faktisch die Finanzbehörden bei uns in Deutschland hatten, die hatten gar keine Motivation die Fälle aufzugreifen oder konnten es auch gar nicht, weil das waren Massendaten, ja, und das fällt jetzt weg, d.h. es steht jetzt immer ab dem ersten Cent Umsatzsteuer an.

Sebastian: Also, mal angenommen, ich hab' jetzt so'n Drop-Shipping Business in Deutschland, ich hab' den Kunden in Italien, der da bestellt, das bedeutet die müssen dann im Grunde genommen italienische Umsatzsteuer berechnen, …

Roger: Ja.

Sebastian: …ähm, und dann wird der chinesische Händler, der kann dann über den IOS, letztlich die Einfuhrumsatzsteuer, IOSS meine ich, die Einfuhrumsatzsteuer dann regeln, äh, und das nach Italien schicken.

Roger: Exakt, genau. Nä, also wenn er quasi den Spediteur beauftragt, die bewegte Lieferung tätig, dann könnte er diese Vereinbarung so eben nutzen, Wenn man sich vor Augen führt, ich weiß nicht, wir kennen also diesen Marktplatz „Wish“ aus China, da kommen also diese Ein-Euro-Artikel her, wo man dann 14 Tage darauf wartet, äh,

Magnus: Da sag' ich lieber nicht, was meine Frau da schon alles bestellt hat!

Sebastian: (lacht)

Roger: Und ich würde mal behaupten, und damit lehn' ich mich wahrscheinlich nicht zu weit aus dem Fenster, dass nur 90-95% dieser Artikel niemals auch nur, sag' ich mal, auch nur einen Cent Umsatzsteuer irgendwie abgeführt haben über diese Lieferung, äh, und das Geschäft müsste faktisch jetzt zum Erliegen kommen, wenn man jetzt nicht dafür sorgt, da umsatzsteuerpflichtig compliant zu werden.

Magnus: Ich hoffe, ich hoffe, es ist so.

Sebastian: Weil im Grunde jetzt gibt's jetzt diese Grenze nicht mehr, diese Freigrenze für 22 €, sondern es heißt, die müssen jetzt im Grunde sofort auch schon für Ein-Euro-Produkte letztlich die Umsatzsteuer bezahlen, abführen.

34:15 - Gesamtbewertung von Roger zu OSS und IOSS

Magnus: Um das Thema noch einmal abzurunden, gibt uns Roger nochmal eine Gesamtbewertung, wie er zu OSS und IOSS steht.

Roger: Ich seh's mit einem lachenden und mit einem weinenden Auge, ich seh' es deswegen mit einem lachenden Auge, weil ich glaube, wir bekommen mit einem Level-Playing-Field, also gleiche Regeln für alle, sei es aus China, aus USA, aus Europa, damit deutlich weiter voran, Sebastian hat es ja vorhin schon angesprochen, ja, also es gibt viele Produkte, da konkurrieren wirklich redliche Händler mit unredlichen Händlern aus Drittstaaten, die nicht greifbar sind, da sehen wir, oder sehe ich, sehen wir glaub‘ ich alle, auch erhebliche Fortschritte, ähm, was, sage ich mal, diese neuen Logistikstrukturen betrifft, sei es Fulfillments bei Amazon, sei es Zalando Fulfillments, oder was auch immer, da wird's für die Händler doch deutlich komplexer. Nä, das heißt, die müssen sich wirklich so 'ne zweigleisige Compliance-Struktur aufbauen mit lokalen Teil-Links, überall da, wo es ein Warenlager gibt, plus dann mal so'n One-Stop-Shop Compliance Struktur, das heißt, für die wird's schwieriger, aber im ich glaube un Großen und Ganzen brauchen wir diese Reform, sie muss noch weiterentwickelt werden. Ja, das heißt, wir müssen auch immer dazu übergehen, dass man diese ganzen Fulfillment-Transaktionen auch noch über den One-Stop-Shop abbilden kann, das wird sicher im nächsten Jahr nicht kommen, aber es steht auf der Agenda der EU-Kommission.

35: 27 - Wie kann Taxdoo helfen, und wie kann ich Taxdoo finden?

Magnus: Und vielleicht kannst Du mir noch sagen, wo kann jetzt Taxdoo hier helfen, wie kann man Euch finden und was ist konkret Eure Lösung, die Ihr anbietet?

Roger: Genau, unsere Lösung ist quasi, wir bieten das zum einen sogar für Marktplätze an, d.h. wenn irgendwo ein kleiner, mittlerer oder ein sehr großer Marktplatz irgendwo existiert, der sich überlegt, wie kann ich jetzt die Umsatzsteuer für Händler aus Drittstaaten berechnen und abführen, dann sind wir die Lösung dafür, aber auch für Händler, die eben, ja, ihre One-Stop-Shop Umsätze melden wollen und nicht wissen, wie sie das aufschlüsseln, welcher Steuersatz greift, oder noch zusätzlich über Amazon verkaufen, dann machen wir das alles automatisiert, aus einer Hand, aus lokalen Teil-Links und OSS-Schnittstelle, und wie findet man uns? Einfach auf taxdoo.com, Taxdoo mit Doppel-O, dot com, gehen, man kann eine Life-Demo buchen, auf Deutsch, auf Englisch, auf Spanisch, Französisch und Italienisch und, äh, und kann uns dann auch relativ schnell plug- und play-mäßig an sein EIP System oder auch unseren Marktplatz anspielen.

Magnus: Cool, da bin ich mir sicher, dass sich der eine oder andere an Euch wenden wird.

Sebastian: Das glaub' ich auch, ja.

36:26 - Eine wichtige Frage und Verabschiedung

Magnus: Zum Schluss stellt Sebastian noch eine Frage, die für viele Zuhörer interessant sein könnte.

Sebastian: Wenn ich jetzt eine Drittstaaten-Gesellschaft habe, dann habe ich ja die Möglichkeit, mich in irgendeinem Land der EU für die Umsatzsteuer zu registrieren, und dann den dortigen I oder den dortigen OSS dort dann zu nutzen. Wie gesagt, gibt's bisher auch schon für die digitalen Produkte, ja, war da genau das gleiche Ding. Jetzt eine Frage, die immer wieder mich Mandanten stellen, die in der Situation sind: welches Land in der EU ist das unternehmerfreundlichste, wo sollte man sich registrieren für die Umsatzsteuer, wo ist das Handling am einfachsten?

Roger: Das ist eine gute Frage, äh, ich kann sagen, welche Staaten es nicht sind, also äh, aus umsatzsteuerlicher Sicht immer so die Endgegner Italien und Spanien, also, das ist wirklich ein bürokratischer Dschungel ohne Ende. Also, ich will ja niemanden bashen oder so, aber das ist echt eine Herausforderung, ...

Magnus: Ich meinte immer schon, in Deutschland wären die schlimmen Bürokraten.

Roger: Ja, ist Deutschland vielleicht sogar noch Vorreiter, aber die baltischen Staaten, ja, Island, Lettland, die sind da wirklich sehr, sag‘ ich mal, effizient aufgestellt, was so Behördenstrukturen betrifft, die würde ich vielleicht sogar dann präferieren.

Sebastian: Und Ihr, Ihr würdet auch mit Händlern aus Drittstaaten zusammenarbeiten, oder ist Eure Lösung nur für europäische Unternehmen geeignet?

Roger: Nein, also, wir können auch unsere Lösung auch für Händler aus Drittstaaten anbieten, definitiv, ja.

Magnus: Okay, von meiner Seite, meine Fragen sind alle abgearbeitet. Sebastian?

Sebastian: Ja, meine auch, war sehr gut, sehr interessant.

Magnus: Wunderbar, Roger, dann bleibt mir ja an der Stelle nicht mehr viel zu sagen als vielen herzlichen Dank, Du hast einen super Einblick gegeben in ein Thema, was sich für mich erstmal trocken angehört hat, aber dann doch recht lebhaft und plastisch wurde - vielen Dank dafür. Ich denke, Du hast einigen Zuhörern helfen können und wie man Dich erreicht, haben wir ja jetzt rausgefunden, und wie Taxdoo da eine Hilfe sein kann.

Roger: Vielen Dank Magnus, und vielen Dank Sebastian, dass ich zu Gast sein durfte.

Magnus: Das war Perspektive Ausland – Der Podcast für alle Unternehmer, die es ins Ausland zieht. Bis zur nächsten Folge.

Ressourcen

Sebastian Sauerborn: LinkedIn

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Sebastian Sauerborn Sebastian Sauerborn

Bundestagswahl 2021 - Mögliche Koalitionen und Folgen für die Steuerpolitik

Deutschland hat gewählt – wie geht’s weiter? Eine der anstehenden Änderungen ist die Wegzugsteuer, aber wie es nunmal so ist, wird es nicht nur ein neues Steuergesetz, bzw. nur eine Änderung geben. Ein kleiner Einblick und eine kleine Weltreise stehen heute auf dem Plan

Deutschland hat gewählt – wie geht’s weiter? Welche Koalition wird sich bilden, und was bedeutet das für mich? Welche Veränderungen stehen an?

Die anstehende Wegzugsteuer

Veränderung ist bekanntlich das einzig Konstante im Leben, fangen wir mit dem nächstliegenden an: die Wegzugsteuer, die kommt zum 01. Januar 2022 und ist zu bezahlen auf Anteile von inländischen und ausländischen Kapitalgesellschaften von über 1%. Das Unternehmen wird zwar nicht verkauft, aber das Finanzamt bestimmt einen fiktiven Veräußerungswert und multipliziert, grob gesagt, den Gewinn mit 13 bis 16, so dass eine Firma mit 100.000 € Gewinn dann zwischen 1.300.000 € und 1.600.000 € wert wäre. Und das wird dann besteuert.

Interessant ist, dass der Europäische Gerichtshof vor einigen Jahren genau diese Wegzugsteuer als nicht mit dem EU-Recht vereinbar definiert. Aber warum soll man es nicht nochmal versuchen?

Vermögensteuer

Die Vermögensteuer soll wiederkommen. Die Grünen wollen sie ab 2 Millionen Euro Vermögen, Betriebsvermögen sollen begünstigt werden. Die SPD will die Vermögensteuer für sehr hohe Vermögen, legt sich aber betraglich nicht fest. Die FDP hat keine Vermögensteuer, laut Wahlversprechen, dass keine Steuererhöhung kommen wird, aber wahrscheinlich wird die FDP eine solche nicht komplett verhindern können, da sie die Partei mit den wenigsten Prozentzahlen sind.

Einkommensteuer

Bezüglich der Einkommensteuer sagt die SPD, dass die Steuern für die Mehrheit sinken und die oberen 5% stärker belastet werden sollen. Der Begrenzung der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Menschen mit Gehältern stimmen auch die Grünen zu, und sie fordern auch, dass hohe Managergehälter nicht mehr als Betriebsausgaben angerechnet werden können.

Spitzensteuersatz

Der Spitzensteuersatz für Alleinstehende soll laut der Grünen ab einem Einkommen von 100.000 € angehoben werden auf 45%, und ab einem Einkommen von 250.000 € auf 48%. Momentan fällt dieser bereits an ab 58.000 €, und viel bleibt netto dabei nicht mehr übrig.

Erbschaftsteuer

Da festgestellt wurde, dass wohl vermögende Unternehmenserben bezüglich der Erbschaftsteuer bevorzugt wurden, soll, um dieses zu verändern, in solchen Fällen für Stiftungen eine Mindestbesteuerung kommen, laut dem Parteiprogramm der SPD. Die Grünen und die SPD wollen das Ehegattensplitting für neu verheiratete Paare beenden, der Soli soll bleiben, und die Grünen wollen auch die 10.Jahres Spekulationsfrist für Immobilien abschaffen und die Steuern für Veräußerungsgewinne mit Edelmetallen, Rohstoffen und Krypto-Werten beenden. Die Finanztransaktionssteuer soll dafür sorgen, dass die Online-Giganten gerechter besteuert würden. Das sind einige der Pläne, mal sehen, was so kommt.

Auswandern aus Deutschland – persönliche Gründe sind ausschlaggebend

Steuern gibt es überall, in einigen Ländern etwas weniger als in anderen, aber wie viele Lebensbeispiele immer wieder zeigen, gibt es weit wichtigere Gründe, sein Leben zu verändern. Man muss sich überlegen, wie man leben möchte, was ist einem persönlich wichtig, wo will ich meine Kinder großziehen? Eine Familie zum Beispiel hat die Erbschaft in ein Anwesen in Irland investiert, um dort zu leben und ihre Kinder zu homeschoolen. Eine andere Dame ist in der ehemaligen DDR groß geworden, hat nach der Wende ein Unternehmen in Deutschland aufgebaut, aber da die politische Situation in Deutschland sie zu sehr an die DDR erinnert, packt sie jetzt mit 69 Jahren ihre Koffer und geht in die USA. Steuern sind nicht ausschlaggebend.

Geld alleine macht nicht glücklich, und daher ist es nicht ratsam, nur aufgrund steuerlicher Vorteile und Vergünstigungen den Ort zu verlassen, an dem man doch eigentlich glücklich ist und gerne lebt. Wer allerdings schon länger mit dem Gedanken spielt und den Wunsch hat, in einem anderen Land zu leben, und sowieso von überall aus arbeiten kann, für den könnte jetzt das Ergebnis der Wahl der Auslöser sein, sich auf den Weg zu machen.

Malta – eine wunderschöne Mischung

Da wie gesagt Schönheit im Auge des Betrachters liegt, werden nicht alle in dasselbe Land auswandern, sondern wer Sonne und eine Mischung zwischen Italien und einem arabischen Land liebt, würde vielleicht Malta wählen. Malta ist der Dauerbrenner, liegt in der EU und Schengen, und es gibt täglich einige Flüge nach Deutschland.

Spanien als Option

Spanien, das Traumland der Deutschen bietet neben viel Sonne und Wärme das steuerlich attraktive Beckham-Law, bei dem man fünf Jahre lang in Spanien leben kann ohne ausländische Einkünfte versteuern zu müssen. Näheres dazu in unserer Podcast Episode 04.

Oder lieber etwas weiter weg?

Mehr Sonne zu guten Konditionen gibt es in Ländern wie Dubai, den Bahamas, Französisch-Polynesien, Tahiti. Wer nicht ganz so weit weg ziehen möchte von Europa, sondern vielleicht eher nach Großbritannien, der benötig für eine vierköpfige Familie für Visum, Pflichtkosten für das Gesundheitswesen, etc., schnell auf Kosten von 20.000-25.000 £.

Von Deutschland in die Welt

Einer Steuerpflicht im jetzigen Wohnsitzland kann man nur entgehen kann, wenn man auch wirklich umzieht und nicht nur so tut als ob. Dieser Podcast weckt das Fernweh und öffnet die Perspektiven, denn es bieten sich mehr Möglichkeiten, als es auf den ersten Blick scheint.

 
 

Timestamps

00:18   -   Begrüßung und Einleitung

00:46   -   Grundlagen

03:51   -   Volksabstimmung in Berlin

06:48   -   Welche Koalition könnte zustande kommen?

08:18   -   Klimapolitik

10:49   -   Pläne in Wahlprogrammen zur Vermögensteuer

14:22   -   Pläne der Parteien zur Einkommensteuer und anderen Steuern

21:38   -   Verschärfung der Wegzugsteuer ab 01.01.2022 – was gibt es zu beachten?

25:00   -   Für wen ist es gerade jetzt attraktiv, in ein anderes Land zu gehen?

29:34   -   Reisende soll man nicht aufhalten

32:30   -   Die einzige Möglichkeit, steuerlich etwas zu bewegen

34:15   -   Perspektive Ausland – Ziele und Lebensbeispiele

42:02   -   Abschließende Gedanken

Mitschrift zu Folge 5 Perspektive Ausland

Perspektive Ausland – Der Podcast aus London für alle Unternehmer, die es ins Ausland zieht. Ermöglicht durch freundliche Unterstützung der Steuerkanzlei St Matthew aus London.

00:18 - Begrüßung und Einleitung

Herzlich Willkommen bei Perspektive Ausland, der Podcast für alle Unternehmer, die es ins Ausland zieht. Mein Name ist Sauerborn, außerdem mit dabei Sebastian Sauerborn als Gastgeber und Inhaber der Steuerkanzlei St Matthew in London.

Das Thema der heutigen Folge ist die Bundestagswahl 2021. Wir sprechen über die Ergebnisse, die Wahlprogramme der verschiedenen Parteien und die Änderungen, die sich im Bereich auf Steuern dazu ergeben.

00:46 - Grundlagen

Magnus: So, Deutschland hat gewählt.

Sebastian: Absolut, Deutschland hat gewählt, war doch ein spannender Abend gestern, wobei ja die ersten Hochrechnungen sich doch dann relativ schnell auch als endgültiges Endergebnis bewahrheitet hatten. Man war sich nicht so sicher, was mit Der Linken passiert, aber die haben es ja dann nicht geschafft, zumindest nicht über die 5% Hürde zu kommen. Die haben aber, glaube ich, doch irgendwie 40 Mandate, die sie über dieses komplizierte deutsche Wahlsystem ja bekommen haben. Ich hatte gestern auch über BBC so eine Berichterstattung angeschaut und da musste dann erstmal der Korrespondent der BBC in Berlin der Moderatorin erklären, wie das doch alles funktioniert in Deutschland mit dem Wahlsystem, weil das hatte sie nicht verstanden. Ich glaub‘, es gab nie so viele Parteien im Bundestag wie dieses Mal, ja, …

Magnus: Ja, weil die SSW noch dazugekommen sind.

Sebastian: Ja, genau, da ist doch ein bunte Vielfalt hier an politischen Meinungen vertreten, die großen Parteien natürlich, praktisch boten gleich auf, wobei dann doch noch die SPD hier 2% fast die CDU überholt hat, aber ich glaub‘ die CDU war schon glücklich, dass sie da nicht unter 20% gekommen sind, nachdem was ja dort prognostiziert worden war.

Magnus: Ja, Herr Laschet hat ja im Großton der Überzeugung erstmal angekündigt, die Regierung bilden zu wollen, jetzt muss man mal schauen, es gibt natürlich, die Gegner sagen, mit 10% Minus ist der Weg in die Opposition geebnet, die Stammwählerschaft sagt natürlich, hoffentlich kommt das irgendwie zu einer Regierung unter der Führung der CDU.

Sebastian: Ich hatte gestern in den Welt-Nachrichtensender reingeschaut, und da war dann der Chefredakteur der Welt am Sonntag einer der Gäste und der war der Meinung, dass für die Grünen spezifisch eine Regierungsbeteiligung mit der CDU sich positiver auf das Profil auswirken könnte, weil sie dann die einzige Links-Partei sind, ja.

Magnus: Ja.

Sebastian: Und so können alle, sagen wir mal, Linken oder, sagen wir mal, arbeitnehmerfreundlichen Maßnahmen und alles weitere in dem Bereich dann ihnen zugeschrieben werden, weil die waren ja doch in der Koalition mit der SPD damals unter Gerd Schröder nicht besonders glücklich, ja, weil ja im Grunde die ganzen Lorbeeren die SPD mehr oder weniger eingeheimst hatte.

Magnus: Agenda 2010 lässt grüßen.

Sebastian: Genau, also jetzt bei den Grünen blieb dann nur das Negative dann hängen, ja.

Magnus: Ja.

Sebastian: Und insofern, das wäre natürlich bei einer CDU-Regierung nicht, naja, auf keinen Fall der Fall. Und ich glaub‘, die meisten Deutschen haben ja befürchtet, dass es zu Rot, und nicht die meisten, aber doch einige hatten befürchtet, dass es zu Rot-Rot-Grün kommt.

Magnus: Gut, das wäre ja sozusagen fast schon eine Eruption gewesen, die uns dann hier bevorgestanden hätte in Deutschland, unter Umständen, wenn die Linken mit dabei gewesen wären.

Sebastian: Ja, absolut, klar. Ich mein‘ grundsätzlich muss natürlich, grundsätzlich muss man natürlich sehen, dass hier die, ich glaube so die, wie soll ich sagen, die, ähm, dass so die, dass so eine Regierungsbeteiligung der AfD grundsätzlich ausgeschlossen wird, ist gut. Es müsste natürlich genau so auch bei der Linken eigentlich sein.

Magnus: Ja, absolut.

Sebastian: Also, immerhin, in der AfD sind keine Ex-Naz drin, in den Linken, da sind ja noch zig SED-Funktionäre drin. Also wenn jemand Diktatur hier tatsächlich praktiziert hat und noch am Leben ist, ja, dann sind’s die, ja.

03:51 - Volksabstimmung in Berlin

Magnus: Ich gehe nun genauer auf die Volksabstimmung in Berlin ein und diskutiere mit Sebastian die Hintergründe und mögliche Folgen dieses Beschlusses.

Magnus: Gut, es war ja in Berlin gleichzeitig gestern zur Bundestagswahl noch die Wahl für’s Abgeordnetenhaus und für, ähm, eine Volksabstimmung, die zum Inhalt hatte, ob die großen Wohnungsbaugesellschaften verstaatlicht werden sollen, also private Eigentümer enteignet werden sollen, und diese Volksabstimmung hat dann eine Mehrheit bekommen, irgendwo über 50% auf jeden Fall, d.h. das Volk hat entschieden, das Berliner Volk, dass die Verstaatlichungen von Wohnungsbaugesellschaften soweit politisch legitimiert sind. Das ist natürlich spannend, was die Regierungsparteien daraus machen. Am Anfang sah es so aus, dass die Grünen die Mehrheit haben, jetzt Franziska Giffey unter der SPD. Bleibt natürlich abzuwarten, ähm, inwiefern die Linke in der Regierung dort beteiligt wird und inwiefern sie dann dort auch das Programm durchsetzt, auf Berlin bezogen.

Sebastian: Ja, das würd‘ mich ja freuen, wenn ich diese Wohnungsbaugesellschaften wäre, weil dann kann ich garantiert ja hier einen hohen Preis durchsetzen (lacht). Die ganzen Investoren werden sich ja freuen, gut, wem es natürlich langfristig wert danach ist, ist mir schon klar, ja.

Magnus: Aber da stellt sich die Frage, ob die Vorausschau gewesen wäre für eine Rot-Rot-Grüne Regierung auf Bundesebene.

Sebastian: Ja, klar, also die Frage ist ja schon mal überhaupt, ich meine, Du kannst ja vieles Volk fragen, wenn Du das Volk fragst, ob Kinderschänder hingerichtet werden sollen, wird auch die Mehrheit entscheiden, ja, oder ob Minarette verboten werden sollen oder auch die Minarette in der Schweiz, die mal abstimmen haben lassen, ich mein, man kann ja viel entscheiden, ja. Die Frage ist ja, ob’s rechtmäßig ist, es macht schon anheim nicht rechtmäßig, nur weil eine Mehrheit sich dafür entscheidet, ja, also es scheint mir so, dass das doch der Rechtsweg vorprogrammiert ist.

Magnus: Ja.

Sebastian: Aber genau, man muss natürlich, ich denke, was sich auf jeden Fall zeigt, ist natürlich, es ist natürlich schon objektiv so, dass natürlich jetzt hier auch zur Zeit der Pandemie, oder vielleicht auch schon davor, aber die Zeit, die ganze Pandemie hat das Ganze jetzt nochmal hier letztlich auf den Punkt gebracht und auch nochmal verschärft, dass da eine große Ungleichheit natürlich, ähm, entsteht. Die Schere zwischen reich und arm geht immer weiter auf, äh, das heißt natürlich schon, viele frustriert, die mehr oder weniger von den, was weiß ich, die z.B. keine Aktien haben, äh, die jetzt nicht hier profitiert haben von steigenden Aktien der letzten Jahre, die keine Investition haben, die nicht, die jetzt nicht vom, von der Wertsteigerung von Immobilien profitiert haben und auf der anderen Seite gibt’s ja doch die Vermögenden, äh, deren Vermögen ja fraglos in Deutschland wie auch in anderen Länder, wie in den USA, stark angestiegen ist, ja, und da macht sich halt so ein gewisser Unmut schon breit auf Grund, das ist halt ein Nährboden für Populisten, das ist ja völlig klar, ein Populist muss sowohl für rechts als auch für links, ja, und das ist halt im Grunde genommen, ähm, muss man damit verantwortungsvoll umgehen, ja, ähm, als Politiker.

06:48 - Welche Koalition könnte zustande kommen?

Magnus: Um genauer auf verschiedene Szenarien eingehen zu können, stellt sich nun erst einmal die Frage, welche Koalition zustande kommen könnte.

Sebastian: Also, man muss jetzt ja mal sehen, was jetzt passiert, ja, also, sei es, wir haben jetzt im Grunde ja drei verschiedene Möglichkeiten, ja, äh, also oder drei wahrscheinliche, eine von drei Möglichkeiten: Große Koalition, dann gibt’s die Ampel, und dann gibt’s die Jamaica, ähm, die CDU wär natürlich Jamaica. Die SPD will die Ampel, die Große Koalition will glaub‘ ich niemand, und ich glaube auch, im Volk ist auch die Große Koalition nicht weiter gewollt, ja, es ist gewollt, dass jetzt hier ein Wechsel passiert, glaube ich, so dass die Große Koalition …

Magnus: Der Großen Koalition überdrüssig.

Sebastian: Ja, also ich würde sagen, falls sich die in den Dreier-Gremien nicht einigen werden, wird’s zur Großen Koalition kommen, ja, ähm, …

Magnus: Oder zu Neuwahlen.

Sebastian: Oder zu Neuwahlen, ja klar, natürlich, kann auch passieren, klar. Ähm, aber momentan würde ich sagen, da ja die SPD die stärkste Partei ist, würde ich ja dazu tendieren, dass es zu einer Ampel kommt, ähm, Jamaica unter der Führung der CDU halte ich für völlig abwegig, ähm, aber gut, ist außer, natürlich, es gibt so strategische Aspekte, wie die ich vorhin erwähnt hatte mit den Grünen, dass die sich hier profilieren wollen, klar, aber ich halte für das wahrscheinlichste Ergebnis dann der Koalitionsverhandlung eine Ampel aus SPD, Grünen und FDP, wobei ich mir nicht sicher bin, wie die FDP das mit ihrem Programm vereinnahmen kann.

08:18 - Klimapolitik

Magnus: Das Gespräch kommt dann auf die Klimapolitik und die verschiedenen Parteien zu sprechen.

Sebastian: Ich denke, wir haben definitiv große Deckungsgleichheit bei allen Parteien was das Thema Klimawandel anbelangt, ich glaube auch nicht, dass das nur noch eine Frage ist von Grün oder Nicht-Grün, ich glaub‘ jeder vernünftig denkende Mensch weiß, dass da Handlungsbedarf ist. Ich weiß auch ehrlich gesagt gar nicht, ob jetzt z.B. bei Elektrofahrzeugen wirklich jetzt, ob man jetzt hier wahnsinnig Grün sein muss, um zu sehen, dass das die Zukunft ist, ich meine, das ist ja klar, wer will länglich Dreckschleudern drumrum haben, die die Luft verpesten? Will ja keiner haben, das ist ja total normal.

Magnus: FDP und Grüne, spannend wird es eben, die FDP will ja mehr über Anreize von Innovation schaffen und ich glaub‘ bei den Grünen geht’s potentiell ja eher über Verbote oder feste Gesetze, die irgendwelche Dinge verbieten. Also klassischerweise der Verbrennungsmotor musste ja verboten werden, oder die FDP würde jetzt sagen, hab‘ ich genug Anreize, dass einfach die neuen Technologien sowieso kommen.

Sebastian: Nö, nö, also ich würde den auch verbieten, den Verbrennungsmotor, ja, völlig klar. Ich kann verbieten. Man sieht ja, wie stark die Auto-Lobby ist, ich glaub‘ nicht, dass das funktionieren wird, ja, aber ähm, man kann schon, also ja, ich denke, das wird man, das wird man schon verbieten, wie gesagt, das Umweltthema ist eigentlich das Thema, wo es am wenigsten Diskrepanzen wirklich gibt. Natürlich die FDP vertritt natürlich viele, äh, viele Unternehmer in gewisser Weise und da wird sie natürlich schauen müssen, ähm, wie das viele Unternehmen betrifft. Natürlich muss man sich um Zeiträume einigen. Passiert das 2030, 35 oder was auch immer, ist ganz klar, ja, aber, ähm, auch so Dinge wie jetzt hier Industrielle Landwirtschaft und so und Tierschutz, dass da bestimmte Vorkehrungen getroffen werden und dort Missbräuchen, dass dort Missbräuche Hemmschwellen, ist ja völlig klar.

Magnus: Ich glaub‘, die FDP hat ein geringes Problem, oder ein Problem, ähm, was sie jetzt im Prinzip versuchen zu lösen, nämlich dass sie, wenn sie mit der SPD koalieren, so ein bisschen ihre Stammwählerschaft vergraulen und die ganzen FDP-Wähler hätten natürlich lieber Jamaica, aber deswegen kommt’s mir schon sehr auffällig vor, wie Christian Lindner auch die ganze Zeit sagt, er hätte lieber Jamaica, so dass er dann im Fall einer Ampel auch sagen, kann, ja, wir haben alles versucht, aber wir müssen den Willen des Wählers natürlich auch berücksichtigen, wenn es dann doch zur Ampel kommen sollte.

Sebastian: Ja, er könnte ja auch immer sagen, nur wegen der FDP war es nicht so schlimm gekommen, wie es eigentlich hätte kommen sollen, ja, kommen können, ja, also insofern, ähm, da kann er sich schon rausreden.

10:49 - Pläne in Wahlprogrammen zur Vermögensteuer

Magnus: Daraufhin frage ich Sebastian nach den Plänen in den Wahlprogrammen der einzelnen Parteien zum Thema der Vermögensteuer, da einige befürchten, dass die Vermögensteuer, die vor Corona im Gespräch war, nun eingeführt werden könnte.

Sebastian: Also die Grünen sagen Vermögensteuer ab 2 Millionen Vermögen, wobei Betriebsvermögen, ähm, begünstigt werden sollen, die SPD sagt Vermögensteuer ja, aber nur auf sehr hohe Vermögen, legt sich aber nicht auf eine bestimmte Grenze fest, natürlich die FDP hat keine Vermögensteuer, ähm, da kommen wir nachher nochmal drauf, was die FDP plant, ja. Mit der Vermögensteuer, das muss man sich, ähm, natürlich gut überlegen, das ist klar, die Vermögensteuer ist ja im Prinzip sowieso schon, die ist ja momentan einfach nur außer Kraft gesetzt, gibt’s sowieso schon. Ob die wirklich was bringt oder nicht, wird man sehen müssen. Andere Länder haben sie ja auch, ist nicht unbedingt sehr effizient, es gab ja einen bestimmten Grund, warum die außer Kraft gesetzt wurde, ähm, das hat natürlich mit dem Spitzensteuersatz zu tun, ähm,

Magnus: Aber die 2 Millionen hören sich nicht nach so viel an jetzt auf den ersten Blick, oder? Weil, wenn ich jetzt von Betriebsvermögen ausgehe in irgendeiner Form, oder wenn ich ein Gebäude habe, was schnell einen gewissen Wert hat, kann ich ja schnell über diese Grenze von 2 Millionen Euro kommen.

Sebastian: Ja, absolut, sehr schön, also ich meine, wir wissen ja anderer Stelle, wenn wir über die Wegzugsteuer sprechen, zum Beispiel, das Finanzamt eine Gesellschaft bewertet für die Wegzugsteuer mit dem 16fachen des Jahresgewinnes, also wer hier eine GmbH hat, die über 125.000 € Gewinn macht, da dann die 2 Millionen, ähm, d.h. wenn ich davon dann jedes Jahr 1% bezahlen muss, zahle ich jedes Jahr mal eben 20.000 € extra, ja, was natürlich wahnsinnig ist, ja. Gut, es steht hier, Betriebsvermögen soll ausgenommen werden, muss man jetzt natürlich wissen, was damit gemeint ist, also, ich meine, was ist Betriebsvermögen, was ist eine GmbH, die kein Vermögen hat, aber einfach einen Gewinn macht, ja, hat die Betriebsvermögen oder nicht, ja? Äh, das müsste man natürlich sich dann, sich dann natürlich mal anschauen, sind natürlich ganz erhebliche Werte, ähm, natürlich kann da auch die Lösung drin liegen, z.B. dass man sagt, man gibt bestimmtes Vermögen, wie z.B. jetzt Immobilien in Gesellschaften rein, da muss man natürlich dann sehen, wie das genau interpretiert wird, ähm, aber wir haben definitiv Mandanten, die das gemacht haben, ja, die das schon lange vor der Wahl jetzt gemacht haben, wie z.B. Immobilienvermögen in Kapitalgesellschaften hineinverschoben haben aus dem Grund.

Magnus: Und das heißt, Du würdest das auf jeden Fall für wahrscheinlich halten, dass irgendeine Form von Vermögensabgabe möglich ist und die FDP da, sozusagen ihr Wahlversprechen, dass keine Steuererhöhung kommen wird, nicht wahr machen kann?

Sebastian: Äh, ich kann das nicht sehen, dass die FDP hier Steuererhöhung vermeiden kann. Wir kommen ja gleich noch den anderen Steuern, die geplant sind, ja. Äh, also ich denke, ähm, das mit der Vermögensteuer wird auf jeden Fall, wird auf jeden Fall kommen. Das ist ja auch so ein ganz, wir haben vorhin von Populismus gesprochen, ja, und das ist ja alles, was das ist, ja, wenn man sich hier anschaut, wie die Vermögensteuer generiert wird und wieviel das ist, dann gäbe es sicherlich einfachere Wege, die, das Geld zu finden, ja, weil da geht es ja einfach um Populismus, um hier der breiten Masse das Gefühl zu geben, dass die Reichen auch, dass die Reichen auch ihren Beitrag bezahlen.

Magnus: Gut, es ist ja glaub‘ ich dann noch eine Frage, wie man das Kind nennt, aber Du würdest schon konkret davon ausgehen, es wird eine Vermögensteuer, die auch so, …

Sebastian: Ja, ja, ich glaub‘, das kommt, es wurde schon so lange davor jetzt hier angekündigt, ich glaub‘, das kommt auf jeden Fall.

14:22 - Pläne der Parteien zur Einkommensteuer

Magnus: Auch zur Einkommensteuer äußern sich die Parteien in ihren Wahlprogrammen. Und auch diese Pläne werden von uns diskutiert.

Sebastian: Ähm, so andere Steuern, die jetzt hier angesprochen werden, sind so Einkommensteuer, also die SPD sagt, die Steuern sollen für die Mehrheit sinken, ähm, die oberen 5% sollen stärker belastet werden, absolute Spitzenverdiener sollen 3% mehr bezahlen als bisher, also das sind, ähm, 250.000 € für Alleinstehende, für Singles, 500.000 € für Paare, die sollen weiterhin die oberen 10% des Interwell, den Soli bezahlen. Steuerliche Abzugsfähigkeit von Menschen mit Gehältern soll begrenzt werden, das gleiche schlagen auch, stellen auch die Grünen vor, die sagen auch, dass hohe Managergehälter nicht mehr als Betriebsausgaben angerechnet werden können. Die Grünen wollen den Spitzensteuersatz moderat anheben ab einem Einkommen von 100.000 €, ähm, für Alleinstehende auf 45%. Und ab einem Einkommen ab 250.000 € auf 48%. Momentan ist ja der Spitzensteuersatz, fällt an bei, ab 58.000 €. Ähm, ich muss immer schmunzeln bei den Grünen, weil die Grünen sagen ja immer, oder ab und zu mal, wir wollen jetzt auch besteuern nach Nationalität, so wie die Amerikaner. Bei den Amerikanern gilt der Spitzensteuersatz von 37% ab einem Einkommen von 500.000.

Magnus: Das ist dann doch ein beträchtlicher Unterschied.

Sebastian: Ja, genau, und hier ab, heutzutage ab 58.000 der Spitzensteuersatz, ja, also, ich meine, was hat Du im Monat dann netto? Also nicht besonders viel, jedenfalls.

Magnus: Gut, das wäre auch meine Frage, also, bei Spitzensteuersätzen ist ja immer die Frage: wie viele Menschen betrifft das alles? Ähm, und ich sag‘ mal Stammwählerschaft von der SPD und Grünen, kann man vielleicht sagen, wäre ein Großteil erstmal nicht betroffen, aber bei solchen Zahlen muss man ja schon sagen, dass ich dann früher darunter falle, als es auf den ersten Blick den Anschein macht, also, dass dann doch mehr eine höhere Steuerlast haben als man zuerst denkt.

Sebastian: Ja, wobei wir, ich denke wir sprechen bei, ähm, bei 100.000 € und mehr, sprechen wir von relativ wenig, von relativ wenigen Leuten, ja, also wir sprechen von einem kleinen Millionen Betrag vielleicht von Steuerzahlern. Ja, so die Steuerpyramide in Deutschland, wenn man sich das anschaut, die ist oben extrem dünn, das ist schon fast eine Nadel.

Magnus: Wobei man ja schon sagen muss, beim oberen Binnenbereich wird die FDP ja zentral wichtige Wähler haben, d.h. die werden ja irgendwo ja das Zünglein an der Waage auch sein, bzw. die Frage wird sein, wie weit können die sich aus dem Fenster lehnen oder nicht?

Sebastian: Absolut, ja, wobei, wie gesagt, ich, ähm, ich sehe, die FDP wird halt bei einigen der Dinge wohl, ähm, dann das Zünglein an der Waage sein, aber die wird auf keinen Fall hier Steuererhöhungen, meiner Meinung nach komplett, verhindern können.

Magnus: Ja. Einfach, weil sie mit, wieviel Prozent waren es jetzt? 11,5% glaube ich, in diesem Dreierbündnis die mit den wenigsten Prozentzahlen sind.

Sebastian: Naja, ich denke, weil ansonsten, ähm, weil ansonsten werden die ganzen Gespräche, ansonsten werden die ganzen Gespräche scheitern. Dann wird man halt sagen, okay, dann wird da die SPD die Große Koalition anstreben oder so was.

Magnus: Mhm. Wobei das die Frage ist, ob sie da, ja, nur unter einer Kanzlerschaft von Olaf Scholz.

Sebastian: Ja klar, klar, natürlich. Ja gut, ich glaube, dass, dadurch, dass die SPD die stärkste Partei ist, ähm, wird daran sich nichts ändern, der wird auf jeden Fall, der wird auf jeden Fall Kanzler werden, das würd‘ mich jetzt wundern, wenn es dort nicht zu einer Lösung kommen würde.

Magnus: Okay.

Sebastian: Also, das heißt, gut, nun sind ja Unternehmer von der Einkommensteuer letztlich nicht unbedingt so stark betroffen, ähm, weil ja man oft auch diesen Punkt letztlich steuern kann über das Gehalt, über das Gehalt, das man zahlt, dann hat man Unternehmensgewinne, Gewerbeeinkünfte, usw., ähm, die ja dann möglicherweise, sicherlich gibt es da auch zum Teil bei Personengesellschaften oder Einzelunternehmen eine Einkommensteuer zu bezahlen, aber man hat, z.B. wenn man eine GmbH hat und sich selbst anstellt, natürlich einen gewissen Spielraum um zu sehen, wie viel man sich genau jetzt bezahlt oder nicht. Ähm, also, da wird man dann gewisse Stellschrauben finden können.

Magnus: Aber auch andere Steuern und Regelungen werden in den Wahlprogrammen adressiert. Diese fasst Sebastian kurz zusammen.

Sebastian: Es sind jetzt ja noch andere Dinge hier, die jetzt hier beschlossen worden waren, ähm, oder die im Wahlprogramm zumindest drinstehen. So will z.B. die SPD jetzt nochmal weiter an der Erbschaftsteuer irgendwas drehen, weil, es wurde festgestellt, dass vermögende Unternehmenserben bevorzugt würden. Jetzt wird also, soll eine Mindestbesteuerung in solchen Fällen, inklusive auch für Stiftungen dann hier entsprechend eingeführt werden, laut dem Parteiprogramm der SPD. Die Grünen, wie gesagt, sagen jetzt natürlich auch, Vermögensteuer haben wir schon besprochen. Frage ist ja auch bei den Parteien das Ehegatten-Splitting, also sowohl SPD als auch die Grünen wollen das für neu verheiratete Paare dann beenden. Und den Solidaritätszuschlag haben wir schon besprochen, wollen auch die Grünen weiter behalten. Abgeltungsteuer haben wir jetzt noch gar nicht besprochen, aber Abgeltungsteuer ist natürlich auch ein Thema, was laufend diskutiert wird. Dann eben wollen die Grünen auch die 10-Jahres Spekulationsfrist für Immobilien abschaffen, ebenso auch die Veräußerungsgewinne, oder die Steuern für Veräußerungsgewinne mit Edelmetallen, mit Rohstoffen, mit Krypto-Werten beenden.

Magnus: Das heißt, was bisher steuerfrei war, nach der Frist, wird dann voll steuerpflichtig zum Einkommensteuersatz oder Kapitalertragsteuer, je nach dem.

Sebastian: Genau, ja. Gut, das wird, denk‘ ich mal, letztlich wird nicht alles so kommen. Natürlich gibt’s dann auch noch die Finanztransaktionssteuer, die beschlossen werden soll, dass Online-Unternehmen, also wir reden jetzt von den Online-Giganten, gerechter besteuert werden sollen, Digitalsteuer usw. Ich meine, das sind ja schon lange Forderungen der SPD und der Grünen auch.

Magnus: Was siehst Du da für eine Reaktion, also ich meine, wenn wir jetzt mal das Szenario weiterspielen von der Ampel-Koalition jetzt wird Olaf Scholz versuchen, möglichst schnell Koalitionsverhandlungen anzustreben, diese dann in eine erfolgreiche Regierung umzubilden, ähm, so dass die neue Regierung im Dezember, spätestens im Januar in Kraft tritt. Was denkst Du, mit welchem Tempo man sich darauf einstellen muss, dass dort Änderungen auf einen zukommen?

Sebastian: Wir haben jetzt schon auf jeden Fall ja Änderungen gerade jetzt hier auch unsere Zuhörerschaft betreffend ab Anfang nächsten Jahres, und da geht es ja um die Wegzugsteuer. Die wird auf jeden Fall verschärft, nächsten Jahres, hat mit der Wahl nichts zu tun, da geht es letztlich, Teil der Anti-Tax-Avoidance-Direktive der EU, die zunächst eigentlich nur Betriebsvermögen anbelangt, also eine sogenannte Entstrickung eigentlich, aber da haben die Deutschen dann, übereifrig wie sie sind, auch noch gleich die Wegzugsteuer dann verschärft.

21:38 - Verschärfung der Wegzugsteuer ab 01.01.2022 – was gibt es zu beachten?

Magnus: Diese Neuerungen gelten auf jeden Fall ab nächstem Jahr. Dabei gibt es einiges zu beachten.

Sebastian: Da sind einige eklatante Änderungen drin enthalten, so dass z.B. eine EU-Wegzugsteuer, dass man die Wegzugsteuer nicht stunden kann und sie ist auch schon gültig, wenn man sieben Jahre in Deutschland, wenn man in den letzten zehn Jahren unbefristet in Deutschland steuerpflichtig war, nicht wieder davor vor, nicht nach zehn Jahres erst.

Magnus: Das heißt, wenn ich dann ab 01. Januar sozusagen auch in ein anderes EU-Land umziehe, kann es sein, dass ich der Wegzugsteuer unterliege und dort Steuern bezahlen muss.

Sebastian: Genau, also Wegzugsteuer ist ja zu bezahlen auf Anteile von inländischen und ausländischen Kapitalgesellschaften über 1%. Dort wird ein sogenannter fiktiver Veräußerungserlös dann bewertet oder gefunden, definiert dann vom Finanzamt, …

Magnus: Weil die Firma ja eigentlich weiter besteht, einfach im …

Sebastian: Genau, man verkauft sie ja nicht, aber es wird ein fiktiver Veräußerungserlös vom Finanzamt bestimmt. Wir hatten ja vorhin schon besprochen, sagen wir mal ganz grob Gewinn mal 13, zwischen 13 und 16. Ja, d.h. eine Firma mit 100.000 € Gewinn ist 1,3 Millionen wert oder 1,6 Millionen. Ähm, und mal angenommen, man hat jetzt diese Gesellschaft gegründet mit 25.000 € Stammkapital, dann ist es nach Teileinkünfte-Verfahren zu besteuern, d.h. 60% des Erlöses mit Einkommensteuer. Da bin ich also schnell bei einer kleinen Firma mit 100.000 € Gewinn bei 400.000 € oder so.

Magnus: Okay. Eklatante Einschnitte, die hier bevorstehen.

Sebastian: So, die gibt’s jetzt natürlich auch schon, also wenn man innerhalb der EU, also, man muss dazu sagen, dass der Europäische Gerichtshof diese Wegzugsteuer dann als nicht mit dem EU-Recht vereinbar definiert hat, deswegen konnte diese Steuer dann gestundet werden, wenn man innerhalb der EU umzieht. Mir ist jetzt ehrlich gesagt nicht klar, warum die Bundesregierung jetzt entschieden hat, gegen den Entscheid des Europäischen Gerichtshofes vor einigen Jahren jetzt wieder die gleiche Steuer auf die gleiche Weise einzuführen. Ich denke, die probieren es einfach nochmal.

Magnus: Aber kann man auch den Rechtsweg dann schon wieder relativ sicher angehen.

Sebastian: Nur, also nur, natürlich, das Finanzamt wird Dir sagen, okay, na ja, mach mal Deinen Rechtsweg, aber zahl‘ trotzdem erstmal. Was man da natürlich tun kann, ist, man kann es in sieben Raten bezahlen, diese Wegzugsteuer, das kann man natürlich machen, also mal angenommen, man schuldet 400.000 €, dann zahlt man das in sieben Raten ab. So aber das eigentlich Wichtige ist ja, diese Wegzugsteuer kommt auf jeden Fall, und das heißt, dass wenn jetzt im Grunde genommen bis Ende des Jahres eine Regierung steht oder noch keine Regierung steht, wenn man umziehen will und man hat natürlich Kapitalgesellschaften, ist an Kapitalgesellschaften beteiligt, dann ist auf jeden Fall der Zeitpunkt jetzt. Ja, noch im Laufe dieses Jahres, ähm, weil danach wird alles andere schwierig. Also das heißt selbst, es ist halt leider so, dass man nicht immer genau weiß, wie jetzt hier sich die Politiker entscheiden und wie es genau dann auch passieren wird, aber notfalls muss man eben dort eine Entscheidung treffen, eben auf Annahmen dieser Entscheidung treffen, ja. Mir ist natürlich klar, dass keiner, der jetzt glücklich ist, der Familie hat, der sich arrangiert hat mit der Situation, ähm, dass der jetzt dort aus Deutschland weggehen wird, ist ja völlig klar, das wird ja nicht passieren, also ich kann mir nicht vorstellen, dass es jetzt wegen der Wahl zu einem Exodus kommt, das halte ich für völlig, das halte ich für völlig unrealistisch.

25:00 - Für wen ist es gerade jetzt attraktiv, in ein neues Land zu gehen?

Magnus: Das heißt, über wen sprechen wir, der jetzt darüber nachdenken könnte, oder für den es vielleicht gerade jetzt attraktiv sein könnte, nochmal in ein anderes Land zu gehen?

Sebastian: Also, wir sprechen jetzt konkret, denke ich, von Personen, die vor allem jetzt während der Corona-Krise im Grunde verstanden haben, dass es völlig egal ist, von wo aus sie arbeiten, wo sie leben, äh, es wird heutzutage nicht mehr erwartet von Kunden oder Geschäftspartner, dass man vor Ort ist in Deutschland, man kann von überall aus arbeiten, ja. Das heißt, diese Hyper-Mobilität sozusagen, die ist jetzt mehr oder weniger salonfähig geworden, ja. Früher war das ja immer so, dass man relativ schnell gefragt hat, wenn jemand so arbeitet, der kann sich nicht mal ein Büro leisten. Ähm, das hat sich jetzt heute komplett verändert, d.h. es ist jetzt mehr oder weniger angebracht und rational, wenn man virtuell arbeitet, hier mit Zoom. Und diese Personen, die das verstanden haben, die sagen sich natürlich, na ja, wenn ich das sowieso machen kann, ähm, was hält mich dann noch. Das ist jetzt kein Problem, was spezifisch mit Deutschland oder so was zu tun hat. Also ich kann Dir sagen, ich hatte jetzt letzte Woche mit jemandem gesprochen, ein Mandant von mir, ein Deutscher, der lebt in Großbritannien allerdings, der hatte sein eigenes Start-Up gegründet, das ist dann während Corona, musste er das schließen und hat dann bei einem anderen Start-Up angefangen als ein wichtige Angestellter, auf Freelance-Basis, ich glaub‘ im Softwarebereich. Dieses Start-Up wiederum hat eine virtuelle Event-Software entwickelt, ja, die war natürlich dann total im Trend, wegen Corona, während Corona. Das Unternehmen ist jetzt 8 Milliarden wert, und er hat da ein paar Aktien. Ähm, wohnt aber wie gesagt in Großbritannien, das Unternehmen ist aber nicht Britisch. Ähm, aber das hat persönliche Hintergründe, dass er in Großbritannien wohnt. So, ähm, der sagt sich jetzt natürlich, was soll ich jetzt hierbleiben? Der zieht jetzt irgendwo hin, Cayman Islands oder so was, oder irgendwo in die Karibik, ja, zieht da hin, keine Steuern und ist dann sowieso in der gleichen Zeitzone, passt eben noch gut, und wenn das ganze Ding dann an die Börse geht und er die Anteile verkaufen kann, dann ist es komplett steuerfrei.

Magnus: Das heißt, wir reden jetzt nicht über irgendjemand, der, was weiß ich, ein Möbelhaus hat und dort klassischer Unternehmer in Deutschland ist mit einer Basis dort, sondern wir reden über digitale Nomaden, die wirklich von egal wo arbeiten, vielleicht eben Dienstleister sind und ihre Tätigkeit von jedem Ort der Welt durchführen können.

Sebastian: Ja, nicht nur digitale Nomaden, aber das ist sicherlich, das ist sicherlich ein großer Teil davon. Also, wie gesagt, ich kann mir nicht vorstellen, dass es besonders viele Leute gibt, die jetzt von heute auf morgen einfach die Koffer packen und gehen – das geht ja schon gar nicht mit Familie usw., wird keiner machen. Es ist natürlich auch so, dass viele Unternehmer, ähm, die jetzt, ja, gut verdient haben in Deutschland schlicht und ergreifend die Steuern, sag‘ ich jetzt mal, einfach als Teil der Betriebsausgaben mit einkalkulieren, ja. Wer jetzt erfolgreich ist und sagt, okay, dann muss ich halt 10% mehr verdienen oder muss die Preise, die Preise steigen dann, oder was auch immer, ja, ich meine, ich glaube nicht, dass es hier jetzt zur Steuerflucht kommt, also das wird es nicht geben, ähm, und wie gesagt, ich glaube nicht, dass es auf Deutschland beschränkt ist das Problem, aber es gibt natürlich eine Gruppe von Personen, die gerade jetzt auch vielleicht jüngere Leute, die jetzt neue Start-Ups machen usw., die sich natürlich überlegen, warum soll ich das noch hier weiter machen, ähm, und da geht’s nicht mal nur um Steuern, da geht’s um ganz andere Themen ja auch, Lebensstil, gutes Wetter, mal was anderes machen, usw., ähm, also, …

Magnus: Wer liegt nicht gerne am Meer unter Palmen?

Sebastian: Na ja, genau, bei den wenigsten Menschen ist Steuer eigentlich die einzige Motivation im Leben, ja, weil, ähm, das würde einen auf Dauer ja auch unglücklich machen. Ähm, weil niemand möchte, wenn er sich irgendwo wohlfühlt, sagen, okay, ich muss jetzt nach fünf Monaten und 25 Tagen wieder die Koffer packen und gehen, weil sonst werde ich hier steuerpflichtig, ja. Aber es ist eben so, dass wir jetzt, glaube ich, gerade momentan so ein Gesamtgemisch haben, ja, durch Corona, durch dieses Remote-Arbeiten, und jetzt kommt die Sache mit den Wahlen dazu, ähm, wo man eben doch relativ sowieso schon, ähm, ich will nicht sagen auf der Flucht ist, aber zumindest gedanklich schon vielleicht sowieso schon weg ist, ja, und auch sozusagen ein bisschen die Verbindung verloren hat so zum Arbeitsplatz, zu den Kollegen usw., also wenn man sowieso isoliert auch gearbeitet hat.

29:34 - Reisende soll man nicht aufhalten

Magnus: Um das Thema Wegzugsteuer etwas zusammenzufassen, habe ich folgendes zu sagen.

Magnus: Das heißt, wir können festhalten, wir haben eine Reihe von Argumenten, es gibt verschiedene Gründe, warum ich vielleicht nicht mehr in Deutschland leben möchte und jetzt kommt mit der Wegzugsteuer z.B. ein Grund, oder aber auch mit einer möglichen Ampel-Koalition und den Folgen, die sich daraus für mich ergeben. Ein weiterer Grund neben vielen anderen hinzu, warum ich vielleicht jetzt im Ausland leben möchte.

Sebastian: Oder nicht mal ein Grund, ich glaub‘ einfach, ein Auslöser.

Magnus: Okay.

Sebastian: Also, deswegen ist halt, warum ich es jetzt mache und nicht in einem Jahr. Vielleicht würde ich auch sonst sagen, okay, ich schieb‘ das einfach nochmal hinaus, ja, ähm, aber ich glaube schon, dass jetzt definitiv ein Trend erkennbar ist, gerade hier, verstärkter Trend, ähm, und das wird ja auch von den Parteien aufgegriffen. Ich mein‘, die Grünen sagen nicht zu Unrecht, dass man hier besteuern will nach Nationalität, ja, weil das ist ja dann das Einzige, was dann am Ende noch bleibt. Also im Grunde ist das die ultimative, die nukleare Option dann, ja, the Nuclear Option.

Magnus: Gut, ich glaub‘ aber auch politisch ist ja da, also auch bei den Parteien, geht ja, es geht ja das Sprichwort „Reisende soll man nicht aufhalten“, also ich glaub‘, das kann man im Grunde dort auch sagen, und wenn das jetzt der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt, ist, ähm, dann ist es vielleicht so, aber nach dem wäre es wahrscheinlich auch weniger sinnvoll, ob jetzt Jamaica oder Ampel, nicht gut, seine Politik danach auszurichten.

Sebastian: Ja, ich glaube auch gar nicht, dass das mit dem EU-Recht vereinbar wäre, ja, denn wir haben ja doch schon die, also ich meine, es ist ja auch definitiv gemäß EU-Recht so gewollt, dass tatsächlich jeder innerhalb der EU barrierefrei umziehen kann und auch tatsächlich sagen kann, was auch immer er für Gründe hat, ja, ob’s das schöne Wetter ist und niedrige Steuern sind, ob das für seine Branche ein besonders geeigneter Standort ist, also das ist genau gemeint mit Freiheit. Freiheit heißt ja keine Freiheit, und dann gibt’s ja dafür Rechte.

Magnus: Ja, also eben, wir reden über Niederlassungsfreiheit hier.

Sebastian: Wir reden über Niederlassungsfreiheit, ähm, und das geht ja umgekehrt auch für Deutschland, ja, also ich meine, ähm, und da ist jeder Staat natürlich auch gefragt, hier ein gewisses Umfeld zu schaffen, ähm, was positiv ist, ja, also deswegen, ich denke, wie gesagt, dass diese Wahl jetzt hier kein, ähm, keine Steuerflucht auslösen wird, weil wie gesagt, die wenigsten wollen auf der Flucht sein, also niemand will eigentlich von irgendwas wegrennen, aber natürlich, wenn ich mich entschieden habe, sowieso wegzuziehen, dann kann ich ja auch sagen, okay, also, ich mein‘ ich hätte es vielleicht erst nächstes Jahr gemacht, warum mach ich es nicht jetzt. Ich glaub, das ist einfach hier, ähm, dass das einfach hier ein Trend ist und wie gesagt, dass dadurch wie Corona ja auch viele existierende Trends ja auch beschleunigt hat, ja, geht das im Grunde genau diese Wahl in die gleiche Richtung, da werden einfach bestehende Trends beschleunigt und man zieht halt eher um, als man gedacht hat.

32:30 - Die einzige Möglichkeit, steuerlich etwas zu bewegen

Magnus: Hier zeigt Sebastian noch einen weiteren wichtigen Aspekt auf.

Sebastian: Man muss halt auf der anderen Seite sagen, dass im Grunde genommen der Umzug, und das ist ja in gewisser Weise ja ein Mantra, was wir immer und immer wiederholen auch, und so ein bisschen auch wie eine kaputte Schallplatte klingen, der Umzug ist halt nun mal die einzige Lösung, die einzige Möglichkeit, wirklich steuerlich etwas zu bewegen. Die wenigsten sind in der Lage, jetzt hier zu sagen, sie gründen jetzt irgend so eine Gesellschaft, stellen da zehn Leute an, stellen da einen Geschäftsführer an, der 100.000 € im Jahr verdient, z.B. im Malta oder so, was ja letzt die Voraussetzungen sind für so eine Auslandsstruktur, überhaupt im Rahmen der Niederlassungsfreiheit ja akzeptiert werden würde vom Finanzamt. So, die wenigsten haben die Möglichkeit, dieses zu tun und, ich meine, solche Schein-Konstrukte, von wegen wie Treuhänder oder ich setz‘ da irgendwas Virtuelles auf, das ist ja absolut der Stunt, nicht, und auf keinen Fall zu empfehlen, weil es sehr empfindlich geahndet wird. Also ist rechtswidrig, schlicht und ergreifend rechtswidrig, und das kann man niemandem empfehlen, das zu machen. Natürlich als großes Unternehmen, wir wissen ja z.B. Lufthansa hat in Malta eine Gesellschaft, die dort Flugzeuge repariert und wartet, ja. Ich glaub‘, die haben dort, soweit ich es weiß, 200 Mitarbeiter oder sogar mehr. Das ist natürlich was anderes, ja, wenn ich das kann, dann ist natürlich der Umzug nicht notwendig, ja, aber in allen anderen Fällen ist der Umzug die einzige Möglichkeit eigentlich, an der Steuerbelastung signifikant was dran zu verbessern.

Magnus: Logisch.

Sebastian: Also, wirklich jetzt 80% oder so zu sparen, ohne das geht’s einfach nicht, ja.

34:15 - Perspektive Ausland – Ziele und Lebensbeispiele

Magnus: Jetzt heißt ja der Podcast nicht ohne Grund Perspektive Ausland, vielleicht können wir jetzt so im Anschluss ein bisschen Perspektive auch bieten und vielleicht über einzelne Länder auch sprechen. In den Show-Notes seht Ihr dazu auch die einzelnen Verlinkungen zu den Folgen, die wir schon gemacht haben. Sebastian, kannst Du vielleicht mal sagen, wenn ich mich jetzt auf den Weg gemacht hab‘, entschieden hab‘, okay, ich möchte Deutschland verlassen, ob jetzt wegen der Bundestagswahl oder aus welchen Gründen auch immer, welche Perspektive siehst Du denn im Ausland, welche Länder wären denn attraktiv für mich als Unternehmer?

Sebastian: Also, wir hatten ja vorhin schon gesagt, dass niemand allein aus steuerlichen Gründen umzieht und auch nicht umziehen soll, denn es wird auf Dauer niemanden glücklich machen. Es hat ja keinen Sinn zu sagen, ich zahl‘ weniger Steuern aber bin todunglücklich, das bringt ja niemandem was. Das heißt, man muss sich zunächst mal selbst genau prüfen, was denn die eigentlichen Präferenzen eigentlich sind, welche Lebensvorstellung man hat, ähm, und das fängt natürlich bei Dingen an wie Wetter, Kultur, usw., denn wie gesagt, wenn man ins Ausland umzieht, dann muss man tatsächlich umziehen, man entkommt einer Steuerpflicht nicht, wenn man nur so tut als ob. Da gibt’s ja viele Prominente, die es versucht haben und dann große Probleme hinterher bekommen haben.

Magnus: Was ja auch richtig ist.

Sebastian: Also, genau, das heißt, die erste Frage ist mal, was, wo gefällt’s mir überhaupt? Man muss natürlich sehen, dass es ganz nett ist in manchen Ländern mal Urlaub zu machen, ja, ob es dann wirklich gut ist, da zu leben, das steht auf einem ganz anderen Blatt geschrieben.

Magnus: Dann teilt Sebastian noch konkrete Beispiele mit uns, auf deren Vor- und Nachteile wir näher eingehen.

Sebastian: Aber, ähm, wir haben natürlich, ganz klar, ein heißer Kandidat ist natürlich immer Malta, in der Europäischen Union, auch innerhalb von Schengen, d.h. man kann da ohne Weiteres ein- und ausreisen, es ist gut zu erreichen von überall. Ich glaub‘, da gibt’s alleine 10 oder 15 Flüge von Deutschland jeden Tag, mindestens, aber man muss natürlich sehen, und Du weißt das selbst, Du hast auch relativ viel Zeit auf Malta verbracht, ist natürlich jetzt nicht so schön wie Mallorca, zum anderen, und natürlich sehr eigen, das erinnert einen eher an den Mittleren Osten, ja, ähm, als jetzt …

Magnus: Für mich war das immer so eine Mischung aus Italien und irgendwo ein arabisches Land dort, sowohl von der Mentalität auch, als auch von der Sprache, genau, und das kann man jetzt lieben, jetzt haben wir ja noch einen Bruder, der auch dort sehr gerne lebt und auch die Sonne so sehr liebt, aber eben, es ist eine Geschmacksfrage. Mir wurd’s dann irgendwann schnell zu eng auch.

Sebastian: Ja, ja, es ist beengt, es gibt auch, also ich meine, ähm, Du kannst da zwar jede Menge Geld verdienen, steuerfrei, aber wie willst Du es ausgeben? Ja, da gibt es ja nichts zum ausgeben weiter. Die Shopping-Möglichkeiten sind begrenzt, die Restaurants sind bescheiden, ein teures Auto fahren bringt ja auch nichts, weil das wird kaputt gefahren, die Straßen sind viel zu eng, ja, klar, kannst Dir ein Haus kaufen, weil das jeder macht, deswegen sind die Immobilienpreise total versoffen, und abartig hoch. Also, das muss man natürlich wissen, ob man das will. Nichts desto trotz, wir haben vielen Mandanten geholfen, dorthin umzuziehen, also insofern, das ist natürlich absolut auch lebenswert und ein schöner Fleck. Aber eben eigen und man muss wissen, ob man sich es vorstellen kann. Jetzt haben wir vorhin gesprochen von Mallorca. Also, wie gesagt, Spanien hat natürlich die Möglichkeit, dort fünf Jahre lang zu leben, ohne dass man ausländische Einkünfte versteuern muss unter dem sogenannten Beckham-Law. Jeder kann sich glaub‘ ich vorstellen in Mallorca zu leben, ist ganz klar. Es ist gewiss in gewisser Weise kompliziert, man muss da irgendwie Firmenstruktur haben in Spanien und eben im Ausland. Einfach sind diese Sachen alle nicht, aber natürlich, wenn man den Süden mag, dann ist es absolut zugänglich.

Magnus: Du hast ja auch eine tolle Folge gemacht mit einer Anwältin aus Spanien, Svenja Werner, sehr zu empfehlen, unten in den Show-Notes.

Sebastian: Genau, es gibt natürlich dann auch die üblichen Kandidaten in Übersee, kennt ja jeder, Dubai oder jetzt auch die Bahamas z.B. Interessant ist z.B. sicherlich auch Französisch-Polynesien, Tahiti, weil das gehört zu der EU dazu, da kann jeder hinziehen, ja, da braucht mein kein Visum, auch keine Steuern, aber wie gesagt, ist natürlich auch wahnsinnig weit ab vom Schuss, muss man sich überlegen, ähm, ob man so was machen will. Und dann gibt’s natürlich in Europa noch die Britischen Inseln, sowohl Irland als auch Großbritannien selbst. Großbritannien ist halt jetzt leider so, dass, wie gesagt die Visa-Frage hier relativ kompliziert geworden ist. D.h. es gibt für EU-Bürger hier keine einfache Möglichkeit mehr, ein Visum zu bekommen. Wir haben neulich einem Deutschen geholfen dabei, hier einen Anwalt zu finden, der das macht. Da waren dann alleine die Anwaltsgebühren, um das Visum zu besorgen, ähm, 7.000 £. Dazu muss man dann an die NHS bezahlen, das Gesundheitswesen, pro Familienmitglied 3.000 £, ja, das waren also nochmal 12.000 £, ähm, und dann nochmal Visagebühren an den Staat, also nochmal 1.000 £. Also alleine um dahin zuziehen mit einer Familie mit vier Personen, locker mal 20.000-25.000 £(Pfund!).

Magnus: Das heißt, der Brexit zeigt hier ganz klar seine Wirkung.

Sebastian: Genau, also d.h. das ist so ohne Weiteres nicht einfach möglich, ist natürlich machbar, aber Irland ist natürlich, Irland ist mit Dublin natürlich absolut eine Möglichkeit. Auch dort die gleiche Sache wieder, ich meine, in Irland regnet es jetzt nun wirklich jeden Tag, ja, also in England ist das Wetter immer besser als ihr Ruf, aber in Irland definitiv nicht, ja, also, d.h. man muss es mögen. Nichtsdestotrotz, also wir haben einen Mandanten, der hat ein Start-Up gegründet dort und ist im letzten Monat dorthin umgezogen. Ist halt eine große Stadt, Dublin, ja, also, hat einen Charme, ist halt international, gibt’s viele Amerikaner, gibt’s viele andere Europäer, ist ein guter Vibe, ja. Nicht so beengt, sag‘ ich mal, wie jetzt Malta zum Beispiel.

Magnus: Das heißt, wir können eigentlich mal so ein Zwischenfazit machen und bei jedem Land so ein bisschen sagen, ich muss dafür gemacht sein, also eben wie ich in Malta dafür gemacht sein muss, muss ich in Irland mit dem Regen kein Problem haben und eben nicht erwarten, dass ich vielleicht in ein zweites Deutschland komme, sondern mich ganz klar auf Veränderungen einstellen, aber es gibt ja genug Unternehmer oder genug Menschen, die gerade auch das lieben, Fernweh haben, äh, und die neue Kultur total gerne aufsaugen.

Sebastian: Genau, also auch da wiederum, man darf diese steuerlichen Vorteile, die sind zwar wichtig, natürlich, aber die darf man jetzt nicht überbewerten. Wir haben z.B. einen anderen Mandanten, der, er und seine Frau, die hatten dort einen größeren Betrag geerbt, ähm, und die sind nach Irland umgezogen, weil sie eben Verfechter des Homeschooling waren, ja, und das ist dort legal und sie wollten ihre Kinder unbedingt homeschoolen, sie haben dann dort ein ländliches Anwesen, also ein Farm gekauft, ähm, und leben jetzt da und homeschoolen die Kinder, ja, hatte also gar keine steuerlichen Motive, das Geld wurde eh in Deutschland versteuert, das war komplett versteuert, komplett clean, die hätten auch in Deutschland bleiben können, ähm, hätte sie auch nicht mehr gekostet, ja, aber eben, also deswegen will ich sagen, ist diese steuerlichen Motive, den Menschen treiben andere Dinge um, oftmals ist das dann auch nur ein positiver Mitnahme-Effekt, die wollten einfach weg aus einem ganz anderen Grund. Hatte jetzt mit Steuern überhaupt nichts zu tun. Aber natürlich, wenn ich sag‘, jetzt mach ich’s eh, dann kann ich auch sehen, wie kann hier mein Kapital, meine Kapitalerträge im Ausland verdienen, muss dann in Irland keine Steuern bezahlen, ist ja klar. Und wenn ich 10 Millionen hab‘, äh, und die lege ich gut an, dann mach‘ ich jedes Jahr eine Million, die steuerfrei zu machen, oder hier, wie die Grünen sagen, dann 48% drauf zu bezahlen, ist natürlich ein Unterschied.

Magnus: Also im Prinzip so ein bisschen das Mantra, was wir auch in unserer Folge mit Benno in der Schweiz hatten, ähm, man muss das Leben woanders genießen und wir hatten es heute schon mal, es reihen sich Gründe auf und der steuerliche Grund ist dabei einer von vielen anderen.

42:02 - Abschließende Gedanken

Magnus: Gegen Ende teilt Sebastian noch einmal seine abschließenden Gedanken zu den Gründen, warum ein Wegzug bei Interessenten aus Deutschland stattfinden könnte.

Sebastian: Also, ich sag‘ formal, ich halte jetzt so eine Wahl für einen Auslöser, dass man sagt okay, also jetzt machen wir’s, fertig, Punkt. Äh, wir wollten schon lange nach Irland ziehen, das Homeschooling war uns schon immer wichtig, jetzt sind die Kinder fünf und sechs Jahre alt, jetzt haben wir diese Wahl, jetzt trennen wir uns vom Arbeitsgeber. So nach dem Motto, das halte ich für durchaus vorstellbar.

Magnus: Und dann kann man auch sagen, wäre vielleicht jetzt ein guter Zeitpunkt.

Sebastian: Ja ja, genau, jetzt wäre ein guter Zeitpunkt, wir wollen das sowieso machen, jetzt wäre ein guter Zeitpunkt, bevor da weitere steuerliche Probleme auch hinzukommen, ja, ähm, und dann ist es weg, und dann hat man etwas gemacht.

Magnus: Weil man vielleicht ja auch sagen muss, ich meine, so ein Umzug braucht ja eine gewisse Zeit, das ganze sowohl zu planen als auch bürokratisch vorzubereiten, ist ja nicht von einem Tag auf den anderen gemacht.

Sebastian: Absolut, ja, es braucht mehrere Monate in der Regel, genau, und gerade wenn man was kauft, man muss das richtige Anwesen finden und so, ist ganz klar. Genau, und das ist wieder, das ist ein gerade guter Punkt, den Du gerade eben genannt hast, also es ist ja definitiv nicht so, dass man sich so einfach abmeldet und irgendwo wieder ankommt, man muss ankommen, man muss wohnen, man muss möglicherweise eine Gesellschaft gründen, sich steuerlich anmelden, usw. Also, d.h. die Empfehlung, wenn jemand sowieso wegwill, dann soll er sich jetzt intensiv damit befassen, in welches Land, welches Land für ihn passt, um jetzt, jetzt, nicht im November oder Dezember damit anfangen, sich konkret damit zu befassen, denn es wird dann knapp werden. Also jetzt sind es noch vier bis fünf Monate Zeit, die kann man noch nutzen, und es wird dann, es wird dann sehr eng werden, wenn man damit später anfängt, d.h. also, wenn man sich tatsächlich damit auseinandergesetzt hat und so die Wahl hat dann den letzten Push gegeben, dann sollte man sich jetzt damit auseinandersetzen, ähm, Beratungsgespräch auf unserer Webseite buchen, ähm, sich mit den einzelnen Ländern befassen, sich mit seiner Familie, Ehepartner, Ehepartnerin, Kindern überlegen, was kommt für uns in Frage. Also, ich meine, wir haben auch Mandanten, z.B. die jetzt gerade in die USA umziehen, auch wiederum keine steuerliche Konsequenz, keine steuerlichen Überlegungen, ist ja nicht besonders steuergünstig in den USA, aber die einfach sagen, was weiß ich, ich mag den politischen Trend nicht. Wir haben eine Mandantin, die hat früher in der DDR gelebt, kam dann nach der Wende nach Deutschland, hat ein Unternehmen aufgebaut und sieht jetzt die Ideen, die da suggeriert werden und sagt sich, das erinnert mich zu sehr an die DDR, ich will weg. Die ist jetzt, die will jetzt nach Texas umziehen und ist schon 69.

Magnus: Okay, Wahnsinn, ja.

Sebastian: Ja, also, wie gesagt, steuerlich, klar, es drückt sich so in Steuern aus, ja, aber da geht es ja eher um andere Motive und Motivation, die dem zu Grunde liegt.

Magnus: Das waren unsere Gedanken und Einschätzungen zu den Neuerungen im Bereich der Steuern, die durch die Bundestagswahl stattfinden könnten. Bis zur nächsten Folge von Perspektive Ausland – der Podcast für alle Unternehmer, die es ins Ausland zieht.

Ressourcen:

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Beckham Law in Spanien

Spanien – das wohl schönste Land Südeuropas. Viele Expats gehen vorrangig wegen des schönen Wetters und der lockeren Lebensatmosphäre dorthin, aber auch im steuerlichen Bereich findet sich Attraktivität in dem umgangssprachlich genannten Beckham Law, was nicht kompliziert ist, wenn man nur ein paar Dinge beachtet.

Zu Gast: Rechtsanwältin Svenja Werner

In dem heutigen Podcast (Episode #EP04) sprechen wir mit unserem Gast, der deutschen Rechtsanwältin Frau Svenja Werner, die in Deutschland studiert hat und seit mittlerweile elf Jahren in Spanien lebt und in Ihrer Kanzlei Privatpersonen bei ihren steuerlichen Fragen zu Seite steht.

Was ist das Beckham Law?

Wir beschäftigen uns heute über mit dem umgangssprachlich genannten Beckham Law, welches ein wichtiger Bestandteil des spanischen Steuerrechtes ist und, wie der Name den meisten von uns sicherlich schon sagt, etwas mit dem weltbekannten Fußballer David Beckham zu tun hat. Es war ursprünglich dafür gedacht, dass die Sportler nicht gleich die Hälfte ihres Einkommens wieder abgeben müssen, sondern etwas weniger – man hat sie im Prinzip gleichgestellt mit Nicht-Ansässigen, so dass diese dann anstelle der ca. 44-48% nur etwa 19% oder 24% Steuern zahlen brauchen, um es kurz zu sagen.

Für wen ist das Beckham Law interessant?

Das Beckham Law ist für den klassischen Expat gedacht, der als Angestellter eines Unternehmens vorübergehend ins Ausland gesandt wird. Ein Beckham Anwender ist so etwas wie ein Nicht-Ansässiger, obwohl er hier wohnt, wird er behandelt als wäre er nicht da und zahlt weniger Steuern.

Voraussetzungen für das Beckham Law

Dieser Status kann beantragt werden und wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind, wird dieser Antrag auch genehmigt. Die Voraussetzungen sind lediglich, dass man die letzten zehn Jahre nicht in Spanien gelebt hat (nicht angemeldet war), einen Arbeitsvertrag annimmt oder Verwalter (Administrador, entspricht dem Geschäftsführer) in einem spanischen Unternehmen wird. Zu beachten ist, dass man keine Einkünfte in Spanien erzielt, die als Einkünfte aus einer Betriebsstätte in Spanien gewertet werden könnten. Und genau dieser letzte Punkt kann tückisch sein, denn um aus dem System nicht ausgeschlossen zu werden, darf man kein Unternehmen gründen oder eine Aktivität anfangen, wo man eine feste Geschäftseinrichtung hat. Man darf zwar nicht Geschäftsführer eines spanischen Unternehmens sein, aber bis zu 25% darf man daran beteiligt sein.

Anmeldefristen beachten

Zu beachten ist auch, dass die Anmeldung innerhalb der ersten sechs Monate nach Arbeitsbeginn erfolgt, damit diese nicht abgelehnt wird. Dann kann das Beckham Law ab dem Jahr des Umzuges, also das erste Jahr, in dem man mehr als sechs Monate in Spanien verbringt, plus weitere fünf Jahre genutzt werden. Der Vorteil ist, dass nur die spanischen Sachen versteuert werden müssen und nicht das, was man im Ausland hat.

Vermögensteuer

Die spanische Vermögensteuer gibt es auch unter Beckham Law. Das betrifft mein spanisches Vermögen. Habe ich allerdings eine Villa in Spanien und gewisse Unternehmensbeteiligungen und komme je nach Region über gewisse Grenzen, greift auch die Vermögensteuer.

Sozialversicherungsbeiträge

Die Sozialversicherungsbeiträge in Spanien werden prozentual von einer Bemessungsgrundlage berechnet: für Arbeitgeber ca. 30% und für Arbeitnehmer ca. 5%. Diese Bemessungsgrundlage im Fall von Angestellten liegt zwischen ca. 900 € und 4.070 €, so dass sich die jährlichen Sozialversicherungsbeiträge für Arbeitgeber auf ca. 14.400 € maximal belaufen und für Arbeitnehmer auf ca. 3.000 € maximal.

Ein Leben in Spanien

Wie schön, dass es nicht nur Steuern und Regelungen gibt im Leben, sondern auch Sonne und Palmen. Deshalb lieben vor allem die Deutschen Spanien so sehr und wandern auch deswegen gerne dorthin aus.

Schule in Spanien

Das Schulsystem in Spanien hat sich in den vergangenen Jahren verbessert. Wo Englisch vor einigen Jahren noch nicht sehr verbreitet war, hat es mittlerweile schon sehr aufgeholt. Selbstverständlich gibt es deutsche Schulen in Madrid und viele Deutsche, die nur für zwei bis drei Jahre in Spanien leben und das Deutsch- und Englisch Niveau ihrer Kinder hoch halten wollen, melden diese oftmals an Privatschulen an.

Mietpreise in Spanien

Die Mieten in Madrid sind erwartungsgemäß hoch, etwa 1.000 € für gut 80m2, aber Lebensmittel und Nachmittagsaktivitäten sind voll erschwinglich. Was in Deutschland aber in Spanien ganz üblich ist, dass man eine Putzfrau hat.

Ein Stück deutsche Heimat in Spanien

Wer Deutschland und Spanien liebt, findet in Spanien immer ein Stück Heimat, denn es gibt dort auch oftmals ein Oktoberfest und den ersehnten Weihnachtsmarkt, wo man seine heiß geliebte Bratwurst findet und genießen kann. In einer deutschen Community, die über Facebook und ähnliches gefunden werden kann, oder die Webseite „Madrid für Deutsche“ kann man sich auch im sonnigen Spanien treffen und austauschen kann.

Das sind die Spanier

Für viele Deutsche ein Problem, aber wenn man dort lebt, gewöhnt man sich daran und verändert sich – Spanier sind nicht so pünktlich wie die Deutschen, aber da dieses ein bekannter Punkt ist, sollte dieses einen auch nicht ärgern, wenn es dann auftritt.

Bei all den schönen sonnigen Punkten ist es aber wichtig, die Spanier nicht zu unterschätzen, denn ihnen ist bewusst, dass einige reiche Ausländer es wohl gerne versuchen, das System zu umgehen, wie die Beispiele von Sebastian am Ende des Podcasts aufzeigen.

Kontaktdaten und Links:

Svena Werner

Homepage: www.svenjawerner.com

E-Mail: svenja@svenjawerner.com

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Timestamps

00:00   -   Intro

00:17   -   Begrüßung und Einleitung

00:54   -   Frau Werner stellt sich und ihre Kanzlei vor

03:36   - Für wen ist Spanien interessant?

05:27   -   Beckham Law

09:55   -   Was bei Beckham Law zu beachten ist

13:37   -   Vermögensteuer

15:38   -   Sozialversicherungsbeiträge in Spanien

17:58   -   Spezielle Fälle im Beckham Law

20:55   -   Beckham Law Status beantragen – Ablauf und Dauer

23:00   -   Lifestyle in Spanien

24:44   -   Das Schulsystem in Spanien

26:08   -   Typisch Deutsch

27:22   -   Volle Kirchen in Spanien

27:38   -   Make a Long Story Short – Kurze Fragen, Kurze Antworten

30:57   -   Kontaktdaten und Verabschiedung Frau Werner

31:54   -   Sebastian und Magnus nach dem Gespräch

35:05   -   Achtung Kontrolle – auch in Spanien

37:29   -   Verabschiedung und Abspann

Mitschrift zu Folge 4 von Perspektive Ausland

Perspektive Ausland – Der Podcast aus London für alle Unternehmer, die es ins Ausland zieht. Ermöglicht durch freundliche Unterstützung der Steuerkanzlei St Matthew aus London.

00:17 - Begrüßung und Einleitung

Herzlich Willkommen bei Perspektive Ausland, der Podcast für alle Unternehmer, die es ins Ausland zieht. Mein Name ist Sauerborn, außerdem mit dabei Sebastian Sauerborn als Gastgeber und Inhaber der Steuerkanzlei St Matthew in London.

Heute sprechen wir über Spanien und welche steuerlichen Besonderheiten dieses Land mit sich bringt. Dafür begrüßen wir heute Frau Svenja Werner bei uns, sie lebt schon lange in Spanien und arbeitet dort als Anwältin. Frau Werner, können Sie sich bitte kurz selbst vorstellen und uns erzählen, wie es dazu kommt, dass Sie heute in Spanien leben.

00:54 - Frau Werner stellt sich und ihre Kanzlei vor

Svenja Werner: Ja, gerne, also, ich sitze in Spanien, ganz genau, in Madrid, in der Hauptstadt, und bin jetzt hier seit 11 Jahren insgesamt. Eigentlich ganz klassisch, also ich habe in Deutschland in Frankfurt am Main studiert, Jura und VWL, und habe dann ein Erasmus-Auslandsjahr in Madrid gemacht, und ja, das ist halt natürlich super hier, dann habe ich ja meinen Mann kennengelernt jetzt und deswegen bin ich dann nach dem Studium auch wieder hier zurückgekommen und habe mich jetzt hier ganz fest angesiedelt, genau.

Magnus: Das heißt, Sie haben eine Kanzlei in Spanien, wo Sie Ihren Mandanten bei steuerlichen Fragen, bei Rechtsfragen beiseite stehen.

Svenja Werner: Genau, also insbesondere steuerlichen Sachen für Privatpersonen, hauptsächlich Ausländer, also, sowohl Ausländer im Ausland, die in Spanien z.B. eine Immobilie haben oder sonstiges, eine Erbschaft anmelden müssen oder so was, ja, und hier in Spanien auch Ausländer, halt ihre, die bei ihrer Einkommensteuermeldung nicht wissen, wie sie das angeben sollen, weil die haben dann ja meistens auch noch Sachen im Ausland und bekommen daher Einkünfte oder sie wollen nur eine bestimmte Zeit hier bleiben und dann halt nichts falsch machen, genau, alle haben immer Angst vor dem Finanzamt.

Magnus: Okay, wir sehen es also nicht nur in Deutschland, wenn man Hilfe bei der Steuererklärung braucht, sondern durchaus auch in Spanien.

Svenja Werner: Ne, ne, ne. Vor allem erstmal die sprachliche Barriere, ist halt erstmal ziemlich hoch.

Magnus: Das glaube ich. Aber insofern sind Sie ein wunderbarer Gast, denn Sebastian hat in seinem Kanzleialltag auch immer wieder Leute, die verschiedene Fragen umtreiben, Unternehmer, die ins Ausland ziehen wollen. Sebastian, vielleicht kannst Du mal kurz erläutern, was für Mandanten Dich kontaktieren und Interesse haben.

Sebastian: Absolut, also das Thema Spanien, Frau Werner, ist natürlich hier sehr interessant, denn wie gesagt, wir haben relativ viele Mandanten, die an Spanien im Grundsatz interessiert sind. Ich mein, wir haben ja eine sehr starke Präsenz in Malta und dann auch in Ländern, in den angelsächsischen Ländern wie Großbritannien und England. Malta ist schön, ich meine, ich habe selbst mal da gewohnt, aber speziell, das erinnert eher an Beirut, finde ich so, also ist jetzt nicht so der liebliche Mittelmeer Hotspot, ja. Deswegen ist natürlich von der Attraktivität her Spanien höchst attraktiv, das wissen wir ja sowieso alle, Spanien ist das Lieblingsland der Deutschen, Mallorca ganz speziell aber auch andere spanische Flecken an der Sonne. Es würden viele gerne nach Spanien umziehen und insofern gibt es da natürlich auch ein großes Interesse dran, dort die entsprechenden steuerlichen Vorteile zu nutzen.

03:36 - Für wen ist Spanien interessant?

Magnus: Passend dazu wäre es gleich interessant zu erfahren, wie der typische Mandant aussieht, also für wen es interessant ist in Spanien Fuß zu fassen.

Svenja Werner: Ja, die Leute, die eigentlich nach Spanien kommen, die kommen hauptsächlich nicht, weil sie hier so super steuerliche Bedingungen jetzt erwarten oder nutzen wollen, sondern die kommen halt wirklich genau aus dem Grund: Wetter, lockere Lebensatmosphäre, ja, irgendwie so Urlaubsstimmung für immer, ja so nach dem Motto. Also die meisten eigentlich, die zu mir kommen, das sind Leute, die, ja, hier arbeiten wollen, also erstmal quasi kommen und etwas gründen wollen, entweder ein Unternehmen oder die sich selbständig machen wollen, oder auch Leute, die jetzt eine Immobilie kaufen wollen, die was vermieten wollen, das ist eigentlich so das typische. Oder auch Arbeitnehmer, also die von internationalen Unternehmen angestellt werden und dann eben was von Beckham Law schon mal was gehört haben oder halt eben fragen, wie können sie das jetzt machen mit ihrer Familie, und sollen sie sich da jetzt abmelden aus Deutschland oder nicht, oder was hat das alles für Auswirkungen, wenn sie es nicht machen, oder wenn sie es machen.

Magnus: Genau, also sowohl Angestellte, kann so man sagen, als auch Unternehmer, die entweder in Spanien etwas gründen wollen, oder es gibt auch Unternehmer, die schon Unternehmen haben, mit dem sie nach Spanien ziehen möchten?

Svenja Werner: Gibt’s auch, ja, aber ich muss sagen, also ich, ich jetzt persönlich betreue eher Privatpersonen, also das heißt, die Unternehmen, wenn jemand ein Unternehmen gründen will oder mit dem Unternehmen überlegt halt hier herzukommen, zu expandieren, dann empfehle ich Bekannte aus meinem Kontaktkreis, sowohl für Deutschland als auch für Spanien, weil also da habe ich jetzt nicht die Mitarbeiter oder so um so Unternehmen da täglich zu betreuen.

05:27 - Beckham Law

Magnus: Okay, und was sind das da für Privatpersonen, wo Sie sagen, das ist sehr attraktiv, Sie hatten Beckham Law jetzt gerade schon angesprochen - ist das, was viele Ausländer reizt an Spanien?

Svenja Werner: Also, schon, also sagen wir es mal so, vom Steuersatz her oder vom Geld her lohnt sich das halt für Leute, die, sage ich jetzt mal, wenn man Single ist …

Magnus: Alleinstehend, Single, der digitaler Nomade.

Svenja Werner: Ja, genau, da lohnt sich das, sage ich mal, ab ungefähr 60.000 € brutto Jahresgehalt oder Einkünfte, …

Magnus: Weil es vorher zu aufwendig ist, oder warum?

Svenja Werner: Nee, weil der Steuersatz ist ja progressiv und da, wenn man weniger hat, dann im Prinzip ist die normale Einkommensteuer günstiger, oder man spart jedenfalls nichts. Und ab dem geht‘s dann halt hoch, ziemlich schnell, in Spanien auch, bis auf, sagen wir mal 44-48% also maximal, und dann, ja, je mehr man halt verdient, desto mehr lohnt sich das. Und es gibt halt noch andere Leute, die das halt nicht wegen dem Geld nutzen, sondern weil das die anderen steuerlichen Verpflichtungen vereinfacht. Also, weil man dann halt nur mit den spanischen Sachen besteuert wird und nicht noch alles angeben muss, was man irgendwo im Ausland hat, das ist halt der andere Vorteil. Wenn man jetzt zum Beispiel plant, ich bin eh nur zwei, drei Jahre hier, dann hat man halt nicht die Lust, jetzt da alles offen zu legen und alles da anzuführen und da ist es manchmal dann einfacher, das zu nutzen, auch wenn es jetzt einem vielleicht gerade nicht geldmäßig da super toll was spart.

Magnus: Ist es bei Deinen Mandanten ähnlich, Sebastian?

Sebastian: Absolut, ja, also wir haben eine Reihe von Mandanten, die Beckham Law nutzen in Spanien. Also wenn ich es richtig verstanden habe, glaube ich, dann ist der Steuersatz auf den spanischen Einkünften, liegt glaube ich bei 20% oder?

Svenja Werner: 24.

Sebastian: 24%, und es ist maximal nutzbar für fünf Jahre.

Svenja Werner: Sechs, sechs insgesamt. Das erste Jahr im Umzug, also das erste Mal, wo man über die Hälfte des Jahres hier verbringt, plus fünf. Genau.

Sebastian: Und was Sie jetzt gerade angesprochen haben zu den Auslandseinkommen, da reden wir jetzt hauptsächlich von passiven Einkünften, also von Einkünften wie was weiß ich, Dividendenerträge, Zinserträge, usw., die da dann nicht angegeben und dann natürlich auch nicht versteuert werden müssen in Spanien.

Svenja Werner: Ja. Das ist insbesondere auch interessant, weil hier gibt es keinen Freibetrag, dann sagen die Leute, soll ich da auch die 3 € angeben, die ich da an Zinsen habe? (lacht) Theoretisch ja.

Magnus: Das Beckham Law ist ein wichtiger Bereich im spanischen Steuerrecht, und gerade für Expats interessant. Woher kommt denn eigentlich der Name Beckham und unter welchen Bedingungen genau findet es für Ausländer Anwendung?

Svenja Werner: Okay, also der Name erstmal kommt von dem Fußballer, …

Magnus: David Beckham.

Svenja Werner: Genau, aber jetzt inzwischen gilt es nicht mehr für Sportler, also die verdienen wahrscheinlich zu viel und das ist dann für das Finanzamt zu nachteilig. Das ist quasi dafür gedacht gewesen, dass sie nicht die Hälfte ihres Einkommens direkt abgeben müssen, sondern bisschen weniger, und dann hat man die im Prinzip gleichgestellt mit Nicht-Ansässigen. Also wenn man in Spanien nicht ansässig ist, also z.B. der typische Deutsche, der hier ein Ferienhaus hat und das vielleicht mal vermietet oder so, der zahlt auf die Mieteinnahmen Einkommensteuer für Nicht-Ansässige und das sind normalerweise 24% und mit Deutschland oder EU-Ausland 19%. Also der Sinn von diesem Beckham Law ist halt, hochverdienende Spezialkräfte anzulocken, also Arbeitnehmer, die spezialisiert sind und die halt auch gut verdienen, und dass die nicht gleich einen Schock kriegen, wenn sie hier ihre Steuererklärung abgeben müssen. Und dann also, im Prinzip die Voraussetzungen sind, dass man die letzten zehn Jahre nicht in Spanien gelebt hat, also nicht angemeldet war, dass man einen Arbeitsvertrag annimmt oder Verwalter, Administrador, das ist so was wie Geschäftsführer, so ähnlich, in einem spanischen Unternehmen wird und dass man keine Einkünfte erzielt in Spanien, die als Einkünfte aus einer Betriebsstätte in Spanien gewertet werden könnten. Also man muss aufpassen, wenn man da in diesem Beckham Law ist, dass man jetzt nicht irgendwie selber Unternehmen gründet in Spanien oder ja, irgendwelche Aktivitäten halt anfängt, wo man eine feste Geschäftseinrichtung hat, und dann ist man wie eine Betriebsstätte und dann wird man da ausgeschlossen aus dem System.

09:55 - Was bei Beckham Law zu beachten ist

Magnus: Genau das wird für Unternehmer, die eine eigene Firma betreiben schwierig, weil diese eine Betriebsstätte auslösen könnten.

Svenja Werner: Ja, das ist ja genau das Problem, das viele Leute hören: „Oh, cool, Beckham Law, das mache ich, ich gründe ein Unternehmen in Spanien und dann lohnt sich das.“ Und das ist eben genau nicht möglich.

Sebastian: Genau, und da nehmen Sie mir die Worte aus dem Mund, ja.

Svenja Werner: Das ist immer echt super, also ich sage dann also entweder sie müssen sich noch ein paar Homepages suchen, weil wenn man halt an dem Unternehmen beteiligt ist, darf man halt maximal 25% daran beteiligt sein und drüber nicht. Also vier Freunde, ja, können sich hier in Spanien ein Unternehmen zusammen gründen und dann je nachdem, aber das ist dann halt deswegen, man kann nicht in Spanien ein Unternehmen gründen und darüber entweder Geschäftsführer die Beckham Law nutzen und man kann sich auch nicht selbst anstellen und damit das nutzen. Also es muss zwischen dem Unternehmen und der Person eine Trennung bestehen.

Sebastian: Ja, genau, also wie Sie schon gesagt haben, viele unserer Mandanten sind Unternehmer, die stellen sich dann vor, okay, ich gründe da mal eben eine Firma und bin dann dort mehr oder weniger angestellt, genau, als Geschäftsführer und dann wird es funktionieren, und das ist eben genau der Punkt, der halt nicht funktioniert, also wie Sie schon gesagt haben, also man darf, man muss zum einen höchstens 25% Beteiligung haben am Unternehmen und zum anderen muss man auch, muss jemand anderes die Unternehmensleitung haben, man darf tatsächlich nur Angestellter sein bei dem Unternehmen. Gibt es hinsichtlich des Gehaltes ein gewisses Mindestgehalt, was da erfüllt werden muss oder spielt das keine Rolle?

Svenja Werner: Nee.

Magnus: Also quasi nur die 60.000 €, ab denen es sich lohnt, die Sie vorhin genannt haben.

Svenja Werner: Genau, aber ich kann auch weniger verdienen. Also, ich meine, der Steuersatz hier geht los bei 19%, ja, also so ein Riesenunterschied ist das jetzt auch nicht, wenn man jetzt nur ein Jahr hier ist oder zwei und sich denkt, okay, aufgrund der anderen Vereinfachungen nutze ich das jetzt einfach und, keine Ahnung, also, ich meine, je nachdem, was man..

Magnus: Und gibt es eine Mindestanzahl an Tagen, die ich in Spanien sein muss, damit es Anwendung findet oder wie ist das?

Svenja Werner: Sie müssen schon hier herziehen, also man kann das jetzt nicht nutzen und in Wirklichkeit woanders sein. Also, oder sagen wir mal so, dann bringt es eben nichts, weil meistens …

Magnus: Es gibt ja auch die digitalen Nomaden, die ja an keinem Ort der Welt quasi länger sind, die ja durchaus ihren ersten Wohnsitz in Spanien haben könnten, aber einfach so viel rumreisen oder von überall aus arbeiten können.

Svenja Werner: Naja, dann brauchen Sie sich ja überhaupt, dann würde ich ja lieber, dann brauchen Sie gar keine Beckham Law, weil dann haben Sie ja ganz normalen Nicht-Ansässigen Status und zahlen so sowieso maximal 24%.

Magnus: Okay.

Svenja Werner: Also, wenn man jetzt digitaler Nomade ist und nirgendwo ansässig ist, dann 24%, also genau wie bei Beckham. Und wenn ich aber im EU-Ausland irgendwo eine Ansässigkeit habe, dann kann ich direkt als Nicht-Ansässiger die 19% nutzen, ist sogar noch günstiger, also würde ich dann nicht auf Krampf irgendwie das Beckham anmelden, aber was noch super wichtig ist, weil Sie vorher gesagt haben, sechs Monate muss man hier sein, die Anmeldung muss man machen, innerhalb von sechs Monaten, also das ist eine Ausschlussfrist. Also wenn man hier anfängt zu arbeiten, das wichtige ist der Arbeitsstart, sechs Monate, danach wird’s abgelehnt und man darf halt auch nicht, z.B. ich kann nicht heute kommen und im Juni fange ich an zu arbeiten und sage: „Ah ja, ich bin ja wegen dem Job hergekommen“, dann sagen die, Du bist ja ein bisschen, also man muss aufgrund der Arbeit nach Spanien ziehen, also ich kann natürlich herkommen und nächsten Monat anfangen zu arbeiten, aber das ist keine, es gibt da keine genaue Tagesregelung, aber ich würde jetzt nicht Monate da warten und da so rumgucken.

13:37 - Vermögensteuer

Magnus: Das Beckham Law ist also gerade für den klassischen Expat gedacht, der als Angestellter eines Unternehmens vorübergehend ins Ausland gesandt wird. Dafür lohnt es sich auch, während bei anderen Angelegenheiten die ganze Sache komplizierter werden kann.

Sebastian: Frau Werner, ich hatte mal von einem deutschen Anwalt gehört, vielleicht habe ich das auch falsch verstanden, der mir gesagt hat, dass es also eins der Einschränkungen oder Probleme ist, wenn man Einkünfte aus Immobilien hat im Ausland, z.B. Veräußerungserlöse, usw., oder grundsätzlich sowieso Immobilienvermögen hat, dass es da eine Art, auch mit Beckham Law so eine Art Vermögensteuer oder so was gibt, ist das korrekt?

Svenja Werner: Also Vermögensteuer gibt’s und die gibt es auch unter Beckham Regelung, aber genau wie für alle anderen Nicht-Ansässigen. Also, man muss sich immer vorstellen, der Beckham-Anwender ist so etwas wie ein Nicht-Ansässiger, obwohl er hier wohnt, wird er behandelt als wäre er nicht da. Und die Vermögensteuer, in Spanien gibt’s quasi zwei Möglichkeiten, unter die man, darunter fallen kann. Also entweder, weil man in Spanien ansässig ist, dann ist man mit seinem Weltvermögen ja, dran, sage ich mal. Wenn man aber nicht ansässig ist oder Anwender von der Beckham Regelung, dann ist man nur mit seinem Immobilienvermögen, oder mit seinem Vermögen insgesamt, Entschuldigung, in Spanien, unterfällt man der Regelung. Also auch wenn ich Beckham Law Anwender bin, aber ich bin in Spanien und habe da eine Villa und hab‘ keine Ahnung wie viel Unternehmensbeteiligung an spanischen Unternehmen. Wenn ich da drüber komme über die Grenzen, je nach Region ist das sehr unterschiedlich, bin ich trotzdem auch vermögensteuerpflichtig, das stimmt.

Sebastian: Okay, aber nur für spanische Immobilien, nicht für ausländische Immobilien. Jetzt hatten Sie ja vorhin gesagt, dass der Steuersatz bei 24% liegt, jetzt bin ich ja angestellt und zahle dann 24%, wie hoch sind die Sozialversicherungsbeiträge für Arbeitnehmer und was sind die Arbeitgeberbeiträge?

15:38 - Sozialversicherungsbeiträge in Spanien

Svenja Werner: Also die Sozialversicherungsbeiträge sind gestaffelt, also das ist so geregelt, es gibt eine Bemessungsgrundlage, und dann darauf werden die Prozente gezahlt. Und im Fall von Angestellten geht das, zwischen 900 € sag‘ ich mal im Monat Bemessungsgrundlage bis maximal 4.070 €, und darauf zahlt der Arbeitgeber ungefähr so 30% und der Arbeitnehmer 5% oder ja, also sagen wir mal so, der Arbeitgeber, also wenn ich jetzt mir überlege, wieviel mein Mitarbeiter verdienen soll oder verdienen wird, plus 30% muss ich an Sozialabgaben rechnen, aber es ist nach oben ja gedeckelt. Das heißt egal jetzt, ob der also so super extrem viel verdient oder nicht, maximal, ungefähr, wieviel hab‘ ich gesagt, 4.000 € und 30%, das sind 1.200 € ungefähr, davon sind so das Maximum an Monatsbeiträgen für Sozialversicherung. Und der Arbeitnehmer zahlt halt weniger, 5%, also wieviel ist das, maximal 300 € sagen wir mal im Monat. Also ich sag mal 3.000 € ist so das Maximum ungefähr, was der Arbeitnehmer zahlt und der Arbeitgeber halt 14.400 € immer. Im Jahr.

Magnus: Dabei ist aber zu beachten, dass beim Beckham Law nichts dergleichen abzugsfähig ist.

Svenja Werner: Also der Bruttolohn ganz zur Zeit easy die Berechnung, eigentlich, wenn man halt einen Taschenrechner bei der Hand hat, Brutto mal 24%, muss man zahlen. Also, da kann man auch nicht die Sozialabgaben abziehen, was man jetzt z.B. schon kann, wenn man nur Nicht-Ansässiger ist und im EU-Ausland. Also, es ist ein bisschen kompliziert, sagen wir mal so. Wenn ich jetzt jemandem empfehlen würde, er will Beckham Law nutzen, dann würde ich ihm sagen, kommen Sie am besten sozusagen, sagen wir mal im August nach Spanien, ja, dann mach ich die Anmeldung und dann gilt das erst ab dem Folgejahr. Und in dem Jahr aber, wo ich aber hergekommen bin, die paar Monate bin ich Nicht-Ansässiger und zahle nur 19%, wenn ich im EU-Ausland vorher war. Wenn ich natürlich aus inzwischen jetzt England komme oder sonst wo her, Nicht-EU, dann zahle ich sowieso die 24%, egal ob ich jetzt im Januar herkomme oder im April oder im September.

17:58 - Spezielle Fälle im Beckham Law

Magnus: Sebastian fragt bei Frau Werner nach ein paar spezielleren Fällen, die aber für einige unserer Hörer interessant sein könnten.

Sebastian: Mal angenommen, jemand nimmt da den Status in Anspruch und besitzt noch irgendwie ein ausländisches Unternehmen oder so, ja, wenn und ist dort möglicherweise Hauptgesellschafter und möglicherweise auch Geschäftsführer, äh, wenn der dann für dieses ausländische Unternehmen, sein eigenes ausländisches Unternehmen von Spanien aus auf spanischem Boden tätig wird und das Tagesgeschäft leitet, führt das zu einem Problem? Oder ist das egal? Wird das relativ genau genommen oder ist das egal Ihrer Erfahrung nach?

Svenja Werner: Ich habe eher die Erfahrung, dass nicht Spanien in dem Fall das Problem ist, sondern z.B. Deutschland, also, weil das dann halt immer quasi dem Unternehmer, der hier mit Beckham Regelung sitzt, nichts mehr nützt, wenn er aus Deutschland quasi das Geld bekommt, weil dann trotzdem Deutschland das besteuert. Aber Spanien, also ich hab‘ aus meiner Erfahrung jetzt noch nicht gesehen, dass die da jetzt Nachforschungen anstellen oder genaue Aufschlüsselungen haben wollen, wovon die Leute jetzt, also was die noch so alles bekommen an Geld.

Sebastian: Ja, weil Sie hatten ja vorhin gesagt, der darf unternehmerisch nicht tätig werden und keine Betriebsstätte auslösen, ja, d.h. wenn ich mir so vorstelle, ein Ort der Leitung ist ja letzten Ende eine Betriebsstätte, wenn ich da Geschäftsführer bin, wird eine leitende Betriebsstätte möglicherweise ausgelöst und da dachte ich mir, dass ich dann potentiell ein Problem haben könnte in Spanien, ja,

Svenja Werner: Also das ist auf jeden Fall haben Sie da Recht mit der Betriebsstätte muss man halt immer gucken nach dem, also, genau, dem Ort der Leitung, Geschäftsräume, wenn hier die ganzen Versammlungen stattfinden von den Organen von der Leitung und man muss immer in dem jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommen schauen, was als Betriebsstätte genau definiert ist, …

Sebastian: Also das muss man im Vorfeld prüfen, das müssen wir uns noch mal etwas genauer anschauen, nicht, dass es zu Problemen kommt. Und der andere Teil, was Sie ja gerade eben gesagt haben, ist natürlich für Deutsche in Deutschland oder Personen, die deutsche Einkünfte haben, ob es jetzt Dividenden sind oder sonst was auch immer, ein ganz wichtiger Punkt, wie Sie gesagt haben, und das gleiche kennen wir übrigens aus Großbritannien, usw. weil das ist im Doppelbesteuerungsabkommen definiert, dass wenn im Wohnsitzstaat der Person das Einkommen aus irgendeinem Grund nicht besteuert wird, dass dann das Besteuerungsrecht in Deutschland fällig wird, also das heißt, wenn jetzt jemand also jemand z.B. eine GmbH besitzt in Deutschland und von dort Gewinnausschüttungen bekommt, sind die ja normalerweise dort zu besteuern, ähm, am Wohnsitzland zu besteuern, aber wenn jetzt z.B. Spanien sagt, ich will dafür keine Steuern haben, das ist freigestellt, fällt das Besteuerungsrecht an Deutschland zurück. D.h., wenn es überhaupt geht, noch, muss man da eine gewisse möglicherweise eine Holding oder so was, die keine Quellensteuer einbehält in der EU könnte man das eliminieren.

20:55 - Beckham Law Status beantragen – Ablauf und Dauer

Sebastian: Ja, äh, ein weiterer Punkt generell ist ja noch, Sie hatten ja vorhin gesagt, der Status muss beantragt werden, mal angenommen, die Formalitäten, von denen Sie jetzt gesprochen haben, d.h. die Antragsfrist wird eingehalten, der ist nicht Geschäftsführer, der ist nicht dort maßgeblich beteiligt am Unternehmen, mehr als 25%, wird das einfach so genehmigt oder ist das ein Kampf, das durchzubringen?

Svenja Werner: Eigentlich wird das genehmigt, ja, das ist nur eine Frage, wann, also ich meine jetzt eigentlich laut Gesetz soll man in 10 Tagen Rückmeldung bekommen, das habe ich hier noch nie erlebt, ja, aber also sagen wir mal, es kommt auf die Region an, habe ich so den Eindruck in Spanien, manche sind schneller. Also normalerweise ungefähr ein bis zwei Monate würde ich schätzen dauert das, bis man vom Finanzamt, dann kriegt man dann einen Brief per Einschreiben und da steht das dann drin, weil normalerweise ist das nicht so, dass man das beantragt und die, quasi, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind ablehnen können, sondern das heißt dann eigentlich direkt schon, dass das Zertifikat, das man da kriegt, ist eigentlich schon das Zertifikat, dass man diese Option genutzt hat oder dass man sich dafür angemeldet hat und eigentlich ist das Formular, besteht darin dass man sagt ich erfülle die Bedingungen, ja, und dann hängt man halt die Sachen an, um das zu belegen, und dann wollen die halt noch so ein Zertifikat haben von dem Arbeitgeber, dass man da wirklich beschäftigt ist, obwohl man auch schon den Arbeitsvertrag anhängt, aber trotzdem noch zusätzlich, ja, also im Prinzip, wenn man die Sachen da anhängt und alles so zeitmäßig übereinstimmt, dann ist das nicht, dann wird das nicht abgelehnt, sondern einfach nur kann es schon ein wenig länger dauern, bis man die Nachricht bekommt und dann, wenn man das halt hat, muss man das seinem Arbeitgeber geben, diesen Zettel, damit er halt auch weiß, dass er jetzt diese 24% nur noch einbehalten muss.

Magnus: Ausnahmsweise mal ein Brief vom Finanzamt, über den man sich freut.

Svenja Werner: Genau, genau, eigentlich sitzt man da und, aah, …Man kann es auch online einsehen, also, wenn man sich da angemeldet hat.

23:00 - Lifestyle in Spanien

Magnus: Kommen wir nun zum Lifestyle in Spanien. Spanien ist seit Jahren das beliebteste Urlaubsland der Deutschen, aber dennoch gibt es im Alltag und auch in der Mentalität bestimmt einige Unterschiede. Was ist für Expats für den Bereich Wohnungssuche, Lebenshaltungskosten, Kulturangebote oder Familienangelegenheiten, wie dem Schulbesuch wichtig zu wissen?

Svenja Werner: Also ja, ich bin ja jetzt in der Hauptstadt, also Madrid, und natürlich Madrid und Barcelona sind, glaube ich, die teuersten Städte jetzt für Miete und Lebenshaltungskosten allgemein.

Magnus: Also die klassische 2-3 Zimmer Wohnung, 80 m2, wo liegen wir da in Madrid?

Svenja Werner: Kommt drauf an, wo Sie wohnen. Also momentan ist es auch wirklich teuer, also da zahlen Sie schon so, also, ich würde mal sagen unter 1.000 € kriegt man nichts mehr, also, plus Nebenkosten und das, ich meine, das geht eigentlich, ich habe da keinen Vergleich, also wie es jetzt da in Deutschland wäre, aber, also, keine Ahnung, also die Leute, die ich da so berate, also, da krieg ich immer so: „Wow“, keine Ahnung, so 2.000 € Miete im Monat, ähm ja, ist natürlich hart, ansonsten muss ich sagen, von Lebensmittel und keine Ahnung, und solchen Kosten, die man ja auch immer hat, das würde ich sagen, ist vielleicht ein bisschen günstiger in Spanien als jetzt noch in Deutschland, also ist nun auch nicht wirklich super billig, aber ich meine, man kann also, wenn man als Expat kommt und ein ordentliches, normales Gehalt hat, wie ein Expat meistens hat, weil sonst zieht er ja nicht ins Ausland, dann kann man hier sehr gut leben davon. Das ist total normal und verbreitet, keine Ahnung, also dass man eine Putzfrau hat oder dass die Kinder nachmittags von irgendeiner Nanny abgeholt werden oder betreut werden, Nachmittagsaktivitäten, also das ist alles, kann man sich wirklich super gut leisten.

24:44 - Das Schulsystem in Spanien

Magnus: Gehen die Kinder von den Expats meistens auf eine Privatschule oder sind die staatlichen Schulen in Spanien, dass man die dorthin schicken kann, haben Sie da Erfahrung?

Svenja Werner: Ja, die kann man, also kann man schon dahin schicken. Die meisten aber, also das hat sich, würde ich mal sagen, auch schon verbessert. Also wie gesagt, ich bin ja schon vor 10 Jahren, vor 11 Jahren gekommen und da gab’s z.B. Englisch, war da noch super nicht verbreitet und inzwischen hat es schon sehr aufgeholt auch im Schulsystem würde ich sagen, ähm, aber wer jetzt nur ein paar Jahre hier ist, glaube ich, da haben die Leute, schicken die dann eher auf eine Privatschule oder zumindest, es gibt hier drei Schultypen sag ich mal, staatlich, halb-staatlich und privat und wer jetzt Wert drauf legt oder genau weiß, er zieht in einem Jahr oder in zwei, drei Jahren wieder zurück, und dann will der, dass das Englischniveau oder das Deutschniveau perfekt ist, dann schickt er die dann schon auf die Deutsche Schule oder ja irgend so eine Private School, ja. Aber ansonsten hier das eigentlich nervigste am Schulsystem ist, würde ich mal sagen, ist die Anmeldung, weil normalerweise in Spanien hat man ja so das Vorurteil, dass alle immer zu spät sind, ist ja auch so, aber bei den Schulen muss man, also, keine Ahnung, so ungefähr, man muss das Kind schon anmelden, da kommt’s gerade auf die Welt, ja also so, ein bisschen übertrieben, aber jetzt ist z.B. gerade die Anmeldung für September, ja, und da muss man, …

Magnus: Also fast schon deutsch, könnte man sagen.

Svenja Werner: Ja, genau.

26:08 - Typisch Deutsch

Magnus: Passend zu Thema „Typisch Deutsch“ – gibt es in Spanien eine Expat Community um andere Deutsche treffen zu können und sich austauschen zu können? Oder ist man eher froh, möglichst weit weg von allen Deutschen und ihren Angelegenheiten zu sein?

Svenja Werner: Nein, ich würd‘ schon sagen, es gibt eine deutsche Community und auch wenn jetzt nicht gerade Corona ist, dann gibt es auch Treffen, ja, also hauptsächlich würde ich mal sagen so über die normalen Plattformen, keine Ahnung, also Facebook-Gruppen, es gibt hier so eine Internetseite „Madrid für Deutsche“, da ist auch so ein Stammtisch, sage ich mal, dann gibt’s ja hier Madrid, ich rede jetzt nur von Madrid, weil ich jetzt in anderen Städten das nicht so genau weiß, und dann gibt’s noch die Kirche, also die deutsche, die evangelische und auch eine katholische Kirche, deutsch, in Madrid und da ist auch dann so was wie Weihnachten, Weihnachtsmarkt und Oktoberfest und so was. Also das ist immer ganz nett, auch mal irgendwie mal so Deutsch zu reden und mal irgendwie eine Bratwurst zu essen.

Magnus: Das glaub‘ ich gern. Hört man immer wieder gern, dass die gute deutsche Bratwurst doch im Ausland vermisst wird.

Svenja Werner: Ja.

27:22 Volle Kirchen in Spanien

Magnus: Ich glaub‘ die Spanier sind im Glauben nochmal anders verwurzelt als man das in Deutschland kennt, oder spielt das eine wichtigere Rolle?

Svenja Werner: Ja, schon, ja ja, auf jeden Fall. Also hier, wenn man in die Kirche geht, ist sie voll, das ist so auch überraschend, also würde ich jetzt mal so aus deutscher Sicht sagen.

27:38 - Make a Long Story Short – Kurze Fragen, Kurze Antworten

Magnus: Jetzt noch meine Lieblingskategorie: Make a long story short, ich stelle Fragen, die Sie möglichst kurz und knackig beantworten. Erste Frage: Was macht Spanien besonders reizvoll?

Svenja Werner: Ja das Wetter natürlich. Sonne, Licht, viel Licht vor allen Dingen. Nicht nur Sonne, also heute z.B., ich meine, hier ist es bewölkt heute, ausnahmsweise, und trotzdem ist es so hell, dass ich die Vorhänge zuziehen muss.

Magnus: Hört sich gut an. Und jetzt vielleicht im Vergleich zu anderen südeuropäischen Ländern – Italien, Portugal, warum ist Spanien das beste südeuropäische Land?

Svenja Werner: Italien habe ich jetzt ehrlich gesagt keinen Vergleich, ähm, ich finde einfach es ist trotzdem am, wie soll man das jetzt sagen, am, noch am deutschesten vielleicht, kann man so sagen, noch am organisiertesten von den Ländern, sagen wir es mal so.

Magnus: Okay. Was sollte ich als Deutscher auf jeden Fall über die Spanier wissen? Oder worauf soll ich mich einstellen?

Svenja Werner: Dass sie super schnell reden, also, wer es mit Spanisch versucht, der muss erstmal sich dran gewöhnen, auch wenn man sagt: „Bitte langsam“, und trotzdem super schnell geredet wird und dass sie, okay jetzt schon, aber eigentlich nie Abstand halten, also man kommt immer so wuuh, also, der Abstand, …

Magnus: Eine Frage: Stimmt das Vorurteil, dass Spanier gerne zu spät kommen?

Svenja Werner: Ja.

Magnus: Also das muss man einfach aushalten.

Svenja Werner: Ja, ich weiß nicht, ich bin schon so dran gewöhnt, ich bin ja auch schon überall so spät (lacht). Das einzige wo man nicht zu spät kommen darf ist im Kino und wie gesagt und bei öffentlichen Ämtern, da kriegt man zehn Minuten und auch beim Arzt, also wenn man da zu spät kommt, äh, hat man Pech gehabt, ja.

Magnus: Okay, also, das merken wir uns auf jeden Fall. Bin ich als deutscher Unternehmer, oder als Expat in Spanien als Expat angesehen? Wie ist es, wenn ich dort als Deutscher lebe?

Svenja Werner: Ja, also Deutschland ist immer super als Herkunft.

Magnus: Was ist Ihr Lieblingsessen in Spanien? Ich kenne Patatas Bravas, die ich im Urlaub gerne gegessen habe, aber das ist ja bestimmt nicht die Nummer eins.

Svenja Werner: Also ich esse gerne Chipirónes, das sind so kleine Tintenfischchen, so gebraten. Also hier allgemein Meeresfrüchte und Fisch ist total super, auch so Muscheln und alles, ich weiß gar nicht, wie das auf Deutsch heißt, ja, mein Schwager würde mich wahrscheinlich umbringen, ja, aber ich kann die Fischnamen eher auf Spanisch als auf Deutsch, also, von daher sowas würde ich auf jeden Fall mal empfehlen und einfach Menu del Dia, also Tagesmenü einfach mal ausprobieren, schmeckt immer eigentlich gut.

Magnus: Was waren Deine Lieblingstapas, Basti?

Sebastian: Also ich habe ja den spanischen Schinken, da gibt’s ja verschiedene Qualitätsstufen, Bellota ist die beste, das sind diese schwarzen Schweine, die Eicheln, zumindest für einen Teil ihrer Lebenszeit, die fressen ausschließlich Eicheln, dann wird das für ein Jahr lang gereift, also das ist sehr dunkelrot, also das finde ich wirklich hervorragend, ja.

Magnus: Nächste Frage: Hätte es das Beckham Law auch ohne David Beckham gegeben?

Svenja Werner: Wahrscheinlich nicht.

Magnus: Also können wir dem Fußballer in der Hinsicht danken.

Svenja Werner: Ja, auf jeden Fall.

Magnus: Und dann schon meine letzte Frage: Steuern oder Lifestyle, was macht Spanien attraktiver?

Svenja Werner: Der Lifestyle, definitiv.

30:57 - Kontaktdaten und Verabschiedung Frau Werner

Magnus: Gut, Frau Werner, wir sind am Abschluss, ähm, jetzt würde ich noch gerne, dass Sie vielleicht ihre Kontaktdaten einmal durchgeben, wenn man Sie als deutscher Expat oder Unternehmer finden möchte, wie wird man auf Sie aufmerksam?

Svenja Werner: Ja, man kann einfach im Internet Svenja Werner mal googeln, oder genau, meine Homepage heißt also www.svenjawerner.com oder per Email mich einfach anschreiben svenja@svenjawerner.com genau, und da auf meiner Homepage stehen auch meine Kontaktdaten nochmal drauf. Oder einfach nach, keine Ahnung, Einkommensteuer Spanien oder so was suchen, als Artikel, und da sind meine Blogartikel auch manchmal gleich.

Magnus: Perfekt, ich danke Ihnen recht herzlich, wir sind jetzt alle ein bisschen klüger, wissen jetzt, dass David Beckham sein eigenes Steuerrecht in Spanien hat, was er nicht mehr anwenden kann, aber was natürlich trotzdem …

Svenja Werner: Was natürlich offiziell nicht so heißt, aber gut.

Magnus: Aber unter dem es jeder kennt.

31:54 - Sebastian und Magnus nach dem Gespräch

Magnus: Nach dem Gespräch habe ich mich noch einmal mit Sebastian zusammengesetzt, um die wichtigsten Aspekte, die Frau Werner erwähnt hat, zusammen zu fassen und in einen Kontext einzuordnen.

Sebastian: Also Frau Werner in Spanien, sehr interessant, man kann nicht stark genug betonen, was Spanien gerade Deutschen bedeutet, ja, also eine Möglichkeit in Spanien zu wohnen und hier sehr begünstigt Steuern bezahlen zu können ist für viele Deutsche ein absoluter Traum.

Magnus: Das Leben unter Palmen.

Sebastian: Genau, und äh, man muss ja doch immer sagen, dass Spanien ja doch sehr viel attraktiver ist als die anderen Länder im Mittelmeer, mit denen wir uns ja oft hier beschäftigen, z.B. jetzt hier Malta oder Zypern, ich glaub, kann man objektiv so sagen, das ist einfach so, und natürlich ist Spanien für viele grundsätzlich Traumdestination. Wo ich ganz wichtig hervorheben muss ist eben die Tatsache, dass man auf jeden Fall Hilfe dabei braucht, denn man darf ja nicht in Spanien selbst unternehmerisch tätig werden oder als Geschäftsführer einer spanischen Gesellschaft arbeiten, d.h. man muss auf jeden Fall jemanden haben, der entweder als Vertrauensperson eine solche spanische Gesellschaft gründet oder aber einen Dienstleister verwendet, der eine entsprechende Dienstleistung anbietet, Gründung einer Gesellschaft, die dieser dann auch hält, wo man angestellt ist.

Magnus: Weil es klassischer weise eher für Expats in der Form gedacht war.

Sebastian: Genau, es ist eben doch konzipiert für Angestellte und nicht für Unternehmer. Und es ist natürlich aber, also die Mandanten, die das nutzen von uns sind alle unternehmerisch davor tätig gewesen, ja, d.h. es ist natürlich wichtig, dass die sich an die Regeln genau halten, die Regeln auch genau kennen und es ist natürlich nicht nur die Sache mit der Spanischen Gesellschaft zu beachten, sondern es ist auch zu beachten, dass man eben jetzt keine Auslandsgesellschaft von Spanien aus führen kann.

Magnus: Jetzt muss ich vielleicht von vornhinein gleich mal überlegen, also es bringt nichts, wenn ich erstmal hinzieh und dann anfang‘ zu planen, sondern, …

Sebastian: Ja, also das heißt, wenn man, angenommen, ähm, ich hab‘ zwar so ne Gesellschaft auf Malta oder so was, ja, wenn ich, also ich zieh‘ nach Spanien um die Gesellschaft auf Malta dann ist das natürlich ein Problem, wenn ich bei dieser Gesellschaft Geschäftsführer bin. Und dann z.B. sage das Einkommen aus dieser maltesischen Gesellschaft, die Dividende, kommt mir steuerfrei zu Gute. Das wäre ein Problem, denn ich bin ja dann für die Gesellschaft jetzt geschäftsführend als Geschäftsführer in Spanien tätig. D.h. es muss da nun doch eine passive Einkommensstruktur vorhanden sein, damit das ganze funktioniert. Das heißt man braucht auch einen konkreten Geschäftsführer dann bei der Auslandsgesellschaft, der die Geschäfte tatsächlich leitet. Wenn ich das von Spanien aus mache, dann eine Betriebsstätte in Spanien auslöse, dann stellt es grundsätzlich ein Problem dar.

Magnus: Aber das heißt, wenn ich sozusagen nicht Geschäftsführer bin, sondern in Anführungsstrichen „normaler Angestellter“ dann kann ich entsprechend auch in Spanien leben und die Beckham Law nutzen.

Sebastian: Genau, also ich darf vor allen Dingen kein Geschäftsführer sein in meiner Auslandsgesellschaft, ja, und in der spanischen Gesellschaft sowieso nicht.

35:05 - Achtung Kontrolle – auch in Spanien

Sebastian: So, eins muss man wissen mit Spanien ja, es gibt Punkte in Spanien, in Mallorca, die sehr genau kontrolliert werden. Also ich kannte ein Beispiel, da hat eben ein Mandant mit Beckham Law hat er die ganzen Auslandsgesellschaften, äh, und der hat eben für diese Auslandsgesellschaften leitend gearbeitet, ja, von Spanien aus, natürlich, von sich zu Hause aus, natürlich nicht in der Öffentlichkeit, aber die spanischen Steuerbehörden sind irgendwie drauf gekommen, ich weiß nicht, ob irgendjemand ihn dort angezeigt hat, und die haben den dann auseinandergenommen, die Behörden, das heißt, sie haben dann anhand von den IP Adressen, Blogs des Internetproviders bewiesen, dass er, welche Trades usw., und welche Entscheidungen er getroffen hat, in der Auslandgesellschaft, …

Magnus: Das hört sich fast schon ein bisschen wie CIA an.

Sebastian: Ja ja, und dann haben die den drangenommen.

Sebastian: Andere Beispiele, das ist jetzt nicht unbedingt Beckham Law aber ich meine, wenn man sein Auto nach Mallorca bringt, ja dann muss man da auch Luxus-Steuer bezahlen, wenn es bestimmte Autos sind, und da liegt es tatsächlich, kenne ich Mandanten, die haben einen Porsche aus Deutschland mitgebracht und da lag letztlich die Polizei ein halbes Jahr auf der Lauer, hat jeden Tag Fotos gemacht und nach sechs Monaten haben sie ihm das Auto weggenommen und haben gesagt, okay, kannst jetzt 100.000 € Strafe bezahlen, dann kriegst Du das Auto zurück, ansonsten ist es weg.

Magnus: Halleluja.

Sebastian: Also, deswegen, die sind schon, was Ausländer, würde ich sagen, betrifft, insbesondere in solchen Gegenden wie Mallorca, glaube ich, sehr sensibilisiert, ja, sagen wir mal sensibilisiert im Hinblick auf Reiche Ausländer, die hier gerne versuchen wollen vom System zu profitieren ohne die entsprechenden Steuern dafür zu bezahlen.

Magnus: Jetzt haben die sechs Monate gewartet, äh, weil es quasi dann heißt, der ist hier nicht nur zu Besuch oder?

Sebastian: Genau, haben die natürlich dann sechs Monate Fotos gehabt, die nachweisen, natürlich genau, die konnten dann sagen, na ja, also offensichtlich warst Du nicht im Urlaub, weil sonst, ja, wer geht schon sechs Monate lang. Also man darf hier nicht jetzt den Eindruck haben, dass die Spanier naiv sind, was Ausländer angelangt, und man muss dort das also wirklich so aufsetzen, dass das steuerlich wirklich 100% wasserdicht ist, dass man hauptsächlich passive Einnahmen hat aus dem Ausland und im Grunde genommen sich nicht dazu verleiten lässt hier selbst gewerbemäßig tätig zu werden.

37:29 - Verabschiedung und Abspann

Magnus: Das war Perspektive Ausland – Der Podcast für alle Unternehmer, die es ins Ausland zieht. Bis zur nächsten Folge.

Ressourcen:

Sebastian Sauerborn: LinkedIn

Svenja Werner:

Rechts- und Steuerberatung Svenja Werner

Madrid (Spanien)

svenjawerner.com

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Perspektive Ausland Sebastian Sauerborn Perspektive Ausland Sebastian Sauerborn

Stiftung in Liechtenstein

Liechtensteiner Stiftung – das assoziieren vielen mit dem Fall Zumwinkel. Seitdem hat sich viel geändert und die Liechtensteiner Stiftung bleibt insbesondere für die Nachlassvorsorge eine sinnvolle Rechtsform. Diese Folge mit Dr. Oliver Nesensohn

Zu Gast: Rechtsanwalt Dr. Oliver Nesensohn

Unser heutiger Gast, Herr Dr. Oliver Nesensohn ist Rechtsanwalt und Mitbegründer der Kanzlei LNR – Lorenz Nesensohn Rabenser in Liechtenstein und ausgewiesener Experte, nicht alleinig für alle Fragen bezüglich einer Stiftung in Liechtenstein, denn der Schwerpunkt der Anwaltskanzlei LNR liegt bei Stiftungen, Trusts, Wirtschaftsrecht, Steuerrecht und der Gründung und Verwaltung von verschiedensten Rechtsträgern.

Warum eine Stiftung, und warum in Liechtenstein?

Eine Stiftung ist ein sehr gutes Instrument zur Nachlassplanung, da man genau festlegen kann, was mit dem Vermögen passieren soll, oder was eben nicht, und im Gegensatz zum Trust kann sich der Stifter ein Kontrollrecht, ein unmittelbares Instruktionsrecht vorbehalten.

Bisher wurde eine Stiftung in Liechtenstein meist mit Steuerhinterziehung in Verbindung gebracht, aber das ist mittlerweile Vergangenheit, denn sogar aus EU-Sicht ist Liechtenstein kein Tax Haven mehr, sie sind weißgelistet.

Die Hauptaufgabe der Stiftung ist die Vermögenserhaltung, Vermögensweitergabe und die Asset Protection.

Die Handhabung der Schenkungsteuer in Liechtenstein

Interessant ist es beim Übertragen von Allgemeinvermögen in die Liechtensteiner Stiftung, da hängt es selbstverständlich davon ab, wo man steuerpflichtig ist, denn eine widerrufliche Schenkung von Deutschland aus könnte steuerfrei sein, je nachdem wie die Stiftung ausgestaltet ist. Wenn die entsprechende Stiftung intransparent und eine Ermessensstiftung ist, befindet man sich in der schlechtesten Schenkungsteuerklasse.

Man kann dazu keine pauschale Antwort geben, es hängt ganz von dem Land ab, in dem man sich aufhält, und von der persönlichen Steuersituation. Die Schenkungsteuerpflicht bezieht sich für deutsche Staatsbürger nicht nur auf ihren Wohnsitz, der sich im Ausland befinden kann, sondern hängt auch ein bisschen an ihrer Staatsbürgerschaft.

Die Liechtensteiner Stiftung für in den USA lebende Deutsche

Wenn es um Asset Protection geht, ist eine Liechtensteiner Stiftung für in den USA lebende Deutsche in Bezug auf Asset Protection von Vorteil, denn Primitive Damages sind in Liechtenstein nicht vollstreckbar, und wenn man einen amerikanischen Titel hat, müssten die jeweiligen Rechtsstreitigkeiten wieder von vorne beginnen. Liechtenstein hat nur mit der Schweiz und Österreich Vollstreckungsübereinkommen.

Der Nachteil wäre, dass das Reporting, wie bei allen Auslandsbeziehungen, aus Sicht der USA wesentlich aufwendiger ist. Bei Scheidungen oder Schadensersatzklagen ist hier der Vermögensschutz deutlich verbessert.

Erbschaftsteuer für eine Generation überspringen

Wenn man eine Liechtensteiner Stiftung aus den USA heraus gründet, ist das ein Null-Event (Grantor Trust), das Vermögen und Einkommen wird dem US-Stifter sowieso zugerechnet, und mit der Stiftung könnte man es legal schaffen, z.B. der Erbschaftsteuer zwar nicht auf ewig zu entkommen, aber sie zumindest für eine Generation zu überspringen.

Vorteil der Liechtensteiner Stiftung gegenüber dem Trust

Wenn es um wirklichen Vermögensschutz geht, raten selbst einige US Berater eher dazu, eine Stiftung oder einen Trust offshore zu gründen, auch für Erstvermögen, weil US-Gerichte dort keine Befugnis haben und es viel schwerer ist, in einem Haftungsfall an das Vermögen heranzukommen.

Hat man einen Trust, es wird geklagt, und es liegt ein Titel vor, dann sind die US-Trustees ganz schnell dabei, das Vermögen rauszugeben, also die wirkliche Sicherung ist da nicht unbedingt gegeben.

Die steuerliche Belastung für eine Stiftung in Liechtenstein

Die BVS ist die klassische Stiftung mit Bankkonto, der Klient darf an der Stiftungsverwaltung nicht beteiligt sein, die Stiftung darf keine verzinslichen Darlehen oder Darlehen an Dritte gewähren, sie muss keine Steuererklärung abgeben, keine Bilanz einreichen und wird jährlich mit lediglich CHF 1.800 besteuert, unabhängig von den Gewinnen, und sie darf nicht an Doppelbesteuerungsabkommen teilnehmen.

Die regulär besteuerte Stiftung kann bei Doppelbesteuerungsabkommen partizipieren und unterliegt im Prinzip einem 12,5%igen Erwerbssteuersatz. Die Bemessungsgrundlage für diesen Steuersatz ist der Basisansatz, aber z.B. Kapitalgewinne und ausländische Liegenschaftsverträge fallen nicht in diese Bemessungsrundlage hinein. Zinserträge, Kapitalgewinne aus Wechselkurzgewinnen oder Goldverkäufen wären steuerpflichtig, aber bei dem Liechtensteiner (grob gerechneten) 4%igen Eigenkapitalzinsabzug, was bei 1 Million schon 40.000 pauschal abgezogene Kosten wären, kann man diese beispielsweise durch Währungsgewinne wettmachen, denn in dem Umfang würden diese nicht besteuert.

Vermögenshöhe und Eröffnungskosten bei Gründung einer Liechtensteiner Stiftung

Die Gründung lohne sich aufgrund des regulatorischen Aufwandes ab etwa 5 Millionen, so Herr Dr. Nesensohn.

Für die Gründung mit Nebenkosten, Reportings, Verwaltung, etc. muss man mit mindestens ca. CHF 6.500 netto plus weitere Kosten rechnen und darf dabei die vierteljährlichen Zusatzkosten für die Leistungen des Anwalts nicht vergessen.

Die Liechtensteiner Stiftung und ihr Sichtschutz

Das Eigentümerregister wurde vom EU Parlament erfunden, und das gibt es auch in Liechtenstein, wurde allerdings nicht in allen Staaten gleich durchgesetzt, so dass in Liechtenstein der Einblick in dieses Register größtenteils aktuell noch auf die Strafverfolgungsbehörde, die FIU (Financial Intelligence Unit) und die Steuerverwaltung, und in einigen Ausnahmefällen die Banken beschränkt ist.

Die Liechtensteiner Stiftung als Schutz vor einer eventuellen Corona-Vermögenssteuer?

Die Liechtensteiner Stiftung kann auch für Deutsche Schutz vor einer eventuellen Corona-Vermögenssteuer bieten, was aber auch davon abhängt, wie aggressiv das Heimatland solches dann verfolgt.

In einer Liechtensteiner Stiftung, die transparent aufgesetzt ist und das Vermögen nicht den Gründern zuzurechnen ist, aufgrund einer rechtlichen Fiktion, ist das Vermögen eigentlich sich.

Kontaktdaten und Links:

Rechtsanwalt Herr Dr. Oliver Nesensohn

Homepage: www.lnr-law.com

Email:          o.nesensohn@lnr-law.com

Telefon:       +423 239 9696

Mobil: +41 79 963 8878

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Quellensteuer Schweiz: Was Deutsche in der Schweiz wissen müssen

Timestamps

00:00 - Intro

00:50 - Oliver stellt seinen Werdegang vor 

02:57 - Über die Zukunft der Liechtensteiner Stiftung

04:32 - Über den Sinn und Zweck von Stiftungen

05:27 - Veränderungen von Stiftungen in den letzten 10 bis 15 Jahren

06:14 - Die Rolle Liechtensteins 

08:46 - Der Ruf Liechtensteins im Wandel

09:47 - Über den Unterschied von Trusts und Liechtensteiner Stiftungen

12:59 - Beispiele zur Unterscheidung von Trusts und Liechtensteiner Stiftungen 

15:08 - Die Handhabung der Schenkungsteuer in der Liechtensteiner Stiftung

15:58 - Wie sinnvoll ist die Liechtensteiner Stiftung für in den USA lebende Deutsche?

17:37 - Vorteil der Liechtensteiner Stiftung gegenüber dem Trust

18:46 - Die steuerliche Belastung für eine Stiftung in Liechtenstein

21:28 - Über die Vermögenshöhe bei der Gründung einer Liechtensteiner Stiftung

22:00 - Der Stellenwert der Transparenz einer Liechtensteiner Stiftung

22:50 - Die Liechtensteiner Stiftung und ihr Sichtschutz 

24:42 - Der Weg Luxemburgs 

25:17 - Über die Angst, die Kontrolle über das Vermögen zu verlieren

26:46 - Die Wichtigkeit des Vertrauensverhältnis auf beiden Seiten

28: 53 - Die Handhabung der Vermögenssteuer  

30:21 - Die Sicherheit einer Liechtensteiner Stiftung 

31:33 - Über die Eröffnungskosten einer Liechtensteiner Stiftung 

32:55 - Kontaktdaten bei Interesse an einer Liechtensteiner Stiftung

33:57 - Die Zusammenfassung der wichtigsten Aspekte 

Mitschrift zu Episode 3 von Perspektive Ausland

Zu Gast: Rechtsanwalt Dr. Oliver Nesensohn

Perspektive Ausland – Der Podcast aus London für alle Unternehmer, die es ins Ausland zieht. Ermöglicht durch freundliche Unterstützung der Steuerkanzlei St Matthew aus London.

Magnus: Herzlich Willkommen bei Perspektive Ausland, der Podcast für alle Unternehmer, die es ins Ausland zieht. Mein Name ist Sauerborn, außerdem mit dabei Sebastian Sauerborn als Gastgeber und Inhaber der Steuerkanzlei St Matthew in London. Heute ist unser Gast Dr. Oliver Nesensohn. Er ist Rechtsanwalt und ausgewiesener Experte und kann uns somit einiges über Steuerangelegenheiten, insbesondere der Stiftung in Liechtenstein erklären. Er stellt sich und seinen Werdegang zunächst einmal vor.

00:50 - Herr Dr. Nesensohn stellt seinen Werdegang vor

Dr. Nesensohn: Ja, also ich bin Österreicher, geboren gerade an der Grenze über dem Bodensee in Bregenz, war dann im Studium in Innsbruck und von Innsbruck aus ging ich nach Wien, von Wien wieder zurück nach Innsbruck, hatte dort meine Konzidentenzeit, bin dann von dort nach New York gegangen, an die NYU, habe dort studiert, bin zurück nach Wien, habe dann meine Anwaltsprüfung nach einer Praxiszeit in Wien gemacht, und nach der Anwaltsprüfung bin ich dann nach Liechtenstein gezogen und bin dort einer großen Kanzlei beigetreten. Ich wurde dann dort Partner im Jahr 2004, und 2007 habe ich dann mit zwei anderen Partnern zusammen unsere Kanzlei LNR gegründet, und seit 2007 sind wir in dieser Konstellation tätig. Wir haben zwei angestellte Rechtsanwälte und unser Schwerpunkt liegt 50/50 auf, ich will immer sagen, Streitigenhausen im weitesten Sinne im Umfeld von Stiftungen, Trusts, Wirtschaftsrecht, Steuerrecht, und die andere Hälfte ist das Gründen und Verwalten von verschiedensten Rechtsträgern. Je länger, desto mehr in Liechtenstein, früher waren wir mehr oder weniger weltweit tätig, die Offshore-Aktivitäten haben wir im Prinzip eingestellt aus ganz besonderen Konstellationen, aber im Wesentlichen beschränken wir uns heute auf Liechtenstein.

02:57 - Über die Zukunft der Liechtensteiner Stiftung

Magnus: Okay, vielen Dank für das kurze Intro. Heutiges Thema ist ja im Wesentlichen die Stiftung von Liechtenstein. Bei meiner Recherche vorab für den Podcast bin ich auf interessante Zahlen gestoßen, nämlich 2007/2008 war wohl so ein Peak, was die Anzahl der Stiftungen in Liechtenstein anbelangt, damals gab es 50.000, wenn ich richtig recherchiert habe, und seitdem werden jedes Jahr wesentlich mehr gelöscht, durchschnittlich 4.300 Löschungen pro Jahr, so dass, wenn der Trend anhalten würde, bald gar keine Liechtenstein-Stiftung mehr existieren würde. Deswegen meine Eingangsfrage: Ist denn die Liechtensteiner Stiftung überhaupt noch eine Form, die Zukunft hat, die sinnvoll sein kann?

Dr. Nesensohn: Ich glaube eigentlich, heute aktueller, denn je, die Zahlen stimmen, die Sie nennen, Sie haben sich jetzt auf die Stiftungen beschränkt, da haben wir natürlich noch andere Rechtsträger, ich glaube zum Höhepunkt hatten wir 87.000 in Liechtenstein, heute sind es, wenn ich richtig informiert bin 13.000. Ob die Tendenz der Löschungen so anhält, glaube ich ehrlich gesagt nicht, die Zahl ist aber auch nicht besonders interessant, weil heute hat eine Stiftung ganz andere Funktionen als früher, nicht rechtlich, aber ihr Einsatz ist halt wesentlich anders. Früher, mit früher meine ich jetzt 2001, zum Höhepunkt der Internetbubble, als die Gier, würde ich sagen, richtig groß war, waren Liechtensteiner Stiftungen nichts anderes als eine andere Form vom Bankkonto, hauptsächlich fokussiert auf Steuerersparnisse und auch Verstecken. Also ich glaube im Gegenteil, weil die Offshore-Jurisdiktionen leiden wirklich, die sind heute fast nicht mehr zu gebrauchen, allein schon aus Sorgfaltsgründen, und weil einem jede Bank solche Schwierigkeiten macht, und irgendwo in der Struktur eine [unverständlich] vorkommt, dass es wirklich schwierig ist. Und Liechtenstein hat den Vorteil, dass es eben in EWR ist und im Zollvertragen mit der Schweiz, wir sind mitten in Europa und sind sogar aus EU-Sicht kein Tax Haven mehr, also wir sind aus EU-Sicht weißgelistet, und immer mehr Jurisdiktionen in der EU übernehmen das auch, und man muss sich ehrlicherweise verabschieden vom Null-Prozent-Steuersatz, das ist kein Konzept mehr. Und Verstecken gar kein Modell mehr.

04:32 - Über den Sinn und Zweck von Stiftungen

Magnus: Aber was ist eine Stiftung eigentlich genau, und was macht sie aus?

Dr. Nesensohn: Ja, also aus meiner Sicht, die Stiftung das stärkste Instrument für die Nachlassplanung, das ist eine juristische Person, die man sich so vorstellen kann, dass der Gründer einen Teil seines Vermögens einem speziellen Zweck widmet, und diese Widmung ist so stark, dass sie die Form einer juristischen Person annehmen kann. Und diese juristische Person, die Stiftung hat die Aufgabe, diesen Zweck zu erfüllen. Der Zweck kann darin liegen, dass es die Unterstützung der Familie ist, dass das der Zusammenhalt einer Kunstsammlung, eines Unternehmens, gemeinnützig, da sind die Zwecke relativ weit, so lang sie legal sind. Was die Stiftung nicht kann, ist Kommerzgeschäfte betreiben, aber ansonsten bewegen wir uns zwischen Familienstiftung und Unternehmensstiftung und gemeinnützigen Stiftungen.

05:27 - Veränderungen von Stiftungen in den letzten 10-15 Jahren

Magnus: Wir hatten ja jetzt schon ein bisschen die Historie von Stiftungen angesprochen, dass die mit der Internetbubble vielleicht noch ein bisschen populärer waren, ich glaube es ist spätestens, seit dem Fall Zumwinkel hat sich da einiges getan, was bestimmt auch mit der Anzahl der vielen Löschungen einhergeht. Können Sie vielleicht da bisschen was sagen, wie sich das Ansehen von Stiftungen eben die letzten 10-15 Jahre verändert hat?

Sebastian: Und ich würde vielleicht sagen, insbesondere auch vor dem Hintergrund jetzt von Liechtenstein, weil, ich meine, Liechtenstein hat ja schon sehr weit aufgeholt, auch was jetzt Kooperation, Transparenz, usw. anbelangt, früher war das ja alles immer ja, gerade im Hinblick auf Deutschland mit viel Geheimnistuerei, und da ist ja doch sehr viel passiert in Liechtenstein, ich glaube, das wäre auch nochmal gut, darauf einzugehen.

06:14 - Die Rolle Liechtensteins

Dr. Nesensohn: Liechtenstein war ja nach dem Ersten Weltkrieg ein sehr, sehr armes Land und hat dann in Errangelung von Rohstoffen ein Modell entwickelt und gesucht, was kann Liechtenstein anbieten, um wirtschaftlich erfolgreich zu sein. Dann hat man sich bei verschiedensten Jurisdiktionen bedient und hat als erstes kontinentales Land 1926 den englischen Trust übernommen, und zum gleichen Zeitpunkt auch die Stiftung. Und das Geschäft kam so richtig ins Laufen durch den Zweiten Weltkrieg, als Not am Mann war, das Vermögen in Sicherheit zu bringen. Und ich würde mal sagen, der Urtrieb des Sparstrumpfes, von dem niemand weiß, unter der Matratze, ist ein starker Antrieb für die Stiftung gewesen. Das ist über die Zeit durch Steuertransparenz in der Form abhanden gekommen, weil es kein Geheimnis vor der Finanz mehr gibt, vor der Ehefrau vielleicht noch, aber vor der Finanz nicht, und über das Jahr 2001, als die Gewinne aus der Bubble nur so sprudelten, war das Hauptmotiv die Steuervermeidung, die ist da, ja, als, will ich mal sagen, international abhanden gekommen, heute haben wir völlige Transparenz, 2008 der Fall Zumwinkel war ein signifikanter Auslöser für den Paradigmenwechsel in Liechtenstein, formalisiert durch die Liechtensteiner Erklärung der HET, und damit des Fürstenhauses, als Liechtenstein im Prinzip proaktiv gesagt hat, wir warten jetzt nicht mehr und halten unser Modell so lange aufrecht, bis es uns abgedreht wird, sondern wir gehen jetzt proaktiv nach vorne, [verzerrt und unverständlich] halten uns an die Regeln und versuchen, unsere Nische dort zu finden, und das unterscheidet Liechtenstein wesentlich von meines Wissens, sämtlichen anderen Offshore-Jurisdiktionen, die versucht haben, das Modell so lang wie möglich vorzuspielen, während Liechtenstein sich aktiv eingebracht hat in die Onshore-Welt, und im Zuge dessen auch Doppelbesteuerungsabkommen gewährt bekommen hat. Das trifft jetzt auf Offshore-Jurisdiktionen auch nicht zu, aber Liechtenstein ist heute gar nicht mehr so schlecht vernetzt mit Doppelbesteuerungsabkommen, weil sie auch zeigt, dass die Jurisdiktion durchaus als vertrauenswürdig wahrgenommen wird. Heute haben wir internationalen Informationsaustausch, FATCA, CRS, Doppelbesteuerungsabkommen, also wenn Lichtenstein Geld verstecken will vor der Steuer, ist hier sicher nicht mehr wichtig.

08:46 - Der Ruf Liechtensteins im Wandel

Magnus: Liechtenstein hat sich also sehr bemüht, seinen Ruf zu ändern und eher für transparente Vermögenssicherung zu stehen.

Dr. Nesensohn: Ja,der Nebeneffekt des Ganzen, dass der Steuernehmer nicht mehr im Vordergrund stand, ist, dass die Liechtensteiner Stiftung sich ihrem ureigensten Zweck widmen kann, das ist der Vermögensschutz, und das ist die Nachfolgeplanung. Und das steht heute wesentlich im Vordergrund bei Stiftungsgründern, und ich spreche mit Klienten, da geht es nicht mehr um die Steuervermeidung, da geht es nur darum, dass man sich steuerlich keinen mordsmäßigen Nachteil einhandelt, aber im Wesentlichen geht es um Vermögenserhaltung und Vermögensweitergabe und um Asset Protection, und Dank der Regulatoren, die wir heute haben, würde ich auch sagen, ein guter Teil ist auch Good-Housekeeping, weil ja das Ganze Reporting, das liege dann bei der Stiftung und nicht mehr bei der Privatperson, und das ist dann gar nicht zu unterschätzen, der Aufwand, den man da betreiben muss.

09:47 - Über den Unterschied von Trusts und Liechtensteiner Stiftungen

Magnus: Sebastian, was sind in Deinem Alltag Fälle, wo Du konkret auf eine Stiftung angesprochen wirst? Was sind das für Mandanten, die sich hier interessieren?

Sebastian: Ich kann Herrn Dr. Nesensohn so nur zustimmen. Wir haben auch vielfach Mandanten, die das Thema Stiftung interessiert. Insbesondere geht es eben um Nachlassplanung, sage ich jetzt mal, wir haben durchaus auch Mandanten, die z.B. in Deutschland eine Familienstiftung gegründet haben, klar, wie gesagt, also Steuertransparenz ist ja sowieso gegeben, warum soll ich eine Stiftung in Liechtenstein gründen, und warum nicht z.B. eine Familienstiftung in Deutschland, und dann haben wir natürlich Mandanten, gerade auch jetzt deutschsprachige Mandanten, die im angelsächsischen Raum mittlerweile ansässig sind, wo ja der Trust, der ja grundsätzlich was anderes ist, als eine Stiftung, die vorherrschende Form letztlich für Nachlassplanung, sage ich mal, ist, Vermögensstrukturierung. Jetzt lassen sich Trusts per se natürlich mit kontinental-europäischem Vermögen nur bedingt kombinieren, d.h. da wäre dann auch noch eine weitere Frage, ist die Familienstiftung, in Kombination, Entschuldigung, die Liechtensteiner Stiftung, in Kombination mit einem Trust sinnvoll, oder sogar anstatt eines Trusts sinnvoll, für in angelsächsischen Ländern und in den USA lebende Personen, die z.B. Vermögensbeteiligung in Kontinentaleuropa haben und das entsprechend strukturieren wollen?

Dr. Nesensohn: Wir haben überhaupt keine Berührungsängste mit dem Trust, wir haben ja selber den Trust in unserem Rechtsbestand, und die Entscheidung Trust oder Stiftung richtet sich eigentlich hauptsächlich danach, zum ersten Mal, was hat der Klient für einen Background, kommt er aus dem angelsächsischen Bereich, dann muss man ihm den Trust nicht lange erklären, da weiß er, was das ist, umgekehrt kontinentaleuropäisch, römisch-rechtlicher Hintergrund ist die Stiftung leicht zu erklären, der Trust eher weniger, beides hat Vor- und Nachteile, ein Trusteewechsel kann recht aufwendig sein, weil der Trustee der rechtliche Eigentümer ist, wenn der im Grundbuch ist, und Sie haben einen neuen Trustee, dann müssen Sie eine Grundbuchsberechtigung vornehmen, genauso bei einem Kontowechsel muss ein neues Konto eröffnet werden, ist heute auch nicht mehr ganz so einfach, eine Kontoeröffnung, letztendlich hängt es aber davon ab, wo muss man den Trust ordentlich deklarieren, steuerlich, wenn ich eine Diskussion habe mit HMRC, wo ich ein halbes Jahr brauche, zu erklären, dass die Stiftung keine Corporation ist, oder das Gleiche auch in den USA, dann wähle ich von vornherein den Trust, weil das Thema dann schon durch ist, die verstehen das. Im Endeffekt, man kann das Gleiche erzielen mit beiden, hat aber beides seine Vor- und Nachteile, hängt davon ab, vom persönlichen und vom steuerlichen Umfeld. Zum Trust in Liechtenstein kann man noch sagen, der ist hier steuerpflichtig mit der Minimalsteuer, muss keine Steuererklärung abgeben, und ja, seit 1800 Schweizer Franken schleppt, egal, welche Gewinne er erzielt, bei der Stiftung ist das anders, je nachdem, wie sie ausgestaltet ist, muss sie eine Steuererklärung abgeben und wird über die 1800 hinaus unter Umständen steuerpflichtig, hängt ein bisschen von der Planung ab, wie man das aufsetzt.

12:59 - Beispiele zur Unterscheidung von Trusts und Liechtensteiner Stiftungen

Magnus: Um die Unterscheidung von Trust und der Liechtensteiner Stiftung besser zu verstehen, gehen wir noch auf konkrete Beispiele ein.

Dr. Nesensohn: Wenn Sie in England bleiben oder Vermögen bringen, ist das in England laufend besteuert werden muss, wie die Gelegenschaften, würde ich jedenfalls den Trust empfehlen, die Frage ist, ob der Liegenschaft der Trust direkt fällt, oder ob das durch eine Underline-Corporation passiert.

Magnus: Die Auffassung würdest Du so teilen, Sebastian?

Sebastian: Ja, genau, ich mein, die Realität ist eben, ich kann jetzt mal ein konkretes Beispiel sagen von einem Mandanten, der ist schon vor ein paar Jahren von Deutschland weggezogen nach Osteuropa und hat noch Beteiligungen in Deutschland, hat das alles also auch sauber gemacht, auch so mit Wegzugsteuer usw., also alles geregelt, überlegt sich jetzt, nach Dubai umzuziehen, und überlegt sich jetzt im Grunde genommen, langfristig, ob es jetzt Sinn macht für ihn, z.B. eine Stiftung zu gründen in Liechtenstein, dort seine ganzen Beteiligungen mit rein zu legen, ich denke die Beteiligungen haben einen Wert von, sagen wir mal, 20 Millionen. Dort gibt es jetzt für ihn keine kurzfristigen Gesichtspunkte oder Optimierungspotenziale, sondern es geht bei ihm jetzt um die langfristige Planung, also ist noch ein recht junger Mann, vielleicht jünger als 50. Es geht halt vor Allem um die Frage, das Vermögen langfristig anzulegen, oder langfristig zu planen, und dann natürlich auch mit dem Gesichtspunkt, möglicherweise in fünf Jahren nach Dubai dann nach Deutschland zurückzukehren. Hier ist möglicherweise die Stiftung z.B. ein ganz interessanter Aspekt, denke ich.

Dr. Nesensohn: Ja, auf jeden Fall, wenn er nach Deutschland zurückkehrt, ist die Stiftung wahrscheinlich idealer als ein Trust, weil der Trust für Deutschland auch immer noch, trotz Hagel-Wein-Kommen steuerlich zumindest ein Mysterium ist, bzw. steuerlich oft einmal einfach ignoriert wird. Das sehen wir auch in Monaco z.B., da hat man mit der Stiftung ein geringeres Anerkennungsproblem, aus Pflichtteilsüberlegensansprüchen, als mit dem Trust, im Sinne von Recognition ist der Trust im angelsächsischen Raum zu Haus, und die Stiftung im kontinentaleuropäischen, und genauso handhaben es auch die Behörden, also wirklich im Individualfall schauen, das Ziel kann man mit beiden erreichen, es sind nur unterschiedliche Wege.

15:08 - Die Handhabung der Schenkungsteuer in Liechtenstein

Magnus: Wie ist es, wenn ich Allgemeinvermögen in die Liechtensteiner Stiftung übertrage, fällt dann Schenkungsteuer an, oder was ist damit?

Dr. Nesensohn: Hängt davon ab, wo Sie steuerpflichtig sind. Wenn Sie das aus Deutschland heraus machen, dann wäre das eine Schenkung, hängt wiederum davon ab, wie die Stiftung ausgestaltet ist, wenn die Schenkung, sage ich, widerruflich ist, dann könnte das steuerneutral sein, wenn Sie es an eine Stiftung geben, die jetzt intransparent ist und eine Ermessensstiftung ist, dann haben Sie Schenkungsteuerklasse die schlechteste, aber das hängt ganz von dem Land ab, in dem Sie sich aufhalten und von Ihrer persönlichen Steuersituation. In Deutschland ist das etwas speziell, weil Sie die Schenkungsteuerpflicht hängt auch ein bisschen an Ihrer Staatsbürgerschaft, selbst wenn Sie wegziehen.

15:58 - Wie sinnvoll ist die Liechtensteiner Stiftung für in den USA lebende Deutsche?

Magnus: Okay, ich würde gern vielleicht noch einen anderen Themenbereich mit anreißen. Sebastian, Du hast ja auch immer wieder mit Unternehmern zu tun, die in den USA leben, sei es über Green Card oder über ein entsprechendes Visum. Wenn ich bei denen jetzt den Vermögensschutz in den Fokus richte, Herr Dr. Nesensohn, würden Sie sagen, hier ist die Liechtensteiner Stiftung auch ein sinnvolles Modell, wenn ich als Deutscher in den USA lebe?

Dr. Nesensohn: Im Sinne von Asset Protection jedenfalls, wenn Sie an das Schadenersatzrecht in den USA denken, Primitive Damages sind in Liechtenstein nicht vollstreckbar, Liechtenstein hat überhaupt keine Vollstreckungsübereinkommen, außer mit der Schweiz und mit Österreich, sie müssten also hier den jeweiligen Rechtsstreit wieder von vorne beginnen, also wenn Sie einen amerikanischen Titel haben. Der Nachteil der Liechtensteiner Stiftung mit den USA ist, dass das Reporting, wie bei allen Auslandsbeziehungen aus Sicht der USA ein wesentlich aufwendiger ist. Also das wird buchhalterisch und steuererklärungsmäßig aufwendig, aber das ist dann auch der einzige Nachteil, muss ich sagen. Also im Sinne von Scheidungen oder Schadenersatzklagen ist hier der Vermögensschutz deutlich, deutlich verbessert. Wenn Sie aus den USA heraus gründen, ist das ein Null-Event, weil die USA durchschauen, das nennt sich dann Grantor Trust, d.h. das Vermögen und das Einkommen wird dem US-Stifter sowieso zugerechnet, also steuerlich ist das ein Null-Event. Und in den USA, das US-Steuersystem erlaubt relativ viel Tarnungsfreiheit, die wissen jedenfalls mehr als die europäischen, und sie könnten es mit der Stiftung völlig legal schaffen, z.B. die Erbschaftsteuer für eine Generation zu überspringen. Die haben einen Aufschub, da sparen Sie es natürlich nicht auf ewig, aber einen Aufschub könnten Sie erzielen.

17:37 - Vorteil der Liechtensteiner Stiftung gegenüber dem Trust

Magnus: Ist ja durchaus was, was interessant ist, Sebastian, oder für die Unternehmer, die Du in den USA betreust.

Sebastian: Ja, absolut, wie gesagt, natürlich in den USA ist ja mit den Trusts immer so erfreusam, aber wie Herr Dr. Nesensohn schon gesagt hat, also ich meine, wenn man es sich mal ganz konkret anschaut, ja, wenn man das Thema Vermögensschutz nimmt und man hat einen Trust und es wird geklagt, und es liegt ein Titel vor, dann sind die US-Trustees die ersten, die sofort das Vermögen rausgeben, nach Erfahrungsberichten, so die ich gehört habe, also die Sicherung ist, die ist nur, sagen wir mal, gedacht, also, die ist nicht wirklich vorhanden, ja, das ist so ein bisschen so eine Phantasie, ja. Wir kennen in der Tat viele US, oder nicht viele, aber einige US Berater, die sogar sagen, dass es besser ist, womöglich Stiftungen oder Trusts offshore zu gründen, oder eben eine Stiftung in Liechtenstein, z.B., auch für Erstvermögen, weil das tatsächlich dann die gewisse Undurchlässigkeit im Sinne von Vermögensschutz auch generiert, weil eben US-Gerichte dort letztlich keine Befugnis haben, ja, dass es entsprechend keine Vereinbarung gibt, und das ist dann viel schwerer, an das Vermögen in einem Haftungsfall oder so dann ranzukommen.

18:46 - Die steuerliche Belastung für eine Stiftung in Liechtenstein

Magnus: Daraufhin geht Herr Dr. Oliver Nesensohn noch einmal genauer auf die steuerliche Belastung für eine Stiftung in Liechtenstein ein.

Dr. Nesensohn: Ja, aus Steuersicht haben wir zwei Kategorien von Stiftungen. Das eine ist die BVS, d.h. das ist die [unverständlich] Struktur, das ist die klassische Stiftung mit einem Bankkonto, der Klient darf nicht beteiligt sein in der Stiftungsverwaltung und die Stiftung darf auch keine verzinslichen Darlehen oder Darlehen an Dritte gewähren, das sind so die groben Kriterien, und wenn man diese Voraussetzung erfüllt, gilt man als BVS, das hat den Vorteil, dass man keine Steuererklärung abgeben muss, keine Bilanz einreichen muss, und lediglich mit 1.800 Franken pro Jahr besteuert wird, egal wieviel Gewinne die Stiftung macht. Die BVS darf nicht an Doppelbesteuerungsabkommen teilnehmen, die qualifiziert dafür nicht. Die andere, die regulär besteuerte Stiftung, die unterliegt im Prinzip einem 12,5%igen Erwerbssteuersatz, hat aber den Vorteil, dass sie bei Doppelbesteuerungsabkommen partizipieren kann, z.B. die Schweiz hat 35% Quellensteuer, da kommt man mit einer regulär besteuerten Liechtensteiner Stiftung, so sie denn intransparent ist, auf gut 5% herunter, das macht einen Unterschied aus. Und 12,5% Erwerbssteuer, das ist einmal der Basisansatz, jetzt ist aber die Bemessungsgrundlage für diese Steuer ist relativ ausgedünnt, d.h. Kapitalgewinne und ausländische Liegenschaftserträge fallen nicht in diese Bemessungsgrundlage hinein, d.h. die bleiben steuerfrei und außenvor. Zinserträge wären steuerpflichtig, Kapitalgewinne aus Wechselkursgewinnen oder aus Goldverkäufen, die wären voll steuerpflichtig, aber Liechtenstein kennt einen 4%igen Eigenkapitalzinsabzug, d.h. wenn die Stiftung ein Kapital von 1 Million hat, würden fiktiv Kosten von 4% abgezogen werden. Die 4% stimmen nicht ganz genau, das ist eine Formel, die wird ein bisschen adjustiert, also das führt hier zu weit in der Diskussion, gehen wir jetzt mal von einem 4% Eigenkapitalzinsabzug aus, d.h. bei 1 Million haben Sie jedenfalls einmal schon 40.000 Kosten, die Sie durch, von mir aus, Währungsgewinne wettmachen können, also in diesem Umfang würden Währungsgewinne auch nicht besteuert werden, und sämtliche Dividenden und Kapitalerträge auf Wertstiften, die blieben sowieso steuerfrei. Also nicht die Besteuerung, man kann ein bisschen damit jonglieren, natürlich über die Vermögensverwaltungen, und auch so, ofteinmal auf die 1800 Steuer herunterkommen.

21:28 - Über die Vermögenshöhe bei der Gründung einer Liechtensteiner Stiftung

Magnus: Wichtig dabei ist die Vermögenshöhe zu kennen, ab der es erst Sinn gibt, eine Liechtenstein Stiftung zu gründen.

Dr. Nesensohn: Ja, ich würde sagen, so Daumen mal Pi, würde ich das bei 5 Millionen ansiedeln, weil der regulatorische Aufwand in den letzten Jahren ist so gestiegen, dass die alte 1 Million fairer Weise nicht verkauft werden sollte, darauf man für FATCA, und für CRS und die lokalen Reportings, dass es unter 5 Millionen keinen Sinn mehr macht.

22:00 - Der Stellenwert der Transparenz einer Liechtensteiner Stiftung

Magnus: Dann lenkt Sebastian das Gespräch noch einmal zum Thema der Transparenz einer Liechtensteiner Stiftung.

Sebastian: Was ja heutzutage doch für viele Mandanten Thema ist, ist ja jetzt so Thema wie Transparenz, alles ist immer öffentlich, jede Information, jetzt gibt es Transparenzregister in allen Ländern nach der Anti Money Laundering Direktive der EU, es geht jetzt gar nicht hier um gegenüber Behörden usw. und gegenüber der Steuer nicht transparent zu sein, aber neulich kam ein Mandant zu mir und hat gesagt, jetzt weiß ja sogar der Nachbar, wieviel er genau verdient, er muss ja einfach nur in Handelsregister reinschauen. Bietet eine Stiftung hier die Möglichkeit gegenüber der Öffentlichkeit einen gewissen Sichtschutz zu bieten, natürlich, wie gesagt nicht gegenüber Behörden oder Banken oder so was, aber gegenüber der Öffentlichkeit, kann da eine Stiftung ein effektiver, sage ich mal Sichtschutz sein?

22:50 - Die Liechtensteiner Stiftung und ihr Sichtschutz

Dr. Nesensohn: Ja, wir haben ja auch das Eigentümerregister, das ist ja diese Erfindung des EU Parlaments, die gilt auch hier in Liechtenstein, allerdings haben die Staaten das nicht alle gleich umgesetzt, und Liechtenstein ist hier am unteren Ende geblieben, d.h. das Register gibt's, sukzessive dürfen auch immer mehr Personen Einsicht nehmen, heute sind das die Strafverfolgungsbehörden, die FMA, die FIU, also die Financial Intelligence Unit und die Steuerverwaltung. Hinzu kommen jetzt die Banken, wenn sie dies zu Sorgfaltsrestrikten benötigen. Der Zugriff auf diese Daten ist etwas beschränkt in Liechtenstein, wird sich aber auch über die Zeit so entwickeln, dass dann letztendlich jeder hineinsehen kann. Was in Liechtenstein im Register aber ersichtlich ist für eine Stiftung, das ist, bis zum heutigen Tage sind das, also ich rede jetzt von einer Ermessensstiftung, nicht von einer durchsichtigen, der Begünstigtenberechtigten, sondern von einer wirklichen Ermessensstiftung, das wären nur die Organe, als die Personen, die Kontrolle haben, das wurde mit 01.04.2021 jetzt geändert, wir müssen jetzt auch den Stifter eintragen ins Register, allerdings ist die Information über den Stifter nicht zugänglich, d.h. den Strafverfolgungsbehörden ja, aber die Banken, z.B. nicht, und die Öffentlichkeit in weiterer Folge auch nicht. Ob das in Zukunft auf alle Ewigkeit so haltbar ist, kann ich nicht sagen, aber status quo sieht man den Stifter nicht, nach wie vor sieht man nur die Organe bei Ermessensstiftungen.

Sebastian: Ja, gut, das ist halt so eine Sache, das ist halt einfach, das ist halt so ein Thema, da muss man einfach lernen, damit zu leben, ja, wie man so schön sagt. Wichtig, gegen den Strom zu schwimmen.

24:42 - Der Weg Luxemburgs

Dr. Nesensohn: Luxemburg ist einen anderen Weg gegangen, die haben gesagt, wir machen da sowieso alles öffentlich, da machen wir keine Hindernisse, aber wir sind relativ großzügig, wenn Klienten sagen, wir haben spezielle Gründe, warum wir nicht wollen, dass wir öffnen die Hauptscheine. Wie das die Luxemburger dann in der Praxis im Detail handhaben, weiß ich nicht, aber das ist der Ansatz Luxemburgs gewesen. Liechtenstein, Luxemburg haben das gemeinsam begonnen, eigentlich auf der Schiene Liechtenstein zu spielen, dann ist Luxemburg ausgeschert und Liechtenstein ist jetzt im Prinzip allein im Interesse an diesen Handhabungen, aber noch ist's restriktiv.

Sebastian: Interessant.

25:15 - Über die Angst, die Kontrolle über das Vermögen zu verlieren

Magnus: Wie begegnen Sie der Sorge, wenn ein Stiftungsgründer Angst hat, dass er die Kontrolle über sein Vermögen verlieren würde?

Dr. Nesensohn: Ja, provokant formuliert, würde ich sagen, die Sorge ist berechtigt, das ist ja auch das Ziel, das Ziel [unverständlich] verfolgt. An die Erben gerichtet, würde ich sagen, die Stiftung ist der natürliche Feind der Erben, weil sie verhindert, dass die Erben unter Umständen nicht alle sofort bekommen, hängt davon ab, was der Stifter vorsieht, aber in der Stiftung haben wir endlich Spieldaten von der Totalkontrolle des Gründers bis zur Aufgabe jeglicher Kontrolle, also das hängt ganz von der Ausgestaltung ab. Im Gegensatz zum Trust kann sich der Stifter ein Kontrollrecht, ein unmittelbares Instruktionsrecht vorbehalten, deswegen ist die Stiftung trotzdem eine Stiftung, der Trust hätte damit ein Existenzproblem. Also, wir können 100% Kontrolle bis zu 0 sämtliche Spielarten haben. In der Praxis wird oft gewählt, dass sich der Gründer, oder auch ein Vertrauter des Gründers als Protektor ein Abrufungsrecht des Stiftungsrates vorbehält, das führt in den meisten Fällen, zumindest nach CAS, nicht zur Kontrolle über die Stiftung per Definitionen, weil er sich das Vermögen nicht unmittelbar selbst aneignen kann, aber faktisch kann das natürlich zur Kontrolle führen.

26:46 - Die Wichtigkeit des Vertrauensverhältnisses auf beiden Seiten

Magnus: Wie siehst Du das, Sebastian, wenn Mandanten bei Dir einen Trust gründen möchten?

Sebastian: Es ist dann immer ein wichtiger Vertrauenspunkt, es gibt auch, leider muss man sagen, in jeder Branche schwarze Schafe, natürlich, die meisten machen dann schlechte Erfahrungen, aber gut, es ist eben so, wie es ist, also wenn man nicht in der Lage ist, entsprechend erstens zu vertrauen, zweitens einen professionellen Anbieter zu suchen, drittens die Dinge so aufzusetzen, dass sie dann auch funktionieren, dann kann man halt solche Instrumente auch nicht nutzen, das ist halt einfach so, wenn man da zu sehr paranoid ist und so, dann geht das einfach nicht, dann muss man halt damit leben.

Dr. Nesensohn: Ich glaube, es ist ganz wesentlich, dass die Stiftung oder der Trust so aufgesetzt wird, dass er seine Funktion erfüllen kann, und zwar unabhängig davon, wer im Organ sitzt, das ist die Grundvoraussetzung. Und über die Jahre hinweg bildet sich auch ein Vertrauensverhältnis auf beiden Seiten, man sieht, passt man zum Klienten und umgekehrt. Und wenn nicht, dann muss man das zurechtrücken. Aber wesentlich ist, dass das Setup funktioniert, egal ob mich morgen ein Auto überfährt oder nicht, und das schafft auch Vertrauen und, ja ohne Vertrauen geht es sowieso nicht, aber das Vertrauen ist gegenüber der zweiten Generation nicht unbedingt gegeben, weil die zweite Generation sieht einen vielleicht auch ein bisschen als Gegner, zumindest am Anfang, bis man sich aneinander gewöhnt sind, weil jetzt stirbt er, der Papa, und dann kommen die, und dann muss man ihnen sagen, ja, es ist leider, schauen Sie, wir haben's, Sie bekommen jetzt einmal die nächsten fünf Jahre nur den Income. Und der hat vielleicht schon große Pläne gehabt, kommt nicht besonders gut an, und dann werden die unterschiedlichsten Vorschläge gemacht, also, man muss eigentlich immer abwehren. Also, ist schwierig, aber deshalb muss auch die Dokumentation belastbar sein, das nimmt einem auch den Druck, natürlich, weil man dann sagen kann, das ist so vorgesehen vom Stifter, ja, müssen wir halt umsetzen.

28:53 - Die Handhabung der Vermögenssteuer

Magnus: Ein Thema würd' mich aktuell noch interessieren, jetzt ist ja hier große Corona-Pandemie, vor der Kamera müssen wir zum Glück noch nicht mit Maske sitzen, aber viele Unternehmer, viele Vermögende haben Angst vor einer Corona-Vermögenssteuer. Jetzt können wir alle nicht in die Glaskugel schauen, aber würden Sie die Liechtenstein Stiftung als Schutz vor solch einer Maßnahme sehen, vor einer Corona-Vermögenssteuer?

Dr. Nesensohn: Primär ist das schon, hängt immer davon ab, wie aggressiv das Heimatland das dann verfolgt, unter uns gesagt ist der Schwachpunkt des Stiftung und der Struktur der Klient selbst, weil er sich exponiert in dem Land, in dem ihm die Steuerschraube angesetzt wird, dass Deutschland z.B. eine Vermögenssteuer in Liechtenstein gegen Stiftungen durchsetzt, nur weil wir einen deutschen Steuerpflichtigen als Gründer haben, das sehe ich nicht, da wird halt der Druck auf den deutschen Steuerpflichtigen ausgesetzt, sondern wahrscheinlich in einer gesetzlichen Fiktion angenommen, das Vermögen ist ihm sowieso zuzurechnen, dann ist natürlich schwierig, wenngleich Deutschland auf sein deutsches Vermögen nicht darauf das liechtensteinische, das können Sie nicht.

Sebastian: Also hier ist sicherlich auch ein Grund, dann zu sagen, warum z.B. jetzt die Stiftung in Liechtenstein besser ist als vielleicht eine Stiftung in Deutschland, soweit ich das weiß, wobei ich nicht sicher bin, ob das korrekt ist, aber mir hat mal jemand gesagt, dass z.B. das Vermögen in einer deutschen Stiftung erst geschützt ist nach einem Jahr, aber davor immer noch ggf. rückabgewickelt und darauf zugegriffen werden kann.

30:21 - Die Sicherheit einer Liechtensteiner Stiftung

Dr. Nesensohn: Ja gut, wir haben auch ein Anfechtungsrecht, was weiß ich, wenn jetzt einer sehenden Auges seine Gläubiger benachteiligt, dann kann natürlich die Zuwidmung an die Stiftung auch für eine gewisse Zeit angefochten werden. Aber nicht einfach nur so, dass man standardmäßig ein Jahr lang hält das Ganze sowieso nicht und kann jederzeit rückabgewickelt werden, das gibt es also nicht. Im Sinne von Vermögenssteuer, wenn die Stiftung transparent aufgesetzt ist und das Vermögen nicht den Gründern zuzurechnen ist, aufgrund einer rechtlichen Fiktion, dann sollte das Vermögen eigentlich sicher sein. Also, in Ihrem ursprünglichem Fall ein schon lange aus Deutschland Weggezogener gründet eine Stiftung aus Dubai und zieht dann nach Deutschland zurück, und wenn das eine Ermessensstiftung ist, dann sehe ich nicht, wie Deutschland argumentieren kann, dass dieses Vermögen hinzuzurechnen ist, und deshalb mit der Vermögenssteuer besteuert werden sollte.

31:33 - Über die Eröffnungskosten einer Liechtensteiner Stiftung

Magnus: Okay, dann vielleicht zum Abschluss eine Frage, die unsere Zuhörer interessieren könnte, bevor Sie jetzt gleich, Herr Dr. Nesensohn kontaktieren würden, mit welchen Kosten muss ich denn für den Aufsatz einer Stiftung rechnen, und was ist der jährliche Unterhalt, in etwa so eine Hausnummer.

Dr. Nesensohn: Ja, also die Hausnummer ist, wir fangen für die Gründung so bei CHF 5.000 an, für unsere Kosten, da müssen Sie mit Nebenkosten von ca. CHF 1.000 für die Behörden rechnen, wir haben 7,7% Mehrwertsteuer, die kommt obendrauf, und jährlich wäre das auch das Gleiche für die Verwaltung, dazu kommen ca. 1.200 für die verschiedenen Reportings und die FATCA, CRS und Sorgfalt, also sind wir so bei 6.500 netto, je nachdem, ist es eine BVS, brauchen Sie eine gute Bilanz dazu, bei einem Einstieg sind die Bankkonto, sage ich mal, Daumen mal Pi bewegen wir uns so bei zwischen CHF 1.500 und CHF 2.000 , und dann haben wir natürlich Zusatzkosten, die rechnen wir als Anwälte, bzw. im Sinne von stundenmäßigen Aufwendungen ab, da gibt es vierteljährlich ein Leistungsjournal, da sieht man genau, was wofür bezahlt wird, und das richtet sich halt nach dem Aufwand logischerweise, wenn wir reisen müssen, kommt in letzter Zeit wenig vor, aber wenn wir Verträge aushandeln, Liegenschaften kaufen, Unternehmen kaufen oder verkaufen, bei Statuten, Statuten ändern, alles mögliche, das käme halt dann obendrauf.

Magnus: Wunderbar, vielleicht können Sie noch kurz sagen, wie man Sie erreichen könnte, wenn man jetzt an einer Liechtenstein Stiftung interessiert ist.

32:55 - Kontaktdaten bei Interesse an einer Liechtensteiner Stiftung

Dr. Nesensohn: Ja, ich bin sowohl telefonisch wie auch per E-Mail im Prinzip rund um die Uhr erreichbar, telefonisch nicht ganz rund um die Uhr, aber meine Telefonnummer wäre hier im Büro 00423 239 9696, meine Mobilnummer ist 0041 79 963 8878, und meine E-Mail-Adresse wäre o.nesensohn@lnr-law.com. Unsere Website wäre auch www.lnr-law.com

Sebastian: Wunderbar, Herr Dr. Nesensohn, herzlichen Dank für die ausführlichen Informationen, das war sehr interessant, haben wir einiges hier gelernt über die Stiftung in Liechtenstein, sehr interessantes Thema.

33:57 - Die Zusammenfassung der wichtigsten Punkte

Magnus: Nach dem Gespräch habe ich mich noch einmal mit Sebastian zusammengesetzt, um die wichtigsten Aspekte, die Herr Dr. Nesensohn erwähnt hat, zusammenzufassen und in einen Kontext einzuordnen.

Sebastian: Ja, sehr interessantes Gespräch mit dem Herrn Dr. Nesensohn in Liechtenstein, jetzt ist natürlich klar, dass so eine Stiftung schon nochmal für viele Unternehmer da eine ganz andere Kategorie ist und auch eine ganz andere Hausnummer ist und für viele wahrscheinlich auch schlicht und ergreifend nicht möglich, bzw. nicht nötig ist.

Magnus: Weil die Zielsetzung eine andere ist, oder warum meinst Du?

Sebastian: Ja, weil einfach sich das in der Praxis wahrscheinlich jetzt gar nicht groß tatsächlich so umsetzen lässt, also so, dass man jetzt wirklich dort profitieren könnte. Es fängt ja schon damit an, die wenigsten von uns in der glücklichen Lage sind, ein Vermögen zu haben und 5 Millionen, was Herr Dr. Nesensohn als den Minimaleinstieg für die Stiftung genannt hat.

Magnus: Weil die entsprechende Verwaltung aufwendig ist, die man berücksichtigen muss.

Sebastian: Ja, genau. Viele Unternehmer machen sich natürlich jetzt hier auch gerade wegen Corona Gedanken dazu, wie Vermögen geschützt werden kann. Natürlich grassiert die Angst vor einer Vermögenssteuer, es gibt ja in Deutschland doch ein sehr großzügiges Modell, das nach zehn Jahren beim Verkauf von Immobilienbesitz man sich außerhalb der Spekulationsfrist befindet und dafür Immobilien insofern steuerfrei verkauft werden können. Es ist offensichtlich im Gespräch bei deutschen Parlamentariern, dass diese Frist abgeschafft, oder zumindest abgeschwächt wird, was dann bedeutet, wenn man Immobilien verkauft, nach zehn Jahren die nur noch zum Teil steuerfrei verkauft werden können, bzw. dass die zehn Jahre verlängert werden auf 15 Jahre, oder was auch immer.

Magnus: Und dann zum individuellen Einkommensteuersatz versteuert werden müssen.

Sebastian: Ja, oder Kapitalertragsteuersatz, das ist, wie gesagt, ich habe da keine zusätzliche Information, aber ich habe andere, die haben mir, ich meine, wir kennen Parlamentarier, wo das so diskutiert wird, keine Ahnung, also, ich meine, ich weiß nicht wie das ist, aber ...

Magnus: Wir wissen auf jeden Fall, Corona kostet viel Geld.

Sebastian: Genau, und insofern würde man sich dort auf jeden Fall Gedanken dazu machen, wie man Vermögen schützen kann, Stiftung ist eine Sache, ich meine jetzt gerade hier bei den Immobilien gibt es natürlich auch andere Lösungen, also wir haben Mandanten, die haben größere Immobilienvermögen gehabt, die haben dann diese schlicht und ergreifend in eine Kapitalgesellschaft verpackt und haben dann die mit Schulden beladen, die Kapitalgesellschaft. Insofern ist das dann auch, dann sind die Immobilien auch wertlos, dann gibt es keine Vermögenssteuer. Die Frage stellt sich einfach, ohne die Stiftung kann möglicherweise hier ein geeignetes Instrument sein, vornehmlich natürlich aber ist die Stiftung im Hinblick auf die Nachlassplanung interessant, Erbschaftsteuer ist ein Punkt, aber was Herr Dr. Nesensohn ja sehr eindrücklich auch berichtet hat, ist, dass man ja im Grunde genommen steuern kann, was mit dem Vermögen passiert. Und vor allem, wenn man jetzt Projekte hat oder Unternehmen aufgebaut hat und möchte nicht, dass das die Nachkommen zerfleddern, man möchte das nicht vererben, man möchte nicht, dass das rausgeholt, man möchte nicht, dass es verkauft wird, sondern man möchte es weiter behalten.

Magnus: Wenn mein Lebenswerk erhalten bleiben soll.

Sebastian: Ja, genau, ich meine unter dem Gesichtspunkt finde ich die Stiftung interessant. Ob jetzt damit Erbschaftsteuer gespart werden wird oder nicht ist mir eh egal, ich bin ja eh dann tot, ...

Magnus: Aber das heißt, ich kann in den Stiftungszweck einfach reinschreiben, dieses und jene Bedingung muss erfüllt werden.

Sebastian: Ja, ich kann da reinschreiben, dass der Gewinn des Unternehmens dazu verwendet wird, hauptsächlich das Unternehmen zu erhalten und dass meine Nachkommen jeden Monat € 5.000 erhalten, solange das Unternehmen es finanzieren kann, aber das Unternehmen als solches weiter bestehen bleibt.

Magnus: Das heißt, auch wenn derjenige, der erbt, eigentlich überhaupt keinen Bezug zum Unternehmen hat, sein Lebensunterhalt ist gesichert, aber der kann die Firma nicht verkaufen.

Sebastian: Genau, er hat da keinerlei Einfluss drauf, außer dass er sagen kann, er hat jetzt dort, also was halt der Stifter festlegt. D.h. der Stifter beauftragt ja ein Unternehmen, wie einen Treuhänder, wie einen Herrn Dr. Nesensohn damit, das Ganze zu verwalten, und der ist dann, so lange wie die Stiftung festschreibt, für eine Generation, für zehn Jahre, für hundert Jahre dafür verantwortlich, dass entsprechend dann der Stiftungszweck erfüllt wird.

Magnus: Ja, da fand ich interessant, wie er auch gesagt hat, dass die Beziehung zu dem Verwalter auf jeden Fall passen muss, zwischen Mandant und Stiftungsverwalter.

Sebastian: Das heißt, wir haben ja auch in Deutschland doch jetzt etliche Unternehmen, Industrieunternehmen, die vor 150 Jahren oder so gegründet wurden, so die traditionellen Thyssen, Krupp usw., die ja alle auch in Familienstiftungen eingegliedert wurde, in Deutschland, nicht jetzt in Liechtenstein, aber genau aus dem Zweck, weil ich meine, jeder weiß ja, wie das mit den Erben ist, und dass die im Grunde die Tendenz haben, die Sachen zu ruinieren, weil sie gar nicht, weil sie nur aufs Geld scharf sind und jetzt sich gar nicht dafür interessieren, was derjenige dort aufgebaut hat. Und dort kann ich natürlich dann bestimmen, dass das genau nicht passiert. Und vor dem Hintergrund finde ich eine Stiftung interessant, alle anderen Punkte, wie jetzt da Steuern sparen oder zu sagen, naja gut, ist interessant Erbschaftsteuer zu sparen, das ist interessant natürlich, weil das nicht weitergegeben werden kann. Aber jetzt irgendwie zu sagen, dass man da was versteckt, oder dass das wie eine private Geldbörse ist, das finde ich alles, ich glaube, das ist nicht mehr zeitgemäß, heutzutage funktioniert das nicht. Und ich meine, man hat ja den Vorteil, wie gesagt, dass Liechtenstein jetzt gerade mit Deutschland sehr gut zusammenarbeitet. Das ist natürlich hier ein Vorteil, weil früher konnte ich sagen, okay, ich kann auf keinen Fall irgendwas in Liechtenstein machen, weil Du stehst sofort unter Verdacht, hier nicht mit offenen Karten zu spielen. Mittlerweile kann ich das ja ohne Weiteres machen, und ich kann also mir diese Qualität der Dienstleister und die lange Historie, die in Liechtenstein vorhanden ist, was Stiftungen betrifft, zu Nutzen zu machen, ohne fürchten zu müssen, dass ich dort angesschenchwärzt werde. Und das ist eigentlich für mich und unsere Mandanten eigentlich der entscheidende Vorteil, meiner Meinung nach, also bleibende Werte zu schaffen. Mit deutschsprachiger Betreuung und einem sehr hohen professionellen Standard. Jetzt gibt es da ein paar steuerliche Vorteile, aber ich glaube nicht, dass die im Vordergrund stehen dürfen.

Magnus: Genau, also primär Vermögensschutz langfristig und den Nachlass in irgendeiner Form zu organisieren.

Das war Perspektive Ausland – Der Podcast für alle Unternehmer, die es ins Ausland zieht. Bis zur nächsten Folge.

Ressourcen:

Sebastian Sauerborn: LinkedIn

Dr. Oliver Nesensohn:

Kanzlei LNR Rechtsanwälte

Vaduz (Fürstentum Liechtenstein)

lnr-law.com

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Sebastian Sauerborn Sebastian Sauerborn

Leben & Arbeiten in Bulgarien

Bei Bulgarien denken wohl die meisten erst an Korruption und Bananenrepublik – wie kann man da nur leben! Offensichtlich wohl doch recht gut, denn die Anfragen von Unternehmer, Selbständigen und digitalen Nomaden bezüglich Bulgarien steigen. Es scheint, als hätte Bulgarien einiges zu bieten.

Zu Gast: Rechtsanwalt Konstantin Ruskov

In dem heutigen Podcast (Episode #EP02) sprechen wir mit unserem Gast, Herrn Konstantin Ruskov, einem erfolgreichen Rechtsanwalt mit umfassender Lebens- und Berufserfahrung als in Deutschland und Bulgarien unter anderem über die steuerlichen Rahmenbedingungen in dort. Bulgarien ist 2007 der EU beigetreten und wird immer mehr ein attraktives Zielland für viele Unternehmer.

Digitale Nomaden und Mandanten aus aller Welt

Herr Ruskov ist gebürtiger Bulgare, hat sein Jurastudium in Leipzig sehr erfolgreich absolviert und schon während seines Studiums dort in einer großen Kanzlei wertvolle Erfahrungen im Insolvenz- und Wirtschaftsrecht sammeln können. Seit 2009 ist er wieder in Bulgarien und leitet dort seine wachsende Anwaltskanzlei mit aktuell 20 Mitarbeitern. Viele digitale Nomaden, z.B. aus Deutschland und Österreich, und mittlerweile auch aus Russland, China und den USA holen sich bei ihm Rat.

Bulgarien als potentieller Unternehmensstandort

Für kleinere Unternehmer eignet sich Bulgarien recht gut, denn aufgrund der niedrigen Investitionskosten, wie z.B. relativ niedrige Gehälter und Mieten, und dem relativ einfach gestrickten Flat Tax System von 10% ist Bulgarien vor allem für Investoren aus der IT Branche ein attraktives Ziel, was an der kürzlich hohen Anfrage von Krypto- und Aktienhändlern zu sehen ist. Lediglich größere Investoren machen noch einen Bogen um Bulgarien, denn die schleppenden Verwaltungsverfahren und der nicht einfache Aufbau einer Fabrik oder Halle lassen das vorhandene Interesse leider schnell wieder schwinden. Die Bürger Bulgariens aber wollen Veränderung und gehen auf die Straße, was den diesjährigen Wahlergebnissen zu entnehmen ist, denn die Regierung der vergangenen zehn Jahre hat schlechter abgeschnitten als bisher. Wahrscheinlich wird noch etwas Zeit vergehen, bis sich die Lage ändert, aber Veränderung geschieht nicht über Nacht.

Korruption nicht überall

Bei Bulgarien denken viele auch immer wieder an Korruption, das leidige Thema, aber obwohl es sie dort vor allem bei größeren Investitionen immer noch gibt, kann man, wie man vielleicht denkt, durch einen entsprechenden Schein unter seinem Antrag bei der Anmeldung außer einem Strafverfahren wegen Bestechung wenig erreichen.

Maximal 10% Flat Tax Einkommensteuer

Noch ein Wort zu dem Flat Tax System, denn zu den nur 10% Einkommensteuern kommen für Selbständige auch noch die attraktiven pauschalen 25% Ausgaben, die angerechnet werden, ob sie anfallen oder nicht. Somit beläuft sich der gesamte Steuersatz auf lediglich 7,5%, was schon ein wesentlicher Unterschied zu anderen Ländern ist.

Bulgarisches Bankwesen

Selbstverständlich sind die Banken auch ein Thema, denn ein Konto wird benötigt, und die Eröffnung ist auch in Bulgarien, wie fast überall, nicht so ganz einfach. Ein bulgarisches Konto ist zudem erforderlich, denn Sozialabgaben, Versicherungen, Steuer, etc. können nur durch ein bulgarisches Konto bezahlt werden. Zahlungen von einem ausländischen Konto werden nicht anerkannt.

Lebenshaltungskosten Bulgarien

Neben der Anmeldung und einem Bankkonto darf man seine Unterkunft nicht vergessen, und eine solche ist mit ca. 500 € für etwa 90 m2, recht gut möbliert in Sofia, nahe am Stadtzentrum, nun wirklich nicht überteuert. Wer sucht, der wird auch finden, denn es gibt viele Anbieter im Netz.

Ein Leben in Bulgarien

Herr Ruskov sagt es so schön, wenn man in Bulgarien nicht alleine sein möchte, dann muss man es auch nicht. Wer als Deutscher Kontakt zu anderen Deutschen wünscht, wird über ausreichend Netzwerke fündig und kann sich regelmäßig treffen und austauschen. Wer darüber hinaus bulgarisch lernt, wird auch unter den Einheimischen Kontakte finden. Selbstverständlich gibt es dort auch deutsche Schulen und eine gute Anzahl an täglichen Flugverbindungen in die Heimat, es ist für alles gesorgt.

Kontaktdaten und Links:

Konstantin Ruskov

Homepage: www.ruskov-law.eu

Email:          office@ruskov-law.eu

Telefon:       Leipzig: +49 341 392 83 40

                 München: +49 89 21 55 07 31

Sofia/Bulgarien. +359 2 868 45 99

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Timestamps

00:00   -   Intro

00:18   -   Begrüßung und Einleitung

00:48   -   Vorstellung Rechtsanwalt Konstantin Ruskov

02:35   -   Bulgarien ist keine Bananenrepublik mehr

03:13   -   Die Kanzlei und der Wirkungskreis von Herrn Ruskov

03:53   -   Bulgarien als neuer potentieller Lebens- und Unternehmensmittelpunkt

08:11   -   Flat Tax System in Bulgarien und die Anrechnung der Ausgaben

12:05   -   Als digitaler Nomade nach Bulgarien – Anmeldung, Wohnung, Konto

15:56   -   Korruption in Bulgarien

17:43   -   Digitalisierung in Bulgarien

18:19   -   Besteuerung in der Crypto und Trading Branche

22:04   -   Aufbau einer Gesellschaft aus dem Ausland mit inländischem Geschäftsführer

24:17   -   Unterkunft finden in Bulgarien

25:57   -   Sofia als Ort für Unternehmer

27:17   -   Leben und Lifestyle in Bulgarien

29:00   -   Umzug mit der Familie – Kinderbetreuung und Schulen

30:13   -   Flugverbindungen von und nach Sofia

31:33   -   Bulgarischer Wein

31:47   -   Make a Long Story Short – Kurze Fragen, Kurze Antworten

33:34   -   Kontaktdaten Konstantin Ruskov und Verabschiedung

34:06   -   Digitale Nomaden und Steuerpflicht

44:33   -   Verabschiedung und Abspann

Mitschrift zur Folge 2 von Perspektive Ausland

Perspektive Ausland – Der Podcast aus London für alle Unternehmer, die es ins Ausland zieht. Ermöglicht durch freundliche Unterstützung der Steuerkanzlei St Matthew aus London.

00:18 - Begrüßung und Einleitung

Herzlich Willkommen bei Perspektive Ausland, der Podcast für alle Unternehmer, die es ins Ausland zieht. Mein Name ist Sauerborn, außerdem mit dabei Sebastian Sauerborn als Gastgeber und Inhaber der Steuerkanzlei St Matthew in London.

Heute sprechen wir über Bulgarien, das Leben dort und natürlich auch über die steuerlichen Rahmenbedingungen. Dazu haben wir den Anwalt Konstantin Ruskov zu Gast. Er stellt sich zunächst vor, erzählt uns seinen Werdegang und was ihn an Bulgarien gereizt hat.

00:48 - Vorstellung Rechtsanwalt Konstantin Ruskov

Kontantin Ruskov: Hallo an alle Zuschauer, was mich an Bulgarien so gereizt hat, ja natürlich, ich bin in Bulgarien geboren und aufgewachsen, ich bin Bulgare.

Sebastian: Ist ein guter Grund, ja.

Magnus: Der geht auf jeden Fall für alle.

Konstantin Ruskov: Allerdings dann bin ich mit 19 Jahren nach Leipzig gegangen, um dort Jura zu studieren, hat sich im Nachhinein als eine sehr gute Entscheidung herausgestellt. Der Anfang war natürlich nicht sehr einfach, speziell in Deutschland Recht zu studieren, und noch dazu in Sachsen, gar nicht so leicht.

Sebastian: Man versteht ja auch niemanden, das ist das Problem (lacht).

Konstantin Ruskov: Ich war ein fleißiger Student, ich war fleißig genug, um beide Staatsexamina zu bestehen ohne nachholen zu müssen, was dazu geführt hat, dass ich 2016 mit dem zweiten Staatsexamen fertig war, und ich hatte schon fünf Jahre lang davor bei einer großen Kanzlei in Leipzig, die sich mit Insolvenzrecht beschäftigt hat einige Erfahrung im Wirtschaftsrecht gesammelt und dann im Jahr 2007 so in einer Art leicht geistiger Umnachtung, am Anfang war es nicht nur einfach, habe ich mich entschlossen, mich selbständig zu machen. Zwei Jahre lang war ich alleine im Einzelhandel in Leipzig, das war keine so schöne Zeit in meinem Leben. Dann habe ich gesehen, dass fast jeder, der mich aufsucht, hat irgendwie bald damit verbunden, dass ich Bulgare bin und natürlich, dass ich irgendwas in Bulgarien mach. Es war damals noch so, es ist manchmal immer noch so, viele in Deutschland, wenn sie Bulgarien hören, denken sie, Bulgarien ist ein Dritte Welt Staat, eine Bananenrepublik.

02:35 - Bulgarien ist keine Bananenrepublik mehr

Magnus: Genau, da muss man vielleicht mal einhaken, Bulgarien ist 2007 der EU beigetreten,

Kontantin Ruskov: Bulgarien ist 2007 der EU beigetreten. Meine persönliche Meinung ist, Bulgarien hat in sehr, sehr vieler Hinsicht nachzuholen, aber eine Bananenrepublik ist es nicht mehr. Das heißt, die EU Gesetzgebung greift, das Europäische Steuerrecht greift, Personenverkehr, Finanzverkehr, Dienstleistungsfreiheit, all das ist unproblematisch.

Magnus: Aber das heißt, jetzt im Moment sitzen Sie in Bulgarien, während wir sprechen.

03:13 - Die Kanzlei und der Wirkungskreis von Herrn Ruskov

Konstantin Ruskov: Ich bin in Sofia, ja. Ich bin 2009 insgesamt nach Bulgarien zurückgekehrt, alleine, und von da an ging es bergauf. Ich habe zur Zeit 20 Mitarbeiter - Anwälte, Juristen, Steuerberater, Buchhalter. Die Kanzlei ist zu einem Großteil auf das Wirtschaftsrecht ausgerichtet, über die Hälfte der Leute sind von der Steuerabteilung, fast alle unsere Mandanten sind Ausländer, also in Bulgarien Ausländer, sehr viele kommen aus Deutschland, Österreich, aber wir haben inzwischen Mandanten aus Russland, China, USA, …

03:53 - Bulgarien als neuer potentieller Lebens- und Unternehmensmittelpunkt

Magnus: Auch Sebastian wird von Mandanten immer wieder auf Bulgarien als neuer, potentieller Lebens- und Unternehmensmittelpunkt angesprochen.

Sebastian: Interessanterweise hatte ich jetzt die letzte Woche ein Telefonat mit einem Mandanten aus Deutschland, der nach Bulgarien umgezogen ist, schon vor fünf Jahren, und ja, der hat sehr gute Erfahrungen da gemacht, dem gefällt es da sehr gut, er hat den Umzug nicht bereut, er hat auch keinen Bulgarischen Hintergrund oder so, doch, ich glaub‘ seine Frau ist von Bulgarien, aber ja, ich meine, wir werden sicher darauf zu sprechen kommen. Herr Ruskov, in Bulgarien gibt es ja interessante, was Körperschaften betrifft, interessante steuerliche Modelle, und einen relativ geringen Körperschaftsteuersatz und es zieht natürlich viele Leute an, und insofern ist natürlich Bulgarien sicherlich auf dem Radar generell bei Unternehmern, die international tätig sind.

Magnus: Herr Rustov, können Sie den typischen Mandanten mal skizzieren, den Sie haben, der Sie anspricht, der sagt, ich möchte entweder eine Gesellschaftsform in Bulgarien gründen oder auch selbst meinen Lebensmittelpunkt nach Bulgarien verwandeln?

Konstantin Ruskov: Kann ich, natürlich, aber vorab möchte ich auch ein bisschen ausholen. Bulgarien ist in jeder Hinsicht noch nicht ganz in die EU gelangt, wir haben bedauerlicherweise großen Nachholbedarf in Rechtstaatlichkeit, die Gerichte funktionieren nicht immer so gut, meiner Meinung nach besser als ihr Ruf ist, dafür ist die Verwaltung nicht so toll. Die Strafverfolgungsbehörden sind nicht so toll, was dazu führt, dass vor allem größere Mandanten, also größere Investoren, die in letzter Zeit in Bulgarien wirklich was großes und auf Dauer aufbauen möchten, relativ rar sind in den letzten Jahren, denn für sie gestaltet sich eine Investition in Bulgarien als langfristig schwierig, und ich kann es auch teilweise nachvollziehen.

Magnus: Aber das heißt, sie kommen am Anfang vielleicht noch mit einem gewissen Interesse hin und werden dann schnell desillusioniert, oder woran liegt es?

Konstantin Ruskov: Vor allem. Die Verwaltungsverfahren ziehen sich manchmal sehr, sehr, sehr lange. Vor allem in der Provinz hat man oft schlechte Erfahrung, sammeln die mit schlechtem Management in der Verwaltung, wen sie z. B. eine Fabrik oder eine Halle oder ein Werk aufbauen möchten. Manche haben Probleme einfach mit korrupten Umgangsformen und deshalb ist für sie speziell, äh, sie lassen es sein, sie machen einfach einen weiten Weg um Bulgarien, immer noch, was mir natürlich nicht gefällt. Dafür gehen ja auch hier die Leute auf die Straße, dafür haben wir auch letzte Woche eine Parlamentswahl, wo die derzeitige Regierung, die die letzten zehn Jahre regiert hat, nicht so toll abgeschnitten hat, was mich natürlich nicht so sehr freut, aber bis sich die Lage bessert, und ob, wird meiner Meinung nach noch einige Zeit vergehen. Aber dafür für kleinere Unternehmer eignet sich Bulgarien eigentlich ziemlich gut. In letzter Zeit, erstaunlicher Weise, haben wir viele Anfragen von Cryptohändlern und Aktienhändlern, die dann nach Bulgarien umziehen möchten, weil bei Aktien, wenn jemand auf der Börse mit Aktien handelt, der wird in Bulgarien mit 10% Einkommensteuer besteuert, und das ist alles. Also, wie gesagt, das Bulgarische Steuerrecht ist eigentlich ziemlich einfach gestrickt, man bezahlt einfach 10% Einkommensteuer, man bezahlt 10% Körperschaftsteuer bei Gesellschaften und es ist eine Flat Tax, das heißt, man bezahlt nur 10%, und mehr ist da nicht drin. Natürlich, vor allem für solche Investoren, also z.B. aus der IT Branche, die sich in Bulgarien niederlassen, die mieten sich also hier ein, die Gehälter der IT Ingenieure sind in Bulgarien im Vergleich zu Deutschland immer noch um etwa 25% niedriger und wenn man die Lohnnebenkosten dazurechnet, die in Bulgarien auch geringer sind, sind die Investitionskosten dann doch etwas wenig geringer, also nicht besser aber ziemlich gering im Vergleich zu Deutschland.

08:11 - Flat Tax System in Bulgarien und die Anrechnung der Ausgaben

Magnus: Es wird oft erwähnt, dass in einem Flat Tax System in Bulgarien die Ausgaben quasi nicht angerechnet werden. Herr Ruskov erklärt uns, was es damit auf sich hat.

Konstantin Ruskov: Das stimmt, und das stimmt nicht. Das hängt davon ab, welche Rechtsform man wählt. Also wenn man eine Gesellschaft gründet, also eine GmbH zum Beispiel, dann wird der Gewinn besteuert. Der Gewinn sind Einnahmen minus Ausgaben. Die Ausgaben werden reingerechnet. Und auf den Gewinn bezahlt man 10% Körperschaftsteuer. Einzig im Vergleich zu Deutschland ist, dass manche Ausgaben, die man aus Deutschland kennt, wie zum Beispiel Werbekosten, Geschäftshaltung, sie dürfen in Bulgarien nicht berechnet werden, aber das sind in der Regel alles kleinere Beträge, ansonsten natürlich Miete, Gehälter, Strom, all das was mit der Gesellschaft zu tun hat, das wird natürlich mit einberechnet. Aber man hat auch die Möglichkeit, sich als einen Selbständigen anzumelden, das heißt also als Freiberufler. Das nutzen viele Leute aus der IT Branche, IT Ingenieure, und wenn diese sich als Selbständige anmelden, dann haben sie auch eine Einkommensteuer von 10%. Allerdings ist hier das Steuerrecht sehr vereinfacht und bei ihnen werden die Geschäftsausgaben nicht anerkannt, das bedeutet, sie bezahlen 10% Einkommensteuer auf ihre Nettoeinnahmen, das bedeutet, wenn sie 100.000 € Einnahmen haben im Jahr, werden diese Hunderttausend grundsätzlich mit 10% besteuert. Allerdings sagt das Steuerrecht, als Ausgleich werden bei der Steuerberechnung 25% der Einnahmen automatisch als Ausgaben anerkannt, egal ob diese anfallen oder nicht anfallen. Und speziell bei Freiberuflern sind die Ausgaben doch eher gering, also weniger als die 25%, eine einfache Rechnung: wenn jemand 100.000 € Einnahmen hat im Jahr, dann werden ihm 25% pauschal als Ausgaben anerkannt und die restlichen 75.000 € werden dann mit 10% besteuert. Und der gesamte Steuersatz würde dann 7.500 € im Jahr betragen.

Magnus: Das ist dann schon ein wesentlicher Unterschied jetzt beispielsweise zu Großbritannien, oder Sebastian, was Du von London, etc. her kennst, da erlebst Du ja andere Sachen oder eine andere Zielsetzung. Kannst Du dazu was sagen?

Sebastian: Absolut, also ich meine, klar, in den ganzen traditionellen, sag ich jetzt mal, Ländern wie jetzt UK oder auch Irland und so weiter ist natürlich beim Freiberuflerstatus oder beim Selbständigen Status werden ganz normal die Kosten, die Geschäftsausgaben in Anrechnung gebracht und dann werden daraufhin natürlich Steuern bezahlt. Die Steuersätze sind natürlich deutlich höher als die 10%, ja, was Herr Ruskov jetzt gesagt hat, laufen ja dann im Endeffekt die Steuersätze eher darauf hinaus, dass es letztlich 10% auf 75% sind. Also im Grunde genommen sind 7,5%, wenn man den Umsatz berechnet, um es einfach zu machen,

Magnus: Aber das betrifft, wie ich den Herrn Ruskov verstanden habe, im Grunde genommen ja Personen, Herr Ruskov, die dann in Bulgarien leben und dort vor Ort arbeiten und die Tätigkeit dort erbracht wird, korrekt?

Konstantin Ruskov: Äh, jein, also grundsätzlich müssen sie in Bulgarien gemeldet sein, allerdings, wir haben auch hier einige, also nicht wenige Mandanten, die sind digitale Nomaden. Sie lassen sich in Bulgarien nieder, ansonsten schwärmen sie durch die Welt rum, also wir haben Mandanten, die sind of in Thailand, oft auf Bali, oft in Spanien. Wichtig für sie ist nur, dass sie sich nirgendwo mehr als sechs Monate im Jahr niederlassen um dann nicht automatisch dort steuerpflichtig zu werden.

12:05 - Als digitaler Nomade nach Bulgarien – Anmeldung, Wohnung, Konto

Magnus: Um einen konkreten Zugang zu diesem Thema zu bekommen, erläutert uns Herr Ruskov die einzelnen Schritte, die ein digitaler Nomade durchlaufen muss, wenn er nach Bulgarien ziehen möchte und oder dort eine Gesellschaft gründen will.

Konstantin Ruskov: Naja, das erste, was wir unsern Mandanten fragen ist natürlich, welche Rechtsform wollen Sie denn haben. Erstens, wenn er natürlich alleine arbeitet, am Computer, keine Ausgaben hat oder nur sehr geringe Ausgaben hat und auch sein Haftungsrisiko gering ist, rate ich ihm nur, sich als Selbständigen anzumelden. Selbständigen Anmeldung ist etwas schwieriger, weil wie gesagt, die Verwaltung ist ein bisschen schleppend in Bulgarien, er muss sich erstmal eine Wohnung suchen, wo er diese anmietet.

Magnus: Also, wenn ich nicht in Bulgarien wohne, kann ich nicht in Bulgarien selbständig werden, also nur eine Kapitalgesellschaft.

Konstantin Ruskov: Naja, sie müssen nicht unbedingt die ganze Zeit in Bulgarien wohnen, aber Sie brauchen schon eine Wohnung.

Magnus: Aber das betrifft jetzt nur die Rechtsform des Selbständigen, was in Deutschland sozusagen der Einzelunternehmer wäre.

Konstantin Ruskov: Richtig. Und dann muss der Einzelunternehmer zum Migrationsbüro gehen, zur Migrationsbehörde, also zum Ausländeramt, wo er sich dann anmeldet.

Magnus: Also für EU Bürger kein Problem.

Konstantin Ruskov: Für EU Bürger grundsätzlich kein Problem, aber erstens, man muss einmal hingehen, z.B. in Sofia, um den Antrag zu stellen. Derzeit, vor allem wegen Corona, in Coronazeiten muss man mit bis zu drei Stunden Wartezeit rechnen, bis man an die Reihe kommt. Dann stellt man den Antrag, über diesen Antrag wird dann entschieden. Dann, die Person muss zwei, drei Tage später noch einmal hingehen, um den Bescheid dort abzuholen dann muss er sich dort ein Foto machen lassen, und danach, eine Woche später muss die Person noch einmal hingehen, zur Migrationsbehörde, um seinen Bulgarischen Personalausweis zu holen. Dieser Personalausweis ist wichtig, denn damit können sie sich dann im Register der Selbständigen anmelden, was eigentlich sehr einfach ist, und zweitens, er kann dann als Steuerinländer dann ein Konto eröffnen, bei einer Bank, was dann natürlich wesentlich einfacher ist, weil, weil als Steuerinländer muss man dann nicht alle Bankprüfungen machen. Bis vor zwei Jahren war es für jeden sehr einfach ein Konto zu eröffnen, dann hat Bulgarien die Maßnahmen zur Bereinigung von Geldwäsche eingeführt, und die sind sehr restriktiv geworden, das heißt jeder, der in Bulgarien wohnt hat Schwierigkeiten, ein Bankkonto zu eröffnen, egal ob er Selbständiger ist oder eine Kapitalgesellschaft eröffnen möchte.

Magnus: Okay, Sebastian, wie sind bei Dir die Erfahrungen, was Kontoeröffnungen anbelangt? Du hast ja auch mit vielen Menschen zu tun, die Unternehmen gründen, und da ist ein Bankkonto ja immer einer der ersten Punkte, die wichtig sind. Was erlebst Du da im Arbeitsalltag?

Sebastian: Ja, absolut, was Herr Ruskov sagt, das ist natürlich heutzutage überall ein Problem und es ist gut zu wissen, dass es auch in Bulgarien ein Problem ist. Kontoeröffnung ist generell schwierig und wird immer schwieriger in gewisser Weise und wie gesagt ohne Wohnsitz in dem Land ist es praktisch unmöglich. Man muss natürlich sagen, Herr Ruskov, man kann natürlich solche Onlinebanken verwenden wie Revolut oder TransferWise oder so, aber wer eine traditionelle Bank will, der hat, glaube ich, überall zu kämpfen. Bulgarien, Großbritannien, Irland, Malta, ist es sehr schwierig und wird immer schwieriger.

Konstantin Ruskov: Wir raten unseren Mandanten auch durchgehend TransferWise und so zu nutzen, aber zum Beispiel, es gibt hier die Besonderheit in Bulgarien, die Sozialabgaben und Versicherung, Steuerbeiträge, können nur durch ein bulgarisches Konto bezahlt werden, weil es gibt da gewisse Zahlungssysteme, und wenn jemand von einem ausländischen Konto überweist, dann wird die Zahlung nicht anerkannt. Früher oder später kommt niemand drumhin, muss er ein Konto in Bulgarien eröffnen.

15:56 - Korruption in Bulgarien

Magnus: Jetzt möchte ich noch ein wenig den Finger in die Wunde legen, Herr Ruskov, jetzt haben sie ja schon angesprochen, dass Bulgarien immer wieder einen zweifelhaften Ruf hat und dort auch die Rechtschafflichkeit in Frage gestellt wird, und Sie haben grob ja schon aufgezeigt, wie der Prozess dauert, wenn ich mich niederlassen möchte und eine Gesellschaft dort gründen möchte. Ist Korruption da nach wie vor ein Thema, also sowohl im negativen Sinne der Bewertung aber als auch im positiven Sinne dass ich sage, okay, wenn ein Geldschein unter dem entsprechenden Formular ist, geht es schneller, oder wie muss ich mir das vorstellen?

Konstantin Ruskov: Nein, definitiv nicht. Also wenn wir von Korruption reden, dann sehr oft inzwischen in Bulgarien nur auf dem höheren Bereich, bei höheren Investitionen, bei gewissen Voraussetzungen. Meine persönliche Erfahrung ist in der kleinen Verwaltung, wo jeder jeden Tag seine Erfahrungen sammelt, findet man eigentlich keine Korruption mehr. Das bedeutet, wenn man schlechte Erfahrungen mit der Verwaltung sammelt, dann nur, weil die Mitarbeiter entweder keinen Bock haben und schlecht geschult sind. Meine persönliche Erfahrung mit den Migrationsbehörden in Sofia, die arbeiten eigentlich ziemlich gut, die Mitarbeiter dort sind gut geschult, allerdings, wenn man dort hingeht, das Gebäude ist klein, die Ausstattung ist schlecht, das sind aber organisatorische Fehler, nicht Fehler der Personen, die dort arbeiten und auch mit einem Schein kann man die Sachen nicht verbessern oder schneller machen. Das einzige, was man sich einhandelt würde, wird ein Strafverfahren wegen Bestechung sein.

Magnus: Okay, das will man ja tunlichst vermeiden.

Konstantin Ruskov: Also so schlimm ist es nicht. Wie gesagt, der Ruf Bulgariens ist inzwischen manchmal schlechter als er ist.

17:43 - Digitalisierung in Bulgarien

Magnus: Mit diesem Vorurteil kann also aufgeräumt werden. Was den einen oder anderen auch noch überraschen könnte, ist die fortgeschrittene Digitalisierung in Bulgarien.

Konstantin Ruskov: Ich muss ehrlich gesagt sagen, in manchen Bereichen ist Bulgarien weiter als Deutschland. In jeder Hinsicht lässt sich mit den Behörden inzwischen online kommunizieren, wo man in Deutschland noch Post benutzt. Und auch, was erstaunlich ist, z.B. das Internet hier in Sofia und im gesamten Bulgarien ist immer noch viel, viel besser als in Deutschland. Erstaunlich, aber so ist es.

18:19 - Besteuerung in der Crypto und Trading Branche

Magnus: Dann lenkt Sebastian das Gespräch in Richtung der Crypto und Trading Branchen, die steuerlich gar nicht so einfach aufgestellt sind.

Sebastian: Zum Beispiel, wir haben viele Mandanten die im Grunde Trader sind, die mit dem eigenen Vermögen traden, jetzt nicht natürlich für Dritte eine Vermögensverwaltung machen, sondern Aktien haben, ETS haben, Währungen haben oder eben natürlich heutzutage auch Crypto haben und es ist ja jetzt, Sie haben es vielleicht mitbekommen jetzt in Deutschland vor allen Dingen hat sich der Derivate Bereich für die steuerliche Situation doch deutlich verschlechtert, weil jetzt Verluste nur noch bis zu € 10.000 angerechnet werden können, die sind ja oftmals, also die Buchverluste sind ja im Derivaten Bereich enorm, das ist ja man zahlt im Grunde Steuern auf Gewinne, die man nicht erwirtschaftet hat und deswegen sind jetzt natürlich viele, die keine Gesellschaft gründen wollen auf der Suche nach alternativen Wohnsitzen. Können Sie vielleicht mal über Ihre Personen sprechen, die im allgemeinen traden, vielleicht Crypto machen, wie die jetzt steuerlich gestellt sind in Bulgarien.

Konstantin Ruskov: Genau das gleiche, 10% Einkommensteuer, wobei die 10% auf den Gewinn, der erwirtschaftet wird, und Verluste werden voll anerkannt. Das bedeutet, wenn jemand im Jahr 50.000 € Verlust mit Aktienhandel gemacht hat und 100.000 € Gewinn, dann wird sein Gesamtgewinn von 50.000 € mit 10% besteuert. und der ist dann, wie gesagt, 10%. Die Person kann auch eine Kapitalgesellschaft gründen, diese Kapitalgesellschaft mit Kapital ausstatten, und dann über diese traden, und da werden die Gewinne, die Verluste sogar bis zu fünf Jahren rückwirkend anerkannt, vielleicht wenn die Person im letzten Jahr 100.000 € Verlust gemacht hat und in diesem Jahr 200.000 € Gewinn, dann kann er den Verlust vom letzten Jahr anerkennen lassen und die restlichen 100.000 € mit 10% Körperschaftsteuer in Bulgarien besteuern. Was danach als zusätzliche Steuer hinzukommt, diese 100.000 € verbleiben dann nach Steuern und werden dann 90.000 € und bleiben dann als Gewinn der Gesellschaft und wenn er an dieses Geld rankommen möchte, muss er sich eine Rente ausschütten lassen, die Quellensteuer beträgt in Bulgarien 5%, das bedeutet, die 90.000 € werden mit 4-5%, also mit 4.500 € besteuert, der Gesamtsteuersatz liegt dann bei 14,5%

Magnus: Und die Quellensteuer muss jeder bezahlen oder ist das durch ein Doppelbesteuerungsabkommen möglicherweise zu umgehen?

Konstantin Ruskov: Das hängt davon ab, wo die Person seinen Wohnsitz hat. Also wenn die Person in Bulgarien seinen Wohnsitz hat, dann wird hier in Bulgarien mit 5% besteuert. Wenn die Person in Deutschland seinen Wohnsitz hat, dann fällt die deutsche Kapitalertragsteuer an, die beträgt 25%. Wenn die Person in einem Land sitzt, wo es keine Kapitalertragsteuer gibt, also Null ist, na ja, dann muss man sich das Doppelbesteuerungsabkommen ansehen, aber in den meisten Fällen sind die 5% in Bulgarien schon pflichtig.

Magnus: Okay, hab verstanden. ….

Sebastian: Jetzt sicherlich, in Bulgarien, wird ja auch die Tochter Richtlinie gelten, d.h. bei ausländischer Holdinggesellschaft, zumindest in der EU wird es wahrscheinlich keine Quellensteuer geben, ja?

Konstantin Ruskov: Wirklich?

Sebastian: Bezieht sich das jetzt nur auf, oder gibt es da auch außerhalb der EU eine Tochterrichtlinie, gewisse Möglichkeiten, d.h. wenn die Muttergesellschaft in einem Nicht-EU-Land ist, gilt dann auch Quellensteuerfreiheit bei juristischen Personen oder wird die Quellensteuer dann fällig werden?

Konstantin Ruskov: Also in aller Regel wird die Quellensteuer fällig werden, allerdings man muss sich da in jedem Land das Quellensteuerbesteuerungsabkommen ansehen, ich kann Ihnen da keine pauschale Antwort geben.

Sebastian: Okay, also z.B. in Großbritannien ist das so, dass die gar keine Quellensteuer haben, d.h. auch wenn jetzt z.B. die Muttergesellschaft eine Offshore Gesellschaft ist oder sonst was, da ist kein Quellensteuerabzug.

22:04 - Aufbau einer Gesellschaft aus dem Ausland mit inländischem Geschäftsführer

Sebastian: Eine andere Frage war folgendes, jetzt bei der Gesellschaftsgründung ist ja doch wenigstens, also ich sage jetzt mal, wenn der Eigentümer oder der wirtschaftlich Berechtigte nicht in Bulgarien wohnt ist ja doch der Aufbau von Substanz sehr wichtig gegenüber den einheimischen Steuerbereichen, sag ich jetzt mal, also jetzt mal angenommen ich wohne in Großbritannien und ich möchte eine Gesellschaft gründen, muss ich ja meinem Steuerberater zeigen, dass ich die Gesellschaft in Großbritannien nicht leite im Tagesgeschäft, weil ansonsten wird ja eine Betriebsstätte ausgelöst. In Deutschland gilt es in ganz besonderer Weise, also das ist dort besonders streng geregelt. Wie kann man sich das vorstellen, wie schwierig ist es z.B. einen Geschäftsführer auf Teilzeitbasis anzustellen, der nicht nur einfach ein Nominee Director, Treuhand Director ist, sondern tatsächlich irgendwo, also zumindest auch nur auf Teilzeitbasis mitarbeitet. Ist das etwas, was Sie typischerweise mit einrichten können, oder vermitteln können, wie kann ich mir das vorstellen?

Konstantin Ruskov: Also wir vermitteln das nicht, weil meine Erfahrung zeigt mir aus der Vergangenheit, egal was man tut, man macht immer etwas falsch. Ich sage der Person immer die beste Lösung ist, Sie bauen was selber auf, Sie suchen sich jemanden und Sie vertrauen dieser Person. Man kann das natürlich regeln, z.B. wenn man die Gesellschaft gemeinsam vertritt, diese Person in Bulgarien wird mit gewissen Vollmachten ausgestattet und das heißt, es ist mit Kosten verbunden. Deshalb, ich rate allen unseren Mandanten, wenn es geht, ziehen Sie nach Bulgarien. Bulgarien wird keine Probleme machen, aber ihr Heimatland kann Probleme machen. Das bedeutet entweder sie bauen was auf oder sie ziehen selber um. Eine Zwischenmischung ist immer gefährlich.

Magnus: Um das Gehalt für einen solchen Geschäftsführer zu ermitteln sind folgende Kriterien besonders wichtig.

Konstantin Ruskov: Naja, erstens, Sie müssen zuerst einmal sehen, spricht diese Person Englisch oder Deutsch? Spricht sie eine Fremdsprache, steigen die Gehälter auf einmal. Und eine Person, der Sie einigermaßen vertrauen, die den Job macht, die einige Verpflichtungen auszufüllen hat, also, man muss mit mindestens € 1.000,- Netto-Gehalt rechnen, mit Lohnnebenkosten kommt das auf etwa € 1.500,- und natürlich von da ab sind nach oben keine Grenzen gesetzt.

24:17 - Unterkunft finden in Bulgarien

Sebastian: Und jetzt man angenommen, man würde jetzt überlegen, selbst nach Bulgarien umzuziehen, wo muss man so ungefähr für eine Mietswohnung, also eine anständige Wohnung, die so relativ hochwertig ist, sagen wir mal eine 2-3 Zimmer Wohnung, wo liegt das so monatlich?

Konstantin Ruskov: Ach, das ist auch hier sehr unterschiedlich, also wie gesagt in Sofia, nicht weit vom Zentrum, eine einigermaßen möblierte Wohnung mit 90 m2 können Sie schon für € 500,- mieten.

Sebastian: Also, gibt’s sehr günstig, ja

Konstantin Ruskov: Es gibt genügend Anbieter im Netz, natürlich, Sie müssen wissen, manche verlangen auch zu viel, weil sie auf ausländische Mieter spekulieren. Der Mandant, der muss einfach etwas mehr suchen, und wer sucht, der findet auch.

Magnus: Sind Sie da unterstützend auch tätig?

Konstantin Ruskov: Wir nicht, weil, ich muss ganz ehrlich sagen, wir betreuen als Kanzlei inzwischen mehr als 250 Mandanten, nur die Buchhaltung und es werden von Tag zu Tag immer mehr. Gleichzeitig die Anwaltskanzlei betreut auch hunderte Mandanten, ich versuche den Mandanten immer zu sagen, bitte wendet Euch an uns hier nicht für jeden Kleinkram. Ein Mandant wollte letzte Woche von uns, dass wir für ihn einen Impftermin organisieren, wir haben ihm gesagt hier ist die Webseite, die ist auch auf Englisch, und das hat er dann gemacht. Und speziell um solche Sachen muss der Mandant sich selber kümmern, aber es gibt genügend Webseiten, die sind auf Englisch, die Büros hier in Sofia und Umgebung anbieten, der Kunde kann dann auch mit Englisch ganz gut zurechtkommen.

25:57 - Sofia als Ort für Unternehmer

Magnus: Somit scheint Bulgarien für Expats gut geeignet zu sein, auch ohne die Sprache zu beherrschen. Oft zieht es Einwanderer in die Hauptstädte der neuen Heimat. Ist Sofia also auch der Ort, um sich als Unternehmer in Bulgarien zu platzieren?

Konstantin Ruskov: Also, so lange es sich nicht um Produktion handelt, das heißt, ist Sofia die Stadt, wo sich die meisten niederlassen. Allerdings haben wir auch inzwischen Mandanten, auch aus der IT Branche oder auch aus so Branchen wie das Bloggen, weil dort die IT Infrastruktur nicht schlecht ist und die Gehälter teilweise bis zu 30% günstiger sind als in Sofia. Und man findet dort auch deutschsprachige und auch englischsprachige Mitarbeiter.

Magnus: Das heißt, dort qualifiziertes Personal zu finden ist kein Problem.

Konstantin Ruskov: Nein, naja, kein Problem ist noch immer eine Frage des Preises, aber wie gesagt, im IT Bereich finden Sie hier viele Leute.

Magnus: Welche Infrastruktur brauche ich, wenn ich nur die Gesellschaft in Bulgarien gründen möchte, was muss ich dort vor Ort vorhalten?

Konstantin Ruskov: Naja, Sie brauchen eine Adresse. Natürlich müssen Sie sich Gedanken darüber machen, wollen Sie Personal anstellen, möchten Sie Büroräume haben, oder sind Sie alleine, und wenn Sie alleine sind, dann können Sie auch die Gesellschaft unter Ihrer Adresse, also wo Sie wohnen, dort ihren Sitz anmelden, das stellt in Bulgarien kein Problem dar.

27:17 - Leben und Lifestyle in Bulgarien

Magnus: Kommen wir jetzt zum Leben in Bulgarien und dem Lifestyle, der einen erwartet, wenn man seinen Lebensmittelpunkt dorthin verlegt.

Magnus: Ich weiß noch, Sebastian, als wir in Leipzig zusammen waren, Mädler-Passage, Auerbachs Keller zusammen besucht haben, dort Essen waren, das war ja durchaus schön, und jetzt, wenn ich mir als Ur-Deutschen den Kontrast zu Bulgarien vorstelle, auf was muss ich da einstellen? Wie würden Sie denn den Lifestyle dort beschreiben?

Konstantin Ruskov: Also auf den ersten Blick, wenn man von West-Europa kommt, dann kann Sofia einem schon einen Schreck einjagen, die Stadt ist wirklich nicht schön. Viele Gebäude kommen noch aus kommunistischen Zeiten, …

Magnus: Schönheit liegt ja immer im Auge des Betrachters.

Konstantin Ruskov: Richtig, aber inzwischen ist Sofia doch viel näher an Europa rangekommen, der Ausländeranteil ist stark gewachsen, wir haben sehr viele Deutsche, die in Sofia wohnen, viele Freiberufler, viele aus dem IT Bereich. Sofia hat ein sehr gutes Nachtleben, die Küche ist inzwischen sehr, sehr gut.

Magnus: Organisieren sich die Expats untereinander, also dass es dort regelmäßig Treffen und Austausch gibt?

Konstantin Ruskov: Ja, natürlich, es gibt mehrere Gruppen wie z.B. Facebook, Deutscher Stammtisch, Stammtisch in der Kneipe, man versammelt oder man hat sich versammelt, da gibt es noch einige. Jetzt fallen mir die Namen nicht ein, aber es gibt einige Netzwerke, wo man einfach hingehen kann, die sind mit der Zeit wirklich gewachsen.

Magnus: Folgender Satz fasst das Expat Leben in Bulgarien also schön zusammen:

Konstantin Ruskov: Man ist hier nicht alleine, wenn man nicht alleine sein möchte.

Magnus: Von der Englischsprachigkeit her von der Bevölkerung, die verstehen einen, wenn ich Englisch spreche, oder wie muss ich da, auf was muss ich mich da einstellen?

Konstantin Ruskov: Also speziell in Sofia kommen Sie gut zurecht.

29:00 - Umzug mit der Familie – Kinderbetreuung und Schulen

Magnus: Okay, Können Sie mal noch was, wenn ich mit der Familie kommen möchte, dort, was die Kinderbetreuung anbelangt, schulisches Angebot, oder haben Sie den Fall quasi nie?

Konstantin Ruskov: Haben wir, in Sofia gibt es inzwischen mehrere Privatschulen mit deutschen Lehrern. Die Deutsche Botschaft hat eine eigenständige deutsche Schule, speziell für Deutsche, die mit ihren Kindern in Bulgarien leben. Es gibt auch einige Kindergärten und auch einige andere Privatschulen, das heißt ein schulisches Angebot ist hier vorhanden. Wie die Qualität ist, kann ich nicht sagen, ich habe da keine Erfahrung.

Magnus: Wie erlebst Du das, Sebastian, kommen bei Dir meisten Menschen in die Beratung, die mit Familie irgendwo hin möchten oder was ist bei Dir wichtig?

Sebastian: Absolut kommt das vor. Ich hatte jetzt, wie gesagt, erst letzte Woche mit jemandem gesprochen, der in Sofia tatsächlich lebt mit Familie, der hat da Kinder usw., also genau, ich denke, das ist in jedem Staat, in jedem Land muss man sich dazu Gedanken machen, Privatschulen oder staatliche Schulen. Wir hatten ja letztlich über die Schweiz gesprochen, da sind die privaten Schulen jetzt wahrscheinlich eher nicht notwendig, weil die staatlichen Schulen so gut sind. In anderen Ländern, jetzt gerade wenn es um deutsche Betreuung geht, ist natürlich dann möglicherweise eine deutsche Schule auch gefragt.

30:13 - Flugverbindungen von und nach Sofia

Magnus: Herr Ruskov, Flughäfen gibt es in Sofia wahrscheinlich, wohin fliegen die Flieger, wie ist die Verbindung nach Europa?

Konstantin Ruskov: Also Sofia hat einen Flughafen, der Flughafen ist eigentlich ziemlich nah vom Stadtzentrum, bis zum Flughafen kommt man mit der U-Bahn in 20 Minuten. Es fliegen von Sofia keine Interkontinentalflüge, d.h. man musss, wenn man von hier irgendwo weit wegfliegen möchte, dann immer umsteigen, ob Istanbul, Bukarest oder Frankfurt. Allerdings von Sofia nach Europa, jeden Tag, also ich glaube alleine bis nach Deutschland, sind mindestens 15 Verbindungen vorhanden. Was Reiseangebote angeht, ich persönlich mag Sofia, man kann hier für das Wochenende nicht weit einen Tag irgendwo rausfahren, es hat Botanik, schöne Flecken, viel Gebirge, die Angebote sind eigentlich ziemlich gut. Jeder, der was sucht, der wird auch finden. Und für den Sommer, das Schwarze Meer ist in drei Stunden mit der Autobahn zu erreichen. Ich persönlich mag mehr Griechenland, und von Sofia bis nach Griechenland, bis nach Thessaloniki sind es 3 bis 4 Stunden mit dem Auto.

Magnus: Der Strand ist also nicht all zu weit.

Konstantin Ruskov: Gar nichts ist nicht weit. Ich persönlich mag es sehr, das Leben in normalen Zeiten hier.

31:33 - Bulgarischer Wein

Magnus: Und wie ist der Bulgarische Wein? Dort wird doch Wein angebaut, oder?

Konstantin Ruskov: Ich mag lieber Neuseeländisch.

Sebastian: (lacht)

Konstantin Ruskov: Beim Bulgarischen tut mir der Kopf arg weh.

31:47 - Make a Long Story Short – Kurze Fragen, Kurze Antworten

Magnus: Okay, Herr Ruskov, wir sind langsam am Ende angelangt, wir kommen zu meiner Lieblingskategorie „Make a Long Story Short“, wo ich Ihnen kurze Fragen stelle und Sie möglichst kurz darauf antworten.

Magnus: Die erste Frage: Die drei schönsten Dinge an Bulgarien?

Konstantin Ruskov: Die Natur, die niedrigen Steuern und, hm, …

Magnus: Jetzt können ja nur die Frauen kommen,

Sebastian: Ja, der Wein, der Wein ist ja nicht gut, das wissen wir schon.

Konstantin Ruskov: Das Essen hier ist nicht schlecht.

Magnus: Das ist gleich schon meine nächste Frage, perfekte Überleitung, was muss ich in Bulgarien auf jeden Fall einmal gegessen haben?

Konstantin Ruskov: Schopska Salata – Salat.

Magnus: Worauf sind die Bulgaren besonders stolz?

Konstantin Ruskov: Auf ihre Geschichte. Leider. Sie gucken zu stark auf die Vergangenheit anstatt in die Zukunft zu blicken.

Magnus: Interessant. Spricht man in Bulgarien Englisch?

Konstantin Ruskov: Speziell in Sofia, ja. Oft.

Magnus: Diesen Fehler sollte ich, wenn ich nach Bulgarien komme, auf jeden Fall vermeiden.

Konstantin Ruskov: Wenn man landet, nicht in das falsche Taxi einsteigen.

Magnus: Sonst wird es teuer.

Konstantin Ruskov: Viel teurer als es eigentlich notwendig ist: vom Flughafen bis zum Stadtzentrum fünf oder sechs Euro.

Magnus: Sind ausländische Unternehmen in Bulgarien akzeptiert?

Konstantin Ruskov: Oh ja, definitiv, denn die gelten als die besseren Arbeitgeber, die zahlen pünktlich Steuern und die bescheißen ihre Arbeitnehmer nicht.

Magnus: Wie sind die wirtschaftlichen Aussichten in Bulgarien für die Zukunft?

Konstantin Ruskov: Makroökonomisch kann ich nicht sagen, mikroökonomisch, wer gebildet ist, wer Fremdsprachen spricht, der kann in Bulgarien was Anständiges aufbauen.

Magnus: Gibt es in Bulgarien noch Korruption?

Konstantin Ruskov: Gibt es, bedauerlicherweise.

Magnus: Das wär’s von meiner Seite, Herr Ruskov, jetzt können Sie vielleicht noch Ihre Kontaktdaten kurz durchgeben, wenn jemand nach Bulgarien ziehen möchte, sei es persönlich oder mit dem Unternehmen, wie kann man Sie erreichen?

33:34 - Kontaktdaten Konstantin Ruskov und Verabschiedung

Konstantin Ruskov: Wir sind eigentlich im Internet sehr gut präsent, wir haben eine sehr übersichtliche Webseite, man muss nur einfach Ruskov Bulgarien, Rechtsanwalt Bulgarien, Steuerberater Bulgarien, Steuerrecht Bulgarien, einfach googeln, und wir kommen da eigentlich ganz hoch. Man findet uns leicht, speziell im Netz.

Sebastian: Wunderbar, Herr Ruskov, es hat mich sehr gefreut, und wenn wir Mandanten haben in Zukunft, die an Bulgarien interessiert sind, weiß ich, wohin ich sie schicken muss.

Konstantin Ruskov: Es freut mich sehr, ich wünsche Ihnen alles Gute für die Zukunft und bleiben Sie gesund.

34:06 - Digitale Nomaden und Steuerpflicht

Magnus: Nach dem Gespräch habe ich mich noch einmal mit Sebastian zusammengesetzt, um die wichtigsten Aspekte, die Herr Ruskov erwähnt hat, zusammenzufassen und in einen Kontext einzuordnen.

Magnus: Naja, Bulgarien ist ja doch für einige Unternehmer interessant, ich glaube ein paar Sachen muss man beachten, wenn man jetzt mit dem Gedanken spielt, entweder selbst nach Bulgarien zu ziehen oder dort ein Unternehmen zu gründen. Was sind für Dich die Hauptsachen, die man nochmal ansprechen sollte?

Sebastian: Also das wichtigste, was ich nun doch nun wirklich sehr interessant fand ist das ganze Thema digitale Nomaden. Wir haben ja bei digitalen Nomaden die Situation, dass jemand, der jetzt tatsächlich nirgendwo wohnt auch eigentlich nirgendwo steuerpflichtig ist, außer er ist jetzt irgendwie Amerikaner. Es gibt ja im Deutschen das schöne alte Lied, was ja heute nicht mehr ganz politisch korrekt ist, vom Zigeunerleben, und schon da kommt ja drin vor, „wir müssen dem Kaiser kein Zins geben“: Da steht es ja schon drin geschrieben, und so ist es nun tatsächlich auch, was natürlich bedingt, dass man keinen Wohnsitz hat, dass man sich nicht aufhält, zu lange, usw.

Magnus: Auch wenn es dem Zigeunern passt, muss er nicht unbedingt in Bulgarien leben.

Sebastian: Genau, allerdings ist bei dem digitalen Nomadenstatus das Problem, dass es natürlich seitens Behörden, seitens von Banken ja nicht tatsächlich anerkannt wird. Wenn Du keinen Wohnsitz hast, keine Steuernummer nachweisen kannst, dann kannst Du natürlich heutzutage bei keiner Bank mehr ein Konto bekommen.

Magnus: Ja, Bankkonto ist so das zentrale Thema, um das es sich immer wieder dreht, in allen unseren Folgen.

Sebastian: Ja, natürlich, und das Thema Steuerbehörden. Möglicherweise muss man den gegenüber den deutschen Behörden nachweisen, dass man irgendwo Einkommensteuermäßig registriert ist, wenn man von Deutschland weggeht. Wenn man einfach so geht, wenn man sagt, ich bin Nomade, ich zieh dann einfach so um, dann kann es einem auch passieren, dass man mehr oder weniger als jemand interpretiert wird, der eine Weltreise macht. Wer eine Weltreise macht, der bleibt ja nach wie vor in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig. Wenn ich jetzt sage, ich gehe jetzt für ein Jahr auf Kreuzfahrt, dann bin ich ja deswegen nicht mehr in Deutschland nicht steuerpflichtig. Und deswegen ist es eben wichtig, dass man entsprechend nachweisen kann, erstens natürlich eine richtige Wohnung, nicht irgendwie nur so einen Briefkasten, eine steuerliche Registrierung, möglicherweise steuerliche Handelskammerbescheinigung, und das gleiche natürlich auch gegenüber Banken zeigen kann, Banken und Behörden. Ähm, deswegen haben die meisten digitalen Nomaden heute keine andere Alternative als zu sagen, sie suchen sich irgendwo ein Wohnsitzland aus, in dem sie sich dann registrieren, wo sie ihre einzige Wohnung weltweit haben, äh, wo sie dann ganz normal steuerlich erfasst sind, möglicherweise auch Steuern bezahlen auf ein kleines Gehalt oder auch auf ein geringes Einkommen und entsprechend diese Nachweise dann dafür vorweisen können gegenüber Banken und Behörden.

Magnus: So, das könnte Bulgarien sein.

Sebastian: Genau, es könnte Bulgarien natürlich wunderbar sein, wenn man es sich überlegt, Malta könnte es natürlich auch sein, aber wenn ich mir jetzt überlege, für digitale Nomaden liegt das Einkommen so, sagen wir mal, bei 100.000 €, ja, 100.000 € -150.000 €, wenn ich mich da natürlich als Selbständiger melde und keine Firma, keine Kapitalgesellschaft gründen muss, in Malta brauche ich ja zig Sachen. In Malta kann ich drei Gesellschaften gründen: Operative Gesellschaft, Holding Gesellschaft, Malta Ausländische Holding Gesellschaft, habe ich drei, drei Gesellschaften. Auch wenn 100.000 € -150.000 € natürlich ein sehr attraktives Einkommen sind, wenn ich dann erstmal hohe Ausgaben, Firmenkosten habe, dann kann ich auch gleich hier die Steuern bezahlen.

Magnus: Flat-Tax klingt ja sehr interessant, aber wie ist das mit den Ausgaben, kann ich die voll umfänglich geltend machen?

Sebastian: Also Herr Ruskov hatte ja gesagt, dass in Bulgarien 25% bei Freelancern pauschal als Unkosten geltend gemacht werden können, also 25% des Umsatzes und das ist natürlich sehr attraktiv, auch wenn dann detailliert keine weiteren Unkosten mehr geltend gemacht werden können also Betriebsausgaben, denn das bedeutet konkret, dass bei 100.000 € Umsatz ich letztlich 10% Steuern bezahlen muss auf 75.000 €.

Magnus: Genau.

Sebastian: Also das heißt, ich habe dann eine Gesamtbesteuerung von 7,5%

Magnus: Und für alle weiteren Einkünfte war es teilweise glaube ich dann noch höher, ich glaube 40%.

Sebastian: Genau, und wenn ich irgendwelche Einkünfte habe, also jetzt z.B. Tantiemen, Royalties, usw., dann sind es sogar 40%, die ich geltend machen kann, das heißt dann da konkret wäre dann konkret der Steuerabzug 6%. Und das sind natürlich sehr interessante Zahlen, aber das ganze hat einen anderen Vorteil, denn der London Status, den es ja in Großbritannien, Malta und Zypern gibt und auch übrigens in Spanien mit dem Beckhams-Law-Status, der nimmt ja letztlich Einkommen ganz aus von der Steuer, da heißt Exempt Stativ. Das bedeutet also, dass die Einkünfte komplett von der Steuer befreit sind. Dies führt aber zunehmend zu Problemen, ja, denn wenn ich nicht nachweisen kann, dass ich zumindest eine kleine Steuer bezahlt habe auf Einkünfte, könnte es mir passieren, dass dann bestimmte Fall-Weg Klausen von Doppelbesteuerungsabkommen geltend gemacht werden könnten, die dann dazu führen, dass im Ursprungsland Steuern zu bezahlen sind. Ich gebe Dir ein Beispiel …

Magnus: Genau, ich wollte gerade sagen, jetzt wird es schon wieder sehr technisch. Bei Steuern müssen schon sehr genau sein, aber ausgehend von unserem Digitalen Nomaden mit € 100.000 Einkommen.

Sebastian: Ich gebe Dir ein Beispiel, ich bin ein digitaler Nomade, ich habe einen Wohnsitz zum Beispiel in Malta, habe aber in Malta keine Gesellschaft, sondern bin dort als Freelancer angemeldet, stelle jetzt eine Rechnung nach Deutschland und stelle in Deutschland in Rechnung, was weiß ich was, € 15.000 für Programmierung und Softwareentwicklung und mal angenommen ich bin digitaler Nomade und ich sitze in Peru und haben diesen Code dort geschrieben, okay, innerhalb von 10 Tagen habe ich den geschrieben, in Peru, und ich schreibe jetzt eine Rechnung als Maltesischer Freelancer mit meiner maltesischen Adressen und Steuernummer usw. Aus maltesischer Sicht alles in Ordnung, denn ich habe ja diese Leistung nicht in Malta tatsächlich erbracht, sondern ich habe sie außerhalb von Malta erbracht, deshalb sind sie in Malta von der Steuer komplett ausgenommen, in Malta steuerfrei, ich stelle aber eine Rechnung an den deutschen Kunden und der deutsche Kunde bezahlt die auch. Streng genommen, und wenn jetzt irgendwann mal jemand danach fragt, dann sind diese Einkünfte in Deutschland zu versteuern, denn ich bezahle ja darauf in Malta keine Steuern auf dieses Honorar, das ich für die Softwareentwicklung erhalten habe.

Magnus: Das heißt, auch wenn ich mich in Deutschland quasi abgemeldet habe, ich sage, ich lebe jetzt in Malta, habe dort wenigstens eine Wohnung, kann es sein, dass das deutsche Finanzamt kommt und sagt: „Stop, hierfür musst Du jetzt Steuern in Deutschland bezahlen.“

Sebastian: Genau, weil ich keine in Malta bezahlt habe, weil die Maltesen, das maltesische Finanzamt sagt, Du brauchst keine Steuern bezahlen, ich will Deine Steuern nicht, Du hast die Dienstleistung nicht in Malta erbracht, sondern außerhalb von Malta, es gibt keinen Grund, warum Malta hier Steuern erhebt. Anders natürlich bei einer Maltesischen Gesellschaft, ganz klar, denn bei einer maltesischen Gesellschaft wird hier Steuer in jedem Fall in Malta fällig, auch wenn es nur 5% sind, wir reden jetzt hier konkret von Freelancern. In Bulgarien habe ich das Problem nicht, denn in Bulgarien werden ja die Einkünfte versteuert, wenn auch nur sehr gering, nämlich mit den 7,5%, damit erfülle ich also die Anforderungen des Doppelversteuerungsabkommens und solche Regressforderungen, wie die, wie wir geradeben besprochen haben, seitens des Finanzamtes, würden da nie zum Tragen kommen.

Magnus: Das heißt, wenn mir Sofia gefällt, und wie Herr Ruskov gesagt hat, die Anmeldung vielleicht ein wenig länger dauert als Selbständiger, ist das durchaus eine gute Variante.

Sebastian: Genau, also für digitale Nomaden finde ich das eine sehr interessante Variante. Natürlich, wie gesagt, in Malta ist dann die Kapitalgesellschaft natürlich sehr viel interessanter, Körperschaftsteuer nur 5%. Das heißt, wenn ich dann in einen Umsatz- und Gewinnbereich komme, wo die dann Differenz zwischen Bulgarien, sagen wir mal die 2,5% und Malta 5% so groß sind, dass mich die Firmengründung letztlich weniger kostet, oder aber ich auf Grund von Haftungsüberlegungen einen Haftungsmantel benötige, also eine Kapitalgesellschaft benötige, und nicht als Selbständiger arbeiten möchte, das ist ja nochmal ein anderer Grund, manchmal will ich ja nicht als Selbständiger arbeiten, denn dann bin ich ja voll haftbar, dann ist natürlich Malta der interessantere Standort. Aber wie gesagt, so jetzt für Selbständige klingt es doch sehr interessant mit Bulgarien. Das finde ich das entscheidende, wie gesagt bei der Kapitalgesellschaft in Bulgarien, okay, 10%, da haben wir aber dann aber relativ strenge Quellensteuerbestimmungen, d.h. da werden nochmal 5% fällig. Natürlich, wenn dort eine Kapitalgesellschaft als Holdinggesellschaft der bulgarischen Gesellschaft dahinter geschaltet ist, dann kommen die nicht zum Tragen, aber ansonsten sind 10% es ist nicht wahnsinnig, viel, das ist klar, aber muss man sehen, ob sich das dann lohnt, oder ob man das gleiche in Malta macht oder dann lieber nach Irland geht, das dieselbe Situation, nach außen hin optisch zumindest besser, das sind 12,5%, ist dann zu überlegen.

Magnus: Das heißt, wir können es irgendwie mit der Kernfrage zusammenfassen, was für eine Körperschaft ich möchte oder was für eine Rechtsform ich sein möchte, möchte ich eben eine juristische Gesellschaft vorne ran gehängt oder möchte ich selbständig oder Freiberufler sein.

Sebastian: Genau, also grundsätzlich finde ich, ist das gerade für Freiberufler und Selbständige sehr interessant. Und vor allen Dingen eben auch von der Tatsache, dann ist das auch versteuert, dann kann keiner mehr sagen, das ist ein unversteuertes Einkommen, ist versteuer, Steuer ist deklariert und ist letztlich dann unangreifbar im Rahmen von Doppelversteuerungsabkommen, usw.

Magnus: Dann konnte Herr Ruskov uns hier eine schöne Möglichkeit aufzeigen.

44:33 - Verabschiedung und Abspann

Magnus: Das war Perspektive Ausland – Der Podcast für alle Unternehmer, die es ins Ausland zieht. Bis zur nächsten Folge.

Ressourcen:

Sebastian Sauerborn: LinkedIn

Konstantin Ruskov:

Kanzlei Ruskov und Kollegen

München / Leipzig (Deutschland) und Sofia (Bulgarien)

ruskov-law.eu

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Perspektive Ausland Sebastian Sauerborn Perspektive Ausland Sebastian Sauerborn

Leben in der Schweiz

Die Schweiz hat neben dem wunderbaren Alpenpanorama und einem hohen Lebensstandard auch die niedrigsten Steuersätze in Europa. Worauf man achten sollte, wenn man über einen Wegzug in der Schweiz nachdenkt, erklärt euch Rechtsanwalt Benno Raeber.

Zu Gast: Rechtsanwalt Benno Raeber

In Folge 1 unseres Podcasts Perspektive Ausland sprechen wir mit dem Rechtsanwalt Benno Raeber. Er hat in New York, auf den Bahamas und an vielen anderen Orten dieser Welt gelebt und gearbeitet. Mittlerweile ist er in die Schweiz zurückgekehrt.

In unserer ersten Folgen spricht er mit uns über das Leben in der Schweiz. Benno plaudert aus dem Nähkästchen und verrät, welche Besonderheiten die Schweiz mit sich bringt. 

Das Thema Steuern kommt in dieser Folge nicht zu kurz. Doch Benno verrät, dass Steuern nicht die alleinige Motivation für einen Umzug in die Schweiz darstellen sollte. Er räumt auf mit Vorurteilen zu kantonalen unterschieden und berichtet aus seinem Alltag. 

Timestamps

00:58 Benno stellt seinen Werdegang vor

02:54 Gründe für den Rückgang in die Schweiz

05:20 Die Schweiz als Illusion

07:30 Über die Motivation ins Ausland zu gehen

8:25 Starke Unterschiede bei den Steuersätzen

9:30 Über die Attraktivität der Schweiz

12:40 Über die Vorteile der Schweiz

13:19 Informationen zur Exit Tax

17:31 Voraussetzungen für einen Aufenthalt in der Schweiz

19:52 Über das Problem mit der Arbeitsbewilligung für Drittstaatler

23:01 Der Lichtblick der Bürokratie in der Schweiz

24:20 Tips zur Integration in die Schweiz

25:52 Das Bildungssystem der Schweiz

27:18 Der Krankenschutz in der Schweiz

28:24 Die Lebenshaltungskosten in der Schweiz

31:12 Make a long story short - Fragen an Benno

Ressourcen:

Sebastian Sauerborn: LinkedIn

Benno Raeber:

Kanzlei Raeber Law

Einsiedeln (Schweiz)

raeberlaw.ch

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Mitschrift zur Folge 1 von Perspektive Ausland: Leben in der Schweiz

  • Sebastian Sauerborn (Gastgeber)
  • Benno Raeber (Gast)

Perpektive Ausland - Der Potcast aus London für alle Unternehmer, die es ins Ausland zieht, ermöglicht durch freundliche Unterstützung der Steuerkanzlei St Matthew aus London.

Hallo und herzlich Willkommen bei Perspektive Ausland, der Potcast für alle Unternehmer, die es ins Ausland zieht. Heute zu Gast bei uns der Anwalt Benno Raeber, der in der Schweiz lebt und tätig ist. Benno fasst seinen Werdegang einmal kurz für uns zusammen und stellt sich uns vor, bevor wir dann in dieser Folge darauf eingehen, ob ein Wegzug in die Schweiz heute noch Sinn macht.

00:58 Benno stellt seinen Werdegang vor

Benno: Ja, schönen guten Tag. Ich bin Schweizer Anwalt, bin in der Schweiz geboren und habe dann meine Jugend in Zürich verbracht. Ich habe in Sankt Gallen studiert, das Patent in Zürich gemacht und dann bin ich dann ziemlich schnell ins Ausland und habe dann in New York gearbeitet, geheiratet und wir haben 2 Kinder, die sind mittlerweile 21 und 19. Nach diversen Auslandsstationen Bahamas, Los Angeles, London, bin ich eigentlich wieder in der Schweiz seit geraumer Zeit und bin eigentlich als freiberuflicher Anwalt in der Schweiz, arbeite aber generell auch mit Privatpersonen weltweit, also vor allem auch grenzüberschreitende Problematiken.

Sebastian: Ja, also ich muss ja sagen, ich habe den Benno kennengelernt 2011 auf den Bahamas im Außenclub, wo James Bond gedreht wurde, da wo Daniel Craig mit einer Badehose aus dem Wasser kommt, die bekannte blaue Badehose, die die meisten von uns nicht anprobieren wollen. Da saßen wir, der Benno und ich, und haben mit Mandanten, die in die Bahamas umgezogen sind, Verträge verhandelt. Das war eine amüsante Zeit, die gute alte Zeit wie man so schön sagt. Heute reden wir dann über das Thema Schweiz, der Benno ist wieder zurück in der Schweiz. Die Schweiz ist ja dann doch für viele Deutsche immer noch ein riesen Thema für viele deutsche Unternehmer. Früher war ja eh die Schweiz das Mekka, jeder wollte in die Schweiz. Wir kannten das ja von Prominenten wie Michael Schuhmacher, in die Schweiz umgezogen, Pauschal-Versteuerung und so weiter und so fort.

Magnus: Benno, wie kam es zu Stande, ich meine du hast ja gerade erzählt, das Leben auf den Bahamas am Meer ist wunderschön und ich stelle es mir wunderschön vor am Strand zu liegen. Jetzt hast du ja schon gesagt, du warst dort aktiv, was hat dich zurück in die Schweiz gezogen? Passend eben auch zum Thema, ob die Schweiz überhaupt für Unternehmer noch interessant ist. Vielleicht können wir bei dir anfangen, bei deinem Werdegang. Was hat dich zurück in die Schweiz gebracht?

02:54 Gründe für den Rückgang in die Schweiz

Benno: Ich glaube, ich habe mein Geschäftsmodell so gebaut, dass ich nicht spezifisch abhängig bin von einem bestimmten Land wie die Schweiz, ja natürlich bin ich als Anwalt zugelassen hier oder dort oder da nicht, das ist klar. Aber grundsätzlich hat sich ja das alles ganz anders entwickelt, also heute mit dem Home Office, ob du jetzt 5 Km vom Büro weg arbeitest oder 500 Km, spielt nicht mehr so eine Rolle. Ich glaube auch, die Möglichkeit der Leute, Geschäfte zu betreiben, Geschäfte aufzubauen, die unabhängig sind von einem bestimmten Ort, hat massiv zugenommen. Und am Schluss wohnst du da wo du dich am wohlsten fühlst. Ich glaube die Schweiz ist immer noch ein Ort, wo man relativ konservativ denkt und Leute können sich eben ein Zuhause schaffen in der Schweiz. Also wenn Leute wirklich eine anständige Lebensqualität wollen, Sicherheit und Gesundheitswesen, jetzt besonders auch mit COVID, ist das natürlich ein großes Thema. Anständige Schulen für die Kinder, vernünftige Besteuerung, Freizügigkeit mit rein und raus und Anstellen von Leuten aus dem ganzen EU-Raum, da hat natürlich die Schweiz schon viel zu bieten verglichen mit anderen Ländern.

Sebastian: Also ich muss ja die Erfahrung, die du jetzt gerade beschrieben hast, da kenne ich also eine Reihe von Mandanten, die haben ganz ähnliche Erfahrungen gemacht. Wir haben immer wieder Mandaten, die nach Dubai oder so umziehen oder in ähnliche Länder und ich muss sagen, ich kenne jetzt noch niemanden, der dort alt geworden ist. Nach ein paar Jahren zieht es die Leute immer wieder zurück. Ich mein es ist zwar wunderschön, wenn man keine Steuern bezahlen muss, klar alles ist opulent, die Wohnungen sind opulent, der Lebensstandard ist sehr hoch, aber am Ende ist das Leben auch mehr als nur diese Dinge. Es ist ein bisschen oberflächlich zu sagen, ich meine ich kann zustimmen, dass die Schweiz, also ich meine ich habe selber in der Schweiz gewohnt ein paar Jahre vor vielen Jahren, dass die Schweiz auf jeden Fall als Standort in Europa, was die Lebensqualität betrifft und was die Konnektivität auch in andere Länder betrifft, einen hervorgehobenen Status hat.

05:20 Die Schweiz als Illusion

Benno: Also ich glaube die Schweiz ist ein bisschen eine Illusion und es ist ja immer eine Illusion. Wenn du auf eine Insel gehst, dann hast du das Gefühl du bist auf einer Insel, aber nein, du hast dann ja auch die Realität und du musst dich ja lokal anpassen. Es gibt Gebräuche, es gibt Seilschaften, es gibt kulturelle Barrieren, die du übergrenzen musst. Deine Partnerin, Frau, deine Kinder müssen ja auch happy sein und so weiter und so fort. Und ich glaube, was für die Bahamas und die Barbados dieser Welt gilt, gilt auch für die Schweiz. Also, ich gebe euch ein Beispiel, also vor ein paar Jahren habe ich für einen Vermögensberater gearbeitet und die haben einen französischen Staatsangehörigen von Paris mit seiner Familie ins Wallis verschoben und das geht ja gut, wenn der Herr des Unternehmens immer im Flieger sitzt. Aber wenn zum Schluss seine Frau und seine Kinder aus Paris ins Wallis müssen, und das ist keine Aussage über die Qualität, das ist nur ein anderes Leben, das kann ja nicht gut gehen. Und ich glaube auch hier in der Schweiz haben wir natürlich die Diskussion. Ich sag dir zum Beispiel in den letzten Monaten ziehen vermehrt Chinesen in die Schweiz. Ja gut, wo willst du dann wohnen als Chinese? Das muss in der Nähe einer größeren Stadt sein, eines Flughafens natürlich, wo sie zumindest auch eine minimale Chance haben allenfalls auch mit ihren Landsmännern und Landsfrauen zu interagieren. Die kannst du nicht irgendwie nach Obwalden schicken. Das geht nicht. Da werden sie prima als Ausländer angenommen oder eben vielleicht nicht angenommen. Auch in der Schweiz haben wir das Thema der Barrieren. Und ich glaube, es ist ganz wichtig, dass wenn man sich die Schweiz anschaut, dass man sich gut überlegt, wo man dann hin will.

Magnus: Die Schweiz bietet also ganz unterschiedliche Regionen mit unterschiedlichen Traditionen, Essen und Kultur. Was mich deshalb besonders an Bennos Sicht über die Motivation ins Ausland zu ziehen fasziniert, war folgendes Argument.

07:30 Über die Motivation ins Ausland zu gehen

Benno: Die Leute machen ja oftmals den Fehler, dass sie Steuern planen und dann das Leben herum bauen. Ich glaube das muss umgekehrt sein. Also du planst das Leben und planst um die Steuern herum. Und in der Schweiz geht das ja gut, also man kann ja eben zum Beispiel als Unternehmer in Zürich oder in der Nähe von Zürich wohnen und den Arbeitsplatz im Pfäffikon aufstellen. Ich habe ein paar Zahlen aufgestellt, um das zu verdeutlichen. Also zwischen Zürich und Pfäffikon sind 25 Minuten mit dem Auto, aber bezahlt wird das Unternehmen nur um 50% weniger Steuern. Der entscheidet dann eben, ja, ich wohne mit der Familie in Zürich und das Geschäft ist in Pfäffikon und alle, fast alle, sind dann glücklich.

8:25 Starke Unterschiede bei den Steuersätzen

Magnus: Und gibt es heute noch die starken Unterschiede zwischen den Steuersätzen in den Kantonen?

Benno: Vielleicht muss ich dazusagen, dass deutsche Steuersystem sieht das, weil wir haben eine Besteuerung auf der Kommune, auf dem Dorf, auf der Gemeinde, beim Kanton und dann beim Bund haben. Der Bund ist einheitlich 8,5%. Die günstigsten Kantone sind rund 2% obendrauf und die teuersten sind immer noch bis 24% oben drauf. Und dann kommt noch die Gemeinde und das kann dann, vor allem die Stadt Zürich zum Beispiel hat sehr hohe Steuern für ihre Personen oben rauf, also das macht dann schon einen großen Unterschied aus.

Magnus: Hierbei ist es aber wichtig, dass man sich immer entsprechend beraten lässt, um die für sich selbst bestmögliche Lösung zu finden. Das kann von Branche zu Branche unterschiedlich sein. Ich habe gelesen, dass die Schweiz beim Global Innovation Index auf Platz 1 steht, sprich nach wie vor zieht es sehr viele Unternehmensgründer in die Schweiz. Für welche Branche ist es aber besonders attraktiv in die Schweiz zu kommen?

9:30 Über die Attraktivität der Schweiz

Sebastian: Spontan fällt mir ein, sicherlich sind ziemlich viele IT Startups in der Schweiz. Ich selbst habe ja auch in der Gemeinde Freienbach gewohnt, da gehört ja Pfäffikon dazu, gerade bei dir um die Ecke wo du jetzt bist. Da war damals, ich weiß nicht, ob es heute immer noch so ist, sehr viel die alternative Investment Branche in den Gegenden tätig. Wir wissen ja zum Beispiel auch, dass so Mining, da gibt es relativ große Unternehmen in der Schweiz.

Magnus: Also Thema Krypto Währungen.

Benno: Ja, also Geschäftstätigkeiten, also wie du gesagt hast. Der Kanton Zug hat sich ja da ein bisschen die Marke gegeben, das Krypto-Weili der Schweiz. Da sind natürlich regulatorisch und auch steuerlich Initiativen erhoben worden, um eben neue Unternehmen im Finanzbereich in der Fil-Trek anzusiedeln und um dann eben eine Clusterwirkung zu haben, eben auch in Bezug auf die Infrastruktur und die Mitarbeiter. Das Mining per se ist ein bisschen schwierig in der Schweiz aufgrund der Strompreise, nicht unbedingt attraktiv. Da gab ein diverse Benches, die eben nicht effizient waren unter dem Strich. Ich denke, die Schweiz ist sehr interessant für Leute, die wohlhabend sind und eigentlich ihre Vermögenswerte professionell selber managen wollen. Eben eine aktive Holding-Struktur, eine aktive Holding-Management-Struktur und das kann dann durchaus sein, dass man eben eine operative Tochtergesellschaft im Ausland hat, auch in Deutschland, Italien und so weiter. Erstens haben wir da natürlich im Großraum Europa, die Schweiz, wir haben eigentlich ausländische Tochtergesellschaften von Schweizer Holding Gesellschaften, ähnlich wie in der EU die Mutter-Tochter-Regelung. Also ja, vergleichbar. Wir haben natürlich eine große Anzahl Besteuerungsabkommen, wo eben dann auch die Dividendenzahlungen oder die Gewinnholdings entsprechend reduziert sind. Ich denke, das ist ein interessantes Geschäft und was ich feststelle jetzt auch ist eben die Kombination, also wenn wir europäische Staatsbürger haben, die haben es ja auch einfach in die Schweiz zu ziehen, aber es ist eben auch interessant für Nicht- oder eben auch Dritt-Staaten sagen wir, also nicht-europäische Nationalitäten in die Schweiz zu kommen und eben ein operatives Geschäft zu gewähren.

Magnus: Also du würdest sagen und das betrifft sicherlich ganz viele ganz viele Mandanten von uns. Du würdest sagen, dass die Schweiz als Standort interessant ist für Personen, die bestehende Unternehmen haben eben nicht in der Schweiz, irgendwo im Ausland möglicherweise womöglich Beteiligungen haben und dann in die Schweiz umziehen und eben dort eine persönliche Holding-Gesellschaft etablieren, um die Beteiligungen zu verwalten, neu zu kaufen, zu veräußern und so weiter und so fort.

12:40 Über die Vorteile der Schweiz

Benno: Genau, eine der großen Vorteile ist, dass wir eben unter der Schweizer Gesetzgebung stehen. Wenn der Aktionär nicht sein eigenes Geld verwaltet, dann braucht er keine Vermögensverwaltung Lizenz. Er ist eigentlich nicht mal für die Geldwäscherei Gesetzgebung aufsichtspflichtig, so lange er eben sein eigenes Geld managt. Das ist eigentlich glaube ich ein großer Vorteil hier in der Schweiz.

Magnus: Dann habe ich die konkreten Schritte erfragt, auf die man sich als Deutscher einstellen muss, wenn man sich entschieden hat, das Unternehmen und das Leben in die Schweiz zu verlagern.

13:19 Informationen zur Exit Tax

Sebastian: Also bevor man natürlich über den Umzug nachdenkt, oder im Rahmen der Umzugsplanung ist natürlich vor allen Dingen dann, wenn man in Deutschland wohnt oder unbegrenzt steuerpflichtig ist, beziehungsweise heute eigentlich auch generell als EU-Bürger. Es ist entscheidend, ob man darüber nachdenkt, ob man von einer so genannten Wegzug Besteuerung oder auch im englischen die sogenannte Exit Tax, die eigentlich auch mehr in Deutschland eher die Entstrickung ist, betroffen ist, denn es ist nun doch eine Sache, die ausgesprochen kostspielig sein kann. Ich hab gestern mit einem Mandanten besprochen, der hat ein Unternehmen in Berlin gehabt, oder hat ein Unternehmen in Berlin, Softdrink Unternehmen. Kein großes Unternehmen, was hat der gemacht, so 1 Millionen im Jahr. Dann ist er umgezogen in die Schweiz und die Wegzug Steuer, die er bezahlen musste in Deutschland waren 260.000 Euro.

Magnus: Also ganz kurz, also ich bin gar nicht mehr in Deutschland, wohne nicht mehr in Deutschland, gehe mit meinem Unternehmen in die Schweiz, aber ich muss trotzdem an das deutsche Finanzamt noch bezahlen?

Sebastian: Nein, du wohnst in Deutschland, hast ein deutsches Unternehmen, und das deutsche Unternehmen macht Gewinn und ist möglicherweise recht erfolgreich und du ziehst in die Schweiz um, dann wird vom Finanzamt ein fiktiver Veräußerungserlös für deine Unternehmensanteile berechnet. Das heisst Deutschland sagt ok, deine Softwarebude in Berlin ist Wert 13x der Gewinn, wenn der Gewinn 100.000 Euro ist, dann wird der Wert auf 1,3 Millionen Euro geschätzt und davon kannst dann sagen 1/3 oder 20% sind an Steuern fällig. Wenn du innerhalb der EU umziehst kann die gestundet werden. Die Schweiz ist aber eben nicht in der EU, für Großbritannien gilt das gleiche, USA gilt das gleiche. Das heisst, dann muss die bezahlt werden, dann musst das eben bezahlt werden. Mein Mandant musste 260.000 Euro bezahlen beim Umzug in die Schweiz an das deutsche Finanzamt und hatte damit ehrlich gesagt nicht gerechnet. Und das sind eben Dinge, da muss man sehr drauf achten. Wir haben dennoch Mandaten, die in die Schweiz umziehen, haben das alles dann in Deutschland aufrechnen müssen, haben insgesamt in Deutschland sogar mehrere Millionen bezahlt an Wegzugsteuer, sind aber trotzdem umgezogen, da sie gewusst haben, das sie das Thema dann endgültig vom Hals haben. Ich mein, das ist dann natürlich ein gewisses Lehrgeld, was man bezahlen muss, tut natürlich weh, aber da muss man in den sauren Apfel beißen. Das ist natürlich bei der Planung für die Liquidität extrem wichtig, dass man genau prüft, ob man davon betroffen ist. Jetzt gab es bis vor kurzem war die Wegzugsteuer in den meisten Ländern kein Thema, hauptsächlich in Deutschland, aber seit der EU Anti-Geldwäscherei-Richtlinie ist jetzt die so genannte Exit Tax EU weit ein Thema. Also auch wenn ich von Bulgarien in die Schweiz ziehe oder von Lettland in die Schweiz ziehe oder von wo auch immer, dann sind mögliche Implikationen, die ich gerade eben beschrieben habe, fiktiver Veräußerungserlös und so weiter, muss da berücksichtigt werden. Manche Länder sind da relativ freundlich, wie jetzt zum Beispiel Malta, aber bei weitem nicht alle und das ist so ein Thema, was man unbedingt beachten muss. Denn möglicherweise kommt man zu dem Schluss, dass man es sich gar nicht leisten kann. Es gibt auch andere Mandaten, die sagen einfach ok, ich verkauf das Unternehmen und starte komplett neu. Das ist natürlich genauso möglich.

Benno: Also heute hatte ich einen Bereich, wo du starkes Wachstum siehst in einem Geschäft, dann lohnt sich dann eben die Investition der Wegzugsbesteuerung oder der Zahlung der Exit Tax, denn dann können sie sich neu aufstellen und dann geht's durchs Dach.

Magnus: Ja genau, da stimme ich dir absolut zu.

Benno erklärt uns daraufhin, in welche Gruppe Einwanderer in der Schweiz eingeteilt werden und welche Bewilligungen und damit verbundenen Vorraussetzungen existieren, um sich in der Schweiz aufhalten zu dürfen.

17:31 Voraussetzungen für einen Aufenthalt in der Schweiz

Benno: Im großen Ganzen unterscheiden wir 2 Töpfe, das sind die Ausländer, die aus dem UEF Bereich kommen und dann haben wir die Drittstaaten und ich glaube wir sprechen mal über die UEFler. In der Schweiz, was viele Leute nicht wissen, ich will das aber trotzdem sagen. Wir unterscheiden eigentlich zwischen Aufenthalt und Arbeit. Also eine Arbeitsbewilligung und eine Aufenthaltsbewilligung. Warum ist das relevant? Die Bewilligungen Aufenthalt und Arbeit, die werden auf kantonaler Ebene ausgegeben. Also wenn jemand jetzt EUFler Passport hat, spielt das keine Rolle, weil wir da keine Kontingente haben. Das ist frei, da kann jeder kommen und kann jeder gehen wie er will. Wir unterscheiden eigentlich im Aufenthalt zwischen so genannten Personen, die nicht erwerbstätig sind und erwerbstätigen Personen. Ganz einfach, nicht erwerbstätige Personen, die müssen einen Krankenversicherungsnachweis und einen Nachweis, dass sie über genügend finanzielle Mittel verfügen, damit sie in der Schweiz ohne Erwerbstätigkeit die Lebenshaltungskosten bestreiten können. Das ist immer die eine Geschichte. Und dann gibt's die Leute, die kommen für einen Job, für einen Beruf. Bis 90 Tage braucht es keine spezielle Bewilligung oder eine Aufenthaltsbewilligung respektiv Arbeitsbewilligung. Das ist ein automatisches Meldeverfahren. 90 Tage dürfen Leute kommen, die noch keine Job haben, die noch einen Job suchen. Die müssen dann aber wenn sie keinen Job haben, nach 90 Tagen wieder gehen. Die Personen, die entweder einen unbefristeten Arbeitsvertrag oder einen Arbeitsvertrag nachweisen können, der mindestens 1 Jahr gültig ist, also Jahresverträge, die bekommen relativ zügig diese Aufenthaltsbewilligung B sagen wir. Die wird ausgestellt ab 5 Jahre in den meisten Fällen, aber es gibt Ausnahmen wie Kroatien oder andere bestimmte osteuropäische Länder, da gibt es zuerst mal 2 Jahre und die werden dann nach 5 Jahren nochmal um 5 Jahre verlängert.

Magnus: Und richtig zügig heisst innerhalb einiger Wochen?

19:52 Über das Problem mit der Arbeitsbewilligung für Drittstaatler

Benno: Eine Woche, zwei Wochen, dann ist das erledigt. Das ist ganz einfach. Also EU Pass gilt. Was oftmals falsch verstanden wird, ich will das der Vollständigkeit halber sagen, also ich gebe ein Beispiel. Argentinische BürgerInnen mit spanischer Aufenthaltsgenehmigung gilt eben nicht als EUFler Pass Halter, sondern gilt als Drittstaat. Das heißt, wenn ein Nicht-EUF Passhalter eben eine Aufenthaltsbewilligung hat in Europa, ist das nicht gleichzustellen mit einem Pass eines europäischen Landes. Das ist ganz ganz wichtig. Geht oftmals falsch. Gut, also, das ist die EU FTA Arbeitsbewilligung für Drittstaaten, sage ich mal so ist praktisch unmöglich. Ich glaube das Kontingent ist Moment dieses Jahr ist ab 7000 Arbeitsstellen und jetzt will ich sagen, also 2/3 dieser Arbeitsbewilligungen gehen an die chemische Industrie und der Rest an die IT Industrie. Und dann ist das weg. Und das die meisten Großunternehmen, das ist Innovat, UPS oder Google den Großteil dieser Arbeitsbewilligungen absaugen. Was ist wichtig, wenn jemand von einem Drittstaat kommt? Jeder Kanton hat bestimmte Kontingente, also der Kanton Zürich hat am meisten von diesen Arbeitsbewilligungen, aber die haben natürlich auch am meisten Nachfrage. Also es kann sein, dass der Kanton Zürich eben die Arbeitsbewilligung nicht gibt, aber Kanton Oberwalden hat vielleicht noch eine Arbeitsbewilligung. Ja, da ist wirkliches so ein kantonales Shopping und das Timing und die richtigen Beziehungen und die richtigen Anwälte involviert, die machen dann den möglichen Unterschied.

Magnus: Das heisst die natürliche Person, das lässt sich alles recht gut darstellen. Wenn ich jetzt aber auf die Ebene der juristischen Person gehe, also der Firma, kann ich da ähnlich schnelle Bearbeitung erwarten oder wie ist da das Vorgehen?

Sebastian: Firmengründung meinen wir jetzt, oder?

Magnus: Genau, ja.

Benno: Ja, wir sind ja das Land von Käse, Schokoladen und Banken und Uhren. Uhren kaufen, einfach. Käse kaufen, einfach. Schokolade kaufen, einfach. Ein Bankkonto eröffnen nicht mehr so einfach. Ich will da mal so sagen, bei der Gründung von juristischen Personen durch Ausländer, aber auch durch Schweizer, das macht garnicht so den Unterschied. Da ist das größte Hindernis eine Bank zu finden, die bereit ist, dass Gesellschaftskonto zu führen. Das ist ganz ganz schwierig geworden. Das hat verschiedene Komponenten. Erstens zahlt das nicht sehr gut und zweitens ist das Verhältnis zum Risk Reward relativ klein. Und in meiner Tätigkeit bei der Gründung Schweizer Aktiengesellschaft ist, da ist es halt das Problem, eine Bank zu finden, die in das Aktienkapital-Einzahlungskonto begleitet, aber sonst Handelsregister technisch unkompliziert.

23:01 Der Lichtblick der Bürokratie in der Schweiz

Magnus: Den einen Lichtblick in der Bürokratie einer Firmengründung in der Schweiz gibt es.

Benno: Die Schweiz hat den Unterschied zu anderen Staaten in Europa, die ganze Verwaltung arbeitet ja in der Unterstützung von Bürgern und nicht umgekehrt. Also der Staat ist für den Bürger da und nicht umgekehrt. Ich gebe ein Beispiel. Also wenn wir Fragen haben in steuertechnischer Hinsicht oder Fragen haben in bewilligungstechnischer Hinsicht, mein Sohn hatte gerade eine Anfrage sag ich mal, dann rufen wir den Kanton an und fragen, was müssen wir machen, damit das funktioniert? Das ist eine ganz offene Kommunikation und in der Regel, da werden Sie sehen, der Steuerkommissar der einzelnen Gemeinde ist eigentlich ihr bester Steuerberater. Der billigste auf jeden Fall. Der sagt, wie man es am besten macht, wie man es am besten nicht macht und ich glaube das ist ein unbekanntes Verständnis, das Verhältnis zwischen Bürger und Staat, denke ich auch in Deutschland kann das zum Teil auch ein bisschen problematisch sein. Also Handelsregister Gründung von Gesellschaften grundsätzlich kein Problem. Das Ranking ist schon ein bisschen schwieriger geworden also auch schon, aber eben als Business unkompliziert.

24:20 Tips zur Integration in die Schweiz

Magnus: Wenn ich jetzt also als Unternehmer in der Schweiz lebe, wir sind ja quasi jetzt schon mittendrin im Leben in der Schweiz. Du hast es schon angesprochen, die Schweizer haben eine andere Mentalität, ein anderes Verständnis von Staat und Verwaltung. Was ist für dich der größte Unterschied vielleicht zu Deutschland? Worauf muss ich mich einstellen, wenn ich als Deutscher in die Schweiz ziehe?

Benno: Ja gut, das erste ist natürlich, dass wenn du als Deutscher in die Schweiz kommst, lässt dich das jeder wissen, dass du Deutscher bist. Das ist leider so. Aber ich kann auch sagen, es hat sich massiv gebessert, weil ich glaube, da werden zum Teil immer Fehler gemacht. Der Zuzügler, also was ich machen will, wenn ich von Deutschland in die Schweiz komme, meine Kinder gehen in die öffentliche Schule. Hoher Standart, keine Privatschulen, ich habe einen Freund, ein Mexikaner, der hat seine Kinder in einer sehr bekannten Privatschule in Zürich platziert. Die hatten einen (()) der Studenten pro Jahr von über 60%. Seine Tochter hatte zum Schluss niemanden in Zürich als Freund oder Freundin als sie zur Uni ging, weil alle dann irgendwo in Standford waren oder zurück in Mexiko oder Südamerika oder wo auch immer. Also den Anker zu suchen, wenn man Kinder hat, die schulpflichtig sind, ist eben ein guter Ratschlag ist, dass man Kinder in öffentliche Schule schickt. So gelingt das eigentlich relativ schnell, Fuß zu fassen.

25:52 Das Bildungssystem der Schweiz

Magnus: Um mehr auf das Bildungssystem und den Bildungsstandard Schweizer Schulen einzugehen, hat Benno folgendes zu sagen.

Benno: Wir haben ein dezentralisiertes System, wir haben die so genannte altgenössische Matura, das ist abgespeckt vom deutsche Abitur. Gleiche (()) Ausbildung, Sprachen und so weiter. Da gibt es verschiedene Wahlmöglichkeiten. Das sind Gratis Schulen, die werden angeboten ab dem Alter 13 oder 15, Kurz- oder Langzeitgymnasium sagen wir hier auch. Und guter Standard und dann natürlich eben auch die Kinder, die sich entscheiden, eben nicht akademisch zu bilden, die können diese Realschulen besuchen und dann eine Berufslehre machen. Das System in der Schweiz ist sehr sehr gut. Und da haben wir auch die Fachhochschulen, also die Durchlässigkeit von Leuten, von Jungen, die eben zum Beispiel eine Schreinerlehre machen. Ich gebe euch ein Beispiel. Ich habe einen Freund, der war ein Zimmermann, der hat eine Zimmermannlehre in Appenzell gemacht und am Schluss hat er dissertiert an der ETH Zürich, an der altgenössischen technischen Hochschule in Saarbrücken. Also, das gibt eine totale Durchlässigkeit der Systeme. Das ist etwas, was ich eigentlich sehr interessant finde. Ich glaube, wenn es so die Lebensqualität eines jeden Mannes frei gibt, das noch dranhängen.

27:18 Der Krankenschutz in der Schweiz

In der Schweiz haben wir Kassenpflicht, wenn es um die Kanten Versicherung der Kassen geht. Das ist interessant, also wenn einer in der Schweiz wohnt offiziell, muss er bei einer Schweizer Krankenkasse eine Grundversicherung mindestens abschließen. Das tönt nach Zwang, kann aber auch ein Privileg sein. Also wir haben in der Vergangenheit Leute in die Schweiz gebracht, damit sie eben diesen Versicherungsschutz haben, weil die Grundversicherung da keine vorbestehenden Krankheiten oder medizinische Zustände ausschließt. Also das ist eine Universalversicherung, wo zum Beispiel Leute, die eben vielleicht im amerikanischen System oder im südamerikanischen oder Privatversicherungen eben Ausschlüsse hätten in der Deckung. Da gibt es also Leute, die kommen aus diesem Grund in die Schweiz.

Magnus: Und man muss sagen, das Schweizer Gesundheitssystem ist ja gerade im Vergleich zum Deutschen noch sehr gut. Also ich kenne viele hier in der Grenzregion, die lieber in ein Schweizer Spital gehen als sich im deutschen Krankenhaus behandeln zu lassen.

Benno: Ja, das ist, weil wir all die deutschen Ärzte haben. Die verdienen ein bisschen mehr in der Schweiz.

Magnus: Ja, das ist so.

28:24 Die Lebenshaltungskosten in der Schweiz

Sebastian: Ja, da sind wir auch schon beim Punkt, ja. Also ich meine ein großer Unterschied zwischen Schweiz und Deutschland und in gewisser Weise auch grundsätzlich ist ja in der Schweiz, dass die Preise relativ hoch sind. Also ich kenne einen, der ist in die Schweiz umgezogen und der hat mir gesagt, in Zürich kannst du nicht leben, außer du machst mindestens 250 Riesen im Jahr. Also, würdest du das genauso sagen?

Benno: Ja, das stimmt. Aber ich glaube diese Rechnung musst du machen im großen Ganzen, also als ich in den Bahamas gelebt habe, weisst du wenn du in die Bahamas ziehst, dann zahlst du keine Steuern, aber du musst 2 mal im Jahr mit der ganzen Familie in die Schweiz zurück, du zahlst Privatschulen, du zahlst dies und das und unterm Strich sagst du, ja also Bahamas lohnt sich auch nur, wenn du eine halbe Millionen verdienst. Vorher lohnt sich das garnicht.

Und ich glaube in der Schweiz, wenn die Leute die Kinder auf teure Schulen schicken und so, auch wenn die öffentlichen Gymnasien eben sehr sehr gut sind und eine hohe Qualität haben. Das ist eben für mich ein Kostenstandpunkt. Ich kann dir sagen, meine Tochter die geht an die ETH Zürich, die bezahlt ungefähr 400 Franken Studiengebühren. Und wenn sie das jetzt am MIT machen würde oder George Town, dann sind das 60.000 bis 80.000 pro Jahr. Das kennst du ja. Und da, wenn man das eben selber plant und dann eben auch auf die Systeme vertraut, die vielleicht eben außerhalb dieser klassischen Expat Autobahnen funktionieren, dann kann es sich eben unter dem Strich auch ganz gut lohnen.

Magnus: Aber ich glaube gerade bei Kindern, um noch da einzuhaken, ist es schon so, also je jünger sie sind, also gerade in der KiTa habe ich einige Freunde, die in der Schweiz wohnen, die zahlen Beiträge von von teilweise 2000 Franken im Monat.

Benno: Das ist ein anderes Problem. Das ist richtig. Also als unsere Kinder ganz klein waren, noch mit 2 Jahren in der Schweiz waren, dann ging eigentlich der Lohn meiner Frau als Anwältin an den Kindergarten. Ja, genau.

Magnus: Und um da vielleicht noch ein Wort zu verlieren, allgemein Miete, Lebensmittel, Freizeitangebote. Da ist das Preisniveau natürlich schon deutlich höher. Wie würdest du den Standard dort einschätzen?

Benno: Wir haben ein bisschen die Tendenz einen sehr hohen Standard zu haben und dann beschweren wir uns, dass es teuer ist. Also das ist definitiv so. Also die Schweiz, wenn du in Deutschland in den Supermarkt gehst, da bezahlst du massiv weniger. Ich will aber auch sagen, auch wenn du in der Schweiz eben im Supermarkt im Kopert oder Mega oder wie die da heissen kaufst, dann kauft man in der Regel auch gute Qualität. Ob sich das alle leisten können, so gute Qualität zu bezahlen, das ist eine andere Geschichte.

31:12 Make a long story short - Fragen an Benno

Magnus: So, jetzt kommen wir noch zu meiner Lieblingsrubrik. Make a long story short. Wir stellen Fragen, die Benno kurz und knapp beantwortet.

Magnus: Hat sich der Umzug für dich in die Schweiz, man muss ja bei dir eher sagen, es ist die Rückkehr in die Schweiz, hat sich das gelohnt?

Benno: Ja, auf jeden Fall. Wichtig ist halt auch, dass man weiß wo man hin will bevor man irgendwo hin weg geht. Und ich glaube es ist wichtig, dass man das plant. Gerade beim Umzug geht es ja nicht nur um das Geld oder um die Steuern, sondern es geht auch darum, dass man sich dann wirklich wohl fühlt und die Familie sich auch wohlfühlen kann.

Magnus: Nächste Frage. Würdest du die Schweiz als ein unternehmerfreundliches Land einschätzen?

Benno: Ich glaube es ist kompliziert in der Schweiz, wenn man ein Kleinstunternehmer sein will und es kann komplex sein, wenn man ein großes Unternehmen hat. Aber ich würde sagen, im mittleren Bereich ist die Dienstleistung und die Servicequalität auch der Behörden relativ gut. Der Zugang zu den Behörden ist gut, Zugang zu Banken ist gut, Immobilien, Schulen und so weiter, das ist alles ziemlich frei zugänglich.

Magnus: Und wie würdest du die ganze Sache einschätzen, wenn ich qualifiziertes Personal in der Schweiz suche. Werde ich dort fündig?

Benno: Ja, ich glaube das ist kein Problem. Ich glaube die Frage ist mehr dann auch eine Frage der Höhe der Löhne. Die Schweiz hat ein sehr hohes Lohnniveau, hat aber auch ein gutes Ausbildungsniveau und ich denke, die Angestellten sind wirklich auch selbstmotiviert.

Magnus: Gut, das haben wir vorhin ja schon gehört, dass die Lebenshaltungskosten in der Schweiz insgesamt einfach höher sind. Nächste Frage wäre, was wäre für dich der Hauptgrund warum ein Unternehmen in die Schweiz ziehen sollte.

Benno: Ich glaube die Lebensqualität des Eigentümers und ich glaube auch der hohe Standard an Arbeitskräften. Vor allem wenn man serviceorientiert ist, kann man da gute Produkte und Dienstleistungen erstellen.

Magnus: Gegenfrage dazu. Der Hauptgrund für dich warum ich auf keinen Fall in die Schweiz ziehen sollte.

Benno: Da gibt es keinen.

Magnus: Die Schweiz als das gelobte Land kann man sagen.

Benno: Ja genau, wo Milch und Honig fließen und Schokolade.

Magnus: Und viele Deutsche.

Magnus: Also es gibt nichts, wo du sagen würdest, da muss ich mich drauf einstellen, Vorsicht als Deutscher.

Benno: Nein, ich glaube wir haben das schon angesprochen, also das Preisniveau ist halt hoch in der Schweiz, aber man bekommt da Qualität dafür.

Magnus: Als Deutscher sinnvoll es zu versuchen Schweizerdeutsch zu lernen oder sollte ich es lieber gleich lassen?

Benno: Nein, ich glaube was wichtig ist, ist wenn man irgendwo hinzieht, ob das jetzt Mexiko oder Schweiz oder Monacco ist, dass man dann eben auch da ist, also präsent. Ich glaube das aktiv involviert sein zum Beispiel in der Gemeinde, wo man wohnt, teilnehmen im Tennis Club, eben die Schüler, die Kinder gehen gleich in die öffentlichen Schulen, Privatschule. Das ist viel wichtiger, als das unmögliche akzentfreie schweizerdeutsch sprechen.

Magnus: Gut, ich glaube, die nächste Frage hast du auch schon ein bisschen beantwortet mit den anderen. Was macht die Schweiz für dich so lebenswert?

Benno: Ich sag dir was mir eigentlich gefällt in der Schweiz ganz besonders. Du kannst ja auch im Unterschied zu Amerika, wo ich auch lange gelebt habe, du kannst also hier zum Haus raus und über die Wiesen laufen und in den Wald ohne das dich einer anschiesst. Mit anderen Worten, wir haben schöne Natur und der Zugang ist auch frei dazu. Und ich glaube, das ist ein ganz ganz wichtiges Element für mich, was mir gefällt in der Schweiz.

Magnus: Eine Frage noch, die mich auch persönlich interessieren würde. Jetzt hast du ja in vielen Ländern auf der Welt gelebt. Du hast es ja angesprochen. USA, Bahamas haben wir einleitend gehört. Was ist für dich overall das Land mit der höchsten Lebensqualität vielleicht in deinem persönlichen Ranking, wo du sagen würdest, da lohnt es sich zu leben.

Benno: Ich glaube im overall Ranking ist es schon die Schweiz. Ich denke aber auch, je nachdem, was die Lebensverhältnisse sind. Also wenn man Familie mit Kleinkindern hat, dann ist es vielleicht in einem anderen Land besser. Wenn man Kinder hat im Ausbildungsalter wie ich, also Universität, ETA, dann ist die Schweiz ein ganz guter Ort. Ich glaube das hängt auch stark davon zusammen, wo jede einzelne Person für sich steht in der Definiton.

Magnus: Sebastian, du als Weltenbummler, du hast ja auch schon an einigen Ort gelebt. Was könntest du dort sagen im overall Ranking?

Sebastian: Also, ich hab ja auch in der Schweiz gewohnt für ein paar Jahre, auch wenn es jetzt schon 20 Jahre her ist bald, aber genau die Schweiz fand ich dann schon attraktiv. Ich denke mich hat es dann eher zu den angelsächsischen Ländern hingezogen wie Großbritannien und USA, aber ja, die Schweiz ist absolut ein guter Ort zu leben. Also ich glaube im deutschsprachigen Raum, also für viele muss man auch sagen, ist die Sprache ein ganz wichtiger Punkt, weil man vielleicht auch mit dem englischen zwar leicht zurecht kommt, aber vielleicht jetzt nicht 100%ig zurecht kommt oder nicht persönlich damit warm wird, sagen wir es mal so. Und da ist natürlich dann die Sprache extrem wichtig und da hat die Schweiz natürlich ein riesen Vorteil, was die Sprache anbelangt. Und auch die Grenzen, mit dem Auto mal eben schnell rüber fahren Leute besuchen gehen, ja je nachdem wo man wohnt. Das ist natürlich alles dort gegeben.

Magnus: Ok Benno, wenn man dich jetzt finden möchte in der Schweiz. Du bist Anwalt und dort auch tätig. Wie könnte man dich kontaktieren?

Benno: Man findet mich im Internet. Ich habe selber einen feinen Blog, der heisst der Benno Factor, da findet man mich auf Instagram auch. Aber am einfachsten ist es über die Webseite, das ist www.raeberlaw.ch. Da kann man mich gut finden.

Magnus: Wunderbar. Vielen Dank. Benno, da bleibt mir ja an dieser Stelle nicht mehr viel zu sagen als vielen Dank für diesen interessanten Einblick. Ich glaube wir haben einen guten Rundumschlag geschafft für Unternehmer, die überlegen in die Schweiz zu ziehen. Wir kennen die Pros und die Kons jetzt und jetzt muss jeder für sich entscheiden, ob die Schweiz noch das richtige Zielland ist.

Benno: Ja, wenn jemand mit dem Gedanken spielt in die Schweiz zu kommen, einfach mich kontaktieren, ich bin gerne für ein Gespräch oder wenn es dann später mal passt für ein Bier oder Kaffee zu haben.

Magnus: Das war Perspektive Ausland - Der Postcast für alle Unternehmer, die es ins Ausland zieht. Bis zur nächsten Folge.

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