Was ist der Unterschied zwischen Wegzugsteuer und Entstrickungsteuer?

In zahlreichen Beratungsgesprächen stößt man immer wieder auf beträchtliche Kommunikationshürden in Bezug auf die Wegzugsbesteuerung und die sogenannte Entstrickungsbesteuerung. Dabei stellt sich oft die Frage nach der genauen Definition und Abgrenzung beider Begriffe sowie ihrer wechselseitigen Bezüge. Die Wegzugsbesteuerung, eine Sonderform der Einkommensteuer, wird fällig, wenn eine in Deutschland ansässige Person das Land verlässt und Beteiligungen an in- und ausländischen Kapitalgesellschaften hält. Der Wert dieser Beteiligungen wird vom Finanzamt ermittelt, wobei von einem fiktiven Verkauf ausgegangen wird, auf dessen fiktive Veräußerungserlöse dann Steuern zu entrichten sind.

Im Gegensatz dazu wird die Entstrickungsbesteuerung auf Unternehmensebene erhoben und tritt in Kraft, wenn Vermögensgegenstände ins Ausland verlagert werden. Dies folgt aus der EU-weiten Anti Tax Avoidance Directive (ATAD), die diese Art der Besteuerung in jedem EU-Mitgliedsstaat vorschreibt. Abgrenzbar ist die Entstrickungsbesteuerung von der Wegzugsbesteuerung dadurch, dass die Steuer von der Gesellschaft getragen wird und die Möglichkeit besteht, die Zahlung aufzuschieben oder in Raten zu entrichten. Für die Vermeidung beider Steuerarten existieren Gestaltungsmöglichkeiten, wie zum Beispiel die Bestellung eines in Deutschland verbleibenden Geschäftsführers zur Verhinderung der Entstrickung oder die Überführung einer GmbH in eine Personengesellschaft, um der Wegzugsbesteuerung zu entgehen.

Key Takeaways

  • Die Wegzugsbesteuerung entsteht bei persönlicher Auswanderung und hält an Kapitalgesellschaftsbeteiligungen fest.

  • Die Entstrickungsbesteuerung wird auf Unternehmensebene fällig, wenn Vermögen ins Ausland verlagert werden.

  • Um diese Steuern zu vermeiden oder zu mindern, können rechtzeitige unternehmerische und steuerliche Planungen hilfreich sein.

Wegzugsbesteuerung

Definition der Wegzugsbesteuerung

Die Wegzugsbesteuerung ist keine eigenständige Steuerart, sondern eine Variante der Einkommensteuer, die im Kontext des Wegzuges von Personen oder des Verlegens von Unternehmensteilen ins Ausland relevant wird. Diese Steuer tritt in Kraft, wenn Personen, die Anteile an in- und ausländischen Gesellschaften halten, Deutschland verlassen. Die Steuerbemessung gründet sich auf einen fiktiven Verkauf der Anteile, wobei das Finanzamt einen hypothetischen Verkaufserlös zugrunde legt und daraufhin Steuern erhebt.

Anwendung der Wegzugsbesteuerung

Nur wenige Länder haben diese Form der Steuer eingeführt, darunter Deutschland, Österreich, die Niederlande und die USA, wobei das deutsche System als das strikteste gilt. Die Wegzugsbesteuerung darf nicht mit der sogenannten Entstrickungssteuer verwechselt werden, die im Unternehmenskontext Anwendung findet, wenn Vermögenswerte grenzüberschreitend transferiert werden und damit auch in Deutschland steuerpflichtig sind.

Berechnung der Wegzugsbesteuerung

Der Wert der Anteile und somit die Bemessungsgrundlage für die Wegzugsbesteuerung ergibt sich aus einer Multiplikation des Gewinns der Gesellschaft mit einem festgelegten Faktor. Anhand eines fiktiven Beispiels mit einem GmbH-Gewinn von 100.000 Euro, multipliziert mit dem Faktor 13,75, resultiert ein Unternehmenswert von 1,375 Millionen Euro. Auf diesen Wert ist dann gemäß dem Halbeinkünfteverfahren Einkommensteuer zu entrichten.

Um eine Doppelerhebung durch Wegzugs- und Entstrickungsbesteuerung zu vermeiden, kann beispielsweise eine rechtzeitige Umstrukturierung der Unternehmensführung erforderlich sein, um eine inländische Geschäftsleitung zu gewährleisten und somit die Betriebsstätte in Deutschland beizubehalten.

Was ist die Entstrickungsbesteuerung?

Definition der Entsstrickungssteuer

Entstrickungssteuer bezieht sich auf die Besteuerung des Wertzuwachses von Anteilen oder Vermögenswerten, wenn diese aus dem deutschen Steuergebiet verlagert werden. Sofern eine Person oder ein Unternehmen Deutschland verlässt oder Wirtschaftsgüter ins Ausland verbringt, kommt diese Form der Einkommensteuer ins Spiel, die auf einer fiktiven Veräußerung basiert.

Geltungsbereich der Entstrickungssteuer

Die Entstrickungsbesteuerung wird sowohl auf natürliche Personen als auch auf Unternehmen angewandt. Natürliche Personen unterliegen der Entstrickungssteuer beim Wegzug aus Deutschland und der Verlagerung ihrer Beteiligungen an in- und ausländischen Körperschaften. Unternehmen hingegen werden besteuert, wenn sie Betriebsvermögen über die Grenze verlegen, etwa beim Umzug einer Firma von Deutschland nach Frankreich.

Besteuerungsgrundlage und Zahlungsregelungen

Die Bemessungsgrundlage für die Entstrickungssteuer bildet der fiktive Veräußerungserlös der Anteile oder des Vermögens. Beispielhaft wird der Gewinn einer GmbH mit einem Multiplikator erhöht, um deren Wert zu bestimmen. Der so ermittelte Wert wird dann der Besteuerung unterworfen, oft unter Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens.

  • Beispielhafte Berechnung:

    Gewinn der GmbH Multiplikator Ermittelter Wert (EUR) 100.000 x 13,75 1.375.000

Daraufhin wird der steuerliche Betrag auf den ermittelten Wert angerechnet. Im Gegensatz zur Wegzugsbesteuerung können Unternehmen die Steuerlast für übertragene Vermögenswerte nach den EU-Vorgaben der Anti Tax Avoidance Directive (ATAD) über mehrere Jahre verteilen oder stunden lassen.

  • Beispiel für Zahlungsmodalitäten:

    • Unternehmenswert: 1.375.000 EUR

    • Steuerlast (angenommen 60%): ca. 400.000 EUR (über mehrere Jahre zahlbar)

Unterscheidung zwischen Abwanderungs- und Überführungssteuer

Bei der Abwanderungssteuer handelt es sich um eine Besonderheit der Einkommensteuer, die dann anfällt, wenn Personen Deutschland verlassen und Anteile an in- sowie ausländischen Gesellschaften halten. Die steuerliche Erfassung basiert auf dem fiktiven Verkauf dieser Anteile – eine Berechnungsmethode, bei der das Finanzamt die Anteile bewertet und die Einkommensteuer auf einen fingierten Veräußerungsgewinn erhebt.

Die Überführungssteuer betrifft hingegen Unternehmensbestände und kommt zur Anwendung, wenn Vermögensgegenstände über die Grenzen Deutschlands hinaus verlagert werden. Unternehmen sind in solchen Fällen verpflichtet, Steuern auf den Wert dieser Vermögensgegenstände zu zahlen, wobei die EU eine stufenweise Zahlung oder Aufschiebung der Steuerschuld ermöglicht.

Die Abwanderungssteuer ist nur in ausgewählten Ländern vorzufinden, während die Überführungssteuer gemäß der Anti-Tax Avoidance Directive (ATAD) der EU in allen EU-Mitgliedstaaten Anwendung findet.

Zusammenfassend lässt sich festhalten:

  • Abwanderungssteuer:

  • Überführungssteuer:

    • Betroffen sind Unternehmen bei Verlagerung von Wirtschaftsgütern über die Grenze.

    • EU-weit durch die ATAD umgesetzt.

    • Steuerschuld kann gestundet oder verteilt werden.

In spezifischen Szenarien können Vermeidungsstrategien angewandt werden – zum Beispiel durch das Einsetzen einer Geschäftsführung, die ihren Sitz in Deutschland behält, um die Überführungssteuer zu umgehen, oder durch die Einbringung der Gesellschaft in eine Holding-Struktur, um die Abwanderungssteuer zu vermeiden. Bei geplanter Auswanderung und Anliegen rund um die Besteuerung ist eine fachkundige Beratung ratsam.

Maßnahmen zur Minderung der Steuerlast bei Wohnsitzwechsel und Unternehmensumstrukturierung

Minderung der Besteuerung im Fall der Betriebsverlagerung

Um die Besteuerung zu mindern, die beim Transfer von Vermögenswerten von Unternehmen ins Ausland anfällt, ist Folgendes zu beachten: Unternehmen können Versteuerung eines Wirtschaftsguts vermeiden, indem sie einen Geschäftsführer in Deutschland belassen, auch wenn der Eigentümer das Land verlässt. Demnach verbleibt der Betriebssitz in Deutschland und die Betriebsveräußerung findet nicht statt. Die rechtliche Strukturierung spielt dabei eine entscheidende Rolle, um die Steuer auf den scheinbaren Veräußerungsgewinn nicht entrichten zu müssen.

Vorgehensweise:

  • Geschäftsführer in Deutschland: Einen Verwaltungssitz durch einen im Inland verbliebenen Geschäftsführer beibehalten.

  • Bewertungsformel: Berücksichtigung der Bewertungsmethode für das Unternehmensvermögen.

Minderung der Wegzugsbesteuerung

Um die Wegzugsbesteuerung zu reduzieren, sollte in Erwägung gezogen werden, das Unternehmen in eine Holdingstruktur einzubringen, die als Personengesellschaft geführt wird. Eine gängige Struktur ist die GmbH & Co. KG. Dies kann dazu führen, dass eine Versteuerung von im Ausland erzielten Einkünften vermieden wird, da die einkommensteuerliche Belastung entfällt.

Vorgehensweise:

  • GmbH in Holding überführen: Übertragung der GmbH-Anteile in eine Holdingstruktur wie beispielsweise eine GmbH & Co. KG, um die Wegzugsbesteuerung zu umgehen.

  • Beratung in Anspruch nehmen: Es ist ratsam, professionelle Beratung zu suchen, um die eigene Situation genau zu analysieren und individuelle Lösungsansätze zu finden.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass sowohl die Entstrickungsbesteuerung als auch die Wegzugsbesteuerung durch sorgfältige Planung und unter Beachtung der rechtlichen Vorschriften gemildert werden können. Durch die Einsetzung eines inländischen Geschäftsführers beziehungsweise die Umstrukturierung in eine Personengesellschaft können Steuerbelastungen vermieden werden. Beratung durch Fachleute kann hierbei unterstützend wirken und zu einer legalen und effizienten Steuergestaltung beitragen.

Zusätzliche Unterstützung und Beratungsmöglichkeiten

Bei der Auswanderung aus Deutschland kann es zu steuerlichen Schwierigkeiten kommen, insbesondere in Bezug auf die Wegzugssteuer und die sog. Entstrickung. Die Wegzugssteuer, eine Variante der Einkommenssteuer, greift, wenn man Deutschland verlässt und Anteile an in- sowie ausländischen Gesellschaften besitzt. Diese Anteile werden vom Finanzamt bewertet; es wird von einem fiktiven Verkauf ausgegangen. Die Wegzugssteuer gibt es nur in einigen Ländern, Deutschland hat hierbei eines der strengsten Systeme.

Die Entstrickungssteuer hingegen wird von der Gesellschaft gezahlt, wenn Vermögenswerte ins Ausland verlagert werden. Diese Steuer kann in der EU gestundet oder über mehrere Jahre verteilt werden, was durch die Anti-Tax Avoidance Directive (ATAD) der EU geregelt wird.

Wenn man als Geschäftsführer und Anteilseigner einer GmbH ins Ausland zieht, sind beide Steuerarten relevant. Um die Entstrickungssteuer zu vermeiden, kann man vor dem Wegzug einen in Deutschland verbleibenden Geschäftsführer ernennen. Um die Wegzugssteuer zu umgehen, kann man die GmbH in eine Holdinggesellschaft, wie eine GmbH & Co. KG einbringen, wodurch diese nicht in Deutschland steuerpflichtig ist.

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