Türkei - nah an Europa und ein konkurrenzloser Standort

Zu Gast: Dr. Fatih Dogan

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Obwohl es der Türkei wirtschaftspolitisch im Moment alles andere als gut geht, werden die Entwicklungen schon aufgrund der schwierigen Situation in der Ukraine und Russland von vielen mit großem Interesse beobachtet. Denn die Türkei ist mit seiner Nähe zu Europa, den günstigen Personalkosten und seiner hervorragenden Infrastruktur ein idealer Produktionsstandort für europäische Unternehmen.

Nicht nur die türkische Automobilindustrie bietet ein großes Potenzial, auch die Start-up-Szene boomt in dem Land am Bosporus. Viele erfolgreiche Start-ups wurden mittlerweile äußerst gewinnbringend verkauft. Durch die Schlagzeilen ging der Verkauf der Istanbuler Spielefirma Peak Games, die für 1,8 Millionen US-Dollar an Zynga verkauft wurde.

In unserem aktuellen Podcast sprechen wir mit dem türkischen Rechtsanwalt Fatih Dogan. Seine Kanzlei hat sich unter anderem auf die steuerliche und rechtliche Beratung von deutschsprachigen Unternehmen und Privatpersonen spezialisiert. Er gibt uns einen interessanten Einblick in das Leben vor Ort und zeigt uns, warum die Türkei ein interessanter Standort für Unternehmer ist. 

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Wie kann ich mir das Leben in der Türkei vorstellen?

Wenn wir Türkei hören, dann denken wir an Sommer, Urlaub, weiße Sandstrände und vielleicht die Weltmetropole Istanbul, die Stadt in der europ. Türkei. Aber das Land am Bosporus hat noch so viel mehr zu bieten.

Das Land ist mit seinen fast 790.000 km² mehr als doppelt so groß wie Deutschland. Daher kann man sich in diesem Land auf eine abwechslungsreiche und teils sehr fruchtbare Landschaft mit Bergen und Wäldern freuen.

Was sowohl Urlauber als auch Auswanderer in die Türkei zieht, ist wohl auch das milde Klima. Denn an der Mittelmeerküste scheint die Sonne nicht weniger als 300 Tage im Jahr. Auf der anderen Seite gibt es natürlich auch für Wintersportbegeisterte im Winter genug Schnee in den Bergen und auch einige Skiresorts, die einen Ausflug wert sind. 

Aufgrund des guten Wetters und der ausgesprochenen Geselligkeit der Türken findet das Leben in der Türkei auch überwiegend draußen statt. Die Türken lieben es draußen im Park oder einem Café zu sitzen, einen Çay (türkischer Schwarztee) zu trinken, Sonnenblumenkerne zu naschen und Tavla (türkisches Backgammon) zu spielen. Man kann also fast ganzjährig draußen Sport machen, am Strand liegen und im Freien essen. Dieser Outdoor-Lifestyle und das gute Klima sprechen deutlich für ein Leben in der Türkei und sind auch noch gut für die Gesundheit.

Wenn wir über Gesundheit sprechen, muss man natürlich auch das gesunde Essen in der Türkei erwähnen. Trotz zahlreicher Fastfood-Ketten aus aller Welt, legen die Türken noch Wert auf eine gesunde und ausgewogene Ernährung. Daher ist der örtliche Basar (Wochenmarkt) nicht nur ein gesellschaftlicher Höhepunkt, sondern bietet auch die Möglichkeit eine Vielfalt an frischem Obst und Gemüsen direkt von regionalen Bauern zu kaufen und das auch noch äußerst preiswert.

Die Türken sind allgemein als sehr gastfreundlich, hilfsbereit und herzlich gegenüber Neuankömmlingen bekannt. Trotzdem kann es für Auswanderer schwierig sein, neue Kontakte zu knüpfen, da die meisten Türken kein Englisch beherrschen. Hierbei kommt es jedoch auch darauf an, in welcher Stadt man sich niederlassen will, denn in Touristenzentren sprechen die Einheimischen teils sogar mehrere Fremdsprachen. Wenn es aber darum geht, Behördengänge zu erledigen, kann die Sprachbarriere ein Problem darstellen.

Aufenthaltsgenehmigung beantragen und erhalten

Als deutsche Staatsbürger dürfen Sie sich in einem Zeitraum von 180 Tagen bis zu 90 Tage in der Türkei aufhalten. Dafür ist auch kein Visum nötig.

Erst wenn Sie länger bleiben wollen oder die Türkei als neue Heimat auserkoren haben, müssen Sie ein Aufenthaltsvisum beantragen.

Der Antrag für den Aufenthalt muss bei der Generaldirektion für Migration gestellt werden. Die Aufenthaltsgenehmigung kann einfach und unkompliziert online beantragt werden und die Website steht in verschiedene Sprachen wie Deutsch und Englisch zur Verfügung. Es gibt sogar eine mehrsprachige Hotline für Ausländer (YIMER), bei der man anrufen kann, wenn man Fragen hat oder Hilfe braucht.

Generell gibt es mehrere Arten der Aufenthaltsgenehmigung: kurzfristige oder langfristige Aufenthaltsgenehmigung, Familien- und Studentenaufenthaltsgenehmigung. Die Voraussetzungen zum Erhalt der Erlaubnis richten sich nach dem Aufenthaltszweck.

Bei einem Erstantrag kann die kurzfristige Aufenthaltsgenehmigung beantragt werden. Diese wird sowohl bei Erstantrag, als auch bei einer Verlängerung höchstens für 2 Jahre ausgestellt. Die Gebühren für das Aufenthaltserlaubnisdokument liegen umgerechnet etwa bei 6 € (Stand 04.08.22). Die für den Aufenthalt zu entrichtende Gebühr wird je nach Staatszugehörigkeit und Jahr berechnet. 

Wer kann eine kurzfristige Aufenthaltsgenehmigung beantragen?

Da gibt es verschiedene Möglichkeiten. Für Auswanderer oder Unternehmer kommen wahrscheinlich folgende Aufenthaltszwecke infrage: der Besitz einer Immobilie, der Aufbau eines Unternehmens, touristische Zwecke oder die Investition einer vom Präsidenten festgelegten Summe.

Nachdem man sich für mindestens acht Jahre ununterbrochen mit einer gültigen Aufenthaltserlaubnis in der Türkei aufgehalten hat, kann der Antrag auf eine langfristige Aufenthaltsgenehmigung gestellt werden. Diese Genehmigung ist an einige Bedingungen geknüpft. Werden diese erfüllt, bekommt man eine zeitlich unbegrenzte Aufenthaltsberechtigung.

Welche Branchen sind in der Türkei vertreten?

Die Exportschlager in der Türkei sind Textil- und Bekleidungswaren (fast 13%). Damit zählt die Türkei weltweit zu den wichtigsten und rasant wachsenden Herkunftsländern für Bekleidung. So ist die Türkei der zweitgrößte Exporteur von Teppichen und der drittgrößte Lieferant von T-Shirts.

Mit einem Anteil von über 11 % ist Automobilbranche die zweitwichtigste Exportbranche. Damit gehört die Türkei derzeit zu den 15 größten Automobilproduktionsländern. Fast 250 globale Unternehmen nutzen die Türkei als Produktionsstandort. Dazu gehören bekannte Hersteller wie Ford, Toyota, Renault, Fiat oder Mercedes. Auch im Export von LKWs steht die Türkei international an neunter Stelle. Die LKWs werden von bekannten Unternehmen wie Daimler, MAN und Scania vor Ort gefertigt und exportiert. 

Weitere wichtige Branchen sind der Maschinenbau, Elektrotechnik. Ein anderer elementarer Wirtschaftszweig ist die türkische Schwerindustrie im Bereich Roheisen und Stahlerzeugung

Aufgrund der günstigen geografischen Lage und ausgezeichneten Klimaverhältnissen verfügt die Türkei auch über eine große Vielfalt von landwirtschaftlichen Erzeugnissen. Die Türkei gilt als Weltmarktführer in der Produktion von Haselnüssen, Feigen, Aprikosen und Kirschen. Wichtig sind außerdem Erzeugnisse wie Getreide, Hülsenfrüchte, Obst und Gemüse, Schnittblumen, Geflügel, Milch- und Fischereiprodukte, Honig und Tabak. Fast die Hälfte der Landesfläche wird landwirtschaftlich, von circa 3 Millionen Unternehmen genutzt.

Und auch ein relativ neuer Wirtschaftszweig gewinnt immer mehr an Bedeutung: die Gaming-Industrie. So will die Türkei auch ihren Anteil an der weltweit 150 Milliarden Dollar schweren Gaming-Industrie von 1 Milliarde auf 10 Milliarden Dollar erhöhen. Damit entwickelt sich das Land zum Eldorado für Start-ups in der Spieleindustrie

Unternehmensgründung in der Türkei: schnell und unkompliziert

Gemäß dem türkischen Gesetz sind ausländische natürliche oder juristische Personen mit den einheimischen türkischen Personen gleichgestellt, sodass Sie die gleichen Rechte und Pflichten haben.

In den meisten Fällen werden von ausländischen Personen Kapitalgesellschaften gegründet. Dazu gehören die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) und die Aktiengesellschaft (AG).

Die Gründung einer GmbH oder AG kann weitgehend online vorgenommen werden und die Eintragung dauert maximal 3 Tage.

Als ausländischer Unternehmer sollten Sie allerdings mit einer Laufzeit von 2 bis 4 Wochen rechnen, da die erforderlichen Gründungsdokumente im türkischen Konsulat im Land der Ausstellung beglaubigt und mit Apostille versehen werden müssen. Die Dokumente müssen dann von einem anerkannten Übersetzer ins Türkische übersetzt und notariell beglaubigt werden. In vielen Fällen ist es daher ratsam, die Gestaltung von top Lösungen für die Firmengestaltung und die Formalitäten einem Berater zu überlassen.

Unternehmen in der Türkei: Chancen und Risiken

Seit 2004 ist die Türkei wieder viel attraktiver für ausländische Investoren geworden. Andererseits gab es immer wieder Investitionseinbrüche, erst 2009 im Zusammenhang mit der weltweiten Finanzkrise und dann nach dem gescheiterten Putschversuch im Jahr 2016. Die politische Lage und das Verhältnis zur EU, Russland und den USA gilt als problematisch. Und nicht zuletzt die Geldpolitik und hohe Inflation der türkischen Lira sorgen bei Unternehmern für Skepsis.

Und obwohl die Türkei von Unternehmern und Investoren aufgrund geo- und finanzpolitischer Risiken eher als unsicher bewertet wird, ist das Land mit seiner wachsenden Bevölkerung von fast 85 Millionen ein Schwellenland mit hohem Wachstumspotenzial.

Auch die geografische Nähe zur EU macht die Türkei zu einem wichtigen Produktionsstandort und Beschaffungsmarkt.

Außerdem unterhält die Türkei schon seit Jahrzehnten sehr gute und intensive Handelsbeziehungen mit Deutschland. In kein anderes Land exportiert die Türkei so viele Güter wie nach Deutschland. Und Deutschland wiederum ist der drittgrößte Importeur der Türkei.

Ein Vorteil ist auch die europäische Integration der Türkei. Durch die Beitrittsverhandlungen mit der Europäischen Union sind viele Zölle und Barrieren zwischen der Türkei und EU-Mitgliedstaaten abgebaut worden. Das erleichtert die Handelsbeziehungen enorm.

Wenn Sie nach einen Land in der europäischen Union suchen, um ihr Unternehmen zu gründen, finden Sie hier mehr Informationen zu Ungarn als Unternehmensstandort.

Zudem ist die türkische Regierung sehr unternehmerfreundlich und versucht, mit attraktiven Förderungsmaßnahmen Investoren anzulocken. Dafür hat die Türkei drei spezielle Investitionszonen geschaffen: Technologieentwicklungszonen, Organisierte Industriezonen und Freihandelszonen. Die Freihandelszonen sind besonders für exportorientierte Unternehmen interessant, da diese außerhalb des Zollbereichs der Türkei liegen. Hier profitiert man von umfangreichen Steuerbefreiungen und hat Zugang zu den Märkten der EU und dem Nahen Osten.

Die Türkei hat auch eine vielversprechende Gründerszene. Mehrere Gründe machen die Türkei für Start-up Investoren attraktiv. Zum einen unterstützt die Regierung Start-ups mit Investmentfonds von umgerechnet knapp 30 Millionen Euro. Auch gibt es viele gut ausgebildete Ingenieure und die Lohnkosten sind sehr niedrig. Obendrein ist die türkische Bevölkerung jung und digital affin, sodass einkaufen und bezahlen per Smartphone zum Alltag gehört. Besonders Geschäftsmodelle im Bereich Onlineshopping, Lieferdienste, Online-Games und Digitale Lösungen für Unternehmen sind gefragt.

Es lohnt sich also, die Vorteile eines Standortes in der Türkei genauer unter die Lupe zu nehmen. Haben Sie schon konkret über einen Unternehmensstandort in der Türkei nachgedacht, lohnt sich sicher auch eine Beratung, damit sie die nächsten Schritte planen können.

Kontaktdaten und Links:

Fatih Dogan

Homepage: www.falke.com.tr

E-Mail:        info@falke.com.tr

Telefon TR:     +90 212 945 52 52

Telefon DE:     +49 711 9533 85 68

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Timestamps

00:23  -  Begrüßung, Einleitung und Vorstellung Dr. Fatih Dogan

02:55  -  Wie ist das Leben in der Türkei? Lohnt es sich, dorthin zu ziehen?

04:35  -  Warum so viele Türken nach Deutschland wollen und viele Deutsche in die Türkei ziehen

07:16  -  Welche Industrien gibt es in der Türkei?

08:42  -  Ist die Türkei ein Land für Digital Nomaden?

12:14  -  Welche steuerlichen Vorteile bietet die Türkei?

15:13  -  Ab wann braucht man einen Aufenthalt in der Türkei und ist das Beantragen kompliziert?

18:35  -  Immobilien- und Mietpreise in der Türkei

23:16  -  Besonderheiten Mietverträge und Mietrecht für Ausländer

26:57  -  Ist Krypto in der Türkei als Zahlungsmittel zugelassen?

28:28  -  Für welche Unternehmer ist die Türkei ein idealer Standort?

39:48  -  Der Vorteil der Zollunion & wie sich die Türkei als zuverlässiger Partner erwiesen hat

45:24  -  FBA Amazon Händler suchen ihre Lieferanten und Hersteller vermehrt in der Türkei

48:40  -  Wie schnell kann man in der Türkei ein Unternehmen gründen?

49:47  -  Wie sieht die Gesundheitsversorgung aus?

53:06  -  Kontaktdaten Fatih Dogan

Mitschrift zum Podcast Perspektive Ausland EP 41: Türkei - nah an Europa und ein konkurrenzloser Standort

Zu Gast: Dr. Fatih Dogan

Perspektive Ausland – Perspektive Ausland der Podcast für Unternehmer und Freiberufler dies ins Ausland ziehen, egal ob Steuerplanung, Auslandsfirmengründung oder Lifestyle Fragen. Hier geht es jede Woche zur Sache und hier sind deine Gastgeber Daniel Taborek und Sebastian Sauerborn.

00:23 - Begrüßung, Einleitung und Vorstellung Dr. Fatih Dogan

Daniel: Die Türkei ist ja, wenn man jetzt Europa sieht, die zweitgrößte Volkswirtschaft, also nach Deutschland eigentlich, größere Volkswirtschaft als Frankreich, jährlich 5% Wachstum, zumindest bis zum Jahr 2018 und nur der Lira Absturz, da müssen wir heut auch mal drüber sprechen, ist ein kleiner Albtraum also was da vielleicht passiert ist gerade in letzter Zeit. Und da interessiert uns natürlich auch in diesen anderen Themen wie sich das auf das Business, auf das Leben dort auswirkt, auch Steuern wollen wir heute mit ihnen noch ein paar Punkte besprechen. Die Türkei hat sich ja damals eigentlich mal ne Zeitlang an Deutschland orientiert, was das Steuersystem betrifft, aber dann so viele interessante Besonderheiten entwickelt, von denen der ein oder andere deutsche Unternehmer oder deutsche Bürger noch nie was gehört hat. Was es da so alles noch für interessante Steuerarten gibt und uns interessiert natürlich immer der Aspekt Wohnsitz Türkei oder auch für uns als Unternehmer, was hat das Land zu bieten? Dann auch dieses Thema, was mitunter gesagt wurde, in der Türkei kann man von Zinsen leben, immer dieses Beispiel der Hausfrau, die mal 45000€ geerbt hat und 24% Zinsen, monatlicher Auszahlung und man kann wunderbar davon leben. Also das ist so einen kleiner Blumenstrauß von Themen, die wir heute mit ihnen besprechen können, aber wir würden Sie bitten, Herr Dogan, stellen Sie sich doch jetzt am Anfang unseren Zuhörern und Zuschauern kurz selbst vor. Wer sind sie? Was machen Sie?

Fatih Dogan: Ich habe zuerst in Istanbul Jura studiert und danach nach Deutschland gekommen. Die Sprache gelernt, Masterstudium absolviert in Freiburg und dann Doktorarbeit in Mannheim beendet. Dann habe ich in 2005 begonnen als Anwalt zu arbeiten und seitdem betreuen wir deutsche Mandanten für Türkei Geschäft und wir haben auch Stück für Stück das erweitert. Haben wir zuerst mit Firmen Gründungen begonnen. Danach haben wir gemerkt, steuerliche Themen werden nachgefragt und da haben wir auch Lösungen entwickelt aus einer Hand und dann wir bieten für deutsche Privatpersonen oder Unternehmen, kleine Unternehmen bis größere Unternehmen bieten wir Rechtsanwalts-Dienstleistungen, rechtliche Beratung, Vertretung und steuerliche Beratung sowie Buchhaltungs-Dienstleistungen für die neu gegründeten Firmen in der Türkei. Und das erfolgt grundsätzlich auf Deutsch. Wir bieten auch englischsprachig Dienstleistungen, aber wir haben uns auf deutschsprachige Länder und Mandanten fokussiert.

02:55 - Wie ist das Leben in der Türkei? Lohnt es sich, dorthin zu ziehen?

Daniel: Sehr schön. Werden wir dann noch auf das ein oder andere zu sprechen kommen? Also vielleicht können wir am Anfang, gibt es so viele Deutsche, die mittlerweile in der Türkei leben, nochmal ganz kurz, jetzt auch in der aktuellen Situation auch der neuen Regierung, die es seit einigen Jahren gibt, wie ist das Leben? ist es immer noch so, dass es sich lohnt, für Deutsche in die Türkei zu ziehen? Wie kann man sich das vorstellen?

Fatih Dogan: Ja, auf jeden Fall. Wenn man das sachlich bewertet und parteilos beurteilt, dann kann ich sogar sagen: Heute ist der Türkei viel günstiger für Deutsche als vor 10 Jahren. Aufgrund der Währungsverluste in den letzten Jahren, seit 2015 dauert es kontinuierlich, sind Immobilien aber auch Verbrauchsgüter, Lebensmittel im Vergleich zu Deutschland noch günstiger geworden. Auch die Personalkosten, die Gehälter, ein Mindestlohn und dass vor 10 Jahren über 500 € gewesen war, ist jetzt 260€. Also das ist natürlich in Euro gedacht. Für Inländer, die in der Türkei arbeiten, Geld verdienen, leben müssen, ist das natürlich schlechter geworden. Der Kaufkraft ist geschrumpft worden. Beiderseitig muss man sehen, aber von Deutschland aus betrachte ich ihr nicht sachliche emotionelle Meinungen und aufgrund der politischen Richtung der Türkei oder wegen den Spannungen aufgrund der Flüchtlingskrise, betrachten die Menschen die Türkei etwas so subjektiv von Deutschland aus. Das soll man bisschen ändern, würde ich sagen, weil so verpasst man viele Vorteile.

04:35 - Warum so viele Türken nach Deutschland wollen und viele Deutsche in die Türkei ziehen

Daniel: Aber da muss ich mal einhaken, Herr Dogan. Was ja so ein Paradox zu sein scheint auf der einen Seite, wie schon erwähnt, gibt es eine ganze Reihe von Deutschen, die in die Türkei ziehen. Auf der anderen Seite gibt es aber auch so viele türkische Bürger, die unbedingt in Deutschland wohnen wollen, sie selbst sind ja ein gutes Beispiel. Sie wohnen ja jetzt in Deutschland. Und wenn das alles so schön ist, also vielleicht können Sie das mal aufklären?

Fatih Dogan: Es kommt darauf an, in welcher Position sie sind, wenn sie ein normaler Fabrikarbeiter sind, dann ist natürlich Deutschland wesentlich besser, weil sie verdienen in der Türkei so vielleicht 300 bis 400€ monatlich, maximal 500€, also das sind Netto Beträge. In Deutschland würde man über 2000€ liegen grundsätzlich, nicht unter 1500€ und damit also der Kaufkraft eines Fabrik-Arbeitnehmers in Deutschland ist vielleicht dreimal höher als in der Türkei. Aber für diejenige, die etwas mehr Geld verdienen können, insbesondere mit hochqualifizierten Berufen wie Ingenieure oder wie Software Programmierer, also solche immateriell Arbeiten oder Dienstleistungen anbieten, aber nicht für den unbedingt vor den türkischen Markt, sondern auch für die für den Weltmarkt. Dann kann es interessant sein, also Euro Geld verdienen und türkische Lira in der Türkei ausgeben, ist angenehm. Wenn es anderes ist, das passt nicht. Deswegen, wenn sie schauen, dann wollen auch tatsächlich viele aus den östlichen Ländern aus arabischen Ländern, Iran oder den anderen Ländern wollen viele Leute in die Türkei kommen, die fühlen sich in der Türkei ganz angenehm, frei, europäische und die Türken wollen aber nach Europa, weil die haben vielleicht noch andere Wünsche und andere Ansprüche, auch aufgrund dieser Situation. Wenn man im unteren Einkommens Bereich ist, dann ist die Türkei sehr anstrengend zu leben. Deutschland ist sehr komfortabel für diese Personen. Und ich kann ihnen noch etwas sagen, auch für mich ziemlich überraschend der Mindestlohn in der Türkei ist aktuell 265€ und bei Währungsverlusten geht es noch runter. Das wird jährlich neu bestimmt. Aber wie gesagt vor 10 Jahren war das über 500€, wie sie sehen, auf die Hälfte gebüßt und über 40% der Arbeitnehmer in der Türkei, der registrierten Arbeitnehmer arbeiten mit Mindestlohn. Also, das ist in keinem anderen Land in Europa ist so dramatisch.

07:16 - Welche Industrien gibt es in der Türkei?

Daniel: Ja wahrscheinlich ist das auch ein Grund. Ich hab in der Vorbereitung mal ein bisschen nachgeguckt, was es denn so für Industrien gibt in der in der Türkei und ich hab gedacht, da steht sie auf Platz 1,2,3 was man immer so gehört hat Bekleidung, Schmuck und Nüsse zum Beispiel. Nüsse ist auf Platz 10, Schmuck auf Platz 6 und die KFZ-Industrie auf Platz 1 was natürlich damit zu tun hat, dass Lkw wie Daimler, Man und Skandia in der Türkei produziert werden oder auch Ford, Toyota, Opel, Hyundai und das natürlich schon wahrscheinlich auch durch die günstigen Kosten, die sie gerade gesagt haben, Mitarbeiterkosten natürlich auch immense Vorteile für diese Industrie.

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Fatih Dogan: Richtig es wird gesagt, dass Türkei nach Deutschland die zweitstärkste Autoindustrie in Europa ist und das ist auch Grund der starken Verflechtungen, mit Deutschland wahrscheinlich. Weil viele Große deutsche Firmen in der Türkei, Tochterbetriebe oder Lieferanten haben, auf diese Weise kommt das zustande.

08:42 - Ist die Türkei ein Land für Digital Nomaden?

Sebastian: Klingt sehr interessant. Sie hatten jetzt ja vorhin schon so eine Gruppe von Personen angesprochen: Softwareentwickler und so in der Art. Wir kennen ja zurzeit so ein bisschen im Trend, oder eigentlich schon seit einigen Jahren, das sind die sogenannten Digitalen Nomaden. Also im Grunde Personen, die in bestimmten Berufen arbeiten und einen Laptop brauchen, zum Beispiel eben Softwareentwickler. Die dann durch die Welt tingeln, an verschiedenen Orten leben, aber eben für ausländische Arbeitgeber arbeiten. Wissen sie, ob das auch in der Türkei ein Trend ist? Also gibt es viele digitale Nomaden aus verschiedenen Ländern, die sich in der Türkei aufhalten, zumindest temporär?

Fatih Dogan: Ja, auf jeden Fall, das sehen wir. Auch aufgrund der eben erklärten Vorteile der Türkei: schönes Klima und günstige Lebensunterhalt zieht viele Leute in die Türkei und auch eine junge Bevölkerung mit 33 Jahre Durchschnitt macht das dann lebendiger. Von diesem Trend können wir schon hier auch reden.

Daniel: Jetzt ist es aber so, dass wenn ich es richtig verstanden habe, auch in der Türkei gilt, wenn ich mich länger als 6 Monate im Land aufhalte, bin ich steuerpflichtig mit meinem, korrigieren sie mich ob das stimmt, mit meinem Welteinkommen. Also auch mit Einkommen, was ich eigentlich außerhalb der Türkei erwirtschafte und der höchste Steuersatz da kommt nämlich das, was sie gerade gesagt haben, mit dem Lira Kurs, kommt deine eigentlich negativ. Also wenn ich jetzt zum Beispiel mein Einkommen im Ausland erwirtschaftete, jetzt aber die höchste der höchste Einkommen Steuersatz nach der Türkei nach dem System türkische Lira berechnet wird. Das müßten glaub ich 35% sein, so ab ungefähr 6000€ Jahreseinkommen. Dann hätte natürlich jemand, der als digitaler Nomade in der Türkei lebt, relativ schnell eigentlich sein Einkommen in der Türkei zu versteuern. Ist das richtig oder vielleicht können Sie das mal erklären?

Fatih Dogan: Erstens: Ja, also wenn man länger als 6 Monaten in der Türkei aufhält, dann ist man uneingeschränkte steuerpflichtig in der Türkei, muss man sein Welteinkommen besteuern und wenn man weniger als 6 Monate, also 183 Tage in der Türkei, dann ist man eingeschränkt steuerpflichtig. In diesem Fall kann man nur bestimmte Einkommen, was man in der Türkei erzielt hat je nach Doppelbesteuerungsabkommen in der Türkei zu besteuern. Sonst ist in dem anderen Land, wo man den Hauptwohnsitz hat, zu besteuern. Und Steuersätze sind so, sie haben 35% genannt, das war vor ein paar Jahren so und danach hat man noch eine weitere Stufe gebaut und das ist 40% und das Einkommen wird auf einem bestimmten Niveau mit 40% besteuert, aber diese Steuer Situation ist im Vergleich zu Deutschland aufgrund der Staffelungen und aufgrund der Verteilung ist er niedriger als in Deutschland. Insoweit kann man sagen, in der Türkei zahlt man am Ende etwas weniger steuern. Es ist aber auch kein Steuerparadies. Türkei ist ein normales Steuerland, aber im Vergleich zu Deutschland oder anderen Hochsteuerländern, etwas niedriger zu besteuern ist.

Daniel: Also ist die Attraktivität dann in erster Linie die niedrigen Lebenskosten, die sie schon erwähnt haben. Steuern etwas niedriger.

12:14 - Welche steuerlichen Vorteile bietet die Türkei?

Fatih Dogan: Also ich meine, bei den Steuern gibt es schon Vorteile, aber nicht im Vergleich zu den niedrig Steuerländern, wie die Schweiz oder Malta oder andere Länder, Irland auch vielleicht nicht. Aber, wie sie sagen, Lebensunterhaltskosten sind deutlich niedriger.

Sebastian: Wenn wir jetzt mal zum Beispiel über Kapitalerträge sprechen. Mal angenommen, ich lebe jetzt in der Türkei, dann habe ich gelesen ich glaube, es war auf der Webseite von KPMG, dass Dividenden nur dann zu besteuern sind, wenn sie von einer türkischen Gesellschaft ausgeschüttet werden, wissen sie dazu was?

Fatih Dogan: Ja das stimmt. Also wenn die Gesellschaft in der Türkei eingetragen ist und beim Finanzamt angemeldet ist und wenn Dividende ausgezahlt werden, dann zahlt man die Steuern und das wird sogar in der Quelle abgezogen, also die Gesellschaft zieht die Steuern ab und zahlt beim Finanzamt ein.

Sebastian: Heißt das aber, wenn jetzt zum Beispiel jemand in der Türkei lebt, also nochmal zum Beispiel ein Deutscher und der ist beteiligt an einer Gesellschaft im Ausland. Ich sag jetzt mal zum Beispiel Irland oder Großbritannien oder sowas und er bekommt von dieser Gesellschaft eine Dividende ausgeschüttet, die ist ja nicht in der Türkei Resident ist, heißt es dann, dass diese Dividende in der Türkei steuerfrei wäre?

Fatih Dogan: Lebt diese Person hauptsächlich in der Türkei?

Sebastian: In dem Beispiel, ja. Genau die würde jetzt zum Beispiel dort leben.

Fatih Dogan: Wenn er in der Türkei lebt, dann gibt es Doppelbesteuerungsabkommen mit Irland, gehe ich davon aus, also mit fast allen europäischen Ländern hat die Türkei dieses Abkommen. Wenn in Irland diese Gewinnausschüttung schon besteuert wurde, dann kann man das in der Türkei angeben. Das würde als Provisions-Vorbehalt betrachtet werden und das Einkommen erhöhen. Aber würde nicht nochmal besteuert werden, also das würde nur die Steuerlast in der Türkei erhöhen. Und nicht eine Doppelbesteuerung mit sich bringen.

Sebastian: Ok, und die Besteuerung auf Dividenden wie hoch ist die in der Türkei? Wissen Sie das?

Fatih Dogan: Also 15% muss als Quellensteuer gezahlt werden, kann auch 10% sein. Ich bin nicht hundertprozentig sicher, ob 15 oder 10%, es ändert sich. Das heißt aber nicht, dass das die einzige Steuer bei Dividenden Einkommen ist. Man muss auch das in seiner Einkommensteuererklärung angeben und je nach Höhe des Einkommens weitere Steuern zahlen, und das ist dann bis 40% dann wahrscheinlich.

Sebastian: Verstanden. Das heißt, die Kapitalerträge werden versteuert wie normales Einkommen. Die Quellensteuer, die bereits bezahlt wurde, wird dann entsprechend anerkannt und entsprechend angerechnet werden.

Fatih Dogan: Ja, ganz genau, angerechnet.

15:13 - Ab wann braucht man einen Aufenthalt in der Türkei und ist das Beantragen kompliziert?

Daniel: Jetzt reden wir die ganze Zeit ja schon darüber, dass man in der Türkei wohnt, und zwar länger. Die ganzen Steuer Dinge, die wir jetzt besprochen haben, betreffen ja jemanden, der länger als 6 Monate in der Türkei wohnt. Vielleicht können Sie mal ganz kurz für unsere Zuschauer und Zuhörer sagen, wie einfach oder doch kompliziert es ist, einen Wohnsitz oder ein Aufenthalt in der Türkei zu beantragen.

Fatih Dogan: Es ist für europäische Bürger relativ einfach, das zu bekommen. Für eine Aufenthalserlaubnis braucht man ein ausreichendes Einkommen. Und eine angemietete Wohnung und eine Krankenversicherung und dass ausreichende Einkommen heißt grob zirka 300 US Dollar pro Monat.

Daniel: Wie muss man das nachweisen?

Fatih Dogan: Sie können einen Kontoauszug aus der Bank oder von einem Wechselbüro, ein Devisenverkauf-Beleg vorlegen und das nachweisen, ganz einfach.

Daniel: Also man muss zum Beispiel für 12 Monate zeigen, dass man 12 Mal $300 hätte auf dem Konto. Also man muss auch kein monatliches Einkommen nachweisen, sondern im Prinzip Vermögen haben, um seine Kosten für ein Jahr zu decken, so wie es in vielen Ländern ist wahrscheinlich.

Fatih Dogan: Genau, sehr einfach.

Daniel: Wie lange dauert das, bis man den Aufenthalt bekommt, muss man an verschiedenen Stellen gehen oder macht man das alles in einem Büro?

Fatih Dogan: Es gibt eine Migrationsbehörde. Nach der Antragstellung dauert es bis zu 8 Wochen und da ist es ein bisschen befremdend. Nach der Antragstellung darf man nicht ausreisen, bis die Genehmigung erteilt wird. Weil man den Reisepass mit einreicht, nicht zurück bekommt und deswegen soll man so einplanen? Nach der Antragstellung, circa einen Monat muss man in der Türkei bleiben. Eine Sondergenehmigung ist zwar möglich, aber zu kompliziert, das zu bekommen.

Sebastian: Eine Frage habe ich noch. Also, wenn ich es richtig verstanden habe, um jetzt sich nur kurzfristig aufzuhalten, braucht man dort kein Visum oder man kann das Visum am Flughafen bekommen, oder muss man da vorher ein Visum beantragen?

Fatih Dogan: Als Deutsche braucht man für 90 Tage Aufenthalt kein Visum. Bei Österreichern ist das anders, bei denen ist ein Visum notwendig und das bekommt man auch beim Flughafen.

Sebastian: Interessant. Mal angenommen, ich würde jetzt mir eine Wohnung oder ein Haus in der Türkei kaufen, so als Ferienhaus und ich würde dann planen dort letztlich 4-5 Monate im Jahr zu verbringen. Wenn ich die an einem Stück verbringen wollte, dann brauche ich dann ein Visum, aber wenn ich nur 90 Tage dort bin, jeweils dann bräuchte ich doch kein Visum.

Fatih Dogan: Nein, in diesem Fall reicht das 90 Tage Visum oder 90 Tage visumsfreie Aufenthaltsmöglichkeit nicht aus. Sie müssen innerhalb der visumsfreien Zeit, müssen sie einen Antrag für Aufenthalts Erlaubnisse stellen, wenn sie länger als 90 Tage in einem Jahr in der Türkei aufhalten möchten. Weil sie ja eine eigene Immobilie haben, brauchen Sie keine Mietvertrag. Das geht auch, damit dann.

18:35 - Immobilien- und Mietpreise in der Türkei

Sebastian: Ich meine mir ist jetzt mir ist jetzt natürlich schon klar Immobilienpreise da gibt es natürlich ganz, ganz teure und und ganz, ganz billige. Das ist mir schon klar, aber wenn sie jetzt mal so über Mandanten sprechen, vielleicht die jetzt in der Türkei eine Wohnung oder eine Ferienwohnung oder ein Ferienhaus gekauft haben, so nach einem Standard, der so jetzt für Deutsche, die ja immer sehr anspruchsvoll sind, einigermaßen gut ist was muss ich da rechnen? Was kostet da so ne Wohnung, vielleicht mit 2-3 Zimmern in einer der populären Städte am Meer in der Türkei? Wenn ich das kaufen sollte?

Fatih Dogan: So wenn man das ganz grob sagen sollte.. so es ändert sich übrigens. Also in dem letzten Jahr zum Beispiel, erstens mit Corona haben wir einen Schub erfahren, dann Immobilien sind so grobe 50% gestiegen.

Sebastian: 50%, das ist ja der Wahnsinn.

Daniel: Reden Sie von Lira oder von Dollar?

Fatih Dogan: In Lira, aber Dollar ist 100% gestiegen! Das muss man auch sehen. Und es gibt auch eine hohe Inflation. Und jen. Und jetzt, im letzten in den letzten Monaten, also in den letzten 6 Monaten, sind Immobilien vielleicht nochmal verdoppelt, tatsächlich verdoppelt. Und die Inflation in der Türkei ist aktuell grob bei 50% offiziell aber es wird inoffiziell vermutet das kann bis 80 bis 100 Prozent gewesen sein und der Trend ist auch steigend und die Preise erhöhen sich fast täglich.

Sebastian: Das ist ja auch kein Wunder, was in der Welt passiert. Ich meine die Preise erhöhen sich ja überall und wenn man dann noch eine schwache Währung hat, die sowieso schon ein bisschen gefährdet ist, dann wird es noch schwieriger.

Fatih Dogan: Ja, genau. Ich komme jetzt zu der Wohnungsfrage. Die teuerste Stadt ist Istanbul und will gehen von Istanbul aus. In einem guten Viertel, wenn sie eine Wohnung mit 50 Quadratmeter haben würden, eine neue erdbebensichere Wohnung, dann kann man aktuell wohl zirka 1000000 Lira rechnen, das kann circa 60.000€ machen, 60 bis 70.000€ kann aktuell ausreichen für so eine Wohnung. Und wenn sie nach Ankara oder Izmir oder Antalya gehen, dann die Preise werden etwas niedriger. So kann man 20-30% sich vorstellen. In Adana oder Mersin sind sie noch günstiger, also das sind die günstigsten Städte der Türkei am Mittelmeer südlich. Die Miete für solche Wohnungen: in Istanbul wären es vielleicht so 300€ und in Izmir dann 200€. Also in Istanbul wäre es 300 - 500,00€ aber in Izmir oder Ankara oder anderen Städten kann man so noch niedriger bei 200 bis 300€ vorstellen aktuell. Aber die Mieten sind auch im letzten Jahr verdoppelt, also unberechenbar geworden die Preise, auch für mich. Früher war das jedes Jahr ungefähr ähnlich und dann mit 10% Erhöhung, aber jetzt ich spielen verrückt und man kann nicht so eine große Verallgemeinerungen machen.

Sebastian: Ja wir verstehen das, wenn man das in einem Jahr angehört, dann hat sich alles wieder geändert und wahrscheinlich alles doppelt so hoch, leider. Also ist ja auch schwierig für das Land und für die Bevölkerung vor allen Dingen schwierig.

Fatih Dogan: Ja es ist es ist so. Ob man kaufen oder mieten soll, ist natürlich unterschiedlich. Aber wie sie sehen, sind die Mietpreise auch sehr niedrig. Man kann auch mieten, wenn man nicht sehr langfristig in der Türkei leben möchte und wenn man kaufen würde, dann kann man je nach Währungsverlust in Euro Geld verlieren. Dieses Währungs Risiko bei Wohnungskauf besteht leider. Zum Beispiel die Leute, die vor 10 Jahren eine Wohnung mit Euro gekauft haben, haben wegen Währungsverlust etwas Geld verloren, obwohl die Wohnungen so stark gestiegen sind. Oder oder man kann so sagen, das ist gleich geblieben. Also der Trend, wie in Deutschland in den letzten 10 Jahren, diese kontinuierlich Steigerung von jährlich 10% gab es in der Türkei nicht.

23:16 - Besonderheiten Mietverträge und Mietrecht für Ausländer

Daniel: Eine Sache noch zum Thema Wohnung, ich habe gehört und das ist für uns Europäer aus anderen europäischen Ländern relativ ungewöhnlich: Mietverträge werden oftmals nur für ein Jahr abgeschlossen und dann nach einem Jahr meistens, geht dann der Preis nach oben, wie sie schon gesagt haben. Entweder ziehe ich aus oder ich akzeptiere den neuen Preis. Also jedes Jahr endet der Mietvertrag automatisch.

Fatih Dogan: Nein, also das ist ist mittlerweile nicht so. Es ist so ja für ein Jahr abgeschlossen, aber es verlängert sich automatisch jeweils um ein Jahr, jedes Jahr und solange der Mieter die Miete ordentlich bezahlt, kann der Vermieter den Mieter nicht rauswerfen. Es ist ziemlich ähnlich wie in Deutschland, also Eigenbedarf muss da sein und so weiter also Mieterschutz ist schon da. Was faktisch ist, ist das so, wenn solche Preisänderungen auftreten, dann es gibt auch bei Miete so eine Regelung seit ein paar Jahren, die Miete darf man das der Vermieter nicht beliebig erhöhen. Es war früher öfters so hoch wie Verbraucher und Produzenten Inflationsdurchschnitt, aber vor circa 3 Jahren oder 4 Jahren wurde ein Präsidentendekret erlassen und damit wurde verboten, die Miete höher zu erhöhen, als Verbraucherinflation. Und die Verbraucherinflation ist immer die niedrigere Inflation. Die Vermieter wurden quasi gedrängt, die Miete niedrig zu halten, in einem Markt, in dem alle Preise frei hoch gehen und das hat verursacht, dass die Mieten in den letzten 3-4 Jahren niedrig geblieben sind.

Daniel: Jetzt muss man natürlich sagen, was jetzt gerade gesagt haben, das stimmt. Das habe ich auch schon gelesen, aber das betrifft natürlich in erster Linie türkische Bürger, zu deren Schutz, das getroffen worden ist. Und deswegen ist halt die gängige Praxis, Ich habe einige Freunde, die in der in der Türkei wohnen, dass man mit Ausländern und das ist unsere Zielgruppe in erster Linie, die in der Türkei kommen wollen, deswegen Besitzer von einer Wohnung sagt Ich mache den Vertrag nur für ein Jahr, ich vermiete die Wohnung für ein Jahr, damit er dann eben gucken kann was machst du in einem Jahr, wenn die Preise nach oben geklettert sind. Also seine Lebenskosten für den Besitzer der Wohnung, aber den Schutz für die inländischen Bürger. Ja, also bei Ausländern gibt es ja Ausnahmen von diesem Verbot ja, das stimmt, aber der Markt allgemein wird ja von den Inländern dominiert und deswegen das verursacht so eine Situation. Bei Ausländern kann es sein, dass da etwas andere Regelungen faktisch gelten. Zum Beispiel bei den Türken ist das auch verboten in ausländischer Währung einen Mietertrag abzuschließen. Wenn man bei den Ausländern in Euro einen Vertrag abschließt, dann wenn Euro 100 Prozent gestiegen ist, dann ist auch die Miete 100 Prozent gestiegen, in türkischer Lira betrachtet. Insoweit kann man so sehen, aber dies befristete, einjährige Mietverträge, das geht nicht. Solange der Mieter die vereinbarte Miete bezahlt, kann der Vermieter nicht rauswerfen und diese einjährige Befristung muss man auch schauen, dass das ist nicht unbedingt wirksam. Kann ich denn in der Türkei mit Kryptowährung bezahlen?

26:57 - Ist Krypto in der Türkei als Zahlungsmittel zugelassen?

Fatih Dogan: Nein, das dürfen Sie nicht. Das ist verboten seit 2021.

Daniel: Also Kryptowährung als Zahlungsmittel ist verboten, in der Türkei?

Fatih Dogan: Richtig als Zahlungsmittel wurde es verboten. Man kann ja kaufen, verkaufen in den Kryptobörsen. Kann man alles machen, aber nicht als Zahlungsmittel verwenden. Und auch die Firmen dürfen das nicht als Zahlungsmittel akzeptieren oder einführen.

Daniel: Und steuerlich?

Fatih Dogan: Ja steuerlich auch normal, also normale steuerliche Situation muss gelten. Aber bisher gibt es keine ausführliche gesetzliche Regelung über Krypto. Es ist aber in Vorbereitung. Ein Entwurf ist schon da und wird aktuell diskutiert. Man geht davon aus, dass die Wertsteigerungen bei Krypto ähnlich besteuert werden, wie man bei Aktien veranlaßt.

Daniel: Was wir bis jetzt also schon sehr gut verstanden haben, ist dass für digitale Nomaden die Türkei durchaus eine sehr interessante Option sein kann. Außer den sehr niedrigen Lebenskosten in der Türkei hat natürlich eine Welt Metropole wie Istanbul einiges zu bieten, also für 6 Monate allemal. Und so lange kann man ja in jedem Fall steuerfrei als digitaler Nomaden dort leben. Wir wollen jetzt aber mal zum Thema Steuern und Unternehmensgründung in der Türkei übergehen. Uns interessieren Fragen, wie zum Beispiel für welche Unternehmer oder Investoren ist die Türkei ein idealer Standort?

28:28 - Für welche Unternehmer ist die Türkei ein idealer Standort?

Fatih Dogan: Es gibt in der Türkei circa 10.000 Firmen mit deutscher Beteiligung und das erhöht sich auch ständig. Wer kommt? Gibt es entweder produzierende kleine und mittelständische Unternehmen. Oder diejenigen Firmen, die die Türkei als Absatzmarkt betrachten und deren Waren in der Türkei vertreiben wollen, und das kann man etwas, also von Zeiten her differenziert betrachten. Bis 2014 war ein Sturm von Deutschland in die Türkei und sehr viele Firmen sind gekommen und viele sind auch geblieben. Und danach, b 2014 hat man sich mit der EU und mit Deutschland etwas politisch distanziert. Und danach sind auch die Investitionen gestoppt oder in einem sehr niedrigen Niveau geht es weiter. Das eigentlich aufgrund der so vielen Vorteile eher zu bescheiden ist. Also bei diesem vorherigen wirtschaftlichen Sturm sind bis zu hunderttausend Fachkräfte auch von Deutschland in die Türkei gekommen, um zu arbeiten. Die deutsche Firmen sind auch teilweise mit türkischstämmigen eigenen Personal in die Türkei gekommen und viele sind einige Jahre in der Türkei geblieben und dann ab 2014 wegen diesem Rückgang und auch Währungsverluste sind viele aufgrund der wirtschaftlichen und politischen Situation nach Deutschland zurückgegangen.

Sebastian: Vielleicht kann ich kurz hier was sagen zu dem Thema, vielleicht kurz hier unterbrechen. Also ich glaube, wir sind uns ja alle einig, dass jetzt vor dem Hintergrund der Ereignisse in der Ukraine und Russland hier die Position und auch gewissermaßen die Karten ja neu gemischt werden. Also wir wissen ja zum Beispiel die Türkei hat ja schon mal einen russischen Düsenjäger abgeschossen, wurde ja hier besonders positiv oft bemerkt in den letzten Tagen. Unter dem Motto Präsident Erdogan hat sich hier nicht bullien lassen von Putin, der hat den Flieger runter geschossen, so einfach. Und danach hat Putin nie wieder was gemacht. Türkei ist ja NATO Mitglied und ich denke, man wird natürlich jetzt schon schauen. Klar, es gibt natürlich Distanz, Unterschiede mit Erdogan politisch usw und man weiß nicht genau, wie man jetzt umgehen soll mit dem Präsident und so. Aber man kann schon davon ausgehen, dass jetzt solche Allianzen meiner Meinung nach eher verstärkt werden mit der Türkei vor dem Hintergrund dessen, was gerade passiert. Glauben Sie das auch? Also das heißt im Grunde genommen man kann davon ausgehen, dass auch wenn die Türkei ihre Karten richtig spielt, dass es sich dann eher positiv für die Türkei entwickelt. Auch wenn die letzten Jahre vielleicht eher jetzt negativ und etwas belastet waren.

Fatih Dogan: Auf jeden Fall. Beide Parteien sind von Russland sehr abhängig und in einer ähnlichen Situation, und diese Abhängigkeit kann man reduzieren, wenn man intensiv zusammenarbeiten würde und beide Parteien würden davon profitieren. Insoweit müssen die EU und die Türkei in den nächsten Jahren viel mehr zusammenarbeiten als vorher und die EU muss auch der Türkei wirklich Perspektive anbieten. Und dieser Bruch war auch deswegen verursachte in der Vergangenheit weil die EU ständig alles offen lassen wollte und die Türkei wollte ständig Ergebnisse haben und dann nach dieser Spannung hat sich die Türkei eher nach Osten gewandt. Mit Russland hat mehr zusammengearbeitet. Aber jetzt es zeigt, dass es eine Sackgasse gewesen war und jetzt die EU und Türkei müssen jetzt viel, viel mehr zusammenarbeiten als in der Vergangenheit.

Sebastian: Und man muss ja auch sagen, trotz dieser ganzen Spannungen, die Türkei hat ja gerade in der Flüchtlingsfrage für die EU schon sehr viel geleistet. Die hat ja letztlich das Flüchtlingsproblem, der Flüchtlinge aus dem Mittleren Osten, Syrien und so, komplett abgefangen. Gut da gab es irgendeinen Deal, da gab es sicherlich auch dann finanzielle Mittel geflossen und Vorteile, aber letztlich hat ja die Türkei dieses erhebliche Probleme für die Europäische Union gelöst und hier auch die Verantwortung übernommen. Gut, man kann sich jetzt im Detail streiten, wie Flüchtlingslager und so. Ich meine sicherlich alles nicht ideal, aber hier hat sich die Türkei auf jeden Fall auch als verlässlicher Partner, trotz bestimmter politischer und ich sag jetzt mal ideeller und philosophischer Differenzen, ja auch erwiesen. Ich glaube also, da ist schon eine Verlässlichkeit, hat sich dort gezeigt und die wird auch für die Zukunft bestimmend sein. Sehen Sie das auch so?

Fatih Dogan: Auf jeden Fall. Also die Türkei hält das Flüchtlings Abkommen mit der EU und obwohl in den Medien so viel von Politikern gestritten wird und so emotionell gesprochen wird und das Thema etwas eskalier, ist in der Wirklichkeit so, dass das Abkommen funktioniert und die Türkei hat nicht nur aus Syrien, auch aus Iran, oder Afghanistan oder aus afrikanischen Ländern viele Flüchtlinge. So grob wird von 7.000.000 Flüchtlingen gesprochen. Ein wahnsinniger Betrag und ich hab gehört in Istanbul gibt es mittlerweile circa 1.000.000 Flüchtlingskinder in den türkischen Schulen. Können sie sich vorstellen, das ist eine dramatische Veränderung in manchen Stadtvierteln in Istanbul sind so schnell in weniger als 10 Jahren Ghettos entstanden oder allein Flüchtlingsviertel und es gibt mittlerweile auch mehr Spannungen zwischen den Inländern und diesen Personen. Also das Land bleibt dabei, diese Abkommen nicht zu brechen und zeigt wirklich eine gute Zuverlässigkeit. Von der EU aus, sollte man das auch nicht unterschätzen.

Sebastian: Ja, hundert Prozent. Daher würde ich sagen, also keiner weiß, was passiert in Zukunft, aber ich denke, dass jetzt für die Zukunft die Weichen eher positiv gestellt sind. Was jetzt auch Investitionen in der Türkei wahrscheinlich anbelangt aus Deutschland und aus anderen europäischen Ländern. Und hier wäre es eben mal interessant, sie haben ja vorhin schon gesagt viele deutsche Unternehmen haben früher investiert, was sehen Sie jetzt momentan? Also welche Investitionen gibt es in der Türkei? Ich meine klar, wir haben von materieller Arbeit gesprochen, aber es könnten ja auch Dinge interessant sein wie Software, Software-Buden, auch Tätigkeiten, die jetzt eher am Computer stattfinden und nicht an der Werkbank.

Fatih Dogan: Ja, erstens kann ich kurz bemerken, dass nach dem Krieg jetzt in Ukraine wir viele Anfragen aus Russland haben. Also viele Firmen von Russland wollen in die Türkei umziehen, auch von ausländischen Unternehmen. Das ist schon interessant. Und wenn mit der EU eine bessere Beziehung aufgebaut wird wieder, dann wird man denken, dass auch von der EU jetzt mehr Nachfrage in die Türkei kommt. Der nächste Punkt, also erstens es ist definitiv, die Türkei ist die Zentrale von Spielindustrie in Europa, also Computerspiele werden sehr viel in der Türkei entwickelt. Einige türkische Start Ups sind als Unicorn von den US Firmen übernommen worden. Es gibt viele andere Spielfirmen, die jetzt arbeiten. Also wir haben Mandanten, die von Deutschland in die Türkei kommen, um Spiele zu entwickeln, um diese Spiele im US Markt zu vertreiben. Also wenn sie Spiele entwickeln wollen als deutsche Firma, dann können Sie in die Türkei kommen und dort eine Firma gründen und dort die Entwickler beschäftigen. Das ist der eine interessante Markt, aber ich kann für die deutsche Industrie in der Türkei auch sehr große Potenziale sehen, insbesondere in Freihandelszonen. Wenn sie eine Arbeitsintensive Produktion in Deutschland haben, als Absatzmarkt ausländische Märkte haben. Wenn sie in der Türkei produzieren und in die Welt verkaufen möchten, dann ist es sehr günstig ,das in der Türkei zu machen, weil in einer Freihandelszone bekommen sie sehr große steuerliche Vorteile und hervorragende Infrastruktur. Da sind sie auch von den inländischen Regelungen nicht so viel beeinflusst und auch die politische Entwicklung geht sie gar nicht an, weil die aktuelle türkische Regierung ist eigentlich sehr Unternehmerfreundlich und auch und den Ausländern gegenüber. Solange man nicht politisch in der Türkei tätig ist, kann man ruhig seine Investitionen aufbauen und erweitern. Wir haben mehrere Mandanten, die die vor 10 Jahren das schon gemacht haben, die machen weiter die ziehen sich nicht zurück aus dem türkischen Markt. Nur seit 2014 haben wir eine große Zurückhaltung und das ist sehr viel von Medien verursacht und auch wegen emotioneller Bewertung der Situationen. Ein normaler Bürger auf der Straße, wenn Sie fragen, möchte auch nicht in die Türkei gehen als Tourist, weil er so negativen Nachrichten hört. Das ist aber nicht sachlich begründet, wenn man sachlich denkt, dann also in jedem Land auf der Welt gibt es irgendwelche politische Empfindlichkeiten? In jedem Land kann man Probleme haben, wenn man die Tabus von diesem Land etwas kritisiert oder angreift, deswegen soll man das so betrachten. Ob diese Dinge kritikfähig sind oder nicht, das ist eine andere Diskussion. Ich möchte nicht darüber eine Meinung hier äußern. Aber wenn man wirtschaftlich denkt und als Unternehmer etwas machen möchte und wenn man Vorteile auf dem Weltmarkt sucht, dann wenn man in Europa jetzt seine Zentrale hat und das ist 2 Stunden weit von Europa und solche Lebensverhältnisse, ähnlich wie vielleicht China. Es ist ein ein Paradies für Produktion für europäische Firmen. Die hervorragende Infrastruktur mit Autobahnen mit guten Verbindungen zu Europa und mit der Hafen usw und mit so billigen Personalkosten.

39:48 - Der Vorteil der Zollunion & wie sich die Türkei als zuverlässiger Partner erwiesen hat

Daniel: Vielleicht können wir nochmal auf einen anderen Vorteil zu sprechen kommen, der passt sehr gut zu dem, was ich gerade sagen. Und zwar die Türkei hat ja ein Zoll-Abkommen mit der Europäischen Union, das dürfte ja auch ein weiterer großer Vorteil sein. Wenn ich jetzt als Unternehmer aus Europa mein Unternehmen gründe in der Türkei. Vielleicht können Sie nochmal ganz kurz für unsere Zuschauer und Zuhörer sagen, was das genau bedeutet, das Zoll Abkommen, das die Türkei mit der Europäischen Union hat.

Fatih Dogan: Ja, also die Türkei ist in der Zollunion seit über 20 Jahren und das erleichtert den In- und Export, beiderseitig. Nicht nur die Zollunion, das Land ist ja seit langem Beitrittskandidat, aus diesem Grund harmonisiert schon zahlreiche Europäische Regelungen. Also was in in der EU neu beschlossen wird, kommt auch in der Türkei. Insoweit ist das Land eigentlich ein Teil von Europa, auch wenn man so in öffentlicher Warnehmung, das nicht ganz so sieht. Also die Zollunion erleichtert den Handel.

Sebastian: Wie sie jetzt schon gesagt haben, sie haben gerade nochmal China angesprochen. Der größte Handelspartner von China ist die europäische Union. Aber wenn man sich die Situation in Russland und Ukraine genau anschaut, dann hat man ja auch betreffend China letztlich große Bedenken. Man hat ja auch Bedenken, sich dort zu abhängig zu machen, oder man ist schon sehr abhängig. Ich denke auch hier, meiner Meinung nach, wird es in den nächsten Jahren zu einer Justierung kommen, man muss oftmals dann pragmatisch sein. Man kann dann kein Purist sein. Man kann dann sagen, Erdogan, ok mit manchen Dingen sind wir nicht einverstanden, aber es ist ja hat sich gezeigt, Nato Mitglied, EU Beitritt, seit vielen Jahrzehnten ein verlässlicher Partner. Und was ist mir jetzt lieber? China und die kommunistische Partei, wo wir wissen, da gibt es ja auch Straflager, wo Muslime eingesperrt sind. Oder eben die Türkei, wo vielleicht auch manche Dinge jetzt philosophisch oder weltanschaulich anders sind, aber wenigstens, wenn es um Business geht, man kann um einen Tisch sitzen, man kann die Probleme lösen, man kann zusammenarbeiten, man arbeitet zusammen jeden Tag seit vielen Jahrzehnten. Also das ist ja nicht die Frage, das muss ich erst noch beweisen, denn es hat sich ja alles bewiesen. Und da kann ich mir gut vorstellen, dass zum Beispiel die Europäische Union sagt: Wir wollen strategisch eher die Abhängigkeit zu China reduzieren und mehr vielleicht in Richtung Türkei, dann wieder uns orientieren. Also das kann ich mir gut vorstellen, vor allen Dingen jetzt vor dem aktuellen Hintergrund.

Fatih Dogan: Ja, ich auf jeden Fall auch. Ich denke, das ist in diese Richtung kommen wird. Vor 2 Tagen war der Bundeskanzler in Ankara und ich denke, dass diese wirtschaftlichen Themen auch eine große Rolle bei diesem Besuch gespielt haben, nicht nur der Ukrainekrieg. Viel größere Abhängigkeit hat man mit China eigentlich. Von Russland bekommt man nur Energie, aber von China bekommt man alles, was man im Alltag braucht, wenn man dort ein Problem hat, dann kann man tatsächlich größere Probleme in Europa haben. Insoweit bin ich dafür, dass man auf jeden Fall möglichst in Osteuropa, aber auch in der Türkei und Nordafrika, für Europa, alternative Standorte für Europa aufbauen muss. Und da muss Europa stärker sich einsetzen. Europa war in den letzten Jahren viel zu viel mit sich selbst beschäftigt und hat vernachlässigt, diese Themen zu behandeln, denke ich was soll man jetzt aufgeben? Man muss viel aktiver, stärker sich einsetzen und nicht nur dieser Flüchtlingsthema, sondern auch die wirtschaftliche Interessen müssen dringend geschützt werden und dabei kann die Türkei tatsächlich eine große Rolle spielen. Und man soll sich nicht irritieren lassen, die Türkei hat Diskussionen mit Europa, manchmal verschiedene Interessen, aber am Ende ist man im gleichen Schiff und europäische und türkische Interessen sind den anderen Teilen der Welt gegenüber gleich oder ähnlich. Deswegen muss man viel mehr zusammenarbeiten, als man streitet und das Land hat sich auch tatsächlich als verlässlich bewiesen, selbst mit Israel, mit dem man die größten Probleme hat, kommt man wieder näher und mit anderen Ländern der Region verbessert man auch die Beziehungen. Das ist auch gut für Europa. Man kommt nie auf die Idee so ein Krieg wie in Russland zu führen. Also das ist mit der Türkei nicht der der Fall und deswegen kann man langfristig auf die Projekte mit der Türkei bauen und in der Türkei gibt es auch eine Demokratische Gesellschaft mit der Opposition und eine längere Demokratie Tradition auch wenn es mit Probleme ist. Insoweit man muss nicht zu pessimistisch bewerten, auch nicht zu optimistisch. Aber man man muss pragmatisch die Potenziale ausnutzen, die jetzt bestehen.

Daniel: Das war ein Statement. Kann man so stehen lassen.

Fatih Dogan: Dafür arbeiten wir auch.

45:24 - FBA Amazon Händler suchen ihre Lieferanten und Hersteller vermehrt in der Türkei

Daniel: Ja, wo man sagen muss, also, wo ja da auch teilweise kleinere Unternehmen da schneller sind als die Politik. Wo ich jetzt ganz stark schon gesehen hab, was sie jetzt gerade gesagt haben oder was Sebastian Sauerborn gesagt hat, viele FBA Händler von Amazon drehen jetzt einfach den Kurs schon und suchen alternative Lieferanten, Hersteller gerade in der Türkei. Also es ist extrem, im Bereich Sport, Haushalt, Deko, Hobby, Küche, Baumarkt und sowas, außer Elektronik das muss man noch aus China nehmen. Einfach deswegen, weil die Lieferzeit & Containerkosten sind 500% gestiegen. Vor allem Container aus China nach Europa und die Lieferzeit hat sich verdoppelt bis verdreifacht. Was bedeutet, dass ein kleiner und auch ein großer FBA Amazon Händler muss seinen Lagerbestand verdoppeln oder verdreifachen. Viele gehen jetzt und holen das, was sie so typischerweise über Amazon verkaufen, jetzt in der Türkei. Also es gibt mittlerweile Service-Gesellschaften, deren Geschäfts Gegenstand ist: Ich helfe einem Amazon FBA Händler, die Lieferanten, die er bisher in China hatte jetzt in der Türkei zu finden. Also, da gibt es richtige Börsen. Insofern ist manchmal, die Privatwirtschaft schneller als die Politik und setzt da einfach schon Pflöcke ein.

Fatih Dogan: Ich kann auch kurz zu etwas berichten, aus unsere Arbeitserfahrung. Die Produktionshallen in der Türkei sind im letzten Jahr stark gestiegen Also die Mieten für die Hallen sind verdoppelt, obwohl sie seit Jahren nicht so stark nachgefragt waren. Also erstens nach Corona und auch dann diese Spannung mit Russland und China. Sie wissen ja die Spannungen mit China ist ja seit Jahren mit der Trump-Regierung von Amerika, das ist nicht erst dieses Jahr entstanden und wahrscheinlich das hat im Hintergrund die Wirkung, dass viele Unternehmer, wie sie sagen, sich in der Türkei jetzt wenden. Ich habe auch von einer Freihandelszone Leiter gehört, dass er so viel Plätze vermietet hat im letzten Jahr, in einem Jahr 50% von den bisherigen Vermietungen, circa 40-60 Jahre. Also es ist eine riesige Nachfrage bei Produktionsstätten in der Türkei zu verzeichnen, denke ich. Das wird noch mehr werden, wenn sie auch berücksichtigen, dass Fachkräfte Mangel in Deutschland intensiviert wird, und es wird viel schwieriger, neue Mitarbeiter in Deutschland zu finden. Das wird auch die Firmen dazu bringen, wo man einfachere Personal findet, wenn das auch so günstig ist, dann lieber dort produzieren. Es ist auch ein Vorteil für deutsche Unternehmen. Ich glaube, in Deutschland gibt es circa 5 oder 6 Millionen Bürger, die Deutsch-türkischsprachig sind und es ist eine riesiger Austausch zwischen beiden Ländern, kann man schnell deutschsprachige Mitarbeiter auch finden.

48:40 - Wie schnell kann man in der Türkei ein Unternehmen gründen?

Daniel: Gut, also wir haben eine ganze Menge dazugelernt, aber trotzdem noch mal ganz kurz. Wir haben über den Aufenthalt gesprochen und haben über die Chancen über die Lebensqualität gesprochen, die man hat, wenn man seinen Wohnsitz verlagert. Wir haben auch gesehen für Unternehmen gibt es eine ganze Menge Potenzial, um dort reell Business Geschäfte zu machen. Vielleicht noch mal ganz kurz in ein 1-2 Sätzen: Ist es kompliziert, ein Unternehmen zu gründen in der Türkei? Gibt es da Hürden?

Fatih Dogan: Nein, keine. Es ist sehr vereinfacht. Natürlich muss man mit einem Berater arbeiten, der kümmert um die Formalitäten, aber das System ist sehr viel digitalisiert und eine Gründung erfolgt spätestens in 3 Tagen nach der Antragstellung. Für Ausländer ist es nur etwas schwierig, die Unterlagen vorzubereiten, wenn man aus Deutschland einen Handelsregister Auszug mit Apostille bekommen muss und eine notarielle Vollmacht erteilen muss. Das dauert zirka 2 - 4 Wochen, aber wenn die Unterlagen in der Türkei sind, dann 3 Tage.

49:47 - Wie sieht die Gesundheitsversorgung aus?

Daniel: Ok. Dann was immer eine Frage ist, die unsere Zuhörer, Zuschauer und oder Mandanten auch interessiert, wenn es um andere Länder geht. Wie ist die gesundheitliche Versorgung? Also ein Beispiel, ich wohne zurzeit in Griechenland. Das ein oder andere Krankenhaus, in dem ich da schon mal gewesen bin, hat die Atmosphäre einer Speditions-Lagerhalle, wo überall so Paletten rumstehen und so weiter sofort. Wie kann ich mir denn das in der Türkei vorstellen -die Gesundheitsversorgung?

Fatih Dogan: Es ist hervorragend. In den Städten in europäischem Niveau oder vielleicht kann man sogar sagen, in deutschem Niveau. Es gibt viele private Krankenhäuser, die auch günstig sind, aber auch staatliche Krankenhäuser sind in den letzten Jahren modernisiert. Die besten größten Krankenhäuser der Welt sind in der Türkei gebaut worden mit viel US Dollar Krediten natürlich, die auch die türkische Wirtschaft jetzt belasten. Aber am Ende haben sie sehr gute Krankenhäuser und Krankenhauspersonal kann man auch gut bewerten. Ärzte Zahl pro 1000 Personen Bevölkerung in der Türkei, ist im Vergleich zu Deutschland so 50% weniger. Aber das ist auch schon ziemlich hoch für ein so großes Land. Medikamente sind die günstigsten europaweit. Das muss man auch sagen, viele Deutsche bringen aus der Türkei Medikamente mit. Man kann auch so sagen, weil so viele Sachen sind billig, man hat ein Gesundheitssystem, das etwas ähnliches leistet wie deutsches Gesundheitssystem. Aber vielleicht das Zehnfache billiger den Staat kostet, obwohl die Qualität eigentlich nicht zehnfach besser oder schlechter ist. Insoweit das Gesundheitssystem in der Türkei ziemlich gut. Ich würde empfehlen für Ausländer private Krankenhäuser zu besuchen, weil dort bessere Ärzte gibt und nicht sehr teuer ist und nicht überfüllt ist und Termine sofort zu kriegen sind, nicht mal 2 Tage. Und man muss auch vom Gesundheitstourismus sprechen. Eben hat Sebastian gefragt, was ist in der Türkei gut? Und Spielindustrie habe ich gesagt Computerspielindustrie. Aber auch Gesundheitstourismus wächst in der Türkei rasant über 10 Milliarden US Dollar wird vermutet jährlich Umsatz von Gesundheitsdienstleistungen, die für Ausländer geboten werden, weil Flüge auch in die Türkei sehr günstig sind, von Europa oder von der Gegend, kann man einfach für 2 Tage in die Türkei fliegen. Haartransplantation oder Schönheitsoperationen oder Augen Laser usw., sowas kann man machen. Ein deutscher Bekannter hatte mir erzählt, da bekommt man dieselbe Qualität normalerweise und für ein Drittel des Geldes, was man in Deutschland ausgibt. Auf jeden Fall wesentlich günstiger und deswegen wächst ja dieser Markt auch. Das zeigt, dass das Gesundheitssystem in der Türkei leistungsfähig und konkurrenzfähig ist.

53:06 - Kontaktdaten Fatih Dogan

Daniel: Vielen Dank! Also ich hab erstmal keine Fragen mehr, war sehr aufschlußreich, was wir von ihnen alles erfahren konnten zum Leben und Unternehmer-Alltag oder den Business Chancen in der Türkei.

Sebastian: Sehr interessant, also da kann man sehen diese Beziehung zur Türkei und die Türkei hat Zukunft. Sieht sehr positiv aus.

Daniel: Eine Frage noch zum Schluss. Interessierte Mandanten, Zuschauer und Zuhörer, wie können Sie sie am besten kontaktieren und erreichen? Vielleicht können Sie das noch kurz sagen.

Fatih Dogan: Sie können uns gerne im Internet unter falke.com.tr erreichen. Wir haben unseren Hauptsitz in Istanbul, aber haben wir auch in Izmir und Stuttgart eine Niederlassung. Jederzeit können wir übers Internet oder telefonisch erreicht werden.

Sebastian: Hervorragend.

Daniel: Dann vielen herzlichen Dank.

Sebastian: Vielen Dank, Herr Dogan. War sehr interessant.

Fatih Dogan: Ich danke Ihnen auch. Schönen Tag noch. Bis zur nächsten Folge von Perspektive Ausland – Der Podcast für alle Unternehmer, die es ins Ausland zieht.

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