Zweitwohnsitz Deutschland behalten beim Auswandern: Steuerfalle oder möglich?
Deutsche Auswanderer stehen oft vor der Frage, ob sie eine Zweitwohnung in Deutschland behalten können. Dies bringt steuerliche Herausforderungen mit sich. Eine Wohnung in Deutschland führt in der Regel zur unbeschränkten Steuerpflicht. Das deutsche Steuerrecht kennt kein Konzept der Zweitwohnung - jede Wohnung gilt als Wohnsitz.
Für Auswanderer, die ihre unbeschränkte Steuerpflicht in Deutschland aufgeben möchten, ist es wichtig, keinen Wohnsitz mehr in Deutschland zu haben. Eigentum muss langfristig vermietet werden, ohne Zugriff für den Eigentümer. Mietverträge müssen gekündigt werden. Andernfalls riskiert man, weiterhin in Deutschland steuerpflichtig zu bleiben und sein weltweites Einkommen dort versteuern zu müssen.
Wichtige Erkenntnisse
Jede Wohnung in Deutschland kann zur unbeschränkten Steuerpflicht führen
Auswanderer müssen ihren Wohnsitz in Deutschland vollständig aufgeben
Steuerliche Risiken bestehen auch bei gelegentlicher Nutzung einer Ferienwohnung
Auswirkungen des Wohnsitzes in Deutschland auf die Steuersituation
Unbeschränkte Steuerpflicht durch deutschen Wohnsitz
Ein Wohnsitz in Deutschland führt zur unbeschränkten Steuerpflicht. Dies bedeutet, dass das weltweite Einkommen in Deutschland erklärt und versteuert werden muss. Für Auswanderer kann dies problematisch sein, da sie trotz Umzugs ins Ausland weiterhin dem deutschen Steuersystem unterliegen.
Doppelbesteuerungsabkommen können in bestimmten Fällen Erleichterung bieten. Bei Expatriates, die vorübergehend im Ausland arbeiten, regeln diese Abkommen oft, dass das Arbeitseinkommen nur im Tätigkeitsland besteuert wird. Trotzdem bleibt die Pflicht zur Abgabe einer deutschen Steuererklärung bestehen.
Konzept des Wohnsitzes im deutschen Steuerrecht
Im deutschen Steuerrecht existiert kein Konzept eines Zweitwohnsitzes. Jede Wohnung, die dauerhaft zur Verfügung steht, kann als Wohnsitz gelten und unbeschränkte Steuerpflicht auslösen. Dies gilt selbst für selten genutzte Ferienwohnungen.
Das Finanzamt legt den Wohnsitzbegriff sehr weit aus. Selbst einfache Unterkünfte ohne Strom oder fließend Wasser können als Wohnsitz eingestuft werden. Prominente Fälle wie Boris Becker oder Elfriede Jelinek zeigen die Brisanz dieses Themas.
Aufgabe des Wohnsitzes zur Vermeidung von Steuerpflicht
Um die unbeschränkte Steuerpflicht in Deutschland zu beenden, muss der Wohnsitz vollständig aufgegeben werden. Dies bedeutet:
Langfristige Vermietung von Eigentumswohnungen
Kündigung von Mietverträgen
Kein Zugriff auf die Wohnung mehr
Eine bloße Reduzierung der Nutzung reicht nicht aus. Das Finanzamt prüft sehr genau, ob tatsächlich kein Wohnsitz mehr besteht.
Für Auswanderer, die von günstigeren Steuersystemen profitieren möchten, ist die Wohnsitzaufgabe unerlässlich. Andernfalls riskieren sie weiterhin die volle Besteuerung in Deutschland.
Besondere Umstände für Expatriates
Beibehaltung des Wohnsitzes bei Auslandsentsendung
Für deutsche Arbeitnehmer, die von ihrem Arbeitgeber ins Ausland entsandt werden, ergeben sich spezielle steuerliche Situationen. Viele Expatriates behalten ihren Wohnsitz in Deutschland während ihrer Auslandsentsendung bei. Dies führt dazu, dass sie weiterhin unbeschränkt steuerpflichtig in Deutschland bleiben und ihre weltweiten Einkünfte in einer deutschen Steuererklärung angeben müssen.
Die Beibehaltung eines deutschen Wohnsitzes kann als Absicherung dienen, falls die Entsendung nicht wie geplant verläuft. Allerdings ist zu beachten, dass das deutsche Steuerrecht kein Konzept eines Zweitwohnsitzes kennt. Ein Wohnsitz ist ein Wohnsitz, unabhängig davon, ob er als Haupt- oder Nebenwohnsitz genutzt wird.
Auswirkungen von Doppelbesteuerungsabkommen
Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) spielen eine wichtige Rolle bei der Besteuerung von Expatriates. Diese Abkommen regeln, in welchem Land bestimmte Einkünfte versteuert werden müssen. Bei einer Entsendung, beispielsweise nach Frankreich, würde das Arbeitseinkommen in Frankreich besteuert werden, auch wenn der Expatriate weiterhin einen deutschen Wohnsitz hat.
In der deutschen Steuererklärung müssen diese ausländischen Einkünfte zwar angegeben werden, sie werden jedoch nicht nochmals in Deutschland besteuert. Dies verhindert eine Doppelbesteuerung des Arbeitseinkommens.
Bei Kapitaleinkünften kann die Situation komplexer sein. Traditionell wurde der Mittelpunkt der Lebensinteressen zur Bestimmung des Besteuerungsrechts herangezogen. Ein aktuelles Schreiben des Bundesfinanzministeriums stellt diese Praxis jedoch in Frage. Es argumentiert, dass der Lebensmittelpunkt unter bestimmten Umständen weiterhin in Deutschland liegen könnte, selbst wenn die Familie im Ausland lebt.
Diese neue Interpretation könnte zu Doppelbesteuerungsrisiken führen, da das Entsendeland die Einkünfte möglicherweise ebenfalls besteuern wird. Die Diskussion hierüber ist noch nicht abgeschlossen und wird von Arbeitgebern kritisch beobachtet.
Steuerliche Herausforderungen bei Zweitwohnsitzen
Kapitalerträge und Lebensmittelpunkt
Bei Auslandseinsätzen kann die steuerliche Behandlung von Kapitalerträgen komplex werden. Der Lebensmittelpunkt spielt hierbei eine entscheidende Rolle. Wer beispielsweise für drei Jahre nach Frankreich entsandt wird, behält oft seinen deutschen Wohnsitz. Dies führt zur unbeschränkten Steuerpflicht in Deutschland, obwohl das Arbeitseinkommen in Frankreich versteuert wird.
Für Kapitalerträge galt bisher: Sie werden am Lebensmittelpunkt besteuert. Bei einer Familie in Frankreich mit Kindern in französischen Schulen lag dieser meist in Frankreich. Doch neue Entwicklungen stellen dies in Frage.
Neue Regelungen des Bundesfinanzministeriums
Im Frühjahr 2024 veröffentlichte das Bundesfinanzministerium ein Schreiben, das die bisherige Praxis infrage stellt. Es argumentiert, der Lebensmittelpunkt könne trotz Auslandsaufenthalts in Deutschland liegen. Indikatoren dafür seien:
Deutsch als Familiensprache
Klare Rückkehrabsicht nach Deutschland
Dies könnte dazu führen, dass Kapitalerträge in Deutschland steuerpflichtig werden, selbst wenn die Familie im Ausland lebt.
Mögliches Szenario der Doppelbesteuerung
Die neue Sichtweise des Bundesfinanzministeriums birgt die Gefahr einer Doppelbesteuerung. Frankreich würde die Kapitalerträge besteuern, da die Familie dort lebt. Deutschland könnte ebenfalls Anspruch erheben, basierend auf dem angenommenen Lebensmittelpunkt.
Diese Situation sorgt für Unsicherheit. Große Arbeitgeber protestieren, da sie Auslandsentsendungen erschwert. Eine endgültige Klärung steht noch aus.
Für Personen, die Deutschland dauerhaft verlassen möchten, gilt: Der deutsche Wohnsitz muss aufgegeben werden. Selbst eine selten genutzte Wohnung kann vom Finanzamt als Wohnsitz interpretiert werden und zur vollen Steuerpflicht führen.
Praktische Anwendungen und Fallstudien
Bekannte Fälle und deren Folgen
Boris Becker und Elfriede Jelinek sind prominente Beispiele für Personen, die aufgrund von Zweitwohnungen in Deutschland in steuerliche Schwierigkeiten gerieten. Bei Jelinek durchsuchten 100 Polizisten ihre Münchner Wohnung wegen Steuerhinterziehungsverdachts. Obwohl sich die Vorwürfe als unbegründet erwiesen, zeigt der Fall die Risiken von Ferienwohnungen im Ausland.
Merkmale und Gefahren einer Ferienwohnung
Eine Ferienwohnung in Deutschland kann schnell als Wohnsitz eingestuft werden, selbst bei seltener Nutzung. Das Finanzamt neigt dazu, selbst gelegentlich genutzte Unterkünfte als dauerhaften Wohnsitz zu interpretieren. Dies kann zu unbeschränkter Steuerpflicht führen, auch wenn die Person im Ausland lebt.
Konflikte mit dem Finanzamt und Gerichtsentscheidungen
Finanzämter stufen Ferienwohnungen oft als Wohnsitze ein, was zu Steuerschätzungen und Vorauszahlungen führt. Betroffene können dagegen klagen, was jedoch kostspielig und langwierig ist. Einige Gerichtsurteile bestätigten zwar den Status als Ferienwohnung, aber der Prozess ist riskant und aufwendig.
Schlussfolgerungen für deutsche Auswanderer
Für Deutsche, die ins Ausland ziehen möchten, ergeben sich einige wichtige steuerliche Konsequenzen. Ein zweiter Wohnsitz in Deutschland kann problematisch sein. Das deutsche Steuerrecht kennt kein Konzept eines Zweitwohnsitzes - jeder Wohnsitz löst eine unbeschränkte Steuerpflicht aus.
Um die unbeschränkte Steuerpflicht in Deutschland zu beenden, muss man den Wohnsitz vollständig aufgeben. Eine Eigentumsimmobilie sollte langfristig vermietet werden, ohne Zugriffsmöglichkeit für den Eigentümer. Mietverträge müssen gekündigt werden. Andernfalls besteht ein hohes Risiko, dass das Finanzamt weiterhin einen Wohnsitz konstruiert.
Für Expats, die vorübergehend im Ausland arbeiten, kann es sinnvoll sein, den deutschen Wohnsitz zu behalten. Doppelbesteuerungsabkommen regeln dann die Besteuerung. Allerdings können sich bei bestimmten Einkommensarten wie Kapitalerträgen komplexe Situationen ergeben.
Das Finanzministerium hat kürzlich die Beurteilung des Lebensmittelpunkts bei Auslandsaufenthalten verschärft. Dies kann zu Doppelbesteuerungsrisiken führen. Protestiert wird gegen diese neue Sichtweise.
Für Auswanderer, die Steuervorteile im Ausland nutzen wollen, ist die Aufgabe des deutschen Wohnsitzes unerlässlich. Selbst selten genutzte Ferienwohnungen können problematisch sein. Prominente Fälle wie Boris Becker oder Elfriede Jelinek zeigen die Risiken.
Insgesamt erfordert die Wohnsitzfrage bei Auslandumzügen sorgfältige Planung. Im Zweifelsfall ist eine Beratung ratsam, um steuerliche Fallstricke zu vermeiden.