Wieso eine Genossenschaft gründen?

Zu Gast: Sven Leudesdorff-Pfeifer

Die Folge ist auch auf allen gängigen Podcast Plattformen zu finden:

 
 

Immer mehr Unternehmer sind daran interessiert, eine Genossenschaft zu gründen. 

Unser Gast Sven Leudesdorff-Pfeifer, der schon seit über 30 Jahren im Genossenschaftswesen tätig ist, gründet im Jahr durchschnittlich 200 Genossenschaften in Deutschland. 

Laut dem Genossenschafts-Experten, machen sich immer mehr Deutsche Sorgen um die lokale Wirtschaft. Ungefähr 50% der Gründungen (40% mehr als noch vor 4 Jahren) basieren auf den Wunsch eines Wegzuges aus Deutschland.

Doch was sind die Vorteile einer Genossenschaft? Vermögenssicherung, die Möglichkeit der Wegzugsteuer halbwegs zu entfliehen, und Vergünstigungen sind einige von vielen.

Wenn Sie selbstständig oder Freiberufler sind, möchten Sie bestimmt auch wissen, ob eine Genossenschaft für Sie überhaupt Sinn macht?

Unser aktueller Podcast über Genossenschaften mit Sven Leudesdorff-Pfeifer teilt sich in zwei Folgen. In dieser Folge erfahren Sie wer eine Genossenschaft gründen kann und welche Vorteile sie gegenüber anderen Strukturen wie der GmbH, Stiftungen, Vereins etc. hat.

Wer kann eine Genossenschaft gründen?

  • Es sind drei Mitglieder erforderlich, von denen mindestens eine natürliche Person den Vorstand vertritt. Die beiden anderen Mitglieder können auch juristische Personen sein, die vollständig von der natürlichen Person geleitet werden können. Ähnlich wie bei der GmbH sollte sie auf drei Gesellschafter aufgeteilt werden, aber diese Gesellschafter können immer dieselbe Person und damit der Geschäftsführer sein. So kann man auch als Alleingeschäftsführer mit z.B. drei GmbHs oder mit zwei GmbHs und einer UG oder anderen Kapitalgesellschaften eine Genossenschaft bilden.

  • Bei der Gründung einer Genossenschaft ist es wichtig, sich im Vorfeld von Steuerberatern, Rechtsanwälten und Personen, die sich mit Genossenschaften auskennen, beraten zu lassen, damit Dinge wie Sperrfristen oder Spekulationssteuer auf Immobilien im Voraus geklärt werden können. 

  • Die für die Gründung benötigte Zeit hängt von der Größe des Vermögens und dem Aufbau der Genossenschaft ab. Bei einer Neugründung kann man von 6 Monaten ausgehen, bis die Genossenschaft in das Register eingetragen ist. Die Formänderung dauert ca. 4 Monate, da man den Vorteil hat, dass die Steuernummer bereits existiert und man nicht darauf warten muss.

Mehr Informationen zur Gründung einer Genossenschaft erfahren Sie hier.

10 Vorteile warum Genossenschaften immer beliebter werden

  • Vermögenssicherung
    Vermögensschutz bedeutet, dass kein Dritter, in dem Fall der Staat, über das Vermögen verfügen kann. Da in einer Genossenschaft das Vermögen der Genossenschaft vom Vermögen der Mitglieder getrennt ist, können die Migliedsanteile nicht gepfändet werden. Nach dem Gesetz ist es für Außenstehende unmöglich, an die Geschäftsanteile der Mitglieder heranzukommen. Die Genossenschaft ist eine Körperschaft und das Vermögen der Genossenschaft unterliegt zwar allen Regeln für Körperschaften, aber die Genossenschaft ist keine Kapitalgesellschaft und daher sind Sie als Vorstand einer Genossenschaft kein Anteilseigner und deshalb kann Ihnen niemand diesen Genossenschaftsanteil wegnehmen. Wenn Sie Ihr Vermögen in eine Genossenschaft einbringen und einige Jahre später persönlich in finanzielle Schwierigkeiten geraten, z.B. durch Privatinsolvenz oder Scheidung, ist Ihr Vermögen, das Sie lange vorher in die Genossenschaft eingebracht haben, geschützt und Ihre Gläubiger können nicht darauf zugreifen. Vorsicht: Versuchen Sie nicht, Ihr Vermögen kurzfristig in eine Genossenschaft einzubringen, um es zu sichern. Denn das Risiko einer Rückabwicklung ist relativ hoch.

  • Förderungen und Vergünstigungen 
    Die Genossenschaft ist ein Fördergeschäftsbetrieb und kann ihre Vergünstigungen komplett frei gestalten. Wenn die Genossenschaft z.B. ein Fahrzeug um 60.000€  kauft, kann sie es an ihre Mitglieder für 50€ im Monat/600€ im Jahr vermieten. Das Finanzamt kontrolliert auch nicht, ob mit dem ausgegebenen Geld oder einer Tätigkeit Umsatz oder Gewinn gemacht wurde. Und da die Genossenschaft eine so genannte Förderverpflichtung hat, kann das Geld für die Verbesserung des eigenen Fördergeschäfts, also der Genossenschaft, ausgegeben werden. Das heißt, anders als bei einem Verein kann das überschüssige Geld für das eigene Fördergeschäft der Genossenschaft ausgegeben werden.

  • Steuerliche Vorteile
    Grundsätzlich hat die Genossenschaft keinen Steuervorteil und wird steuerlich wie eine GmbH behandelt. Bei Genossenschaften kann jedoch die Grunderwerbsteuer bei der Einbringung von Immobilien auf ein Zehntel reduziert werden, weil die Genossenschaft zwar eine Körperschaft, aber keine Kapitalgesellschaft ist und einige Vorteile von Personengesellschaften bei der Einbringung von verdeckten Einlagen hat. Natürliche Personen sowie z.B. eine GmbH können ebenfalls Vermögen in die Genossenschaft einbringen, zwar nicht steuerfrei, aber steuerlich günstiger. Auch die Einbringung von Unternehmen in eine Genossenschaft ist durch den qualifizierten Anteilstausch steuerneutral.
    Bei Ausschüttungen / Einkünften aus Kapitalvermögen / Dividende zahlen Privatpersonen 25% Abgeltungsteuer plus Soli. Bei Körperschaften und Kapitalgesellschaften sind Ausschüttung bis zu 95% steuerfrei, das gilt auch für Ausschüttungen ins Ausland, wenn kein Doppelbesteuerungsabkommen vorliegt.

  • Optimierung der Wegzugsteuer
    Bei einer GmbH wird der gemeine Wert im Falle eines Wegzugs errechnet, der meistens zu hoch angesetzt ist und den Abgeltungsteuer bzw. Wegzugsteuer gezahlt werden muss. Den gemeinen Wert von Genossenschaften ist grundsätzlich untersagt, da es eine Vermögenstrennung gibt (Mitgliedervermögen und Vermögen der Genossenschaft) und nur das Betriebsvermögen für die Wegzugbesteuerung herangezogen werden darf - was mehrere 10.000-100.000€ einsparen kann.
    Durch einen qualifizierten Anteilstausch der GmbH unter die Genossenschaft, wird kein gemeiner Wert festgestellt und dadurch hat man max. 25.000€ Geschäftsanteile (üblich bei einer GmbH-Beteiligung) sprich 25.000€ Anteile an der Genossenschaft, 25% davon sind 7.500€ Wegzugsbesteuerung womit man viel Geld spart.

  • Keine Erbschaftsteuer
    Die Erbschaftsteuer fällt nur auf das Vermögen der Mitglieder, d.h. das eingezahlte Kapital unterliegt dem Erbschaftsteuerfreibetrag oder dem Schenkungssteuerfreibetrag. Die Erbschaftsteuerfreibeträge betragen 500.000 € für Ehefrauen, 400.000 € für Kinder und 20.000 € für Dritte. Sie können Ihren Anteil praktisch an jeden vererben.

Mehr Informationen zu Genossenschaften und Steuern finden Sie hier.

  • Flexible Satzung
    Anders als die bekannte Kapitalgesellschaft, Stiftung oder das Einzelunternehmen ist die Satzung die Grundlage einer Genossenschaft. Satzungen können auf verschiedenste Arten gestaltet werden: Länge von Kündigungsfristen, automatisches Ausscheiden von Mitgliedern und sogar Stimmrechte kann man frei entscheiden. Leudesdorff-Pfeifer hat bereits Satzungen entworfen, die dem Vorstand die alleinige Entscheidungsgewalt und die Mehrheit der Stimmrechte geben. Es gibt aber auch demokratische Strukturen. Außerdem können Satzungen jederzeit verändert werden; die Eintragungs- und Notargebühren betragen unter 500€.

  • Exit-Strategie
    Sie können eine Genossenschaft einfach auflösen und das Vermögen an die Mitglieder ausschütten, was natürlich steuerpflichtig ist.

  • Umwandlung
    Anders als eine Stiftung kann eine Genossenschaft, die eine Körperschaft ist, nach dem Umwandlungsrecht ohne Aufwand und Steuerbelastung in eine beliebige andere Körperschaft (GmbH oder Aktiengesellschaft) umgewandelt werden. Eine Genossenschaft kann nur in keinen Verein umgewandelt werden, umgekehrt aber schon.

  • Einfach mit anderen Strukturen verbindbar
    Genossenschaften können leicht mit anderen Strukturen verbunden werden, ohne dass diese zu Tochter- oder Muttergesellschaften der einzelnen Unternehmen werden, die Mitgliedschaft reicht aus. 

Weitere Informationen zu Genossenschaften finden Sie auf unserem Podcast Perspektive Ausland und unseren Websites Wohnsitz Ausland, Auslandsunternehmen, St Matthew, und auf LinkedIn.

Kontaktdaten und Links:

Sven Leudesdorff-Pfeifer

Homepage: www.gutegenossenschaft.de

Kontakt: www.gutegenossenschaft.de/kontakt/

Telefon: +49 6071 6074475

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Timestamps

00:00:58 -  Begrüßung, Einleitung und Vorstellung Sven Leudesdorff-Pfeifer 

00:09:24 - Warum sind in den letzten Jahren immer mehr Unternehmer daran interessiert, eine Genossenschaft zu gründen?

00:13:54 - Welche Gründe könnten dafür sprechen anstelle der bekannten Kapitalgesellschaft oder einem Einzelunternehmen eine Genossenschaft zu gründen?

00:24:42 - Wie viele Personen braucht man, um eine Genossenschaft zu gründen?

00:28:38 - Warum lieber eine Genossenschaft als z.B. eine Stiftung gründen?

00:37:10 - Welche Einkommensteuer oder Abgeltungsteuer fallen bei Ausschüttungen / Dividenden bei Genossenschaften an? Welche steuerlichen Vorteile hat eine Genossenschaft?

00:43:13 - Wie funktionieren Vergünstigungen bei Genossenschaften?

00:46:51 - Was sind die Unterschieden zwischen einer Genossenschaft und einer GmbH?

00:49:10 - Was ist der Hauptunterschied zwischen einer Genossenschaft und einem Verein (EV), wo man auch Mitglieder hat?

00:51:43  - Wie kann man eine GmbH in eine Genossenschaft umwandeln? Macht das bei einem Wegzug überhaupt Sinn? Und wie kann man der Wegzugsteuer halbwegs entgehen? 

00:55:09 - Außensteuergesetz und Genossenschaft: Wie zahle ich Steuern im Ausland?

01:00:29 - Welchen Zeitraum sollte man bei der Gründung einer Genossenschaft ungefähr einplanen?

01:07:55  - Inwieweit kann man mit einer Genossenschaft Steuern einsparen?

01:16:03  - Wieso nutzt die Genossenschaft Konzernrechte? Wie sind diese vorteilhaft?

01:21:03  - Erbschaftsteuer: Wie verhilft mir hier die Genossenschaft?

01:24:00  - Erscheinen die Mitglieder der Genossenschaft im Transparenzregister?

01:25:04  - Zusätzliche Informationen zur Erbschaftsteuer

01:28:48  - Was erwartet uns im zweiten Teil des Podcasts über Genossenschaften?

Mitschrift zum Podcast Perspektive Ausland Episode 64 - Wieso eine Genossenschaft gründen?

Zu Gast: Sven Leudesdorff-Pfeifer

Perspektive Ausland – Perspektive Ausland der Podcast für Unternehmer und Freiberufler die es ins Ausland zieht. Egal ob Steuerplanung, Auslandsfirmengründung, oder Lifestyle-Fragen: Hier geht's jede Woche zur Sache und hier sind deine Gastgeber Daniel Taborek und Sebastian Sauerborn.

00:00:58 - Begrüßung, Einleitung und Vorstellung

Daniel Taborek Unser Gast heute ist Herr Sven Leudesdorff-Pfeifer, Herzlich Willkommen. Heute sprechen wir über die eingetragene Genossenschaft. Unsere Zuschauer und Zuhörer haben bestimmt schon mal darüber nachgedacht, eine Genossenschaft zu gründen. Es gibt aber eine ganze Reihe an Fragen in dem Zusammenhang, die wir heute besprechen werden. Zum Beispiel: Welche Gründe gibt es eine Genossenschaft anstelle einer Kapitalgesellschaft zu gründen? Man hört da manchmal so Sachen wie Vermögensschutz, Wegzugsteuer, die man optimieren könnte, oder Erbschaftsteuer. Dazu wollen wir heute ein bisschen mehr dazu hören und besprechen, für wen eine Genossenschaft überhaupt in Frage kommt? Was, wenn jemand selbstständig oder Freiberufler ist? Sollte, der jetzt abschalten, oder ist es für den genauso interessant? Wie geht man vor? Was braucht man für Kapital und wieviel Genossen braucht man um eine Genossenschaft zu gründen? All das sind so Fragen, die wir heute besprechen wollen, und bevor wir das aber jetzt machen, stellen sie sich doch einmal kurz selbst unseren Zuschauern und Zuhörern vor.

Sven Leudesdorff-Pfeifer Sehr gerne. Einen wunderschönen guten Tag alle zusammen. Mein Name ist Sven Leudesdorff-Pfeifer. Ich bin seit über 30 Jahren im Genossenschaftswesen tätig, meistens im Zusammenhang mit Immobilien bei Wohnungswirtschaftlichen Verbänden, als angestellter Unternehmensberater habe ich natürlich klein angefangen. Meine erste Tätigkeit beim Verband war, den Keller aufzuräumen. Als studentische Aushilfe habe ich dann aber sehr schnell herausgefunden, dass es dort viele interessante Dinge zu entdecken gab. Ich hab mich mit dem Genossenschaftswesen von Anfang an, seit Ende der 80er, identifiziert und habe dann diese besondere Situation des Einigungsvertrages mitgemacht. Das heißt, die Verbände waren bis 1990 Organ der staatlichen Wohnungspolitik, also der wohnungswirtschaftlichen Verbände, also Organstellung des Staates. Und dann wurde das alles mit dem Einigungsvertrag geändert und dadurch habe ich unwahrscheinlich viel gelernt. Ich habe dann Prüfungsberichte Korrektur gelesen und dann später Unternehmensberatung für Genossenschaften gemacht. Ich habe allerdings mein ganzes Leben auch Nebenerwerbsgewerbe gehabt. Das heißt, ich bin auch schon immer Unternehmer gewesen. Mein Verband hat mir das erlaubt, weil es gab bestimmte Dinge, die konnte man sich nicht vorstellen, z.B. mit der Industrie zusammenzuarbeiten. Das hab ich aber dann im eigenen Unternehmen getan und wir haben dann sehr viele genossenschaftliche Themen aufgegriffen und die auch in Industrieunternehmen etabliert. Das wollte der Verband damals nicht, man wollte sich da nicht ins Boot setzen mit den Reichen. Das war so damals noch die Vorstellung des sozialistischen Denkens oder des sozialen Denkens. Damals waren ja auch alle Genossenschaften durchweg erstmal gemeinnützig per Satzung; das ist dann auch anders gekippt worden, aber das sind so die ersten Jahre gewesen. Ich hab immer zweigleisig für den Verband und eben auch für eigene Projekte gearbeitet und bin von Haus aus Immobilienfachwirt und hab auch die Immobilienschiene mit dem damaligen Prüfungsverbandsdirektor zusammen ausgebaut. Ich hab die ganze Bandbreite mitgemacht. Ich habe dann den Bereich Deliquentenprüfung beim Verband für einige Jahre übernommen. Das ist aber sehr nervenaufreibend gewesen. Das sind Betrugsthemen, also wo Geld unterschlagen oder hinterzogen wurde oder der Verdacht bestand; das sind teilweise sehr unschöne Dinge, die man da erlebt. Die letzten Jahre habe ich dann nur mit dem Erstellen von von einigen Jahresabschlüssen von Genossenschaften verbracht. Das war Pflicht, dass jeder Mitarbeiter das macht und danach habe ich Genossenschaften für den Südwestverband in Frankfurt gegründet oder an den Gründungen als Unternehmensberater mitgearbeitet. Bis ich dann 2008 selbst tätig da ausgeschieden bin. Das hing mit dem damaligen Prüfungsverbandsdirektor zusammen. Der Verband wurde saniert und mir war klar, dass es da keine große Zukunft gibt und ich habe mich dann vollkommen in das Unternehmertum abgemeldet. Mittlerweile habe ich Einfluss in 3 Genossenschaften; Eine könnte man als Familiengenossenschaft bezeichnen, eine ist eine Mitarbeitergenossenschaft und die dritte ist eine gemeinsame Genossenschaft mit einem Unternehmer, die wir klassisch wie GmbH oder Aktiengesellschaften als Genossenschaft nutzen. In dem Firmenkonstrukt gibt es aber auch noch 2 GmbHs, die operativ tätig sind, aber auch ineinander als Konzerne also als Holding strukturiert sind. Dadurch kenne ich die gesamte Bandbreite von eigentlich allem. Ich habe auch selber lange Einzelunternehmen gehabt, also ich weiß, was ein Unternehmer so umtreibt, ob es die Liquidität, die Rendite, oder der Verkauf ist. Ich hab mein erstes eigenes Unternehmen mit 26 verkauft. Das ist die Basis unseres gesamten Beratungsgeschäftes, dass wir oder dass ich selbst erlebt habe. Ja, auch mit Auslandsstrukturen. Ich habe selber auch Auslandsunternehmen und kenne die Probleme, die da auftauchen. Deswegen sind Sie ja auch da, um solche Probleme zu lösen. Denn wenn man keine guten Berater hat, geht das ganz schnell in die Hose.

Daniel Taborek Jetzt sind Sie ja wirklich ein gestandener Spezialist anderen zu helfen. Passt die Genossenschaft zu mir oder nicht? Und dann natürlich auch zu Kunden? Wie viele Genossenschaften haben Sie denn schon für andere und für Mandanten gegründet?

Sven Leudesdorff-Pfeifer Wir gründen im Schnitt 200 Genossenschaften im Jahr. Und wir machen das in der Intensität jetzt das vierte Jahr. Im letzten Jahr war es sehr extrem, da es insgesamt nur 218 Genossenschaften in Deutschland gegründet wurden und davon 176 gegründet haben. Beauftragt werden sogar immer ein bisschen mehr. Teilweise dauert es ja auch eine Zeit lang, vor allem wenn erst noch die Struktur umgebaut werden muss. Eine Genossenschaft muss sich ja auch in ein Gesamtkonzept einfügen und dann ist häufig seitens der Steuerberater erstmal die Struktur oder die Möglichkeit überhaupt zu schaffen, das zu integrieren, notwendig.

00:09:24 - Warum sind in den letzten Jahren immer mehr Unternehmer daran interessiert, eine Genossenschaft zu gründen?

Sebastian Sauerborn Sie haben vorher gesagt, dass das in der Intensität erst in den letzten 4 Jahren so geht. Wie erklären Sie sich jetzt diesen Trend? Warum sind so viele Mandanten momentan interessiert eine Genossenschaft zu gründen?

Sven Leudesdorff-Pfeifer Eigentlich hängt das hauptsächlich mit einem Protagonisten zusammen, der im Internet Videos über Genossenschaften veröffentlicht, und so eine Art Steuerkurs verkauft. Da kann man sich einschreiben und kriegt dann erklärt, was der Unterschied zwischen einzelnen Unternehmen und einer GmbH ist und so Geschichten. Und am Ende hat der der Genossenschaft vieles angedichtet, was so nicht funktioniert, aber es hört sich gut an und hat die dann als Medium genutzt, das zu veröffentlichen. Das ist die eine Seite, also die eine Seite ist, dass ich ja überhaupt erstmal Kenntnis davon haben muss, dass es eine Genossenschaft gibt und dass ich die als normaler Unternehmer auch nutzen kann. Der zweite Punkt ergibt sich, und das ist eigentlich das zentrale Thema, aus einer gewissen Sorge über die Entwicklung in Deutschland, Europa und der Welt. Das sind die verschiedensten Probleme, die die Menschen sehen. Die Unternehmer haben oft das Thema Steueroptimierung, oder auch das Thema Wegzug. Das ist in den letzten 2 Jahren extrem geworden, also seit Corona. Es ist tatsächlich so, dass die Menschen, und ich spreche jetzt nicht von jungen Leuten, die sich für das dauerhafte Reisen interessieren, sondern ich spreche von gestandenen Unternehmern, mit großen Vermögen oder auch mittelständischen Unternehmen mit mittelständischen Vermögen oder auch kleine Unternehmen mit kleinem Vermögen, die Sorge haben, dass sie Deutschland irgendwann verlassen müssen oder sogar jetzt schon verlassen wollen. Diese Zahl steigt ständig. Das waren am Anfang vielleicht 10% der Gründung, die wir gemacht haben. Mittlerweile sind es annähernd 50% die Sorge haben vor verschiedenen Themen. Lastenausgleich ist ein Thema, was immer wieder diskutiert wird. Da kann man verschiedene Meinungen dazu haben. Aber die Angst besteht. Man kann ja nicht einfach sagen, nur weil es eventuell unwahrscheinlich ist oder sehr wahrscheinlich ist, je nachdem wie man das betrachtet, kann man darüber hinweggehen. Es ist ja eine Angst da, es ist eine Sorge da und das sind ja auch nicht unberechtigte Sorgen. Also jeder Unternehmer, der diese gesamte wirtschaftliche Situation in Deutschland betrachtet und auch in Europa, der wird sagen also das Schiff steuert hier auf ein ganz großes Problem zu. Dazu brauche ich auch nicht Wirtschaftsanalyst zu sein, sondern brauche ich nur rechnen können. Kaufmännisches, einfaches Rechnen. Wenn weniger reinkommt als rausgeht, kann es nicht lange gut gehen. Ich kann das am Anfang vielleicht über Darlehen ausgleichen weil Liquidität vor Rentabilität geht. Aber irgendwann muss ein Staat ja wieder eine schwarze 0 schreiben können, weil sonst ist es ja gar kein Staat mehr, sondern er verschuldet sich nur. Das sind die Ängste der Menschen und die Sorgen und zum Teil auch der Wille einfach, sich nicht mehr in der Art reglementieren zu lassen, wie das in der Vergangenheit geschehen ist. Viele, haben dem deutschen Staat sehr verübelt, wie massiv er in die Persönlichkeitsrechte eingegriffen hat. Und ich glaube, viele waren einfach schockiert über die Urteile, die danach vom Verfassungsgericht gefällt wurden mit dem Konsens, ja ist alles verfassungswidrig, aber in dem Fall kann man das mal durchgehen lassen. Also das erinnert uns an Zeiten, an die wir uns gar nicht mehr erinnern wollen.

00:13:54 - Welche Gründe könnten dafür sprechen anstelle der bekannten Kapitalgesellschaft oder einem Einzelunternehmen eine Genossenschaft zu gründen?

Daniel Taborek Jetzt hast du schon 2 verschiedene Gründe erwähnt, die für die Gründung einer Genossenschaft sprechen können. Also das Thema Vermögensschutz und auch das Thema Optimierung der Wegzugsteuer. Vielleicht können Sie einen Überblick darüber geben, welche Gründe dafür sprechen könnten anstelle der bekannten Kapitalgesellschaft oder auch Einzelunternehmen eine Genossenschaft zu gründen? Vielleicht können Sie uns eine Übersicht geben und dann vielleicht noch ins Detail gehen.

Sven Leudesdorff-Pfeifer Machen wir. Eine Genossenschaft ist eigentlich für viele Bevölkerungsschichten möglich. Aber fangen wir mal mit dem Vermögensschutz an. Vermögensschutz bedeutet ja immer, dass mein Vermögen in meiner Verfügung liegt, aber ein fremder Dritter nicht darüber verfügen kann und in dem Fall ist der fremde Dritte vor allem der Staat. Und dazu gibt es nur wenige Möglichkeiten. Entweder ich verlagere mein Vermögen ins Ausland zu einem Staat, dem ich mehr traue als meinem eigenen. Dann gibt es die Möglichkeit, das Vermögen in ein Sondervermögen zu bringen, das wäre zum einen eine Stiftung, auch da gibt es wieder verschiedene im In- und Ausland, was allerdings zum einen recht kostenintensiv ist, was die Besteuerung beim Hereinbringen des Vermögens betrifft und zum anderen immer diese Endgültigkeits-Idee ist, dass man nicht mehr so viel Einfluss hat, wie man vorher hatte. Bei der Genossenschaft ist es in diesem Fall einfacher. Das ist aber auch tatsächlich so gewollt vom Staat, weil der Staat sagt sich, wenn mindestens 3 Personen oder 3 Unternehmen beteiligt sind, die gemeinschaftlich ein Problem lösen wollen, dann ist das Einfachste eine Genossenschaft zu gründen, die der Staat dabei unterstützt, zu dritt dieses Problem zu lösen. Der erste Punkt bei der Genossenschaft ist in Bezug auf den Vermögensschutz das Thema Unpfändbarkeit des Vermögens der Genossenschaft. Also das Vermögen der Genossenschaft ist getrennt vom Vermögen der Mitglieder. Ich erkläre gleich, was das bedeutet. Der Effekt ist, dass kein Außenstehender an meinen Mitgliedsanteil heran kann, egal ob das 100€ oder 100.000€ sind, das ist faktisch vom Gesetz her ausgeschlossen. Das Vermögen der Genossenschaft unterliegt natürlich allen Regeln für Körperschaften. Also die Genossenschaft ist eine Körperschaft, aber keine Kapitalgesellschaft. Deswegen bin ich auch nicht Gesellschafter, und deswegen kann mir natürlich auch keiner diesen Genossenschaftsanteil wegnehmen, denn der steht unter besonderem Schutz des Genossenschaftsrechts, das die Trennung des Vermögens der Genossenschaft vom Vermögen der Mitglieder besagt und dass die Mitgliedsanteile unpfändbar sind.

Sebastian Sauerborn Das heißt, wenn ich jetzt zum Beispiel Vermögen in die Genossenschaft gebe und ein paar Jahre später kommt es dann bei mir persönlich zu einer finanziellen Schieflage wie z.B. zu einem Haftungsproblem oder sonst irgendwas oder möglicherweise sogar zur Privatinsolvenz. Dann ist das Vermögen letztlich, was ich lange davor in die Genossenschaft eingebracht habe, geschützt? Also da können meine Gläubiger nicht darauf zugreifen?

Sven Leudesdorff-Pfeifer Nein, können Sie nicht. Die Gläubiger können nicht darauf zugreifen. Die Gläubiger können theoretisch nur auf den Genossenschaftsanteil zugreifen, das ist die einzige Möglichkeit, die sie haben. Also das heißt, ich erkläre es genauer, dass der Genossenschaftsanteil, den ich besitze, immer mit einem Geschäftsguthaben verbunden. Das Geschäftsguthaben, das ist das Geschäftsguthaben von mir als Mitglied. Und dieses Geschäftsguthaben ist unpfändbar. Es könnte erst dann pfändbar werden, wenn der Genossenschaftsanteil gekündigt ist und der Genossenschaftsanteil und Geschäftsguthaben wird dann zum sogenannten Auseinandersetzungsguthaben und dann wäre theoretisch ein Zugriff von außen und von der Genossenschaft auf dieses Vermögen möglich. Wenn ich jetzt aber bestimmte Dinge regele, zum Beispiel, dass die Kündigungsfrist 2 Jahre beträgt und sehe dann zu, dass meine Geschäftsanteile zum Zeitpunkt der Problematik, die ich da habe, vielleicht gering sind, vielleicht 100€ oder 1000€ nur noch sind, dann ist das 100% sicher. Wir haben ganz viele Leute, wo Mitglieder in der Genossenschaft in Privatinsolvenz sind, das ist tatsächlich so aus verschiedensten Gründen, teilweise auch aus steuerlichen Gründen, dieses Vermögen oder der Mitgliedsanteil ist vollkommen geschützt und kann auch nicht auf den Genossenschaftsanteil durchgreifen.

Sebastian Sauerborn Und wäre das gleiche jetzt zum Beispiel auch der Fall, wenn es nicht um eine Insolvenz, sondern Dinge wie Scheidung geht? Nehmen wir an ich bringe einige Jahre vor der Scheidung Vermögen in eine Genossenschaft und dann kommt es zur Scheidung. Hätte auch meine Exfrau dann keinen Zugriff auf das Vermögen, das in der Genossenschaft ist?

Sven Leudesdorff-Pfeifer Ehefrauen, die in Genossenschaften Mitglied sind, partizipieren natürlich automatisch vom Vermögen der Genossenschaft, weil sie ja Mitglied sind. Jetzt kann man das aber so regeln, dass entweder Ehefrauen nicht Mitglied der Genossenschaft sind oder die Ehefrauen zu einem späteren Zeitpunkt ausscheiden. Das kann man im Vorfeld regeln oder man kann es auch, ohne dass man es im Vorfeld geregelt hat, durch einen Ausschluss machen. Wir bringen da immer genug Gründe in die Satzung, das man ausschließen kann. Dazu muss man vielleicht auch sagen, dass die Genossenschaft und ihre Satzung die Grundlage für alles ist, was mit Genossenschaften läuft, und wir können halt extrem viel regeln, wie ich eben schon sagte. Ich kann frei bestimmen, wie lange so eine Kündigungsfrist von so einem Anteil ist und ich kann auch sehr einfach entscheiden, wer überhaupt Mitglied in so einer Genossenschaft ist. Das Problem bei den großen Genossenschaften ist, zu viele Köche verderben den Brei. Jetzt haben wir aber die Möglichkeit, mit 3 Mitgliedern zu gründen, wir können das sogar so auf die Spitze treiben, dass das 3 Kapitalgesellschaften sind mit demselben Geschäftsführer. Das ist nicht einfach, aber es ist möglich. Ansonsten kann man Genossenschaften auch mit 3 oder 2 anderen Personen, die einem nahestehen gründen sowie Brüder, Schwestern, Väter, Mütter, Kinder, da hilft man sich teilweise seiner Kapitalgesellschaften. Der einfachste Weg ist als Unternehmer. Also bei mir ist das so. Wir haben in einer Genossenschaft, die wir als Familien Genossenschaft bezeichnen würden, die gibt es offiziell nicht, aber bezeichnen würden, da sind meine Frau, ich und unsere beiden Töchter Mitglied. Es gibt aber auch noch einige Kapitalgesellschaften, die ich beherrsche und wenn ich alle Stimmen dann zusammenzähle, da die pro Kopf abgegeben werden, habe ich eine Mehrheit nur über meine Kapitalgesellschaften, oder Körperschaften oder auch andere Genossenschaften, die sind ja Körperschaften, die ich beherrsche. Also ich bringe problemlos bis zu 5 Stimmen hin und damit habe ich das Problem vollständig für mich gelöst, weil ich immer die Mehrheit habe und auch immer ne entsprechende Mehrheit darstellen kann. Selbst, wenn der Rest der Familie gegen mich wäre, könnte man nichts dagegen tun. Was ich entscheide, würde gemacht werden. Wir können die Satzung in verschiedenster Art ausgestalten: Es gibt ja auch viele Menschen, die wollen das in demokratischer Struktur haben, gerade wegen der Vererbung und dieser Themen oder wollen ja genau ihre Familie da auch mit drin stärken. Wir haben aber Satzungen entworfen, die wir schon seit vielen Jahren nutzen, die es uns erlaubt, den Vorstand so stark zu machen, dass er alleine entscheidet. Ja, dass er alleine die Entscheidungsgewalt hat. Und das ist das Besondere. Was in der Vergangenheit immer sehr schwierig war, weil man immer gesagt hat, dass man alles an die anderen Mitglieder verschenkt. Aber wenn ich diese Genossenschaft beherrsche, habe ich ein Sondervermögen, beherrsche die gesamten Mitglieder, habe die Mehrheit der Stimmrechte und kann darin und damit machen, was ich möchte.

00:24:42 - Wieviele Personen braucht man um eine Genossenschaft zu gründen?

Daniel Taborek Jetzt gibt es aber doch, ich kenne das von einigen, tatsächlich die Situation, dass ich dann zwei andere Mitgesellschafter habe und es gibt niemand dem ich vertraue oder ich will niemanden so involvieren, dass der dann so viel weiß, dass er sich gewisse Rechte sichern kann. Gibt es dafür eine Lösung oder ist es so, dass wenn man nicht mit 3 Personen ankommt, leider nichts machen kann?

Sven Leudesdorff-Pfeifer Man braucht tatsächlich 3 Personen, aber das kann eine Mischung aus natürlichen und juristischen Personen sein. Es ist zwar jetzt mit Auslandsstrukturen beispielsweise etwas komplizierter, weil man Apostillen und dergleichen bei der Gründung braucht, aber technisch ist das problemlos möglich. Man braucht zwingend in der kleinen Genossenschaft eine natürliche Person. Diese natürliche Person kann aber auch entsendet sein aus einer juristischen Person und weil wir einen Posten zu vergeben haben, nämlich den Vorstandsposten, den müssen wir vergeben. Deswegen geht das nicht anders. Aber das ist ähnlich wie bei der GmbH, bei der ich alleiniger Gesellschafter bin, da ist es dann aber so, dass sich das auf 3 Gesellschafter verteilt, die aber nachher immer wieder dieselbe Person als Bezug haben können. Also der Geschäftsführer könnte immer dieselbe Person sein. Ergebnis ist also, ich könnte mit 3 GmbHs oder mit 2 GmbHs einer UG und 2 UGS und einer GmbH, oder wie auch immer, bei anderen Körperschaften oder mit anderen Genossenschaften, obwohl ich alleine der Beherrscher bin und auch einziger Vorstand, eine Genossenschaft gründen, weil dann bezieht sich die Lösung des Problems nicht auf die eine Person, sondern auf die juristischen Personen geben.

Sebastian Sauerborn Mit Geschäftsführer meinen Sie, nehme ich an, auch Gesellschafter, das heißt, ich könnte im Grunde zwei zwei GmbHs bei denen ich alleiniger Geschäftsführer bzw. alleiniger Gesellschafter bin und mit den beiden GmbHs zusammen und mir als natürliche Personen den Vorstand stellt, könnte man dann auch die Genossenschaft gründen. Und ich nehme an ich, es müssen ja auch gar keine deutschen Gesellschaften sein. Ich könnte, wenn ich wollte ja auch zwei Limiteds gründen, ob das jetzt sinnvoll ist oder nicht, ist nicht wichtig, das ist ja gerade einfach ein Gedankenspiel. Könnte ich machen, wenn ich wollte. Und dann hätte ich also die 3 Personen zusammen. Also man muss mindestens eine natürliche Personen haben, das ist wichtig, weil der Vorstand muss eine natürliche Person sein, aber die anderen Mitglieder können auch juristische Personen sein, die ich dann möglicherweise selbst beherrsche.

Sven Leudesdorff-Pfeifer Jawohl, und die können im In- und im Ausland ansässig sein.

Sebastian Sauerborn Also bei Dingen wie Scheidungen oder Insolvenz ist natürlich klar, dass man jetzt sein Vermögen nicht um 5 vor 12, also einen Monat oder 1-2 Jahre kurz vor Insolvenz hier in einer Genossenschaft sichern kann. Also, wenn man den Eindruck erweckt, dass da irgendwas verschoben wird, dann ist die Gefahr der Rückabwicklung relativ groß. Also eine Genossenschaft zu gründen ist jetzt keine Notfallmaßnahme, würden Sie mir da zustimmen?

Sven Leudesdorff-Pfeifer Ja, zu 100%.

00:28:38 - Warum lieber eine Genossenschaft als z.B. eine Stiftung gründen?

Sebastian Sauerborn Also mann kann als Sicherheitsmaßnahme jetzt nicht eine Genossenschaft gründen, wenn der Insolvenzverwalter vor der Tür steht. Im Gegenteil, es kann sogar möglicherweise dann ein Insolvenz Straftatbestand sein, da muss man also aufpassen. Aber mal davon abgesehen wenn ich jetzt also grundsätzlich über Vermögensschutz nachdenke, aus den Gründen, die die wir vorhin angesprochen haben, wenn mir z.B. das politische Klima suspekt ist. Sie hatten vorhin schon kurz angeschnitten, es gibt ja auch Stiftungen oder in England gibt es eine Rechtsform, die sogenannte Limited by Guarantee, die wird im Volksmund auch die Stiftungs Limited genannt, obwohl es eigentlich keine Stiftung ist. Warum würde jetzt jemand lieber die Genossenschaft gründen?

Sven Leudesdorff-Pfeifer Ja. Es ist tatsächlich häufig, bei größeren Vermögen so, dass man Stiftungen und Genossenschaften verbinden kann. Das ist aber ein Zusammenspiel, meistens auch noch mit einer Vermögensverwaltenden GmbH, da geht es dann auch um größere Vermögensstrukturen. Das ist für den normalen Unternehmer meistens eine Nummer zu groß, weil die fressen ja alle Brot; also die Genossenschaft, die Stiftung, die Vermögensverwaltende und das ganze drum herum, das ist ja auch Aufwand. Warum gehen die Leute in die Genossenschaft anstatt in eine Stiftung? Zum einen, weil ich bei der Genossenschaft eine Exit-Strategie habe und dafür mehrere Möglichkeiten habe. Ich kann jederzeit die Satzung ändern und das jederzeit bezieht sich tatsächlich auf jederzeit: Man kann das auch dreimal im Monat machen, wenn man das möchte. Das ist nur eine Frage des Willens der Mitglieder, das heißt Genossen heißen heute schon Mitglieder, also der Mitglieder der Genossenschaft, die entscheiden darüber, wie ihre Satzung aussieht und können die auch jederzeit ändern und in eine andere Struktur bringen. Das Ganze ist auch nicht teuer, das kostet einfach nur die Eintragungsgebühr und den Notar, das sind unter 500€. Da ist keine große Hürde. Die zweite Exit-Strategie ist, dass ich eine Genossenschaft einfach auflösen kann und dann wird das Vermögen an die Mitglieder verteilt. Das ist natürlich steuerbehaftet. Dann muss man schauen, ob sich das lohnt. Die dritte Exit-Strategie ist der Formwechsel oder die Umwandlung, das heißt nach dem Umwandlungsrecht kann die Gesellschaftsform, die eine Körperschaft ist, zu jeder anderen Körperschaft geformt werden, ohne Aufwand und ohne Steuerlast. Das wäre dann zum Beispiel GmbH oder Aktiengesellschaft. Das könnte man machen, das einzige, worin man eine Genossenschaft nicht formen kann, ist in einen Verein. Umgekehrt geht es, aber in den Verein geht es nicht. Das alles motiviert die Leute, eher in die Genossenschaft zu gehen als in die Stiftung. Weil bei der Stiftung viele das Gefühl haben, dass man dann nichts mehr ändern kann und dann für immer da verhaftet ist. Viele gehen auch in die Genossenschaft, weil der Genossenschaft es gelingt, ihr Geld selber zu organisieren. Das heißt, das, was die Genossenschaft kostet, ist oft durch verschiedene Effekte wieder verdient innerhalb der Genossenschaft. Das ist also auch ein Thema, das heißt, die Stiftung, die muss ich tatsächlich füttern mit Geld. Die Genossenschaft kann mir Vorteile bringen in Form von Förderungen und Vergünstigungen, aber das würde ich dann später nochmal genauer ansprechen. Ein weiterer Grund ist, dass die Genossenschaft sehr einfach mit anderen Strukturen verbinden werden kann, ohne dass die Töchter oder Mütter werden müssen, der einzelnen Gesellschaften. Das heißt, die Mitgliedschaft reicht aus. Ich kann also problemlos an ein Mitglied im Ausland ausschütten, ohne dass das jetzt in irgendeiner Form mit mir gesellschaftlich verbunden ist und in irgendeiner Form da eventuell in Deutschland ein Auslandstatbestand eröffnet wird, der dann eben zu prüfen ist seitens des Finanzamts oder wo das Finanzamt glaubt, das prüfen oder anschauen zu müssen. Das sind eigentlich die Hauptthemen.

Der Vorteil der Stiftung ist meistens, dass sie nur eine Einnahmeüberschussrechnung machen muss. Die Genossenschaft muss bilanzieren, das ist teilweise ein Thema, das für die Stiftung oder für eine andere Struktur spricht. Was ein Nachteil bei der Stiftung ist, ist dass das Hereinbringen von Werten in die Stiftungen nach dem Schenkungssteuerfreibetrag Geld kostet. Und bei der Genossenschaft gibt es sehr einfache Modelle, die selbst die Grunderwerbsteuer bei Einbringung von Immobilien auf ein Zehntel reduziert, weil die Genossenschaft dadurch, dass sie zwar eine Körperschaft, aber keine Kapitalgesellschaft ist, teilweise die Vorteile von Personengesellschaften hat bei der Einbringung über verdeckte Einlagen. Das ist eigentlich der ganz entscheidende Vorteile für viele. Unternehmen darunter zu bringen, das ist auch ein großer Vorteil, dass man bei Genossenschaften mit einem qualifizierten Anteilstausch arbeitet, der ja auch in der Regel zu Buchwerten, also steuerneutral erfolgt. Das sind so die Dinge, die für die Genossenschaft sprechen.

Sebastian Sauerborn Das heißt, sowohl natürliche Personen als auch z.B. eine GmbH könnte jetzt Vermögen in die Genossenschaft einbringen, nicht steuerfrei, aber wenigstens steuerlich günstiger.

Sven Leudesdorff-Pfeifer Ja, also ich habe von einem Zehntel der Grunderwerbsteuer gesprochen. Die Grunderwerbsteuer ist ja sonst gar nicht zu reduzieren, aber jetzt gibt es ja seit einiger Zeit auch ein höchst wichtiges Urteil dazu, dass das eben möglich ist ein Zehntel Verkauf der Rest als verdeckte Einlage in die Kapitalrücklage der Genossenschaft gebucht, das funktioniert bei der Genossenschaft hervorragend. Die Sperrfrist bezieht sich nur auf die Mitgliedschaft, das heißt, sie müssen 7 Jahre lang weiterhin Mitglied der Genossenschaft sein. Sie müssen nicht in gleicher Höhe beteiligt sein, wie sie es beim Anteilstausch hatten oder bei der Einbringung der Immobilien.

00:37:10 - Welche Einkommensteuer oder Abgeltungsteuer fallen bei Ausschüttungen / Dividenden bei Genossenschaften an? Welche steuerlichen Vorteile hat eine Genossenschaft?

Sebastian Sauerborn Sie hatten vorhin von Ausschüttungen gesprochen: Wenn jetzt die Genossenschaft ausschüttet. Was wird dann ausgeschüttet? Also wird das dann als Dividende auf der anderen Seite steuerlich betrachtet, wenn ich angenommen 100.000 Euro Ausschüttung von der Genossenschaft bekommen würde, würde ich da dann drauf Abgeltungsteuer oder Einkommensteuer bezahlen?

Sven Leudesdorff-Pfeifer Abgeltungsteuer sind es bei Privatpersonen dann 25% plus Soli. Interessant ist das aber bei Körperschaften und Kapitalgesellschaften die Ausschüttung bis zu 95% steuerfrei ist. Also das Schachtelprivileg gilt da. Auch ins Ausland haben wir, da muss man allerdings immer gucken, ob ein entsprechendes Doppelbesteuerungsabkommen vorliegt, wenn ich in unsere LLC in die US ausschütte, dann zahle ich tatsächlich auch zu 95% steuerfrei. In Armenien zahle ich aber 10% Steuern. Also LLC US 1,5% plus Soli und nach Armenien 10%. Also man muss sich das tatsächlich anschauen. Gibt es kein Doppelbesteuerungsabkommen, ist dann ganz schlecht, dann zahle ich die Abgeltungsteuer auch bei Unternehmen, wenn ich ins Ausland ausschütte. Und ja, es geht um Einkünfte aus Kapitalvermögen, also Dividende im Prinzip. Es gibt noch die genossenschaftliche Rückvergütung, bei der wäre das ein bisschen anders. Das ist ein Ausnahme-Paragraphen im Körperschaftssteuergesetz. Aber bei den kleinen Genossenschaften, die keine Produktivgenossenschaften sind, also keine landwirtschaftlichen Genossenschaften die Dinge wie Wein, Käse oder sonst irgendwas herstellen kann man das vergessen, weil sich die Bemessungsgrundlage für die Rückvergütung immer an dem Geschäft orientiert, das mit der Genossenschaft von Mitglied gemacht wurde, also das ist bei den meisten Familiengenossenschaften oder kleinen Genossenschaften überhaupt nicht umsetzbar, auch wenn es immer wieder behauptet wird, das stimmt einfach nicht. Wird auch vom Finanzamt und vom Verband geprüft.

Also grundsätzlich ist es tatsächlich so, dass die Genossenschaft überhaupt gar keinen Steuervorteil hat. Es ist exakt dasselbe, wie wenn sie eine GmbH haben, aber sie haben einen entscheidenden Unterschied. Und zwar, dass es keine Kapitalgesellschaft ist und deswegen hat sie keine originäre Gewinnerzielungsabsicht. Diese Gewinnerzielungsabsicht ist das, was uns Unternehmer immer wieder mit dem Finanzamt in Disput bringt sage ich jetzt mal vorsichtig. Weil, wenn man zum Beispiel eine Geschäftsreise macht hinterfragt das Finanzamt immer, ob man denn Umsatz oder Gewinn erzielt hat mit der Reise. Das sind die Fragen, die mir das Finanzamt stellt. Ob man mit der Tätigkeit oder mit dem ausgegebenen Geld Umsatz oder Gewinn gemacht - und das entfällt bei der Genossenschaft vollständig, weil die Genossenschaft eine sogenannte Förderverpflichtung hat. Fördern heißt bei der Genossenschaft, dass ich das Geld das zur Verbesserung meines eigenen Fördergeschäftsbetriebs ausgeben darf, bei der GmbH würde das nur Geschäftsbetrieb ohne Förder heißen. Das heißt, ich habe, sag ich mal im Jahr einen Überschuss und ich habe mehr Geld eingenommen als ich ausgegeben habe. Dann darf ich dieses Geld, ohne dass ich da Rechenschaft ablegen muss, auch wieder für meinen eigenen Fördergeschäftsbetrieb ausgeben. Und was das ist, das bestimme ich selbst in der Satzung, das ist das interessante dabei. Beispiel: Ich habe häufig in den Genossenschaften, sogenannte gemeinschaftlichen Wareneinkauf bzw. Konsum und da kann ich tatsächlich zum Beispiel Fahrzeuge gemeinschaftlich einkaufen und die dann wieder an die Mitglieder vermieten. Das kann eine GmbH auch, die kann ein Fahrzeug kaufen und kann das dann auch an die Mitarbeiter vermieten. Für Mitarbeiter ist das dann, wenn das vergünstigt wäre, dann ein geldwerter Vorteil. Bei der Genossenschaft ist es aber, Teil des Fördergeschäftsbetriebs. Deswegen darf diese Miete vergünstigt sein.

Sebastian Sauerborn Das heißt, der Vorstand kann zum Beispiel einen Dienstwagen bekommen…

Sven Leudesdorff-Pfeifer Keinen Dienstwagen. Der mietet, einfach ein Fahrzeug von seiner Genossenschaft als Mitglied. Das ist genau der Unterschied. Der Unterschied ist, dass bei der GmbH natürlich alles auf das Thema Mitarbeiter abzielt. Und bei der Genossenschaft alles auf das 10 mal Mitglied. Und wenn er das als Vorstand machen würde, würde er denselben Regeln, 1%- Regelung, Fahrtenbuch und dergleichen unterliegen. Wenn er das aber als Mitglied mietet für private Zwecke, dann darf die Genossenschaft ihm das vergünstigen. Das muss dann natürlich im Vertrag stehen, dass das nicht geschäftlich ist, dass das nur im Rahmen seiner Mitgliedschaft ist und das ist nur für seinen Privatgebrauch ist.

00:43:13 - Wie funktionieren Vergünstigungen bei Genossenschaften?

Sebastian Sauerborn In wie weit vergünstigen? 50% vergünstigen, 19% vergünstigen, gegenüber jetzt den üblichen Kosten oder ist das frei gestaltbar?

Sven Leudesdorff-Pfeifer Das ist komplett frei gestaltbar. Wir haben mit vielen Steuerberatern, Kooperationen mit einer Kanzlei in den letzten 4 Jahren ein steuerliches Konzept entwickelt, das auch mit der Wirtschaftsprüferkammer soweit abgestimmt ist. Da ist es so, dass immer so mindestens 15% tatsächlich fließen sollte. Erstens, dass es keine Schenkung ist, dass also niemand kommen kann und behaupten kann, dass die Genossenschaft es geschenkt hat und zweitens sagen die Finanzämter, dass sie bereit sind, das zu akzeptieren. Das heißt, dass sie einen Teil das Geldes tatsächlich zahlen. Beispiel: Ich habe ein Pedelec gekauft, das ist ein Lastenfahrrad mit elektrischer Unterstützung. Das kostet 6000€, und die Genossenschaft hat es gekauft und vermietet es jetzt den Mitgliedern, die es nutzen wollen für 5€ im Monat, also 60€ im Jahr. Das ist durchaus angemessen. Das wird akzeptiert vom Verband, der als erster die Prüfungshoheit bei der Genossenschaft hat und somit bin ich da verhältnismäßig gut dabei, das heißt, ich zahle nicht viel dafür und das Ganze ist keine Schenkung, sondern einfach eine Vermietung. Man kann das auch bei großen Genossenschaften sehen, dass dieses Prinzip so funktioniert.

Es ist immer ganz gut, wenn man so ein Beispiel hat und das versteht bei einer großen Genossenschaft. Die meisten werden die DATEV kennen, die einer unserer umsatzstärksten Genossenschaften in Deutschland ist. Dort sind viele deutsche Steuerberater organisiert. Die DATEV macht eigentlich grundsätzlich Software für Steuerberater und wir haben da 2 Strukturen: Mitglieder und Nichtmitglieder. Wir selber sind auch Nichtmitglied der Genossenschaft DATEV, haben aber Programme von ihr, z.B. Lohngehalts-Programm. Wir zahlen knapp 400€ für dieses Lohngehalts-Programm. Einer unserer kooperierenden Steuerberater hat genau dasselbe, exakt dieselbe Leistung. Der zahlt aber nur 238€ glaube ich. Da sieht man wie das bei Genossenschaften funktioniert: Das Mitglied bekommt es vergünstigt, das Nichtmitglied muss sogar eventuell eine eingerechnete Marge mitbezahlen. Und solange ich eine solche Preisliste habe, egal, ob ich auch Nichtmitglieder habe und weiß, dass meine Nichtmitglieder, die das kaufen oder mieten, dafür mehr bezahlen als die Mitglieder, dann kann ich es den Mitgliedern soweit vergünstigen. Das einzige, was nicht passieren darf ist, dass ich dadurch defizitär werde. Das heißt, ich darf immer nur das Geld verwenden, was die Genossenschaft dann auch verdient hat in ihrem Fördergeschäftsbetrieb.

00:46:51 - Was sind die Unterschieden zwischen einer Genossenschaft und einer GmbH?

Sebastian Sauerborn Und es gelten, denke ich mal, wahrscheinlich die gleichen Regelungen hinsichtlich Anlagevermögen, Abschreibungen usw. wie bei der GmbH?

Sven Leudesdorff-Pfeifer Genauso, es ist alles exakt dasselbe. Sie haben bei den Genossenschaften, das kann man aufzählen, den Paragraph 22 Körperschaftssteuergesetz Genossenschaftliche Rückvergütungen ist ein Unterschied und dann die 2 Ausnahme Paragraphen im Gewerbesteuerrecht und dem Körperschaftssteuergerecht zur kompletten Steuerbefreiung von landwirtschaftlichen Genossenschaften oder Vermietungsgenossenschaften unter bestimmten Voraussetzung. Das sind die einzigen Ausnahmen, die bei der Genossenschaft herrschen. Aber das sind alles Sachen, die wir mit kleinen Genossenschaften überhaupt nicht sinnvoll gestalten können. Also es macht gar keinen Sinn, das ist viel zu aufwendig und gibt am Ende nur Probleme. Da gibt es verschiedene Hintergründe. Also das sollten wir vollkommen ausblenden, aber das sind die einzigen 3 Unterschiede, die es steuerlicher Art gibt. Ansonsten wird die Genossenschaft exakt behandelt wie eine GmbH. Vielleicht kann man da jetzt noch den Unterschied erklären, was die Prüfung angeht: Die kleine Genossenschaft wird vom Prüfungsverband, bei dem sie Mitglied ist, also Zwangsmitglied bei einem Prüfungsverband, den kann sie sich aber aussuchen, alle 2 Jahre geprüft. Und das Finanzamt prüft lediglich Umsatzsteuer vor Steuerthemen, das macht es selber. Ansonsten hat sie die restlichen Prüfungen abgegeben, an die Genossenschaft ausgenommen natürlich die Sozialversicherungsprüfung, die läuft ja standardmäßig in Deutschland immer über denselben Träger. Die Genossenschaft hat dadurch verhältnismäßig wenige Berührpunkte mit dem Finanzamt, wenn sie sich an Recht und Gesetz hält. Alles was nicht Recht und Gesetz ist, das führt zu denselben Problemen wie bei anderen Themen.

**00:49:10 - Was ist der Hauptunterschied zwischen einer Genossenschaft und einem Verein (EV) wo man auch Mitglieder hat?

Sebastian Sauerborn Jetzt haben Sie viel von Mitgliedern und den Vorteilen gesprochen. die letzten. Spontan muss ich jetzt bei 2 Mitglieder an einen Verein denken, an einen e.V. Wo ist denn der Unterschied jetzt der Hauptunterschied und vielleicht noch der Hauptvorteil einer Genossenschaft gegenüber dem e.V. wo ich auch Mitglieder habe?

Sven Leudesdorff-Pfeifer Ich gebe dafür ein Beispiel einer unserer Kunden: Der Kunde hat eine Kampfsportschule. Diese Kampfsportschule ist als Verein organisiert. Dieser Verein hat aber das Problem, dass er die Überschüsse, die er erzielt, immer wieder nur für diese Vereins-Themen ausgeben darf. Der hat jetzt seine Halle 20 mal saniert. Jetzt weiß er nicht mehr was er mit dem ganzen Geld machen soll. Also gibt er ihr Geschäft ab an die Genossenschaft, die das auch kann. Und diese Genossenschaft darf aber mit diesem Überschuss machen, was sie will. Und das ist der elementare Unterschied zwischen dem Verein und der Genossenschaft. In dem Fall in der Kombination sogar. Das heißt die Genossenschaft macht dann zum Beispiel die komplette Mitgliederverwaltung für den Verein und erhält dafür natürlich Gelder; wie z.B. eine Management Fee und was auch immer. Und dadurch verschiebe ich eben Gelder, die ich im Verein nicht brauche, in die Genossenschaft, die es dann so ausgeben kann, wie sie es sich wünscht, oder wie sich das die Mitglieder wünschen. Bei einem Verein interessiert sich keines der Mitglieder groß für den Verein, der muss die tatsächlich mehr oder weniger erzwingen, dass die sich da beteiligen. Bei der Genossenschaft habe ich die volle Beherrschung und beim Verein habe ich aber häufig eben nicht die Beherrschung, weil da können die anderen natürlich machen, was sie wollen, das ist das größte Problem.

**00:51:43 - Wie kann man eine GmbH in eine Genossenschaft umwandeln? Macht das bei einem Wegzug überhaupt Sinn? Und wie kann man der Wegzugsteuer halbwegs entgehen?

Sebastian Sauerborn Also meine Frage ist die: Nehmen wir an, ich habe eine Firma, eine GmbH, wie z.B. eine Consulting Firma, eine Marketing Firma sozusagen. Macht es da Sinn die GmbH dann zu schließen und dann eine Genossenschaft zu gründen? Also wie kann man die jetzt umwandeln, muss ich zuerst die Genossenschaft gründen und dann läuft das parallel? Oder schließe ich zuerst die GmbH oder wie läuft es denn? Und macht das überhaupt Sinn?

Sven Leudesdorff-Pfeifer Über dieses Thema könnte ich problemlos 3 oder 4 Stunden erzählen. Einfach nur aus der Praxis, weil nämlich bei jedem Unternehmer das anders ist und jeder auch einer ganz andere Blickrichtung hat. Nehmen wir mal an jemand will aus Deutschland wegziehen und hat eine GmbH. Das größte Problem ist dabei, egal wo sich auf der Welt ein Gesellschaftsanteil befindet, dass ich diesen Gesellschaftsanteil beim Wegzug aus Deutschland versteuern muss. Das heißt im ungünstigsten Fall wird der gemeine Wert errechnet, der immer zu hoch liegt und dann muss ich darauf Abgeltungsteuer bezahlen, das ist im Prinzip die Wegzugsteuer. Dieses Problem löse ich verhältnismäßig einfach. Nicht, indem ich einen Formwechsel mache, weil da hab ich dasselbe Problem. Beim Formwechsel sagt der Gesetzgeber auch, dass ein gemeiner Wert der GmbH festgestellt werden muss und dann der Formwechsel und was habe ich dann? Dann hab ich bei der Genossenschaft, was weiß ich, wenn der gemeine Wert 2 Millionen ist, muss ich 2 Millionen Geschäftsanteile an der Genossenschaft haben. Die Geschäftsanteile sind über die, die tatsächlich auch für die Wegzugsbesteuerung herangezogen werden, also löse ich das Problem damit nicht. Ich löse das Problem nur dann, wenn ich einen qualifizierten Anteilstausch der GmbH unter die Genossenschaft mache. Also ich könnte eine neue Genossenschaft gründen, schiebe die Gesellschaft GmbH drunter, durch den qualifizierten Anteilstausch Fortführung zu Buchwerten. Das heißt, es wird kein gemeiner Wert festgestellt und dadurch habe ich maximal 25.000€ Geschäftsanteile, wie üblich beim GmbH-Bestand, also 25.000€ Anteile an der Genossenschaft, 25% davon sind 7.500€ Wegzugsbesteuerung. Wenn die GmbH vorher bewertet werden würde, wären das unter Umständen viele 10.000€ oder ein paar 100.000€. Ich habe häufig Leute mit ganz kleinen Umsätzen wie 10.000-20.000€ Umsatz oder Gewinn und die Zahlen 60.000-80.000€, also das was die Steuerberater dann ausrechnen sind viele 100.000€, das ist wirklich schon eine Strafsteuer.

00:55:09 - Außensteuergesetz und Genossenschaft: Wie zahle ich Steuer im Ausland?

Sebastian Sauerborn Die Steuerberater arbeiten ja auch oftmals für das Finanzamt.

Sven Leudesdorff-Pfeifer Ich muss auch sagen, dass das Finanzamt was das Außensteuergesetz angeht, überhaupt keine Ahnung hat. Entschuldigung, wenn ich das so direkt mal sage. Also wir haben das Außensteuergesetz mit mehreren größeren Kanzleien analysiert. Also die haben das analysiert und wir haben dann unseren Genossenschafts-Senf dazu gegeben. Was da rausgekommen ist, das ist unfassbar. Wir haben also viele, viele Weckzügler und da sind die Bescheide da und da wurden die Anteile an Genossenschaften angegeben und die wurden nicht besteuert. Die wurden nicht besteuert. Warum? Weil die Sachbearbeiter keine Ahnung haben. Im Außensteuergesetz steht nämlich, dass nur Kapitalgesellschaften dieser Steuer unterliegen. Und dann sagen die Sachbearbeiter ja gut Genossenschaft, eine Kapitalgesellschaft, Thema erledigt.

Es steht aber auch im Außensteuergesetz, dass die Genossenschaft in diesem Fall wie eine Kapitalgesellschaft zu behandeln ist und deswegen zählt nämlich dann am Ende wieder das Bewertungsrecht und das Bewertungsrecht sagt, dass die Genossenschaft hat eben dieses getrennte Vermögen; Mitgliedervermögen und Vermögen der Genossenschaft. Und eben nur das Geschäftsguthaben, wird für die Besteuerung herangezogen. Glücklicherweise hat uns das Herr Dötsch, ehemaliger und höchster Richter beim BFH, nochmal ein Kommentar geschrieben hat und das nochmal genau erklärt, wie der Übertrag bei Anteilen von Genossenschaften funktioniert. Und hat das auch nochmal bestätigt und 2019 haben wir noch zum Erbschafts- und Schenkungssteuerrecht noch eine Verwaltungsanweisung wo steht, dass es grundsätzlich untersagt ist, Genossenschaften zum gemeinen Wert zu bewerten, weil es eben diese Trennung des Vermögens gibt. Das ist aber am Ende so, dass das von der Finanzbehörde zu ihren Ungunsten übersehen wird und genau so läuft das dann andersrum bei den Steuerberatern. Die Steuerberater haben dann häufig auch keine Ahnung. Also die Steuerberater, die meistens die Jahresabschlüsse von den GmbHs machen, die wissen davon oft nichts, und gucken dann die bei Beck oder bei EnBW oder sonst irgendwo und finden da auch nicht viel, aber bilden sich eine Meinung dazu, oft oder immer zum Ungunsten des Kunden/Mandanten gerechnet. Und das stimmt, was Sie sagen: Am Ende ist das unklar, und dann trauen sich die Steuerberater nicht wegen der Haftungsrisiken, weil sie das nicht selber richtig bewerten können, das dann auch richtig zu machen. Und das ist das Problem.

Und die Finanzbehörde hat leider auch keine Ahnung und deswegen sind die Leute oft auf hoher See, wenn sie wegziehen. Also viele kennen auch die Regeln danach nicht. Das ist ja nochmal ein Thema, das hilft mir ja alles nix, wenn ich die Wegzugsbesteuerung gelöst habe und hab dann noch zu viel Vermögen in Deutschland. Da bin ich ja dann wieder beschränkt steuerpflichtig oder erweitert beschränkt steuerpflichtig. Das geht ja immer so weiter. Der Staat hat 17 Paragraphen im Außensteuergesetz nur zu dem Thema was ist im Ausland und was ist im Inland zu versteuern? Also was ist tatsächlich ein Auslandseinkommen, und die Einkunftsarten. Wenn man das genau anschaut, hat weiß man am Ende weniger als man vorher wusste, weil das echt so komplex gehalten ist. Auch die Finanzbeamten können das nicht wirklich erkennen.

Es ist bei der erweiterten beschränkten Steuerpflicht tatsächlich so, dass unter Umständen eigentlich fast alles wieder in Deutschland versteuert werden muss, weil es jedes Mal eine Ausnahme ist. Egal was im Ausland verdient wird, was in die Tasche das Weggezogen fließt, muss wieder in Deutschland versteuert werden. Das ist eine ganz miese Nummer. Entschuldigung, wenn ich das so sage, vor allem weil es so undurchsichtig ist. Und gerade, weil es undurchsichtig ist, ist das Risiko extrem hoch, dass man was falsch macht. Und wenn man es falsch macht, ist man bei solchen Sachen immer ganz schnell im Bereich einer Steuerstraftat und das ist das Miese dabei. Obwohl alle alles richtig machen wollten, sind sie dann nachher eben diesem Risiko ausgesetzt und das ist das, was so verwerflich ist bei diesem Außensteuergesetz.

01:00:29 - Welchen Zeitraum sollte man bei der Gründung einer Genossenschaft ungefähr einplanen?

Daniel Taborek Das war doch jetzt ein gutes Stichwort: Alles richtig machen wollen. Wenn ich jetzt alles richtig machen will, was muss man denn da als Mandant bei der Gründung einer Genossenschaft und der Beratung so ungefähr für einen Zeitrahmen einplanen? Welchen Zeitraum muss ich einplanen, bis das Konstrukt steht?

Sven Leudesdorff-Pfeifer Da müssen wir ein bisschen unterscheiden zwischen dem, was vor der Entscheidung zur Genossenschaftsgründung läuft und was dann passiert. Weil die meisten Menschen oder Unternehmen können nicht einfach mit ihrem Konstruktion zu uns kommen und uns dazu beauftragen eine Genossenschaft aufzumachen. Das wäre einfach nicht sinnvoll. Daher sollte man am Anfang die Beratung des eigenen Steuerberaters hinzuziehen und dann überlegt man sich gemeinsam, wir mit unserem genossenschaftlichen Wissen und mit unseren Juristen, die wir im Unternehmen haben und den Steuerberatern, die wir im Unternehmen haben, wie das gut zusammenpassen kann. Warum wir unsere eigenen Steuerberater brauchen? Ganz einfach, weil wir das nicht alles abdecken können, das ist nicht unsere Welt. Wir können Genossenschaft und wir haben die Schnittstellen. Aber wir brauchen von dieser normalen Welt da draußen einfach die Fachleute, die den Kunden auch kennen. Es gibt ja oft noch Behaltefristen, die zu beachten sind, oder Spekulationssteuer bei Immobilien. Das sind ja alles so Sachen, die sind unter Umständen steuerschädlich da muss man sich überlegen, wie man das macht. Wir haben also diesen Zeitraum der Vorberatung und den kann man nur schwer in einen Zeitrahmen bringen, das kommt einfach darauf an, was man davor findet. Wir haben Leute, die haben eine GmbH - ja, das ist einfach, das krieg ich theoretisch auch selber hin. Praktisch ist es aber meistens so, dass es dann doch noch irgendeinen Tatbestand gibt z.B. es ist ein Einzelunternehmen geformwechselt worden. Diese GmbH ist, also aus sich selbst heraus gegründet wurden, also aus dem Einzelunternehmen entstanden oder eine GBR wurde da mal rein verschmolzen. Das sind dann die Themen, wo von den Steuerberatern geprüft werden muss, ob es noch irgendwelche Behaltefristen oder Sperrfristen gibt, die steuerschädlich sind. Diesen Vorprozess kann man nicht einschätzen, weil das kommt auf das Vermögen drauf ankommt. Es ist ein Unterschied, ob jemand einige GmBH hat und 2 Mehrfamilienhäuser oder Mehrfamilienhäuser in verschiedenen Projektgesellschaften. Wir haben Kunden, die kommen auch mal mit über 30 Strukturen. Das können wir gar nicht machen. Da brauchen wir entsprechende Hilfe. Wenn aber dann die Entscheidung zur Gründung einer Genossenschaft getroffen ist, egal ob durch Formwechsel, also Umwandlung was in manchen Fällen sinnvoll ist, oder eben durch einen weiteren Schritt. Man kann zum Beispiel auch freies Vermögen in eine OHG einbringen und die dann zur Genossenschaft formwechseln, das heißt man gründet erst eine OHG also GGR, trägt die ins Handelsregister ein, bringt die Sachen ein, formwechselt die dann zur Genossenschaft, dann ist das Vermögen in der Genossenschaft, das ist ein weiterer Weg eine Genossenschaft zu gründen oder man gründet sie einfach direkt als Neugründung, da kann man immer von 12-16 Wochen ausgehen, also 3-4 Monate bis die Genossenschaft im Register eingetragen ist. Beim Formwechsel haben wir den Vorteil, dass wir schon eine Steuernummer haben, dann muss nämlich meistens die Genossenschaft nach 4 Monaten, wenn sie dann eingetragen ist, nochmal einige Wochen auf die Steuernummer warten und dann kann man eigentlich erst richtig loslegen. Also wenn man vorausschauend arbeiten möchte, dann macht das durchaus Sinn mit der Vorberatung und den ganzen Eventualitäten einfach mal von 6 Monaten auszugehen bis man 100% das Konstrukt hat. Wie gesagt, es kommt ein bisschen auf die Vorbereitung an. Manchmal ist es auch so, wir haben zum Beispiel jetzt aktuell 2 Wegzügler, da wird sich der Wegzug um 2 Jahre nach hinten verschieben, weil es einfach jetzt Blödsinn wäre. Das heißt, die gehen natürlich schon weg, aber der steuerliche Wegzug erfolgt erst in 2 Jahren, weil einfach sonst Spekulationssteuer bei Immobilien zu zahlen wäre oder eben auch andere Fristen verletzt werden würden. Deswegen macht man das dann nicht. Also für eine Gründung mit der Vorbereitung 4 Monate, 6 Monate bis man handlungsfähig ist, und in manchen Fällen ist es aber sinnvoll, dass auch langfristig zu planen, gerade bei größeren Vermögen.

Daniel Taborek Wobei sich, wie Sie gerade erwähnt haben, der Wegzug steuerlich verschiebt. Aber ich denke, ein steuerlicher Effekt tritt ja trotzdem sofort schon?

Sven Leudesdorff-Pfeifer Ja, sofort. Beispiel: Wir haben z.B. mehrere GmbHs und mehrere Immobilien in einer Genossenschaft untergebracht. Aber es gibt 2 Immobilien, die sich noch 2 Jahre in der Spekulationsfrist befinden, und das sind sehr wertvolle Immobilien und die jetzt in die Genossenschaft einzubringen, wäre sehr teuer. Das wäre einfach unwahrscheinlich teuer und dann haben wir überlegt beziehungsweise Steuerberater haben dann ausgerechnet was sinnvoller ist, den Steuerschaden hinnehmen oder eben warten. Und dadurch, dass der Rest ja schon erledigt war, ist der steuerliche Wegzug erfolgt, weil keine Wegzugsbesteuerung. Aber wir haben noch den Steuerschaden, dass wir die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung der beiden Immobilien, die müssen noch in Deutschland besteuert werden die nächsten 2 Jahre. So ist der ist die Situation. Genau an so einem Beispiel sieht man, dass es so viele Dinge gibt, die da bedacht werden müssen und die geprüft werden müssen, und deswegen ist die Gründung der Genossenschaft immer mit dieser Vorberatung verbunden. Das ist zwingend notwendig.

01:07:55 - Inwieweit kann man man mit einer Genossenschaft Steuern einsparen?

Sebastian Sauerborn Ich habe einen Artikel im Spiegel Online gefunden von 2019 "Vermögende benutzen Genossenschaften zum Steuersparen". Da wird beschrieben, dass die Grunderwerbsteuer nicht voll bezahlt werden muss, auch Mieten müssen nicht voll versteuert werden. Und da wurde von Seiten Regierung gegen das Steuersparen der Genossenschaft hier vorgegangen. Können Sie dazu ein bisschen was erläutern? Sie meinten vorhin, dass es eigentlich keine steuerlichen Vorteile gibt, dennoch gibt es aber eben doch relativ viele Artikel online, die von steuerlichen Vorteilen sprechen. Können Sie dazu was zu sagen und auch was letztlich von Seiten des Gesetzgebers geändert wurde und ob damit das Genossenschaftsmodell überhaupt noch Sinn macht?

Sven Leudesdorff-Pfeifer Die Ursache für diese ganze Situation ist die Behauptung eines besagten Herrn, der in der Öffentlichkeit behauptet, Genossenschaften seien Steuersparmodelle. Kaufen Sie nicht eine Rolex, sondern drei und versteuern sie nicht und so weiter und sofort. Die Personen, kenne ich genau, die auf die glorreiche Idee kamen, großes Immobilienvermögen in eine Genossenschaft zu bringen, dann die Mieter mit ihrer Kaution zu investierenden Mitgliedern machen und damit die Ausnahme-Paragraphen zur kompletten Steuerbefreiung von Vermietungsgenossenschaften auslösen. Das war die Theorie, das heißt, die sind also hingegangen und haben gesagt, liebe Mieter, das kommt jetzt alles in eine Genossenschaft, ihr werdet Mitglieder mit eurer Kaution, sogenannte Investierende oder Fördermitglieder. Die ordentlichen Mitglieder, also die, die von der Genossenschaft partizipieren dürfen, bleiben die Eigentümer und damit haben wir unseren gesamten Immobilienbestand steuerfrei gemacht und und müssen keine Steuern mehr auf Vermietung und Verpachtung zahlen. Das war die Idee, die gar nicht so verwerflich war. Die wollten das ja nicht in ihre eigene Tasche schaufeln, sondern die wollten mit diesem Geld dann Immobilien sanieren oder kaufen. Das war die ursprüngliche Idee: Unversteuert das Geld sammeln. Ich wurde bereits im Jahr 2018 in einem Podcast gefragt, ob das denn möglich sei. Ich hab von Anfang an die These vertreten, dass es nicht möglich ist und zwar wegen des Genossenschaftsgesetzes. Da steht nämlich drin, dass investierende Mitglieder nicht von der Genossenschaft partizipieren dürfen. Das heißt, wenn ich eine Vermietungsgenossenschaft habe, deren Aufgabe es ist, ihre Mitglieder mit Wohnraum zu versorgen, aber die Mitglieder, die mit Wohnraum versorgt werden, sind nur investierende Mitglieder und damit haben sie kein Stimmrecht, das ist nämlich der entscheidende Punkt, dann hat das meiner Ansicht nach dazu geführt, dass das nicht möglich ist. Warum haben die das gemacht? Naja, wenn ich jetzt für 10 Millionen Euro Immobilien besitze, und ich und z.B. meine Frau das in eine Genossenschaft gebracht hätten, dann hätten wir die Mieter zu Mitgliedern gemacht, die hätten kein Stimmrecht gehabt, weil sie ja Fördermitglieder oder investierende Mitglieder sind und wir hätten also nach wie vor über das Vermögen uneingeschränkt verfügen können und hätten aber keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung mehr gehabt, sondern die werden der Genossenschaft aufgelaufen, die ist steuerbefreit. Erster Fehler, der passiert ist: Diese Steuerbefreiung nach dem Körperschaftsteuergesetz und Gewerbe- und Steuerrecht gibt es nur auf Antrag beim Finanzamt. Und diese Finanzämter haben das nicht ordentlich geprüft und haben diese Steuerbefreiung erteilt. Das war der erste Punkt. Dann hat der Gesetzgeber das entdeckt, wie das immer so ist, vor allem wenn man das ständig im Internet auf Youtube Kanälen veröffentlicht, die jeder kennt, da sind dann tatsächlich auch schlaue Leute dabei die die sagen, dass das aber gar nicht so gewollt war und daraufhin ist man hingegangen und hat das Genossenschaftsrecht geändert.

Dann gab es einen Gesetzentwurf. Ich hatte damals auch nach Berlin geschrieben und hatte noch mal darauf hingewiesen, auch mit mehreren anderen Juristen, dass das technisch nicht in Ordnung ist, das passt nicht.. Das Gesetz wurde einmal gelesen, dann hat der Vorstand der DATEV interveniert und hat einen Gegenvorschlag gemacht und der wurde angenommen, nämlich im Jahres steuergesetz 2019 wurde dann klargestellt, dass eine Steuerbefreiung dieser Genossenschaften nur möglich ist, wenn die Mitglieder, die von der Genossenschaft partizipieren und auch ordentliche Mitglieder mit Stimmrecht sind. Und damit war diese Gesetzeslücke, die meiner Ansicht nach gar keine war, dann aufgehoben und das Thema war erledigt. Das ist aber nicht so. Verstehen Sie mich bitte richtig, weil es mich ärgert, dass die Finanzämter das nicht von vornherein richtig bewertet haben, das sie gekonnt hätten, wenn sie sich damit beschäftigt hätten. Dass man dann aber nachher hingegangen ist und hat das im Körperschaftssteuergesetz 2019 so gestellt hat, dass es nichtig ist und die Leute diese ersparten Steuern wieder zurück bezahlen mussten, damit hat der Staat einen Fehler gemacht und es aber dann mit dem Jahressteuergesetz so gedreht, dass er keinen Steuerschaden hat. Problem ist, dass da Leute waren die mehrere Millionen geformwechselt haben. Da kann man sich vorstellen, wenn die das 2 Jahre laufen lassen, das hat die natürlich hart getroffen, weil das Geld wieder investiert war. Für mich ist das, ich würde es jetzt nicht Steuerungerechtigkeit, aber Steuerunsicherheit nennen die wir in Deutschland haben. "Ich mach mir die Welt wie sie mir gefällt" - das ist die Pippi Langstrumpf-Strategie unseres Staates. Ich will da jetzt auch nicht schimpfen, aber am Ende zeigt das immer wieder was das Problem ist. Und das Problem ist, dass diese Artikel, Herr Sauerborn, die da im Internet rumfliegen, sag ich mal, das sind halt eben alles Sachen vor Gesetzesänderung. Natürlich achtet der Spiegel auf sowas, weil man dann so schön wieder sagen kann was die Kapitalistenschweine da wieder alles machen, um sich das Geld in die Tasche zu schaufeln. Da ist immer viel politische Struktur, die dahintersteht und mit Unternehmertum und dem, was wir da treiben, überhaupt nichts zu tun hat.

01:16:03 - Wieso nutzt die Genossenschaft Konzernrechte? Wie sind diese vorteilhaft?

Daniel Taborek Ich habe gestern in einem anderen Podcast jemanden sagen hören, das fand ich sehr interessant, dass die gleichen Unternehmensberatungen, die die Regierung beraten, neue Gesetzesentwürfe zu schreiben, das sind die gleichen Unternehmensberatungen, die bei Konzernen drin sitzen und denen helfen Schlupflöcher, die sie auf der einen Seite selber eingebaut haben, auszunutzen. Das ist, wie als ob man den Pudding an die Wand nageln will, das funktioniert nicht.

Sven Leudesdorff-Pfeifer Das ist sehr schön ausgedrückt. Ich sehe das exakt genauso. Also ich sehe es ja auch. Wir haben Kunden die werden von diesen großen Kanzleien beraten, mein Schwager selbst ist Partner bei Deloitte ist und dadurch ich natürlich auch das eine oder andere da so mal mitbekomme. Man muss sich wirklich wundern. Manchmal findet man so Dinge im Konzernrecht, wo man sagt, da ist doch der Staat falsch beraten worden, weil man als Konzern gigantisch viele Vorteile hat. Steuerbegünstigtes oder steuerfreies Umhängen von Vermögen, das gibt's ja nirgendwo, das kann ich nirgendwo machen. Im Konzern kann ich das plötzlich machen. Das ist auch ein Grund, warum wir uns mit der Genossenschaft gerne in diesem Konzernrecht bewegen. Die Genossenschaft kann nicht Tochter, aber Mutter eines Konzerns sein und deswegen ist sie natürlich hochinteressant für eine Konzerngestaltung, die ja schon bei einer GmbH und darunter anfängt. Daran sieht man aber, dass der Staat in bestimmten Bereichen offensichtlich doch mit 2 verschiedenen Maßstäben an das ganze rangeht. Als Einzelunternehmer oder geschäftsführender Gesellschafter einer GmbH fällt es mir sehr schwer, überhaupt etwas zu tun, ohne dass es besteuert wird. Berlin geht jetzt dazu über, dass der Geschäftsführer einer GmbH bis zu 30% immer selbst Nutzer eines Laptops, das muss man sich mal überlegen allein dies auseinander rechnen ist ist ja schon krank, das heißt der nutzt den Geschäftslaptop, dem die GmbH gekauft hat, immer zu mindestens 30% privat. Da bin ich manchmal wirklich sprachlos was die sich da ausdenken. Alleine die Rechnerei ist ja schon viel zu aufwendig wegen den paar Euro, die sie da machen mit Steuern. Aber im Konzernrecht hab ich plötzlich viele Dinge, wie z.B. den qualifizierten Anteilstausch. Überlegen Sie sich das mal: Sie haben eine GmbH die von mir aus Milliarden wert ist, die kann ich steuerfrei unter eine andere Struktur hängen. Ja, dann hab ich lediglich 7 Jahre Behaltefrist und danach kann ich das Ding verkaufen und das Geld fließt dann, wenn ich's gut optimiert habe, zwar zu 1,5% oder 0,75% Steuerlast plus Soli in meine andere Struktur, wo gibt es denn das noch mal? Das gibt es nur im Konzernrecht und deswegen kombinieren wir das auch häufig. So wie Sie es wahrscheinlich auch tun werden mit ihren Konstrukten im Ausland. Aber der deutsche Staat ist da immer extrem kreativ, was solche Themen angeht und die Kreativität kommt aber nicht aus ihm selbst heraus, wenn man die Finanzbehörden kennt, weiß man, dass die zum Beispiel Auskunftssysteme, die man teuer als Steuerberater sich einkaufen kann, dass sie die überhaupt nicht haben. Die haben die Zugänge gar nicht, weil die dem Staat zu teuer ist, die Zugänge zu geben wie z.B. Beck Online oder was es auch immer ist. Aber die Finanzbehörden haben diese Informationen gar nicht. Das heißt, der Steuerberater ist meistens, wenn er will, in der Beratungspraxis eigentlich im Vorteil und das wird aber auch wieder nicht genutzt, weil der Staat den Steuerberatern Daumenschrauben angesetzt hat, hat sie zu Erfüllungsgehilfen für sich selber gemacht, also den deutschen Steuerberatern. Wenn man jetzt aus einer anderen Struktur beraten wird aus dem Ausland, die können natürlich ganz anders agieren, so wie Sie. Aber der Steuerberater, der hier in Deutschland sitzt und Jahresabschlüsse macht, der hat gar keine Chance. Der sitzt einfach da, muss dem Finanzamt Bericht erstatten und haftet dem Finanzamt gegenüber für alles, was er nicht ordentlich macht oder wo er nicht nachweisen kann, dass er da drauf hingewiesen hat. Wenn er von Steuerstraftaten Kenntnis hat, muss er die melden. Wenn er sie nicht meldet, wird er selber, für eine nicht von ihm veranlaßte Steuerstraftat belangt. Deswegen ist die Steuerstruktur in Deutschland so komplex und so schwierig. Nur das Konzernrecht, da sind wir wieder in der Regel ausgenommen und diese großen Beraterstrukturen, die haben das, wie Sie es gesagt haben, einfach im Griff. Die wissen, was Sie da tun. Die spielen beide Seiten.

01:21:03 - Erbschaftsteuer: Wie verhilft mir hier die Genossenschaft?

Sebastian Sauerborn Vielleicht noch abschließend: Sie hatten vorher das Thema Erbschaftsteuer angesprochen: Was bringt mir denn jetzt hier die Genossenschaft?

Sven Leudesdorff-Pfeifer Das ist ähnlich wie bei der Wegzugsbesteuerung. Das Entscheidende ist, dass wir einmal das Vermögen der Genossenschaft, also alles, was die Genossenschaft besitzt und was ich reingebracht habe; ob das jetzt Aktienpaketes sind, das ist alles in den meisten Fällen sogar steuerfrei einzubringen, weil da die Behaltefrist nur ein Jahr ist. Immobilienunternehmen, die da drunter hängen, all das ist Vermögen der Genossenschaft, hat also mit meinem Vermögen nichts mehr zu tun.

Und bei der Erbschaftsteuer ist das genauso wie bei der Wegzugsbesteuerung. Nämlich die Steuer fällt faktisch nur auf das Vermögen der Mitglieder, also das eingezahlte Kapital. Da ist es jedoch so, dass wir bei der Erbschaftsteuer ja noch die Freibeträge haben, also bei der Wegzugsbesteuerung haben wir keine Freibeträge aber bei der Erbschaftsteuer haben wir Freibeträge für Ehefrauen 500.000€, für Kinder 400.000€ und für die meisten anderen oder fremde Dritte 20.000€. Und wenn ich jetzt 100€ Anteil habe oder von mir aus auch 1000€ Anteil, dann kann ich das im Prinzip an jedem vererben, an den ich will, das fällt immer unter diesen Freibetrag. Deswegen entfällt in der Regel bei der Genossenschaft einfach die Erbschaftsteuer, weil das unter den Erbschaftsteuer-Freibetrag, der Schenkung-Steuerfreibetrag fällt. Die Regel ist dieselbe, Bewertungsrecht Professor Doktor Dötsch, der schreibt endgeltlose Übertrage von Anteilen bei Genossenschaften. Das betrifft niemals den Wert der Genossenschaft, sondern lediglich den Wert des Anteils oder des Geschäftsguthabens was das betroffene Mitglied hält. Das ist ein ganz entscheidender Punkt.

01:24:00 - Erscheinen die Mitglieder der Genossenschaft im Transparenzregister?

Sebastian Sauerborn Werden eigentlich die Mitglieder bei der Genossenschaft im Transparenzregister aufgezeigt?

Sven Leudesdorff-Pfeifer Wenn sie nur 3 Mitglieder sind, ja, weil das über Stimmrecht läuft und das Transparenz Register besagt wer 25% oder weniger Stimmrecht an einer Genossenschaft hat, der ist nicht wirtschaftlich Berechtigte und somit haben wir ab dem vierten Mitglied nur noch den Vorstand, der als sogenannter fiktiver wirtschaftlich Berechtigter eingetragen wird. Den fiktiven wirtschaftlich Berechtigten hat sich der Staat, glaube ich, einfach in dem Transparenz Register ausgedacht, weil irgendwer da drin stehen muss, also der hat keine tatsächliche wirtschaftliche Berechtigung, aber ist der Ansprechpartner für die Behörde. Also 4 Mitglieder, egal wer, das ist kein Problem.

01:25:04 - Zusätzliche Informationen zur Erbschaftsteuer

Bei beim Thema Erbschaftsteuer möchte ich noch mal auf eines hinweisen: Die Mitglieder der Genossenschaft bleiben beim Versterben des Vorstandes beispielsweise nach wie vor Mitglieder. Die wählen dann einen neuen Vorstand, das heißt, eine Vererbung erfolgt nur auf den Anteil des Vorstands und sie vererben im Prinzip ihr Vermögen in dem Moment, wo sie die Genossenschaft gründen. Weil das kann einfach fortgeführt werden. Dafür ist Genossenschaft sogar prädestiniert für die Fortführung von Unternehmensstrukturen. Haben wir häufig, da gibt es ganz berühmte und bekannte Fälle, wie man das dann nutzen kann.

Und wir haben beim Thema Erbschaftsteuer einfach die Fortführung durch die bestehende Mitglieder. Das ist eigentlich das entscheidende Thema. Wir haben eine sehr vermögende Person, die Unternehmen verkauft hat an verschiedenen Fonds und noch mehr Vermögen hatte. Und sie hat 2 eheliche Kinder und einen unehelichen Sohn. Der uneheliche Sohn ist aber interessanterweise fast vermögender, als der vererbende oder in Zukunft vererbende Vater. Der ist nämlich ein internationaler Star-Anwalt. Und dieser Star-Anwalt sagte schon vor einigen Jahren zum Vater, dass er sich auch noch sein Vermögen holen würde. Irgendwann kam er dann auf die Genossenschaft und jetzt holt er es sich nicht. Er hat auch dagegen geklagt, aber der Richter hat ihm gesagt, dass sein Vater mit seinem Vermögen machen kann, was er will. Das ist seine Sache. Aber wir haben damit strenggenommen die Erbfolge ausgeschlossen. Das heißt, das Vermögen was in der Genossenschaft liegt, und das ist das Wesentliche, kann nicht an dieses uneheliche Kind vererbt werden, wenn es nicht Mitglied ist. Wie gesagt, er hat versucht sich einzuklagen in die Genossenschaft, das geht aber nach deutschem Recht einfach nicht und wird auch in Zukunft nicht gehen, weil wir da einfach unter dem Schutz der großen Genossenschaften stehen.

Rewe, Edeka, die ganzen Volksbanken, die DZ Bank, die Sparda Bank: Das sind alles Genossenschaften.

Von der großen Genossenschafts-Kanzlei Vandrich und Klöß in Hamburg. Man kann das Genossenschaftsrecht auch nicht aufteilen, also dass man sagt, es gibt eine kleine und eine große Genossenschaften. Man kann es jetzt auch nicht mehr auseinander nehmen. Bis 20 Mitglieder ist eine kleine Genossenschaft, die behandeln wir anders auch steuerlich als eine große Genossenschaft.

01:28:48 - Was erwartet uns im 2.Teil der Podcast über Genossenschaften?

Daniel Taborek Heute 20 Minuten-Antworten von Ihnen zu bekommen, da muss man mal vorsichtig sein, in welche Richtung man jetzt hier das Gespräch lenkt. Aber es war sehr, sehr spannend, Herr Leudesdorff-Pfeifer. Wir haben es sehr genossen Ihnen zuzuhören und trotzdem vielleicht noch eine Schlußfrage an den Sebastian: Was erwartet unsere Zuschauer und Zuhörer, die heute den ersten Teil gehört haben und nicht auf den zweiten Teil warten wollen, sondern sozusagen schon mal loslegen wollen und sich beraten lassen wollen, sehen wollen, ob eine Genossenschaft zu Ihnen passt oder nicht, was machen die denn am besten, Sebastian?

Sebastian Sauerborn Also hier in den Show Notes zur Podcast und natürlich auch hier bei der Beschreibung hier auf Youtube, da ist ein Link auf den man klicken kann. Da stellen wir einige Fragen wo wir dann kostenlos prüfen, ob die Genossenschaft für Sie möglicherweise interessant ist oder nicht und werden dann natürlich auch den Herrn Leudesdorff-Pfeifer gleich involvieren und mit Ihnen diese Ergebnisse teilen.

Daniel Taborek Hervorragend, ich freu mich schon auf den zweiten Teil, auf unser zweites Gespräch. Und kannst für heute nur sagen: Vielen herzlichen Dank.

Sven Leudesdorff-Pfeifer Sehr, sehr gerne. Es hat mir sehr viel Freude bereitet. Wird mir auch beim zweiten Termin so gehen.

Bis zur nächsten Folge von Perspektive Ausland der Podcast für alle Unternehmer, die es ins Ausland zieht. Übrigens, wenn ihr keins unserer interessanten Videos mehr verpassen wollt, dann klickt doch jetzt gleich auf den Abonnieren-Button und auf die Glocke. Auch über Kommentare Fragen oder einen Daumen hoch freuen wir uns sehr.

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